forschung wirkt. - Austria Innovativ
forschung wirkt. - Austria Innovativ
forschung wirkt. - Austria Innovativ
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
S elten<br />
hat ein Konzept, das noch gar<br />
nicht beschlossen war und deshalb<br />
auch noch nicht öffentlich präsentiert<br />
wurde, für solche Diskussionen gesorgt,<br />
wie die Forschungsstrategie der Bundesregierung<br />
– vor allem bei den diesjährigen Alpbacher<br />
Technologiegesprächen.<br />
Erst wenige Tage zuvor war die geplante<br />
Präsentation offiziell abgesagt worden, weil<br />
es in zwei offenen Punkten zu keiner Einigung<br />
gekommen war: In der Frage eines fusionierten<br />
Wissenschafts- und Forschungsrates<br />
und in der (wesentlich gewichtigeren)<br />
Frage der Finanzierung der im Konzept vorgesehenen<br />
Maßnahmen und des mittelfristigen<br />
Budgetpfades dafür.<br />
Während Infrastrukturministerin Doris<br />
Bures in Sachen Forschungsrat mit der Nominierung<br />
„ihrer“ vier Ratsmitglieder Fakten<br />
schuf und Wissenschaftsministerin Beatrix<br />
Karl wenig später ebenfalls mit ihrer Nominierung<br />
den Weg für einen neuen, aber weiterhin<br />
eigenständigen Forschungsrat frei<br />
machte, bildete die Budgetfrage bis zuletzt<br />
eine unüberwindliche Hürde. Eine endgültige<br />
Klärung in dieser Frage und damit möglicherweise<br />
den Startschuss zur Beschlussfassung<br />
der Forschungsstrategie dürfte nun<br />
durch die Vorlage des Budgets durch den Finanzminister<br />
demnächst zu erwarten sein.<br />
ABER WAS STEHT EIGENTLICH IN DER FOR-<br />
SCHUNGSSTRATEGIE und welche Funktion<br />
soll sie überhaupt haben? Während in Österreich<br />
viele Monate über Konzepte diskutiert<br />
wird, erhöht Dänemark seine Forschungsausgaben<br />
signifikant, begibt Frankreich eine<br />
viele Milliarden Euro schwere Forschungsanleihe<br />
und stellt auch Deutschland zwölf Milliarden<br />
Euro mehr für Bildung, Forschung<br />
und Technologie in drei Jahren zur Verfügung,<br />
und zwar ohne langwierige strategische<br />
Vorarbeiten.<br />
Insgesamt, so kamen Gernot Hutschenreiter<br />
(OECD) und Margit Schratzenstaller-Altzinger<br />
(WIFO) bei den Alpbacher Wirtschaftsgesprächen<br />
zum Schluss, hätten viele<br />
Länder im Rahmen ihrer Konjunkturpakete<br />
wesentlich mehr für Bildung, Forschung und<br />
Innovation getan als Österreich. Ist Österreich<br />
ein Sonderfall, dass eine von der Bundesregierung<br />
beschlossene Forschungsstrategie<br />
die unabdingbare Voraussetzung für<br />
höhere Investitionen in Zukunftsbereiche<br />
bildet?<br />
Nicht unbedingt, wenn man die letzten<br />
Jahre der heimischen Forschungspolitik analysiert.<br />
Immerhin hatte der Rat für Forschung<br />
und Technologieentwicklung bereits im Jahr<br />
2005 eine solche Strategie vorgelegt, die von<br />
der Bundesregierung zwar als nicht verbind-<br />
lich erklärt worden war und (deshalb?) auch<br />
wenig befolgt wurde. Denn nach einem kürzlich<br />
präsentierten Bericht des Rechnungshofes<br />
wären nur knapp 40 Prozent der darin enthaltenen<br />
Maßnahmen umgesetzt worden. Und<br />
dennoch hat Österreich in den letzten Jahren<br />
eine rasante Aufholjagd hingelegt: Höhere<br />
Zuwächse bei den Forschungsausgaben konnte<br />
sonst kein anderes OECD-Land verzeichnen,<br />
gute Platzierungen im Ranking der Forschungsquoten<br />
ebenso wie im Europäischen<br />
Innovationsanzeiger belegen die Erfolge.<br />
WELCHE WICHTIGEN WEICHENSTELLUN-<br />
GEN SOLL EINE FORSCHUNGSSTRATEGIE TREF-<br />
FEN, die über den „common sense“ und über<br />
die bereits mehrfach in Konzepten, Studien<br />
und Analysen getroffenen Feststellungen<br />
hinausgehen?<br />
Zumindest im Unternehmensumfeld ist eine<br />
Strategie im Regelfall das Ergebnis eines<br />
systematischen Prozesses unter Einbindung<br />
der wichtigsten ExpertInnen und Führungskräfte.<br />
Und sie ist auch eine Richtungsentscheidung:<br />
Hier wird festgelegt, was die zentralen<br />
Produkte und Dienstleistungen des Unternehmens<br />
sein sollen und ob man auf Qualitäts-<br />
und Kernkompetenzen setzt oder auf<br />
möglichst günstige Produktion, und vieles<br />
mehr (für die Forschungsstrategie drängen<br />
sich eine Vielzahl äquivalenter Begriffe auf).<br />
Was die Beteiligung von ExpertInnen an<br />
der Entwicklung der Forschungsstrategie betrifft,<br />
so stellt sie vor allem das Ergebnis von<br />
interministeriellen Arbeitsgruppen dar. Externe<br />
ExpertInnen fühlten sich zu wenig eingebunden.<br />
Ganz im Gegenteil zu früheren<br />
Konzepten: Sowohl die Forschungsstrategie<br />
des Rates („Strategie 2020“) als auch der frühere<br />
Hochschuldialog unter Wissenschaftsminister<br />
Hahn standen auf der Basis einer<br />
breit geführten Diskussion im Vorfeld. Bei<br />
der aktuellen Forschungsstrategie hingegen<br />
wurde auf eine breite Diskussion verzichtet.<br />
ZUM INHALT. Selbst wenn die Forschungsstrategie<br />
über weite Strecken wenig grundlegend<br />
neue Erkenntnisse enthält oder wirklich<br />
radikale Vorschläge macht, ist die „hidden<br />
��<br />
FORSCHUNGSPOLITIK<br />
agenda“, also der eigentliche Zweck, klar:<br />
Die österreichische Bundesregierung soll sich<br />
selbst verpflichten, den Wachstumskurs in<br />
Sachen Forschung, Entwicklung und Innovation<br />
fortzusetzen, bei konkreten Instrumenten<br />
nachschärfen und in manchen Bereichen<br />
„ein Schäuferl nachlegen“. Das betrifft<br />
insbesondere die Forschungsförderung und<br />
die „Governance“ also Strukturen, Prozesse<br />
und Rahmenbedingungen.<br />
Abstrakt gesprochen gibt eine Strategie<br />
daher die allgemeinen Leitlinien vor, be-<br />
Selbst wenn die Forschungsstrategie über weite<br />
Strecken wenig grundlegend neue Erkenntnisse enthält<br />
oder wirklich radikale Vorschläge macht, ist die<br />
„hidden agenda“, also der eigentliche Zweck, klar: Die<br />
österreichische Bundesregierung soll sich selbst verpflichten,<br />
den Wachstumskurs in Sachen Forschung,<br />
Entwicklung und Innovation fortzusetzen.<br />
schreibt die konkrete Zielorientierung und<br />
umfasst Handlungsanweisungen und wäre<br />
daher nicht unbedingt an eine Einigung über<br />
konkrete Budgetzahlen gebunden. In der aktuellen<br />
Situation der österreichischen Forschungspolitik<br />
hingegen liegt der wichtige<br />
Mehrwert der Strategie im commitment der<br />
Bundesregierung (und besonders des Finanzministers)<br />
zu weiteren Kraftanstrengungen<br />
in Bezug auf das Budget. Daraus resultiert die<br />
aktuelle Haltung der Verantwortlichen: Ohne<br />
entsprechende Budgetmittel sei die Forschungsstrategie<br />
wenig sinnvoll.<br />
BEGONNEN HATTE ALLES MIT DER VOR-<br />
STELLUNG DER SO GENANNTEN „SYSTEM -<br />
EVALUIERUNG“ durch das Institut für Wirtschafts<strong>forschung</strong><br />
(WIFO) am 20. Mai 2009 in<br />
Wien. In großer Einigkeit kündigten Infrastrukturministerin<br />
Doris Bures, Wirtschaftsminister<br />
Reinhold Mitterlehner und der damalige<br />
Wissenschaftsminister Johannes<br />
Hahn die Erarbeitung und Beschlussfassung<br />
einer Forschungsstrategie an. Während zunächst<br />
geplant war, die Strategie bis Jahresende<br />
2009 fertigzustellen, verzögerte sich der<br />
Termin in der Folge. Erst am 1. September<br />
wurde auch vom Ministerrat beschlossen, eine<br />
Forschungsstrategie zu erarbeiten. Ein<br />
großer Round Table am 23. November 2009<br />
mit den zuständigen MinisterInnen, Sozialpartnern<br />
und LeiterInnen vieler beteiligter<br />
Organisationen sollte einen inhaltlichen<br />
Meilenstein setzen.<br />
Bereits rund um den Jahreswechsel lag<br />
der erste Entwurf vor, in den nächsten Mo-