forschung wirkt. - Austria Innovativ
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Rätsels zusammenzufügen. Als kleines Land<br />
baut Österreich keine Raketen und schickt<br />
auch keine Astronauten ins All (mit der his -<br />
torischen Ausnahme des Franz Viehböck).<br />
Doch in zahlreichen Nischenanwendungen<br />
haben sich rot-weiß-rote Unternehmen als<br />
verlässliche Partner etabliert. Das Spektrum<br />
reicht vom Messgerätebau für Satelliten bis<br />
zu Raketentreibstoffleitungen. Von der Signalübertragung<br />
bis zur Auswertung von<br />
Satellitendaten.<br />
RÄTSELHAFTES MAGNETFELD. „In der<br />
Raumfahrt lebt man von Reputation“, sagt<br />
Wolfgang Baumjohann, geschäftsführender<br />
Direktor des Instituts für Weltraum<strong>forschung</strong><br />
(IWF) der Österreichischen Akademie<br />
der Wissenschaften. „Neueinsteiger haben<br />
zwar prinzipiell eine Chance, aber es<br />
dauert lange, sich einen guten Namen zu<br />
erwerben.“<br />
Das IWF, das im April sein 40-jähriges<br />
Bestehen feierte, hat diesen Namen bereits.<br />
In etlichen Satellitenmissionen fliegen<br />
Messgeräte der Grazer mit. An Bord der Sonde<br />
Rosetta beispielsweise befindet sich ein<br />
Rasterkraftmikroskop auf dem Weg zum Kometen<br />
Churyumov-Gerasimenko. In vier<br />
Jahren soll das Ziel erreicht sein. Das Gerät<br />
wird die fes ten Teile der Kometenkoma untersuchen.<br />
Ebenfalls an Bord von Rosetta:<br />
ein Massenspektrometer und zwei Magnetometer.<br />
Mehr als ein halbes Dutzend Missionen<br />
hat das IWF derzeit in der Pipeline.<br />
Im Jahr 2014 etwa soll BepiColombo, ein<br />
Gemeinschaftsprojekt der europäischen<br />
Weltraumagentur ESA und der japanischen<br />
JAXA, zum Merkur starten. Als Besonderheit<br />
dieser Mission werden dabei zwei Sonden<br />
gleichzeitig zum sonnennächsten Planeten<br />
fliegen. Auf beiden befindet sich jeweils<br />
ein Magnetmessgerät des IWF. Geklärt<br />
werden soll damit unter anderem,<br />
warum Merkur ein Magnetfeld hat (was<br />
man erst seit 35 Jahren weiß), bzw. warum<br />
es so viel schwächer ist, als es laut Theorie<br />
sein müsste. An BepiColombo sieht man<br />
die zeitlichen Dimensionen einer Weltraummission:<br />
2001 wurde sie beschlossen,<br />
2004 begannen die Zulieferer mit dem Bau<br />
der Komponenten, 2014 soll der Start erfolgen,<br />
2018 dann die Ankunft und anschließend<br />
werden die beiden Sonden zwei Jahre<br />
lang ihre Untersuchungen durchführen.<br />
„20 Jahre sind eine typische Dauer von der<br />
ersten Planung bis zum Abschluss“, sagt<br />
Baumjohann.<br />
THERMALMATTEN GEGEN HITZE UND KÄL-<br />
TE. Ein erfahrener Player im Weltraumgeschäft<br />
ist auch das Wiener Unternehmen RU-<br />
Superanzug für den Mars<br />
Das Österreichische Weltraumforum (ÖWF) ist<br />
ein Netzwerk von und für RaumfahrtexpertInnen.<br />
Zu den Kernaufgaben zählt einerseits der<br />
Transfer zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit<br />
– in Vorträgen, Workshops und Seminaren<br />
wird dem interessierten Publikum die Faszination<br />
der extraterrestrischen Welt näher gebracht.<br />
Als zweite Säule fungiert die Durchführung von<br />
grundlagenorientierter Forschung. Den thematischen<br />
Schwerpunkt bildet dabei der Mars.<br />
Im Rahmen des Programms „Polares“ führt das<br />
ÖWF mehrere Projekte durch, die sich alle mit<br />
künftigen bemannten Missionen zum roten Planeten<br />
beschäftigen. Dazu gehört auch die Entwicklung<br />
eines Raumanzuges, der künftigen<br />
Marsastronauten eines Tages das (Über-)Leben<br />
ermöglichen und erleichtern soll. „Es gibt weltweit<br />
derzeit nur vier Gruppen, die an einem<br />
Mars-Raumanzug arbeiten“, sagt ÖWF-Obmann<br />
Gernot Grömer, „in Europa sind wir die<br />
Einzigen.“ Zu den primären Aufgaben von<br />
„Aouda“ – so der Name der 45 Kilogramm<br />
schweren Entwicklung – zählt der Schutz vor<br />
den widrigen Umweltbedingungen auf dem<br />
Mars. Also Strahlung, rasche Temperaturwechsel<br />
und geringer Luftdruck. Aber auch stark abbrasiver<br />
Sand wird ein Problem darstellen. Aouda<br />
besteht deshalb aus Kevlar, ein Material,<br />
��<br />
FORSCHUNG<br />
das in schusssicheren Westen eingesetzt wird.<br />
Mechanisch ist der Prototyp fast fertig. Als nächstes<br />
soll er ein intelligentes Innenleben erhalten.<br />
Geplant sind ein drahtloses Breitband-Kommunikationsmodul<br />
sowie ein Mensch-Maschine-<br />
Interface samt Sprach- und Gestensteuerung.<br />
Angedacht ist auch, dass der Anzug selbstständig<br />
einen Rover herbeifunkt, sobald seine Batterie<br />
zu Ende geht. Am Rover kann der Akku<br />
dann wieder aufgeladen werden. Letzten<br />
Herbst testeten seine Entwickler den Raumanzug<br />
in einer Kryotherapiekammer bei Minus<br />
110 Grad Temperatur. Diesen März fand ein<br />
weiterer Test in der Koppenbrüllerhöhle im<br />
Dachstein-Massiv statt. „Man geht heute davon<br />
aus, dass die ersten Menschen auf dem Mars<br />
einen Großteil ihrer Zeit wohl in unterirdischen<br />
Höhlen verbringen werden“, erklärt Gernot<br />
Grömer. Dass Aouda in dieser Form eines Tages<br />
zum Mars fliegen wird, glaubt er allerdings<br />
nicht. „Wir liefern Grundlagen und begleiten<br />
die Entwicklung mit einem realistischen Qualitätssicherungssystem.“<br />
Aufgrund der guten Kontakte<br />
zu ESA und NASA ist Grömer aber davon<br />
überzeugt, dass das eine oder andere Detail<br />
bei einer Marsmission Verwendung finden<br />
wird. „Ein Stückchen Rot-Weiß-Rot wird sicher<br />
mitfliegen.“<br />
Foto: ÖWF