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Jahresbericht 2011 (PDF) - Institut für Europäische Geschichte Mainz

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FORSCHUNGSTÄTIGKEIT<br />

bereiche einsetzte, die Glauben und Leben,<br />

Gesellschaft und Politik in Europa veränderte<br />

und damit zugleich Grundlagen des modernen<br />

Europa schuf. Zu den Wirkungen dieser Transformation,<br />

die sich vor allem in Auseinandersetzung<br />

und Kontroverse abspielte, gehört in<br />

einer <strong>für</strong> Europa kennzeichnenden Weise die<br />

Ausbildung von Konfessionen mit einander ausschließendem<br />

Wahrheitsanspruch, aber auch<br />

das Entstehen von religiösen und gesellschaftlichen<br />

Gruppen, die sich der konfessionellen<br />

und politischen Integration entzogen und so<br />

eine hohe Mobilität entwickeln konnten. Die<br />

Fragestellung des Forschungsbereichs richtet<br />

sich auf die auslösenden Faktoren, die Abläufe,<br />

Ergebnisse und Wirkungen solcher Wandlungsprozesse,<br />

die in exemplarischer Fokussierung<br />

untersucht werden: als kommunikativ vermittelte<br />

Vorgänge, die der Forschungsbereich unter<br />

zwei Schwerpunkten bündelt.<br />

Streitkultur<br />

Dieses Modul hat die Entstehung und Konsolidierung<br />

konfessioneller Identitäten zum<br />

Gegenstand, vermittelt durch die vor allem in<br />

der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts geführten<br />

theologischen Kontroversen und deren<br />

umfassende kommunikative Relevanz. Hier<br />

wurden nicht nur eine nachhaltige Transformation<br />

lehr- und bekenntnismäßiger Grundlagen,<br />

sondern auch eine weitgreifende Differenzierung<br />

sowohl auf geistesgeschichtlicher Ebene<br />

als auch in den Bereichen von Politik und Gesellschaft<br />

in Gang gesetzt.<br />

Das Projekt Kontroversliteratur und »Streitkultur«<br />

in der nachinterimistischen Zeit arbeitet<br />

erstmals die großen, nach dem Augsburger<br />

Interim (1548) einsetzenden innerprotestantischen<br />

Kontroversen systematisch auf (Irene<br />

Dingel mit Kęstutis Daugirdas, Jan-Martin Lies<br />

und Hans Otto Schneider). Das Vorhaben wird<br />

durch die Union der deutschen Akademien<br />

finanziert. Zwei Bände der Edition Controversia<br />

et Confessio sind mittlerweile erschienen,<br />

die Arbeiten an zwei weiteren Bänden sind<br />

weit fortgeschritten, darunter ein Sonderband<br />

zu »Auseinandersetzungen um tritheistische<br />

Positionen der Antitrinitarier in den 1560er Jahren«.<br />

Aus dem Forschungszusammenhang gingen<br />

zahlreiche Vorträge und Aufsätze hervor.<br />

Daran schließt sich die von der Evangelischen<br />

Kirche in Deutschland geförderte Neuedition<br />

der Konkordienformel von 1577 als religiös und<br />

politisch relevantes Konsensdokument im Rahmen<br />

der Edition der Bekenntnisschriften der<br />

evangelisch-lutherischen Kirche (BSELK) an<br />

(Irene Dingel mit Marion Bechtold-Mayer).<br />

Das Projekt Lutherische Theologie und Protestantismus<br />

in Polen, 1548–1650 (Henning P. Jürgens)<br />

fragt nach den Verbindungen der Polen<br />

mit den deutschen Universitäten und nach der<br />

Beteiligung Polens und Litauens an den theologischen<br />

Debatten im Gefolge des Interims.<br />

Dabei stehen die Themen des Transfers und der<br />

öffentlichen Kommunikation im Mittelpunkt;<br />

ein geographischer Schwerpunkt lag auf dem<br />

Königlichen Preußen.<br />

Ein Internationaler Studientag »Neue Forschungen<br />

zu Matthias Flacius Illyricus« am 07.<br />

Juni <strong>2011</strong> widmete sich einem der wichtigsten<br />

Exponenten der protestantischen Streitkultur<br />

und lutherischen Exilanten unter historischen<br />

wie theologiegeschichtlichen Fragestellungen<br />

(s.S. 24f.).<br />

Religion und Mobilität<br />

Dieses Modul steht mit jenem zur »Streitkultur«<br />

in engem Zusammenhang. Es zielt darauf,<br />

einerseits die durch Auseinandersetzungen<br />

in Gang gesetzte »Konfessionsmigration« zu<br />

erfassen, fragt andererseits aber auch danach,<br />

inwiefern nicht religiös motivierte Mobilität<br />

(z.B. von Kaufleuten u.a.) Rückwirkungen auf<br />

die Entstehung religiöser Konflikte begünstigt<br />

und zur Entwicklung von Streitkulturen geführt<br />

hat. Im DFG-geförderten Projekt Erzwungenes<br />

und selbstgewähltes Exil – die Kultivierung des<br />

Exilantentums und seine Auswirkungen auf Theologie<br />

und Gesellschaft (Irene Dingel mit Carsten<br />

Brall und Vera von der Osten-Sacken) werden<br />

solche streitkulturellen Phänomene aufgearbeitet,<br />

die in Mobilität und Exil mündeten: Das<br />

lutherische Exil im Heiligen Römischen Reich<br />

sowie das Netzwerk der von Gnesiolutheranern<br />

geprägten Antwerpener Gemeinde samt der<br />

Wechselwirkungen von konfessioneller Theologie<br />

und Migration. In dem Projekt entstehen<br />

eine Habilitationsschrift und eine Dissertation<br />

sowie eine Datenbank mit Biographien lutherischer<br />

Exilanten.<br />

Das Projekt Religion, Mobilität und interkulturelle<br />

Kommunikation – das frühneuzeitliche Spanien<br />

und das protestantische Europa (Thomas<br />

Weller) untersucht die soziale Praxis und die<br />

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