Auto und Architektur - Wohnbau - TU Wien
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Der Zugang zum Gebäude hat den Charakter, als würde<br />
man von Le Corbusier in ein Zeremoniell des technischen<br />
Zeitalters eingeführt werden. Das <strong>Auto</strong> fährt unter dem an<br />
drei Seiten zurückgesetzten Obergeschoß vor. Zwischen<br />
den Stützen <strong>und</strong> dem gekurvten, größtenteils verglasten<br />
Erdgeschoß ist gerade Raum für die <strong>Auto</strong>zufahrt. Am<br />
Scheitelpunkt der Kurve liegt der Eingang. Die Insassen<br />
werden so an der Hauptachse des Hauses abgesetzt, bevor<br />
der Chauffeur den Wagen, der Kurve folgend, auf einem<br />
der drei offenen Garagenplätze, die diagonal unter<br />
dem Haus angeordnet sind, abstellt.<br />
Zwar hatte G.Th.Rietveld das gleiche Thema, nämlich die<br />
Unterbringung von Personen <strong>und</strong> <strong>Auto</strong>s in ein <strong>und</strong> dem<br />
selben Gebäude bei seiner „Garage mit Wohnung für den<br />
Chauffeur" in Utrecht (Abb.13) bereits 1927/28 ähnlich<br />
gelöst, indem er den Chauffeur mit seiner Familie über der<br />
Garage wohnen ließ, so lässt sich von Le Corbusier behaupten,<br />
er habe die geschoßweise Funktionstrennung<br />
regelrecht zelebriert.<br />
Erstmals in der Baugeschichte hat das <strong>Auto</strong>mobil die<br />
Ausbildung eines Baukörpers mitdeterminiert. In Le<br />
Corbusiers Beschreibung findet sich ein anschauliches<br />
Bild seiner Absichten: „Man erreicht den Eingang<br />
mit dem <strong>Auto</strong>. Der kleinste Wendekreis eines<br />
Wagens ergab die Dimensionen des Hauses. Das<br />
<strong>Auto</strong> biegt unter den Stützen ein, fährt an den Bedienstetenräumen<br />
entlang, kommt in der Mitte an<br />
der Tür zur Eingangshalle an, fährt in die Garage<br />
oder weiter zur Ausfahrt. Das ist der Gr<strong>und</strong>gedanke."<br />
(29)<br />
Wie wichtig für Le Corbusier die Zufahrt mit dem<br />
<strong>Auto</strong> gewesen sein musste, beweist auch die Tatsache,<br />
das er im Bereich der Garage geradezu<br />
leichtfertig Stützenauswechslungen in Kauf nahm,<br />
da die Regelmäßigkeit des Stützensystems <strong>und</strong><br />
funktionelle Anforderungen einander offenbar widersprachen,<br />
obwohl er in seinen „Fünf Punkten zu<br />
einer neuen <strong>Architektur</strong>" gerade die Regelmäßigkeit des Stützenrasters zum unumstößlichen<br />
Prinzip erhoben hatte. (30)<br />
3.1.3 Le Corbusiers <strong>Auto</strong>entwurf<br />
Nach diesem eindrucksvollen Engagement für das <strong>Auto</strong> in der<br />
<strong>Architektur</strong> erscheint es nun nicht mehr weiter verw<strong>und</strong>erlich,<br />
dass sich Le Corbusier, zusammen mit seinem Bruder <strong>und</strong><br />
Partner Pierre Jeanneret 1928 daran begab, seinerseits einen<br />
Wagen zu entwerfen. (Abb.14) Dabei wurde - wie konnte es<br />
bei Le Corbusier anders sein - das Funktionskonzept völlig<br />
neu durchdacht, so dass ein Fahrzeug entstand, das sich von<br />
den gängigen Vorstellungen jener Zeit stark unterschied. Der<br />
Motor wurde nach hinten verlegt, die Hinterräder verschwanden<br />
in der spitz zusammenlaufenden Karosserie. Die Vorderpartie war keilförmig gedacht. Das<br />
<strong>Auto</strong> entsprach jenem günstigen Windverhalten, über das sich Le Corbusier bereits in „Vers un<br />
Architecture" (31) Gedanken gemacht hatte.<br />
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