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Auto und Architektur - Wohnbau - TU Wien

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Broadacre City war das Gegenteil von Le Corbusiers Stadtentwürfen. Während dieser die<br />

Vorzüge der Gartenstadt auf die Großstadt übertrug, ging Wright den umgekehrten Weg. Er<br />

wollte die Einrichtungen des Stadtlebens, die elektrischen Kommunikationsmittel, die<br />

industrielle Produktion <strong>und</strong> vor allem das <strong>Auto</strong>mobil dem Lande zukommen lassen. Le<br />

Corbusier hatte mit Hilfe des <strong>Auto</strong>s die Stadt radikal <strong>und</strong> kollektiv ordnen wollen. F.L. Wright<br />

hingegen, gedachte mit dem <strong>Auto</strong> die entfremdende Konzentration der Metropolen überflüssig<br />

zu machen. Beide wollten im Gr<strong>und</strong>e ein <strong>und</strong> dasselbe: Die Wiederherstellung des Gleichgewichts<br />

mit der Natur. Für beide war das <strong>Auto</strong> das Mittel zur Erreichung ihres Zieles. Die von<br />

Le Corbusier angestrebte vertikale Verdichtung zugunsten weiträumiger Freiflächen war vom<br />

<strong>Auto</strong> genauso abhängig wie F.L. Wrights dünnbesiedelte, horizontale Stadtlandschaft. Zum<br />

einen war die Befreiung der Stadt von den Belästigungen des <strong>Auto</strong>verkehrs der Ausgangspunkt<br />

ihrer Planungen (LC: „Das <strong>Auto</strong>mobil hat die Stadt zerstört -"), zum anderen sahen sie<br />

im als fortschrittlich geltenden <strong>Auto</strong>mobil die allein selig machende Kraft der Erneuerung<br />

(„-das <strong>Auto</strong>mobil muss die Stadt retten"). Dabei verwechselten beide Ursache <strong>und</strong> Wirkung.<br />

Die Stadt wurde so zu einer Konsequenz des Verkehrs <strong>und</strong> nicht umgekehrt.<br />

6.3 Die Charta von Athen<br />

Das <strong>Auto</strong> wurde zur Ursache <strong>und</strong> Wirkung jener Funktionstrennung, die aus der Stadt<br />

separierte Teilbereiche machte. Weil es die rasche Überwindung großer Teilbereiche<br />

ermöglichte, konnten strikt voneinander abgegrenzte Wohn-, Arbeits- <strong>und</strong> Erholungszonen<br />

ausgewiesen werden. Diese rigorose Einteilung der Stadt machte allerdings eine weitere<br />

Funktion notwendig - die des Verkehrs. In der „Charta von Athen", dem Manifest moderner<br />

Architekten <strong>und</strong> Stadtplaner anlässlich des 4. Kongresses der CIAM („Congres Internationaux<br />

d'Architecture Moderne") im Jahr 1933, wurde dem Verkehr eine gleichrangige Position zugewiesen,<br />

als handle es sich dabei um eine gleichrangige Zweckbestimmung der Stadt, nicht um<br />

eine dienende Verknüpfung ihrer Funktionen. Beim Kongress hatte sich Le Corbusier mit seiner<br />

Verherrlichung des <strong>Auto</strong>verkehrs als Gr<strong>und</strong>lage großstädtischen Massenverkehrs durchgesetzt.<br />

Seine vom <strong>Auto</strong> geprägten stadträumlichen Visionen hatten den Mobilitätskult von<br />

Futuristen <strong>und</strong> <strong>Auto</strong>industrie als stadtplanerisches Prinzip verankert. (81)<br />

6.4 Die „autogerechte" Stadt<br />

Der von Hans Bernhard Reichow stammende Buchtitel<br />

„Die autogerechte Stadt" wurde allerdings erst in den<br />

1950er Jahren zum Schlagwort. Man muss ihm zugute<br />

halten, dass er den Wiederaufbau der bombenzerstörten<br />

Städte zum Anlass nehmen wollte, sowohl für <strong>Auto</strong>s als<br />

auch für Fußgänger attraktive Verhältnisse zu schaffen.<br />

Dafür entwickelte er eine von organischen Vorbildern<br />

abgeleitete Theorie, der zufolge Straßen gleich „Kreislauforganen",<br />

gleich Adern von Blättern <strong>und</strong> Pflanzen <strong>und</strong><br />

wie „Blutkreisläufe" angelegt werden sollten. (82)<br />

(Abb.61) Die vorgeschlagenen Lösungen waren dem<br />

bereits erwähnten „Radburn-System" nicht unähnlich:<br />

Schnell- <strong>und</strong> Durchgangsstraßen waren von der Wohnbebauung<br />

getrennt, die Hausgruppen durch Sackgassen<br />

erschlossen <strong>und</strong> auf ihrer anderen Seite zu Grünflächen hin geöffnet. Das Ziel sollte eine<br />

„<strong>Auto</strong>stadt nach menschlichem Maß" (83) sein. In der Praxis entwickelten sich aus diesen<br />

wohlgemeinten Vorschlägen jene Platz greifenden, orientierungslosen Großsiedlungen <strong>und</strong><br />

Stadtautobahnen, die dem „lusthaften Fahren" (84) Vorrang vor allen anderen urbanen<br />

Lebensvorgängen einräumten.<br />

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