Auto und Architektur - Wohnbau - TU Wien
Auto und Architektur - Wohnbau - TU Wien
Auto und Architektur - Wohnbau - TU Wien
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
zung der Montagezeiten <strong>und</strong> zur Verbilligung des Endproduktes führte. Hatte man 1909 für ein<br />
Modell T noch 850 Dollar bezahlen müssen, so sank der Preis bis 1923 auf 290 Dollar. (9) Bei<br />
gleichzeitigem Anstieg der Löhne <strong>und</strong> Verkürzen der Arbeitszeit stieg in Amerika die Nachfrage<br />
nach <strong>Auto</strong>mobilen beträchtlich. Der Umstand, dass das <strong>Auto</strong> bald für jeden durchschnittlich<br />
Verdienenden erschwinglich wurde, führte zu einem Ansteigen des Kraftfahrzeugbestandes<br />
von 8.000 <strong>Auto</strong>mobilen im Jahr 1900 auf 2.300.000 im Jahr 1915. 1920 gab es mehr als 10<br />
Millionen auf Amerikas Straßen. (10)<br />
2. Das <strong>Auto</strong> im Wandel des Verhältnisses von <strong>Architektur</strong> <strong>und</strong> Maschine - Die Vor-<br />
läufer der Moderne<br />
Gr<strong>und</strong>lage für die Entwicklung der <strong>Architektur</strong> im 20.Jahrh<strong>und</strong>ert war die Integration von Wissenschaft<br />
<strong>und</strong> Technik in den Bereich des Bauens. Trotz Voranschreitens der industriellen<br />
Revolution hatte man etwa bis zur Jahrh<strong>und</strong>ertwende in „<strong>Architektur</strong> als Kunst" <strong>und</strong> „<strong>Architektur</strong><br />
als Zweck" unterschieden, hatte Bautechnik streng von Bauästhetik getrennt <strong>und</strong> industriell<br />
hergestellte Produkte nachträglich mit aus der Baugeschichte entlehnten Formen dekoriert.<br />
John Ruskin, William Morris <strong>und</strong> die Arts-and-Crafts-Bewegung wandten sich zwar erstmals<br />
gegen "industrielle Kunstimitation", neue Herstellungstechniken <strong>und</strong> damit Maschinenproduktion<br />
lehnten sie jedoch ab. (11)<br />
2.1 Der <strong>Auto</strong>mobilentwurf im Jugendstil<br />
Auch die Künstler des Jugendstils sprachen sich gegen historisierende<br />
Stilformen aus, hielten aber an der traditionellen<br />
„ästhetischen“ Zielsetzung fest. In ihrer Hoffnung<br />
auf völlige Durchdringung des Lebens mit der Kunst trat<br />
der Gebrauchswert ihrer Produkte oft in den Hintergr<strong>und</strong>.<br />
Davon zeugt auch ein 1907 von Joseph Maria Olbrich,<br />
1867-1908, in den Kurvaturen des Jugendstils gezeichneter,<br />
kutschenähnlicher Karosserieentwurf für die <strong>Auto</strong>firma<br />
Opel. (Abb.6) Olbrich war der erste in einer ganzen Reihe von Architekten, die an <strong>Auto</strong>mobilentwürfen<br />
gearbeitet haben. Produziert wurden allerdings die wenigsten, genauso wenig<br />
wie Olbrichs Entwurf. Interessant erscheint jedoch Olbrichs Beteiligung am Entwicklungsprozess<br />
eines <strong>Auto</strong>mobils an sich, weist dies doch darauf hin, dass zu dieser Zeit - etwa zwanzig<br />
Jahre nach der Erfindung des <strong>Auto</strong>s - die Karosserie bereits im Mittelpunkt gestalterischer Bemühungen<br />
gestanden haben muss <strong>und</strong> das noch dazu unter Zuhilfenahme eines Jugendstil-<br />
Architekten.<br />
2.2 Die "Maschinenästhetik" des Deutschen Werkb<strong>und</strong>es<br />
Waren Forderungen nach der Einheit von Form <strong>und</strong> Zweck zwar schon von vorausgegangenen<br />
Kunsterneuerungsbewegungen erhoben worden, betrachteten erst die Vertreter des 1907<br />
gegründeten, aus Industriellen, Politikern <strong>und</strong> Architekten bestehenden Deutschen Werkb<strong>und</strong>es<br />
die Formen der Maschinenproduktion erstmals als stilbildend <strong>und</strong> sprachen von „Maschinenästhetik."(12)<br />
Um Technik <strong>und</strong> Kunst zu einer unlösbaren Einheit zu verschmelzen, wollten<br />
Künstler ästhetisch befriedigende Prototypen schaffen, die von der Industrie anschließend für<br />
eine breite Käuferschicht produziert werden sollten. Eine auf geometrischen <strong>und</strong> stereometrischen<br />
Gr<strong>und</strong>formen basierende, „maschinengerechte" Produktsprache wurde von den jüngeren<br />
Mitgliedern angestrebt. Die Verkleidung der Funktionen mit ornamentlosen Karosserien, die<br />
das Erscheinungsbild der <strong>Auto</strong>mobile in den 20er Jahren bestimmen sollte, beruhte weitgehend<br />
auf Entwürfen des Deutschen Werkb<strong>und</strong>es, vor allem auf denen von Ernst Neumann. Er<br />
hatte bereits 1914 auf die Bedeutung der Aerodynamik hingewiesen. (13)<br />
8