Auto und Architektur - Wohnbau - TU Wien
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technischen organismus, muss auch die gesamterscheinungsform<br />
des autos entsprechen. die sichtbare außenform hat also<br />
ästhetisch gesprochen genau so zu funktionieren wie der technische<br />
apparat. die reine, edle form ist ein ergebnis der planmäßigen<br />
beseitigung alles unnötigen aufwandes an energie,<br />
masse, gewicht <strong>und</strong> zierat. ein moderner gebrauchswagen soll<br />
technisch vollendet, schön <strong>und</strong> billig sein. dieses ziel kann nur in<br />
engster arbeitsdurchdringung maßgeblicher technischer, gestalterischer<br />
<strong>und</strong> kaufmännischer kräfte erreicht werden."(38)<br />
Trotz ansehnlicher Bauart nehmen sich Gropius'<br />
<strong>Auto</strong>entwürfe freilich ein wenig altertümlich aus,<br />
vergleicht man sie mit dem etwa zur gleichen Zeit entstandenen Dymaxion<br />
Car des amerikanischen Konstrukteurs <strong>und</strong> Erfinders Richard Buckminster<br />
Fuller (1895-1986). (Abb.28) Abgesehen von einigen technischen Verbesserungen<br />
im Chassis, Motor <strong>und</strong> Getriebe, an deren Entwicklung Gropius freilich<br />
nicht beteiligt war, waren an den beiden Adler-Modellen nur die erstmals<br />
eingebauten Liegesitze innovativ. Ansonsten zeigten sie keinerlei Fortschritt<br />
gegenüber den in Le Corbusiers "Vers un Architecture" abgebildeten<br />
Karosserien.<br />
Fullers Beschäftigung mit dem <strong>Auto</strong>mobilbau hingegen blieb nicht an der oberflächlichen Behandlung<br />
eines Formenkleides, das die technischen Einrichtungen verbarg, stehen. Das<br />
Dymaxion Car war das Ergebnis umfassender technologischer Bemühungen <strong>und</strong> wurde mit<br />
Hilfe von Spezialisten für die einzelnen technischen Details entwickelt. Das technologische<br />
Gr<strong>und</strong>prinzip (Dymaxion = Dynamik plus maximale Effizienz) bestand darin, „dass der größte<br />
Nutzen mit der geringsten Energie <strong>und</strong> Materialaufwendung nur dann erreicht werden kann,<br />
wenn alle technischen Mittel <strong>und</strong> Methoden lückenlos angewendet werden." (39)<br />
Das Dymaxion-<strong>Auto</strong> stellte im Gr<strong>und</strong>e die Adaption<br />
eines Flugzeugrumpfs samt Fahrwerk für den<br />
Straßenverkehr dar. Seine Konstruktionsmerkmale<br />
waren: Drei Räder, Heckmotor mit Kraftübertragung<br />
auf die zwei Vorderräder, Lenkung mit dem Hinterrad,<br />
aerodynamische Karosserie aus Aluminium. Mit<br />
einem serienmäßigen 90PS-Ford-V8-Motor konnte<br />
das <strong>Auto</strong> ca. 200 km/h erreichen. Von der anfänglichen<br />
Idee, eine Art Flugzeugauto mit Düsenantrieb<br />
zu bauen, hatte Fuller schließlich abgelassen.<br />
Das Dymaxion Car diente vor allem Schauwerbezwecken.<br />
1933 wurde es auf der Chicagoer Weltausstellung<br />
gezeigt. Die Serienfertigung scheiterte<br />
jedoch am Widerspruch zwischen Fullers logistischem<br />
Transportideal <strong>und</strong> den tatsächlichen Verkehrsverhältnissen,<br />
an einem individualisierten<br />
Massenverkehr, dessen treibende Kraft eine absatzorientierte<br />
<strong>Auto</strong>mobilindustrie ist, für die modische<br />
Aufmachung eines Modells mehr zählt als die Erhöhung<br />
des Gebrauchswerts.<br />
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