Auto und Architektur - Wohnbau - TU Wien
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der „Outdoor Advertising Association of America" festgelegt, durch deren Richtlinien auch die<br />
Vermietung, Installation <strong>und</strong> Wartung der Tafeln geregelt wird.<br />
Zum Unterschied von Marketingformen anderer Massenmedien kursieren die Botschaften der<br />
Reklametafeln selbst nicht - der Markt bewegt sich an ihnen vorbei. Verkehrstechnische <strong>und</strong><br />
wahrnehmungspsychologische Untersuchungen legen den optimalen Standort hinsichtlich der<br />
Lesbarkeit, des Aufstellungswinkels <strong>und</strong> des übersichtlichsten Abstands zur nächsten Tafel in<br />
Abhängigkeit von der Geschwindigkeit fest. Wahrnehmungstempo <strong>und</strong> Distanzverhältnisse erzwingen<br />
ein Layout, das meistens durch extreme Vereinfachung <strong>und</strong> Verknappung der zu<br />
bermittelnden Botschaft gekennzeichnet ist.<br />
Billboards wenden sich an ein Publikum, das mit dem <strong>Auto</strong> unterwegs ist. Die Aufstellung der<br />
Tafeln, ihr Winkel zur Straße <strong>und</strong> ihr Abstand vom Boden werden durch den Blickwinkel des<br />
<strong>Auto</strong>fahrers <strong>und</strong> seiner Mitreisenden bestimmt. Der Blick durch das Wagenfenster erfasst die<br />
Werbetafeln selektiv - doch nur für eine kurze Zeitspanne, dann hat das nächste Billboard<br />
seine Chance. Der Abstand von einem Billboard zum anderen richtet sich nach der vorgeschriebenen<br />
Geschwindigkeit. Sechs Sek<strong>und</strong>en verbleiben durchschnittlich, um eine Botschaft<br />
wahrzunehmen.<br />
Aus der Frühzeit der Werbetafeln stammt ein Beispiel, das diesen Umstand ausgenützt hat,<br />
indem auf hintereinander postierten Plakaten Texte - der Reihe nach gelesen - einen Reim<br />
ergaben - vorausgesetzt, die Fahrer lasen ihn bei der für diese Strecke vorgeschriebenen<br />
Höchstgeschwindigkeit. Die Anzeigenserie der Firma „Burma Shave" (Abb.73) war somit eine<br />
Art literarischer Geschwindigkeitskontrolle mit eingebautem<br />
Werbeeffekt. Kevin Lynchs, Donald Appleyards <strong>und</strong> John R.<br />
Meyers in ihrem 1964 erschienenen Buch „The View from<br />
the Road" erhobene Forderung: „Der Straßenrand sollte wie<br />
ein faszinierendes Buch sein, das man beim Fahren lesen<br />
kann", ist hier wörtlich genommen. (102) Die <strong>Auto</strong>ren beschrieben<br />
die sinnlichen Erfahrungen während einer <strong>Auto</strong>fahrt<br />
als „eine Folge von Bildern vor den Augen eines eingeschlossenen,<br />
etwas ängstlichen <strong>und</strong> teilweise unaufmerksamen<br />
Publikums, dessen Sicht selektiv <strong>und</strong> auf einen<br />
engen Ausschnitt in der Bewegungsrichtung begrenzt ist."<br />
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