Reader - Deutsches Polen Institut
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Topoi durch die beteiligten kirchlichen Instanzen<br />
bis hin zum Papsttum als in Frage kommenden<br />
Initiator des Antemurale-Konzepts, in<br />
der höfischen Politik der spätmittelalterlichen/frühneuzeitlichen<br />
Dynastien wie auch<br />
in der Diplomatie behandeln. Die Kombination<br />
der Ansätze innerhalb der Begriffsge-<br />
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schichte, der Diskursanalyse und der Historischen<br />
Bildwissenschaften ermöglicht eine<br />
tiefgreifende Analyse der bereits erwähnten,<br />
zahlreichen lateinischen wie auch nationalsprachlichen<br />
Ausprägungen des Antemurale-<br />
Begriffes.<br />
Sabine Jagodzinski, M.A. (Leipzig)<br />
Zwischen Antemurale Christianitatis und Orientalisierung. Visuelle Kommemoration der<br />
polnisch-osmanischen Kriege im <strong>Polen</strong> des 17. Jahrhunderts<br />
Sabine Jagodzinski, geb. Vogt, Jg. 1979, 2001–2007 Studium Kunstgeschichte und Neuere deutsche<br />
Literatur an der Humboldt-Universität zu Berlin, Magisterarbeit Die illustrierte Apokalypse Heinrichs<br />
von Hesler im Deutschen Orden. Studien zu Bild, Text und Kontext, seit Ende 2007 wissenschaftliche<br />
Mitarbeiterin am Geisteswissenschaftlichen Zentrum Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas<br />
an der Universität Leipzig in der Projektgruppe Osmanischer Orient und Ostmitteleuropa.<br />
Vergleichende Studien zu Perzeptionen und Interaktionen in den Grenzzonen, Promotionsvorhaben<br />
zum Thema Kommemoration der osmanischen Expansion in der ostmitteleuropäischen Adels-<br />
und Hofkultur (16.–18. Jahrhundert), Forschungsschwerpunkte: Mittelalter / Frühe Neuzeit, Text und<br />
Bild, Schlachtenkommemoration.<br />
Betrachtet man das Verhältnis zwischen <strong>Polen</strong><br />
und dem Osmanischen Reich, ist es besonders<br />
im 17. Jahrhundert ambivalent. Nach<br />
langen Jahren des mehr oder weniger friedlichen<br />
Nebeneinanders war das Osmanische<br />
Reich spätestens ab 1620 ein mächtiger und<br />
bedrohlicher, militärischer wie religiöser Feind.<br />
Dementsprechend ist das Schlachtengedenken<br />
im <strong>Polen</strong> der Frühen Neuzeit, insbesondere<br />
der Kriege gegen den »Erbfeind der Christenheit«,<br />
untrennbar mit einer religiösen<br />
Komponente verbunden, sei es zu Zwecken<br />
der Legitimation, Propaganda oder Repräsentation.<br />
Andererseits bewunderte man in<br />
der polnischen Adelskultur die Kriegskunst<br />
und militärische Prachtentfaltung der Osmanen<br />
ebenso wie man ihre Waffen und Luxusgüter<br />
schätzte und gern in eigene Repräsentationskulturen<br />
übernahm, was nicht zuletzt<br />
zur – bis heute kontrovers diskutierten – Vorstellung<br />
des polnischen »Sarmatismus« beitrug.<br />
Dieses Spannungsverhältnis der polnisch-litauischen<br />
Adelsrepublik zwischen<br />
Selbstorientalisierung und dem Postulat der<br />
Verteidigung der Christenheit – und damit<br />
der westlichen Welt – macht die Frage nach<br />
ihrer Lage auf der geistigen, inneren Landkarte<br />
besonders interessant. Auch die visuellen<br />
Strategien des Schlachtengedenkens blieben<br />
davon natürlich nicht unberührt.<br />
�<br />
Ausgehend von Andrzej Stechs Gemälde Die<br />
Schlacht bei Chocim/Chotin 1673 (heute<br />
Lemberg/Lwów/L´viv, Gemäldegalerie)<br />
möchte ich aus kunsthistorischer Perspektive<br />
aufzeigen, wie vor diesem Hintergrund Erinnerung<br />
genau konstruiert werden konnte. Im<br />
Kampfgetümmel des Gemäldes ähneln sich<br />
die polnischen und osmanischen Truppen auf<br />
den ersten Blick sehr in Aussehen und Ausrüstung.<br />
Wie ist diese Darstellung zu verstehen?<br />
Welche Rolle erfüllt die repräsentative Figur<br />
Jans III. Sobieski in seiner »orientalischen« Karacena-Rüstung<br />
– immerhin bescherte ihm<br />
die Schlacht bei Chocim die Königskrone,<br />
brachten seine Regentschaftspläne aber<br />
auch Konflikte mit dem freiheitsliebenden<br />
Adel mit sich? Berücksichtigung findet bei der<br />
Analyse auch die religiöse und familiäre<br />
Komponente in den Bildinschriften und der<br />
Bestimmung des Bildes für die Pfarrkirche in<br />
Żółkiew/Zhovkva als einem Kommemorationsort<br />
der Sobieskis und ihrer Vorfahren im<br />
Kampf gegen die Osmanen sowie seine<br />
mögliche Wahrnehmung in der frühneuzeitlichen<br />
Öffentlichkeit. Ergänzt werden die Ausführungen<br />
zu diesem Spannungsfeld von<br />
theoretischem Ideal, realem Kampf, kulturellem<br />
Repräsentations- und Memoriabedürfnis<br />
durch weitere Memorabilien, wie z.B. Trophäen<br />
und den Umgang mit ihnen.