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Deutschland zwischen 1950 und 2009 - Rainer Land Online Texte

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der Dienstleistungsarbeit bezieht sich zunächst nur auf die Arbeitskräfteanteile (siehe oben)<br />

<strong>und</strong> darf nicht als Bedeutungsverlust der Industrie interpretiert werden (siehe oben 2.1.), denn<br />

die Gr<strong>und</strong>lage dieser Verschiebung ist gerade der Produktivitätszuwachs in der Industrie. Zu-<br />

dem vollzieht sich dieser Übergang so langsam, dass eigentlich nicht einzusehen ist, warum<br />

der damit verb<strong>und</strong>ene soziale Wandel nicht ohne eine lange Depression im Zuge des Genera-<br />

tionswandels bewältigt werden kann.<br />

Als weitere mögliche Erklärungen wurden die Unterkonsumtionstheorie (nach Hobson 1902)<br />

oder die Überproduktionstheorien vorgeschlagen. Die Unterkonsumtionstheorie geht davon<br />

aus, dass der Zuwachs der Löhne <strong>und</strong> damit der Konsumtion der Lohnarbeiter nach dem<br />

Mehrwertgesetz von Marx unter dem Zuwachs der Produktion liegt. Das produzierte <strong>und</strong> als<br />

Kapitaleinkommen (Mehrwert bzw. Profit) vorliegende Produkt kann also nur bei ständig<br />

wachsender Kapitalakkumulation „realisiert“ respektive in Geldkapital verwandelt werden.<br />

Die permanente Unterbezahlung bzw. Unterkonsumtion der Lohnarbeit schafft also eine per-<br />

manente Überproduktion von Kapital <strong>und</strong> Kapitalgütern, die zu einer allgemeinen Krise der<br />

Kapitalakkumulation <strong>und</strong> zu regelmäßigen zyklischen Krisen führen soll.<br />

Diese Beschreibung trifft wahrscheinlich auf den Kapitalismus vor dem 2. Weltkrieg weitge-<br />

hend zu. Allerdings hat Rosa Luxemburg (a.a.O.) gezeigt, dass der Kapitalismus durch äußere<br />

<strong>Land</strong>nahme, Kolonialisierung, Krieg <strong>und</strong> Rüstung die Realisierung des Mehrwerts auf Zeit si-<br />

cherstellen kann. Diese Unterkonsumtionstheorie setzt aber bei einer Voraussetzung an, die<br />

gerade im Teilhabekapitalismus aufgehoben ist, nämlich bei hinter der Produktivitätsentwick-<br />

lung zurückbleibenden Löhnen <strong>und</strong> einer langfristig steigenden Mehrwertrate. Weil der Teil-<br />

habekapitalismus gerade die „Lösung“ des Problems der Unterkonsumtion der Arbeiter ist,<br />

kann die Unterkonsumtionstheorie nicht die Erklärung für dessen Erosion sein. Allerdings<br />

spielt Unterkonsumtion der Arbeiter <strong>und</strong> Überproduktion von Kapital (Waren <strong>und</strong> Geldkapi-<br />

tal) in einer modernisierten Form wieder eine Rolle, wenn man erklären will, warum der im<br />

Zuge des Umbruchs eingetretene Fall der Lohnsteigerung unter die Produktivitätsentwicklung<br />

Probleme bei der Akkumulation der Kapitalgewinne schafft <strong>und</strong> zu Geldkapitalblasen beiträgt<br />

(vgl. 4.). In gewisser Weise stellt die oben (2.2.) beschriebene Tendenz zu hinter der Produk-<br />

tivität zurückbleibenden Reallohnsteigerungen eine Rückkehr zu Unterkonsumtion <strong>und</strong> Über-<br />

produktion dar, nur handelt es sich dabei selbst um Folgen. Der Rückgang der Wachstumsra-<br />

ten erfolgte in einer Zeit, in der die Löhne noch nicht hinter der Produktivität zurückblieben.<br />

Überproduktion im Sinne des Überangebots spielt im zyklischen Verlauf eine Rolle. Es kann<br />

als bekannt unterstellt werden, dass vor der Prosperität in der Regel ein Nachfrageüberhang<br />

<strong>Land</strong>, Busch <strong>2009</strong>-10, Teilhabekapitalismus

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