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Deutschland zwischen 1950 und 2009 - Rainer Land Online Texte

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höhen. Die rationale Seite ist, die Allokation von Investitionsmöglichkeiten zu verbessern <strong>und</strong><br />

Risiken auszugleichen. Damit sind zwar bestimmte volkswirtschaftliche Effekte zu erreichen,<br />

aber nur kleine. Denn tatsächlich zielt die ohne hinreichende Reflexion der Folgen in Gang<br />

gesetzte Deregulierung der Finanzmärkte teils in voller Absicht teils ungewollt auf ein ande-<br />

res Wettbewerbsmodell: die Erzielung von Gewinnen durch Wertzuwachs von Finanzanlagen<br />

<strong>und</strong> durch die sogenannte Hebelwirkung (Leverage Effekt), die eine Erhöhung der Eigenkapi-<br />

talrendite durch Fremdkapitalnutzung ermöglicht.<br />

„In der neuen Wirtschaft dominierten Finanzunternehmen, Versicherungen <strong>und</strong> das Immobilienge-<br />

schäft, auf Englisch: finance, insurance, real estate, oder abgekürzt FIRE. … FIRE ist nichts ande-<br />

res als eine kreditfinanzierte Anlagen−Preis−Inflationsmaschine, die um eine einzige Gr<strong>und</strong>annah-<br />

me kreist: nämlich dass der Wert meiner Vermögensanlagen, dessen Entwicklung für gewöhnlich<br />

vom Konjunkturzyklus <strong>und</strong> den Finanzmärkten abhing, nunmehr (von kurzfristigen Unterbrechun-<br />

gen abgesehen) nur noch in eine Richtung tendiert: aufwärts. Auf FIRE−Kurs hatten die Vereinig-<br />

ten Staaten − vom Goldstandard befreit − fortan enorme Spielräume, ihre Defizite mit der eigenen<br />

Währung zu finanzieren. (Janszen 2008:3)<br />

Aus Wertzuwachs von Finanzanlagen resultierende Gewinne können zwar einzelnen Anle-<br />

gern nutzen, nicht aber der Volkswirtschaft oder der Weltwirtschaft insgesamt. Die Einkom-<br />

men werden nicht größer, sondern nur anders verteilt, aber nicht notwendig zweckmäßiger,<br />

wie wir heute wissen. Renditen Einzelner, die durch Wertzuwachs von Anlagen oder Levera-<br />

ge Effekt erzieht werden, sind stets mit Mindererlösen oder Verlusten bei anderen Einkom-<br />

men bzw. in der Volkswirtschaft insgesamt verb<strong>und</strong>en – oder eben auch mit Verlusten in an-<br />

deren Volkswirtschaften der Weltwirtschaft. Die Summe der Verluste ist in der Regel größer<br />

als die der Gewinne. Die Strategie, die Finanzmärkte zu deregulieren, um die zurückgehende<br />

Produktivitätsentwicklung bzw. die zurückgehenden volkswirtschaftlichen Unternehmens-<br />

<strong>und</strong> Vermögenseinkommen durch steigende Finanzmarktrenditen zu kompensieren, ist kein<br />

Null- sondern ein Negativsummenspiel. Das zeigen die seit den 1980er-Jahren regelmäßig<br />

auftretenden Finanzkirsen <strong>und</strong> die dabei entstehenden Verluste.<br />

• Ende der 1970er Jahre <strong>und</strong> 1982 wurden die in der großen Depression der 1930er-Jah-<br />

re eingeführten strikten Regulierungen der amerikanischen Sparkassen aufgehoben,<br />

die Sparkassen expandierten, u.a. mit Immobilien <strong>und</strong> hochspekulativen Unterneh-<br />

mensfinanzierungen. Mitte der 1980er-Jahre brach dies zusammen, der Staat gewährte<br />

den Banken Kredite in Höhe von 400 Milliarden US-Dollar, von denen 124 Milliarden<br />

letztlich nicht zurückgezahlt wurden.<br />

• Mit Spekulationen auf den steigenden Ölpreis wurde ebenfalls in den 1980er-Jahren<br />

die Lateinamerikakrise (Schuldenkrise) ausgelöst.<br />

<strong>Land</strong>, Busch <strong>2009</strong>-10, Teilhabekapitalismus

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