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Mitteilungen DMG 02 / 2008 - Deutsche Meteorologische ...

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Abb. 1: Das Fundament des Wetterhäuschens auf dem Gipfel der Treppe,<br />

© R. Holzner.<br />

Die „J. B. Charcot“ segelte 1907 im Auftrag der französischen<br />

geographischen Gesellschaft zur Erstellung<br />

besserer Karten der Inselgruppe zu den Kerguelen.<br />

Finanziert wurde die Reise über die Gewinnung von<br />

Robbenöl, das in Australien verkauft wurde. Als das<br />

Schiff während dieser Expedition Ende April 1908 in<br />

der Baie du Hillsborough an der Nordküste der Kerguelen<br />

lag, wanderte R. R. du Baty, erster Offizier der<br />

„J. B. Charcot“, zusammen mit dem Matrosen E. Larose<br />

von ihrem Schiff zur Beobachtungsbucht. Larose<br />

entdeckte dort das deutsche Wohnhaus. Der bauliche<br />

Zustand des Hauses war bereits miserabel. Als Larose<br />

und du Baty das Haus betraten, stellten sie jedoch fest,<br />

dass es in vollständig eingerichtetem Zustand verlassen<br />

worden war. Die Räume erweckten laut du Batys<br />

Bericht den Eindruck, als ob man das Haus fluchtartig<br />

verlassen hätte. Nichts war aufgeräumt worden. Selbst<br />

das mittlerweile verdorbene und stinkende Essen stand<br />

noch angerichtet auf dem Tisch und die persönliche<br />

Kleidung hing noch an der Wand. Einige Tage später<br />

räumte du Baty das Haus gründlich auf und reparierte<br />

die gröbsten Schäden. Vor allem das Dach wurde geflickt,<br />

um den weiteren Verfall zu verlangsamen und<br />

somit das Haus möglichst lange als Notunterkunft zu<br />

erhalten (Ba t y, 1912).<br />

1912 versuchte Baron P. Decouz zusammen mit seinem<br />

Diener V. Culet an der Beobachtungsbucht Schafe<br />

zu züchten. Über dieses Experiment sind Teile des Tagebuchs<br />

von Culet erhalten. Aus dem Tagebuch geht<br />

hervor, dass Decouz und Culet sich ein eigenes kleines<br />

Haus neben das deutsche Stationshaus mit Hilfe von<br />

norwegischen Leiharbeitern aus der Walfängerstation<br />

Port Jeanne d’Arc bauten. Vor Fertigstellung ihrer eigenen<br />

Unterkunft lebten sie kurzfristig in dem deutschen<br />

Stationshaus. Obwohl auf der Ile Longue, einer Insel<br />

südlich der Beobachtungsbucht im Royalsund, heutzutage<br />

eine erfolgreiche Schafzucht zur Versorgung der<br />

etwa 200 Bewohner der französischen Süd- und Antarktisgebiete<br />

existiert und somit bewiesen ist, dass man<br />

auf den Kerguelen erfolgreich Schafe halten kann, hat-<br />

focus<br />

Abb. 2: Die Überreste des Wohnhauses der ersten <strong>Deutsche</strong>n Südpolar-<br />

Expedition, nachdem die Acaena weitestgehend entfernt worden war.<br />

Im Hintergrund der Stationssee, © S. Quine.<br />

ten die damaligen Experimente zur Schafszucht auf der<br />

Hauptinsel keinen Erfolg.<br />

Das ArchaeObsprojekt<br />

Die Ausgrabungen im Südsommer 2006/07 sollten die<br />

vom Verfall bedrohten Hinterlassenschaften der Menschen<br />

an der Beobachtungsbucht dokumentieren und<br />

nach Möglichkeit retten. Da es sich nicht um naturwissenschaftliche<br />

Forschungen, sondern um geisteswissenschaftliche<br />

Untersuchungen handelte, wurde die<br />

Grabung direkt aus Mitteln der Verwaltung der Französischen<br />

Süd- und Antarktisgebiete finanziert. Das<br />

französische Polarinstitut Paul Emile Viktor (IPEV),<br />

das für die naturwissenschaftlichen Forschungen in<br />

den französischen Süd- und Antarktisgebieten zuständig<br />

ist, war am ArchaeObsprojekt nicht beteiligt.<br />

Zwischen Dezember 2006 und Februar 2007 wurde<br />

an insgesamt gut 50 Arbeitstagen gegraben, wobei im<br />

Durchschnitt etwa die Hälfte des aus acht Leuten bestehenden<br />

„ArchaeObsteams“ sich an der Grabung beteiligte,<br />

der Rest dagegen entweder erkrankt oder mit<br />

anderen Dingen beschäftigt war. Es wurde an insgesamt<br />

fünf Stellen gegraben. Dabei konnten drei Gebäude<br />

dokumentiert werden. Zudem wurde das Fundament<br />

unter den zwei „Passagesteinen“, deren ursprüngliche<br />

Funktion es war, einem Teleskop zur Beobachtung des<br />

Mondes einen sicheren Stand zu geben, dokumentiert<br />

und ein zentral gelegener Abfallhaufen abgetragen.<br />

Von den drei untersuchten Häusern waren die Reste<br />

des „Stationshauses“, also des Wohnhauses der Kerguelenstation<br />

der ersten deutschen Südpolarexpedition,<br />

sicherlich die am meisten beeindruckenden. Von ungewöhnlich<br />

hoher Acaena, der vorherrschenden Pflanzenart<br />

auf der Hauptinsel der Kerguelen, größtenteils<br />

überwuchert waren schon vor Beginn der Grabung<br />

überirdisch deutlich die Reste eines Holzhauses zu sehen<br />

(siehe Abb. 2). Nach Entfernen der Acaena stellte<br />

sich heraus, dass nicht nur der Grundriss mit einer<br />

Länge von ca. 7 m und einer Breite von ca. 5,5 m des<br />

Hauses, sondern auch die Firsthöhe von ca. 4,5 m über<br />

<strong>Mitteilungen</strong> <strong>02</strong>/<strong>2008</strong><br />

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