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Mitteilungen DMG 02 / 2008 - Deutsche Meteorologische ...

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eher zweitrangige Tatsache, dass im Stationshaus etwa<br />

ein Dutzend Reagenzgläser gefunden wurden und im<br />

französischen Haus kein einziges. Eine Nutzung beider<br />

Gebäude durch die französischen Schafhalter ist also<br />

anzunehmen. Die Kleinfunde aus dem Variationshaus<br />

beschränken sich auf einige kleine Buntmetallreste und<br />

Kohlestücke. Es handelt sich wohl mehrheitlich um die<br />

Überreste von elektrischen Batterien. Insgesamt war<br />

aber auch das Variationshaus sehr fundarm.<br />

Die Überreste auf dem Gipfel der Treppe<br />

Neben den Ausgrabungen an der Beobachtungsbucht<br />

wurden vom „ArchaeObsprojekt“ die Überreste auf<br />

dem Gipfel des Berges „Treppe“ archäologisch untersucht.<br />

Die Treppe (englisch: Mt. Venus) ist ein ca.<br />

150 m hoher Berg etwa eine Stunde Fußmarsch von<br />

der Beobachtungsbucht entfernt. Auf dem Gipfel der<br />

Treppe war von Mitte März bis Ende Mai 19<strong>02</strong> eine<br />

von den Mitgliedern der ersten deutschen Südpolarexpedition<br />

betriebene meteorologische Höhenstation in<br />

Betrieb, die meteorologische Informationen von einem<br />

gebirgigen Teil der Insel liefern sollte. Aufgezeichnet<br />

wurden der Luftdruck, die Temperatur und die relative<br />

Luftfeuchte. Aus den Beschreibungen der Höhenstation<br />

ist zu entnehmen, dass außerdem auf der Treppe ein<br />

kleiner Windschutz gebaut wurde, der auch bei Sturm<br />

das Wechseln der Registrierbögen ermöglichte (Me in<br />

a r d u s, 1923).<br />

Nach einem ersten vergeblichen Versuch, der an der<br />

letzten Felswand unterhalb des obersten Plateaus des<br />

Berges scheiterte, konnte der Gipfel der Treppe auf<br />

Überreste untersucht werden. Schon aus einiger Entfernung<br />

war ein Holzgerüst sichtbar (siehe Abb. 1).<br />

Das gut erhaltene Gerüst war ein nach allen Seiten hin<br />

abgestützter Käfig, in dem viele große Steine lagen.<br />

Dass dieses Gerüst als stabiles Fundament für ein Wetterhäuschen,<br />

das an dieser Stelle ständig sehr hohen<br />

Windgeschwindigkeiten ausgesetzt gewesen sein muss,<br />

gedient haben kann, war auf den ersten Blick klar.<br />

Nicht nur dieses Gerüst hatte sich erhalten. Bei genauerer<br />

Betrachtung konnte man erkennen, dass eine<br />

natürliche, Schutz bietende Nische mit Steinen etwas<br />

erweitert worden war, so dass man sich vor dem selbst<br />

an scheinbar ruhigen Tagen stets heftigen Wind schützen<br />

konnte. Zwischen den Steinen konnten noch die<br />

Reste einer weißen, groben Leinwand gefunden werden.<br />

Auch die Überreste einer Flasche konnten geborgen<br />

werden, was darauf hindeutet, das wohl das eine<br />

oder andere Mal während des Betriebs der Höhenstation<br />

auf dem Gipfel der Treppe eine Pause gemacht<br />

wurde.<br />

Der im Verhältnis zur Beobachtungsbucht sehr gute<br />

Erhaltungszustand der Höhenstation liegt wohl an den<br />

wegen des Windes relativ trockenen Bedingungen, denen<br />

das Holz ausgesetzt war. Zudem ist der nur mit<br />

Bergsteigerausrüstung sicher zu erklimmende Gipfel<br />

der Treppe vermutlich danach kaum oder gar nicht<br />

mehr betreten worden. Die Funde blieben also weit-<br />

focus<br />

gehend vom Menschen ungestört. Es lässt sich zusammenfassend<br />

über die meteorologische Höhenstation<br />

sagen, dass die in den Aufzeichnungen beschriebenen<br />

Details, die mit archäologischen Mitteln überprüfbar<br />

sind, allesamt stimmen und somit die überlieferten meteorologischen<br />

Aufzeichnungen über die Höhenstation<br />

der ersten <strong>Deutsche</strong>n Südpolarexpedition zumindest<br />

aus archäologischer Sicht als höchst glaubwürdig zu<br />

gelten haben.<br />

Spuren von den Instrumenten, die bei der Basisstation<br />

an der Beobachtungsbucht standen, konnten nicht<br />

zweifelsfrei gefunden werden. Es war allerdings von<br />

Beginn der Grabung an klar, dass die zu erwartenden<br />

Spuren, hauptsächlich Steinhaufen als Fundamente,<br />

sich zwar wahrscheinlich bestens erhalten haben, eine<br />

Zuordnung, ob eine solche Ansammlung von Steinen<br />

nun einmal beispielsweise als Fundament für ein Anemometer<br />

diente, oder ob sie einen komplett anderen<br />

Zweck hatte, ist aber mit großer Wahrscheinlichkeit<br />

aussichtslos. Erschwerend kommt hinzu, dass der veröffentlichte<br />

Plan der Station, gezeigt in Abb. 4, zwar<br />

einen guten Gesamtüberblick bietet, eine metergenaue<br />

Ortsbestimmung der Bauten jedoch nicht ermöglicht.<br />

Somit bleibt es dabei, dass insgesamt der Alltag der<br />

Menschen, die an der Beobachtungsbucht gelebt haben,<br />

mit archäologischen Mitteln erheblich besser<br />

nachzuvollziehen war, als ihre wissenschaftlichen Tätigkeiten.<br />

Danksagung<br />

Zum Abschluss dieses Artikels möchte sich der Autor<br />

für die finanzielle Unterstützung der <strong>DMG</strong> recht<br />

herzlich bedanken. Die umständliche und leider nicht<br />

ganz billige Anreise zu den Kerguelen dauerte etwa<br />

zwei Wochen (einfach), da der gesamte Waren- und<br />

Personenverkehr zu den Kerguelen mangels Flughafen<br />

mit Schiffen erfolgt.<br />

Literatur<br />

Ba t y, 1912: Fifteen Thousand Miles in a Ketch. London<br />

u.a.<br />

dr y G a L s k i, 1904a: Bericht über Verlauf und Ergebnisse der<br />

<strong>Deutsche</strong>n Südpolar-Expedition. – Sonderabdruck aus der<br />

Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin.<br />

dr y G a L s k i, 1904b: Zum Kontinent des eisigen Südens. –<br />

Berlin.<br />

en z e n s P e r G e r, 19<strong>02</strong>: Die Kerguelen-Station. Bericht über die<br />

Reise der Mitglieder und die Begründung der Station. – In:<br />

Bericht über die wissenschaftlichen Arbeiten der <strong>Deutsche</strong>n<br />

Südpolarexpedition auf der Fahrt von Kiel bis Kapstadt nebst<br />

Mittheilungen über das Expeditionsschiff „Gauss“ und die<br />

Errichtung der Kerguelenstation. – Veröffentlichungen des<br />

Instituts für Meereskunde und des Geographischen Instituts<br />

an der Universität Berlin, 101–108.<br />

en z e n s P e r G e r, 1905: Reisebriefe und Kerguelentagebuch. –<br />

In: Akademischer Alpenverein München (Hrsg.), Josef Enzensperger.<br />

Ein Bergsteigerleben, 209–276.<br />

Ga z e r t, 1927: Die Beriberifälle auf Kerguelen. – <strong>Deutsche</strong><br />

<strong>Mitteilungen</strong> <strong>02</strong>/<strong>2008</strong><br />

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