Rommersdorf Der Zauber der Wurzel - Rheinkiesel
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Brauchtum<br />
Wie glänzt<br />
er festlich …<br />
Die einen schmücken ihn mit Strohsternen und roten Kugeln,<br />
die an<strong>der</strong>en bevorzugen Lametta und pausbackige Engel -<br />
chen – kein Christbaum gleicht dem an<strong>der</strong>en.<br />
Weihnachtsbäume sind Ge -<br />
schmackssache – das gilt nicht nur<br />
für den Baum selbst, son<strong>der</strong>n erst<br />
recht für seinen Schmuck. <strong>Der</strong><br />
aller erste Christbaumschmuck im<br />
16. Jahrhun<strong>der</strong>t war nicht nur<br />
Symbolträchtige Farben zieren den Christbaum<br />
10 Dezember 2011<br />
hüb sch anzuschauen, son<strong>der</strong>n<br />
auch eßbar: Äpfel, Nüsse und Sü -<br />
ßig keiten o<strong>der</strong> Lebkuchen zierten<br />
damals die grünen Zweige.<br />
Spätestens am Dreikönigstag durften<br />
die Kin<strong>der</strong> den Baum plün-<br />
<strong>der</strong>n – eigentlich eine praktische<br />
Er findung, denn <strong>der</strong> Schmuck<br />
mußte nicht mehr fürs kommende<br />
Jahr verstaut werden. Teilweise<br />
hielt sich dieser Brauch noch bis<br />
um das Jahr 1900.<br />
Im 17. Jahrhun<strong>der</strong>t kamen<br />
erste Wachsfigürchen auf: Fortan<br />
schmück ten Jesuskind, Krippe,<br />
Engel und ähnliches den Tannen -<br />
baum sowie erste Girlanden und<br />
Sterne aus Papier. 200 Jahre später<br />
kamen Ausschneidebögen mit<br />
unter schiedlichen Motiven dazu.<br />
Schwerer wogen kleine Zinn fi gu -<br />
ren, die man an Silvester auch zum<br />
Bleigießen verwenden konnte.<br />
Später kamen Holzfigürchen und<br />
kunstvolle Gebilde aus Metallgold<br />
und Silberdrähten hinzu – frühe<br />
Formen des heute noch bekannten<br />
Lametta.<br />
Kanonen statt<br />
Strohsterne<br />
„Schmuck und Lichter am Weih -<br />
nachtsbaum haben sich von Epo -<br />
che zu Epoche verän<strong>der</strong>t, oft angepaßt<br />
an den jeweiligen Ge -<br />
schmack als Ausdruck des Zeit -<br />
geistes“, weiß Volkskundler Dr.<br />
Alois Döring vom LVR-Institut<br />
für Landeskunde und Regional -<br />
geschichte in Bonn.<br />
Dabei wurde so mancher Christ -<br />
baum mit wenig friedlichen Attri -<br />
buten bedacht, etwa mit kleinen<br />
Kanonen, Kriegsschiffen und U-<br />
Booten, wie sie zu Kriegszeiten in<br />
Mode waren. Ende des 19. Jahr -<br />
hun<strong>der</strong>ts verzierte so mancher<br />
Tech nik-Freak seinen Christbaum<br />
auch mit Lokomotiven, Mini-<br />
Zum 10. und letzten Male: Advent mit den Ratsherren,<br />
Sonntag, 11. Dezember 2011, 14.00 Uhr, Gut Vilszelt<br />
An <strong>der</strong> B 42 • Unkel • Öffnungszeiten: täglich (auch sonntags) von 9 bis 19 Uhr<br />
Zeppelinen und Dampfschiffen.<br />
An<strong>der</strong>norts diente <strong>der</strong> Weih -<br />
nachts baumschmuck als Orakel:<br />
Man schrieb Wahrsagersprüche<br />
auf winzige Zettel, steckte sie in<br />
leere Walnußschalen, klebte diese<br />
zu sammen und hing sie an den<br />
Baum. An Heiligabend o<strong>der</strong> Sil ves -<br />
ter erntete man die Nüsse und er -<br />
freute sich an den Prophe zeiungen.<br />
Symbolträchtige<br />
Farben<br />
Zwei traditionelle Farben bestimmen<br />
den Weihnachtsschmuck insgesamt<br />
und dominieren auch häufig<br />
Weihnachtskarten und Ge -<br />
schenkpapier: Grün gilt als Sym -<br />
bol für das ewige Leben und auf<br />
Hoff nung im dunklen Winter.<br />
Rot hingegen soll laut dem „Lexi -<br />
kon <strong>der</strong> Bräuche und Feste“ von<br />
Manfred Becker-Huberti (Her<strong>der</strong><br />
Verlag) bereits das Blut symbolisieren,<br />
das Jesus später am Kreuz<br />
vergießen wird.<br />
Strohsterne stellen bis heute den<br />
Bezug Krippe her, auf <strong>der</strong> das<br />
Christuskind auf „Heu und Stroh“<br />
lag. Darüber hinaus war Stroh als<br />
preiswertes Bastelmaterial und vor<br />
allem in ländlichen Gegenden<br />
über viele Jahrhun<strong>der</strong>te hinweg<br />
übe rall verfügbar.<br />
Für die festliche Beleuchtung<br />
sorg ten seit dem 17. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />
mit Rapsöl gefüllte Nußschalen<br />
o<strong>der</strong> in Wachs getränkte Woll -<br />
fäden. Christbaumkerzen wurden<br />
erst Anfang des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />
für je<strong>der</strong>mann erschwinglich. Mit<br />
<strong>der</strong> Glühbirne hielt recht bald<br />
auch die elektrische Beleuchtung<br />
Einzug, ab 1920 verströmten die<br />
ersten Lichterketten ihr Kunst -<br />
licht. Nichtsdestotrotz setzen bis<br />
heute viele Menschen auf die echten<br />
Kerzen – traditionell rot o<strong>der</strong><br />
gelb gefärbt.<br />
Sie symbolisieren Christus als das<br />
„Licht <strong>der</strong> Welt“, dienen aber<br />
gleich zeitig auch als Metapher für<br />
die christliche Nächstenliebe: Sie<br />
spenden Licht und Wärme, während<br />
sie sich selbst verbrauchen –<br />
vielleicht auch mit ein Grund,<br />
weshalb sich die Lichterketten<br />
noch nicht in jedem Haushalt<br />
durchgesetzt haben. •<br />
Julia Bid<strong>der</strong>