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6 <strong>Verkehr</strong> | 15. Juni 2012 | Nr. 24<br />
LOGISTIK TOOLS<br />
ALTERNATIVE ANTRIEBE<br />
Energieeffi zienz bei Flurförderzeugen<br />
Die Hersteller von Gabelstaplern und anderen Flurförderzeugen beschäftigen sich im Vergleich zu Pkw-Produzenten erst seit relativ kurzer Zeit mit<br />
den Themen Energiesparen und Nachhaltigkeit. Umso interessanter und vielfältiger sind die mittlerweile angebotenen Lösungen.<br />
VON MARKUS REITHOFER<br />
Stapler waren lange Zeit eine Art<br />
Stiefkind bei Nachhaltigkeitsbetrachtungen<br />
– sei es in Bezug auf<br />
Energieeffi zienz oder den Ausstoß<br />
klimarelevanter Gase. Das<br />
lag einerseits an einer im Vergleich<br />
zu Lkw und Pkw weitaus<br />
leichter erfüllbaren Gesetzgebung<br />
und andererseits an der mangelnden<br />
Nachfrage seitens der Kunden.<br />
Trotzdem war man besonders im<br />
Bereich der elektrisch betriebenen<br />
Flurförderzeuge schon immer<br />
bemüht, den Energiebedarf<br />
so gering wie möglich zu halten.<br />
Denn ein energieeffi zienter E-<br />
Stapler braucht nicht nur weniger<br />
Strom, sondern kommt auch<br />
länger mit einer Batterieladung<br />
durch und kann bei Bedarf (etwa<br />
beim Beschleunigen) höhere Spitzenleistungen<br />
zur Verfügung stellen,<br />
ohne dass die Reichweite zu<br />
stark reduziert wird. Genau hier<br />
fi ndet sich der Schnittpunkt der<br />
sonst oft auseinander laufenden<br />
Entwicklungskurven von Leistungsfähigkeit,<br />
Wirtschaftlichkeit<br />
und umweltfreundlichem Betrieb.<br />
Strom sparen<br />
Deshalb wurden nicht nur die<br />
Batterien der Stapler immer leistungsfähiger,<br />
sondern auch der<br />
Umgang mit der in ihnen enthaltenen<br />
Energie zunehmend effi zienter.<br />
Moderne Elektrostapler bewegen<br />
sich hier bereits auf einem<br />
sehr hohen Niveau, da die gesamte<br />
Kette von der Aufl adung<br />
der Batterie über den Einsatz der<br />
LKW<br />
Energie während der verschiedenen<br />
Arbeitszyklen bis zur Optimierung<br />
der zahlreichen Nebenverbraucher<br />
am Fahrzeug betrachtet<br />
wird und entsprechend<br />
optimiert ist.<br />
Schon bei der Aufl adung können<br />
durch verbesserte Ladegeräte<br />
deutliche Effi zienzsteigerungen<br />
erreicht werden, was sich beispielsweise<br />
bei den Ladezeiten,<br />
vor allem aber beim für eine<br />
volle Ladung erforderlichen<br />
Strombedarf zeigt: Mittelfristig<br />
kann daher schon über das Ladegerät<br />
deutlich Energie eingespart<br />
werden. Der österreichische<br />
Hersteller<br />
Fronius verfügt<br />
auf diesem<br />
Gebiet<br />
über ein breites<br />
Portfolio<br />
an Sonderlösungen:<br />
vom<br />
einfachen optimiertenLadegerät<br />
bis zur<br />
Komplettlösung<br />
für<br />
ganze Staplerfl<br />
otten<br />
Diesel-Hybrid-Stapler RX 70 von Still<br />
inklusive einem temperaturoptimierten<br />
Batteriemanagement.<br />
Energierückgewinnung<br />
Stapler führen beim Betrieb im<br />
Lager sehr häufi g Bremsvorgänge<br />
aus – eine ideale Quelle zur<br />
Rückgewinnung und Einspeisung<br />
in die Batterie. Ein Beispiel für<br />
die Möglichkeiten hinter einer<br />
ganzheitlichen Betrachtung dieses<br />
Vorgangs sind die aktuellen<br />
Elektro-Stapler von Still, bei denen<br />
der Bremsvorgang zu einer<br />
intelligenten Energierückführung<br />
über ein Dreifach-Bremssystem<br />
genutzt wird: Bereits beim Loslassen<br />
des Gaspedals wird die generatorische<br />
Bremse aktiv („Fußvom-Gas-Bremse“).<br />
Betätigt der<br />
Fahrer das Bremspedal, wird die<br />
generatorische Bremswirkung<br />
verstärkt und erst bei weiterer<br />
Betätigung durch eine hydraulische<br />
Laufradbremse unterstützt.<br />
Damit ist der Bremsvorgang zugleich<br />
sicher und energieeffi zient.<br />
Deutlich spektakulärer ist die<br />
Neue Breitreifen für Lkw<br />
Einen weiteren Schritt zu noch mehr Wirtschaftlichkeit verspricht der französische Reifenhersteller<br />
mit dem neuen Michelin X MULTI F.<br />
Der für die Vorderachse von<br />
Zugmaschinen im Nah- und<br />
Fernverkehr konzipierte Reifen<br />
bietet laut Hersteller durch sein<br />
besonders gleichmäßiges Abriebverhalten<br />
eine um bis zu 15 Prozent<br />
höhere Kilometerleistung im<br />
Vergleich zum Modell XF 2 in<br />
der gleichen Dimension. Die<br />
Markteinführung des Reifens<br />
startet Anfang Juli 2012.<br />
Sicherheit und Komfort<br />
Durch seine Haftung bei Längs-<br />
und Querbeanspruchung auf trockener<br />
und nasser Fahrbahn, die<br />
sehr gute Bremsleistung und sein<br />
optisch ansprechendes Profi ldesign<br />
zur Wasserableitung wurde<br />
der Reifen für ein hohes Maß an<br />
Sicherheit ausgelegt. Auch in Sachen<br />
Abrollkomfort und Handling<br />
geht der neue Reifen einen<br />
großen Schritt weiter. Der Nutzfahrzeugreifen<br />
erreicht beim EU-<br />
Reifenlabel die Einstufung<br />
C/B/69 (Kraftstoffeffi zienzklasse/<br />
Nasshaftungsklasse/Messwert des<br />
externen Rollgeräuschs in dB)<br />
laut Verordnung (EG) Nr.<br />
1222/2009.<br />
Mehr-Leben-Konzept und<br />
Rundum-Service<br />
Zur Schonung der Umwelt und<br />
Wirtschaftlichkeit aller Michelin-<br />
Nutzfahrzeugreifen trägt das<br />
Mehr-Leben-Konzept bei. Die<br />
Michelin-Karkassen ermöglichen<br />
mehrere Nutzungszyklen (Neureifen,<br />
Nachschneiden und Runderneuerungen).<br />
Das Nachschneiden<br />
erhöht die Lebensdauer der<br />
Reifen und verbessert ihr Grip-<br />
Niveau. Außerdem reduzieren<br />
sich Kraftstoffverbrauch und<br />
CO 2 -Emissionen, da die Reifen<br />
länger mit geringem Rollwiderstand<br />
gefahren werden. Mit der<br />
Remix-Werksrunderneuerung<br />
stellt Michelin dem Transportunternehmer<br />
eine weitere wirtschaftliche<br />
und umweltschonende<br />
Lösung zur Verfügung.<br />
STILL<br />
MICHELIN<br />
Michelin X MULTI F in der Dimension<br />
385/65 R 22.5.<br />
Jeder Michelin-Remix-Reifen<br />
kann ebenfalls noch einmal nachgeschnitten<br />
werden und erzielt<br />
wieder vergleichbare Leistungen.<br />
Die Mehrfachnutzung reduziert<br />
zugleich den Rohstoffbedarf und<br />
schont so die Umwelt.<br />
Flurförderfahrzeug von Linde (oben)<br />
mit der HyLOG-Fleet-Zelle von Fronius<br />
International (rechts)<br />
Technologie hinter dem 2011<br />
vorgestellten Hybridstapler RX<br />
70, ebenfalls von Still. Dieser<br />
Diesel-Hybrid-Stapler erhält die<br />
Antriebsenergie aus dem Dieseltank<br />
und zusätzlich aus Ultra-<br />
Caps (Hochleistungs-Doppelschicht-Kondensatoren),<br />
die sich<br />
im Fahrzeugheck befi nden. Die<br />
Ultra-Caps werden mit der beim<br />
Abbremsen des Fahrzeugs freiwerdenden<br />
Energie aufgeladen.<br />
Beim Beschleunigen bringt der<br />
Energieschub aus den Kondensatoren<br />
zusätzliche Leistung. Die so<br />
gewonnene Energie wird anschließend<br />
– über den vom Dieselmotor<br />
angetriebenen Generator<br />
– als Antriebsenergie für den<br />
elektrischen Fahrmotor genutzt.<br />
Als Bindeglied aller Systeme<br />
dient die Leistungselektronik, die<br />
auch die Be- und Entladung des<br />
zusätzlichen Energiespeichers<br />
steuert. Das senkt nicht nur den<br />
Dieselverbrauch, sondern ermöglicht<br />
auch die Verwendung kleinerer<br />
Motoren (statt bisher<br />
44 kW nur mehr 30 kW) bei gleichen<br />
Umschlagsleistungen. Unter<br />
dem Strich bleiben so etwa 15 %<br />
weniger Kraftstoffverbrauch.<br />
Blickpunkt<br />
Nebenaggregate<br />
Flurförderzeuge bewegen nicht<br />
nur ihr eigenes Gewicht inklusive<br />
Fahrer und Ladung, sondern müssen<br />
Letztere über teilweise große<br />
Höhen anheben und absenken,<br />
was einen signifi kanten Beitrag<br />
zum Gesamtenergieverbrauch liefert.<br />
Die dafür eingesetzte Hydraulik<br />
zusammen mit ihren Pumpen<br />
und Steuerungselementen bietet<br />
daher ein wesentliches<br />
Optimierungspotenzial, das derzeit<br />
von allen großen Herstellern<br />
bearbeitet wird und in konkrete<br />
Anwendungen mündet. Elektrisch<br />
verstellbare Hydraulikpumpen<br />
und energieeffi ziente Motoren ermöglichen<br />
im Verbund mit einer<br />
optimierten Ansteuerung der Hydraulik<br />
deutliche Verbesserungen.<br />
Der höchste Gesamtwirkungsgrad<br />
wird von jenen Modellen erreicht,<br />
die wirklich jeden Verbraucher<br />
am Fahrzeug energieeffi zient auslegen<br />
und ansteuern. Die Konsequenz<br />
einiger Hersteller reicht dabei<br />
bis zur Verwendung von LED-<br />
Scheinwerfern.<br />
LINDE FÖRDERTECHNIK (2)<br />
Liegt die Zukunft im<br />
Wasserstoff?<br />
Eine spannende Variante alternativer<br />
und energieeffi zienter Antriebstechniken<br />
sind Lösungen<br />
auf Basis von Brennstoffzellen.<br />
Was für die tägliche Praxis des<br />
Individualverkehrs nach wie vor<br />
ungelöst ist, könnte mit dem Forschungsprojekt„E-LOG-Biofl<br />
eet“ in den Griff bekommen<br />
werden: die Versorgung mit dem<br />
für den Betrieb notwendigen<br />
Wasserstoff.<br />
Als innovativen Lösungsansatz<br />
entwickelte Fronius International<br />
die Energiezelle HyLOG<br />
Fleet, wodurch eine traditionelle<br />
Batterie ersetzt wird und in Zusammenarbeit<br />
mit Linde Material<br />
Handling ein Flurförderzeug<br />
entsprechend adaptiert werden<br />
konnte. Diese besteht aus einer<br />
PEM-Brennstoffzelle, einem Lithium-Akkumulator<br />
und einem<br />
350-bar-Drucktank für Wasserstoff<br />
und verfügt über 2,6 kW<br />
Dauerleistung und 11 kW kurzzeitiger<br />
Spitzenleistung. Eine<br />
weitere Besonderheit ist die Hallenbetankung.<br />
Erstmals wird in<br />
Europa „indoor“ eine Hallenbetankungsanla<br />
ge für Wasserstoff<br />
bei 350 bar realisiert. Dabei<br />
wird Bio-Erdgas, ein CO 2 -neutraler<br />
Energieträger, zu Wasserstoff<br />
reformiert. DB Schenker<br />
wird diese Fahrzeuge in einem<br />
Feldversuch ab Ende 2012 ein<br />
Jahr lang einsetzen und die<br />
OMV stellt die Wasserstoffi nfrastruktur<br />
zur Verfügung. Joanneum<br />
Research wird mit Lebenszyklusanalysen<br />
die Umweltverträglichkeit<br />
bewerten.