50 Jahre „natur und mensch“ - Rheinaubund
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<strong>50</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>„natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch“</strong><br />
Alpenschutz wohin?<br />
Nachhaltige Regionalentwicklung als Zukunfts-<br />
perspektive für den europäischen Alpenraum<br />
Fünfzig <strong>Jahre</strong> nach Erscheinen des ersten Hefts der Zeitschrift „Natur <strong>und</strong> Mensch“<br />
fällt die Bilanz des Alpenschutzes durchzogen aus. Muss der Alpenschutz daher als<br />
gescheitert betrachtet werden? Oder müssen wir uns für die Zukunft der Alpen vielmehr<br />
überlegen, wie der Schutz alpiner Natur <strong>und</strong> Landschaften mit den Strategien<br />
einer nachhaltigen Berggebietsentwicklung verb<strong>und</strong>en werden kann? Einer starken<br />
Nachhaltigkeit allerdings, die diesen Namen auch tatsächlich verdient.<br />
von Dominik Siegrist<br />
Unter dem Titel „Naturschutzbilanz der<br />
Alpen länder“ findet sich in Heft 3/1960 der<br />
Zeitschrift <strong>„natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch“</strong> folgende Notiz:<br />
„Es war ein einstimmiges Lied der Klage,<br />
das die in der Internationalen Alpen kommission<br />
zusammengeschlossenen Dele gationen<br />
der sechs Alpenländer in Ljubliana<br />
sangen. Doch dürre Zahlen <strong>und</strong> Fakten, die<br />
den erschreckenden Schw<strong>und</strong> an natürlichen<br />
Landschaften im europäischen Alpenraum<br />
eindeutig belegten, wandelten die<br />
Klage zur öffentlichen Anklage. Der Run<br />
nach dem besten noch greifbaren „Claim“ ist<br />
viel offensichtlicher geworden, <strong>und</strong> fassungslos<br />
stehen die meisten Menschen,<br />
auch wenn sie sich noch nie mit Naturschutz<br />
beschäftigt haben, vor den zynischen Absichten,<br />
tote Rechnungsgrössen aus lebendiger<br />
Heimat zu machen.“ Es folgt eine Aufzählung<br />
von neuen Wasserkraft-Projek ten in<br />
Seite 24 natur <strong>und</strong> mensch 4-5 / 2008<br />
der Schweiz, Österreich, Italien, Bayern <strong>und</strong><br />
im damaligen Jugoslawien. In der Zeit des<br />
grossen Wirtschaftswachstums erwachte in<br />
Kreisen des Naturschutzes <strong>und</strong> der Wissenschaft<br />
das Bewusstsein für die grossflächige<br />
Bedrohung der Alpenlandschaften, zunächst<br />
durch die Wasserkraftnutzung, dann durch<br />
den Tourismus <strong>und</strong> den Verkehr. Dies war der<br />
Anlass, dass 1952 die Internationale Alpen-<br />
schutzkommission CIPRA (damals noch als<br />
„Alpenkommission“) im Schosse der IUCN<br />
aus der Taufe gehoben worden war.<br />
Das Jubiläum der Zeitschrift <strong>„natur</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>mensch“</strong>, die in den <strong>50</strong> <strong>Jahre</strong>n ihres Bes tehens<br />
immer wieder wichtige Themen der Alpen<br />
aufgegriffen hat, bietet Gelegenheit,<br />
sich mit der aktuellen Bedeutung <strong>und</strong> den<br />
zukünftigen Möglichkeiten des Alpenschutzes<br />
auseinanderzusetzen.<br />
Wo steht der Alpenschutz heute?<br />
Seit den 19<strong>50</strong>er <strong>Jahre</strong>n <strong>und</strong> dem erwähnten<br />
Zitat hat sich manches verändert <strong>und</strong> viele<br />
Befürchtungen der Naturschutzpioniere von<br />
damals sind Realität geworden. Wasserkraftwerke<br />
pressen die Alpenlandschaften heute<br />
beinahe bis auf den letzten Tropfen aus. Weniger<br />
als ein Zehntel der Flüsse in den Alpen<br />
sind noch als naturnah einzustufen. Das Trockenlegen<br />
von Bach- <strong>und</strong> Flussläufen ist mit<br />
Gr<strong>und</strong> dafür, dass die Artenvielfalt in dieser,<br />
einer der weltweit wichtigsten Öko regionen,<br />
stark zurückgegangen ist. Und immer noch<br />
sind eine Reihe neuer Kraft werke geplant.<br />
Aber auch Bergbau <strong>und</strong> Industrie anlagen,<br />
intensive Land- <strong>und</strong> Forst wirtschaft, Massentourismus<br />
<strong>und</strong> wach sender Verkehr trugen<br />
in den vergangenen Jahr zehnten zur<br />
Zerstörung der alpinen Land schaften bei. In<br />
jüngerer Zeit breiten sich die Städte in den<br />
Alpen mit ihren Siedlungs gürteln immer<br />
weiter in die Berglandschaft aus. Und während<br />
die Schwierigkeiten an vielen Orten in<br />
der Übernutzung der Land schaft liegen,<br />
dringt in anderen Gebieten die Wildnis vor.<br />
Dies betrifft insbesondere die grossflächig<br />
entsiedelten Täler im westlichen Piemont<br />
<strong>und</strong> in den französischen Seealpen, die lang-<br />
Die Lösung der Verkehrsprobleme<br />
gehört zu den grossen<br />
Herausforderungen der<br />
zukünftigen Alpenpolitik:<br />
Vinschgauer Bahn (Südtirol)<br />
Foto: Uli Reinhardt/Zeiten-<br />
spiegel