50 Jahre „natur und mensch“ - Rheinaubund
50 Jahre „natur und mensch“ - Rheinaubund
50 Jahre „natur und mensch“ - Rheinaubund
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>50</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>„natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch“</strong><br />
kussion ausgeblendet werden kann, wollen<br />
wir uns eines Tages nicht in einer unwirtlichen<br />
Metropole Schweiz wiederfinden, deren<br />
Standortattraktivität irreparabel weggebaut<br />
worden ist. Wir finden uns auch in<br />
diesem Bereich – 40 <strong>Jahre</strong> nach dem Bericht<br />
des Club of Rome – wieder mit den Grenzen<br />
des Wachstums konfrontiert.<br />
1968, da war doch was ?<br />
1968 wurde der nichtkommerzielle „Club of<br />
Rome“ gegründet, dessen Ziel die gemeinsame<br />
Sorge um <strong>und</strong> die Verantwortung für die<br />
Zukunft der Menschheit ist. Die in Auftrag<br />
gegebenen Simulationsstudien zur globalen<br />
Entwicklung machten 1972 der Welt die globalen<br />
Grenzen des Wachstums bewusst, lange<br />
vor dem Ausbruch der Globalisierungs-<br />
Revolution. Die Nachführung der damaligen<br />
Simulationsstudien im „30-Year Update“ Bericht<br />
(2004) prognostiziert, beim gegenwärtig<br />
praktizierten „business as usual“, den „over-<br />
shoot and collapse“ für das Jahr 2030 …<br />
Es darf davon ausgegangen werden, dass<br />
der 1983 formulierte Auftrag der UNO Generalversammlung<br />
an die Weltkommission für<br />
Umwelt <strong>und</strong> Entwicklung zur Erarbeitung<br />
einer „Globalen Agenda für den Wandel“ unter<br />
dem Einfluss der Erkenntnis der Grenzen<br />
des Wachstums erteilt wurde. Unter der Leitung<br />
der norwegischen Ministerpräsidentin<br />
Gro Harlem Br<strong>und</strong>tland wurde der „Br<strong>und</strong>tland<br />
Bericht“ erarbeitet <strong>und</strong> 1987 publiziert;<br />
er definierte den heute viel missbrauchten<br />
Begriff der Nachhaltigkeit. Nachhaltigkeit<br />
postuliert, dass bei Projekt-Entscheiden die<br />
Bewertung aller benötigten Ressourcen<br />
gleichgewichtig zu erfolgen hat. Die Forderung<br />
nach ganzheitlichen Lösungsansätzen<br />
wurde etabliert, d.h. Lösungsvorschläge hät-<br />
Jean Pierre<br />
Jaccard,<br />
Ing. Agr. ETHZ<br />
arbeitete lange als<br />
Systemanalytiker,<br />
ehe er den Eidg.<br />
Fachausweis als<br />
Umweltfachmann erwarb. Er ist<br />
Vorstandsmitglied des Rheinaub<strong>und</strong>s.<br />
Seite 38 natur <strong>und</strong> mensch 4-5 / 2008<br />
ten die Ansprüche von Ökonomie, Ökologie<br />
<strong>und</strong> Sozialem gleichberechtigt zu berücksichtigen<br />
<strong>und</strong> zu gewichten.<br />
Das Ganze ist mehr<br />
als die Summe seiner Teile<br />
Der Fall der Berliner Mauer löste nicht nur<br />
die „Globalisierung“ aus, sondern auch den<br />
Kampf russischer, amerikanischer <strong>und</strong> anderer<br />
Oligarchen um die Errichtung der Neo-<br />
Aristokratie, in deren Folge viele bis anhin<br />
erkämpfte humanitäre Errungenschaften ignoriert<br />
<strong>und</strong>/oder ausser Kraft gesetzt wurden.<br />
Die Erfahrung, dass Globalisierung Klassenkampf<br />
von oben bedeutet, <strong>und</strong> dass Neo-Liberalismus<br />
Neo-Feudalismus erzeugt, der<br />
auf Kosten von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit<br />
4) errichtet wird, diese Erfahrungen<br />
wecken in den westlichen Industrienationen<br />
Erinnerungen, z.B. die Erinnerung daran,<br />
dass das Konzept der Nachhaltigkeit mehr<br />
bedeutet als ein wohlfeiles Marketinginstrument.<br />
Die Debatte darüber, was Nachhaltigkeit<br />
wirklich meint <strong>und</strong> wie sie umzusetzen<br />
wäre, wird wieder geführt, das zeigt u.a. der<br />
soeben in <strong>„natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch“</strong> erschiene Artikel<br />
von Werner Spillmann: „Nachhaltige<br />
Entwicklung – Schlagwort oder neues Ziel ?“<br />
(Nummer 3 /2008, Seiten 20ff).<br />
Um zum Anfang zurückzukehren, stelle ich<br />
meine These sowie deren grafische Umsetzung<br />
durch Luis Wenneberg vor: Die Vorstellung,<br />
dass Nachhaltigkeit als umfassendes,<br />
ja spirituelles Konzept der Ganzheitlichkeit<br />
Nachhaltigkeit im Globalen:<br />
ein untrennbares, begrenztes Ganzes<br />
<strong>und</strong><br />
Ausgewogenheit von<br />
– Ökonomie<br />
– Sozialem (integrativ)<br />
– Ökologie<br />
verstanden werden kann. Die Forderung der<br />
Gleichwertigkeit von Ökologie, Ökonomie<br />
<strong>und</strong> Sozialem benennt m.E. Kräfte, die im<br />
unteilbaren Ganzen wirken <strong>und</strong> nach Ausgewogenheit<br />
streben.<br />
Mittlerweile zweifle ich nicht mehr daran,<br />
dass sich diese ganzheitliche Sichtweise<br />
auch auf die Energien anwenden lässt, die<br />
den Menschen im Innern zusammenhalten :<br />
Körper (Ökonomie), Geist (Soziales) <strong>und</strong><br />
Seele (Ökologie).<br />
Plausibilität erhält diese These dadurch, dass<br />
im gesellschaftlichen Umfeld das Soziale die<br />
widerstrebenden Interessen von Ökonomie<br />
<strong>und</strong> Ökologie auszugleichen hat. Analog ist<br />
es die Aufgabe des menschlichen Geistes,<br />
die mindestens ebenso widerstrebenden<br />
Bedürfnisse von Körper <strong>und</strong> Seele im Gleichgewicht<br />
zu halten.<br />
Der Versuch, die Gleichwertigkeit der Ansprüche<br />
zu ignorieren oder auszuhebeln führt,<br />
hier wie dort, zum Kollaps, auf jeden Fall zu<br />
dramatischen Verlusten an Lebensqualität.<br />
Anmerkungen<br />
1) ausgenommen im Kanton Aargau<br />
2) http://www.livit.ch/de/unseredienstleistungen/schaetzungenexpertisen.html<br />
3) Donella Meadows, Dennis L. Meadows, Jørgen<br />
Randers, William W. Behrens III: Die Grenzen<br />
des Wachstums - Berichte des Club of Rome zur<br />
Lage der Menschheit. Deutsche Verlags-Anstalt,<br />
München 1972, ISBN 3-42-102633-5.<br />
4) „Liberté, Égalité, Fraternité“, Parole<br />
der französischen Revolution<br />
Jean-Pierre Jaccard<br />
Schufenholzweg 12<br />
4302 Augst / BL<br />
Tel. 061 / 811 29 20