Hiltner, Sebastian - DVPW
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<strong>Hiltner</strong>: Kann man einen Staat versteigern? 10<br />
Im Anschluss daran erhalten die einzelnen Gruppen die Möglichkeit, ihre<br />
Portfolios und eine Bewertung ihres kooperativen Handelns während der Ausführungsphase<br />
allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern im Plenum vorzustellen.<br />
Gleichzeitig besteht die Chance, einen Abgleich mit dem Gesamtergebnis vorzunehmen,<br />
das in geordneter Form als Übersicht dem Plenum durch die Seminarleitung<br />
vorgelegt werden sollte. Für gewöhnlich zeigen sich dabei mehr oder minder<br />
unstrittige Häufungen von Strukturmerkmalen, die von den Teilnehmerinnen<br />
und Teilnehmern für einen Staat bzw. für Staatlichkeit als konstituierend und unverzichtbar<br />
durch eine hohe Punktzahl bewertet wurden. Dazu gehören in der Regel<br />
die Begriffe Verfassung, Parlament, Gewaltenteilung, Bildung oder Wirtschaftspolitik.<br />
Im Gegensatz dazu stehen die Strukturmerkmale Partei, Steuerpolitik,<br />
Polizei oder Demokratie, auf die regelmäßig nur wenige Punkte bei der Versteigerung<br />
entfallen. Überdies lässt sich feststellen, dass sich die Punkteverteilung<br />
und damit Bewertung an teilnehmerspezifischen Eigentümlichkeiten ausrichtet:<br />
So werden die Politikfelder Sozial- und Gesundheitspolitik insbesondere von<br />
Gruppen mit älteren Teilnehmerinnen und Teilnehmern höher bewertet, während<br />
Jugendliche weitgehend die Felder Bildungspolitik und Wirtschaftspolitik mit einer<br />
größeren Punktzahl versehen. Insgesamt ergibt sich ein Spannungsfeld aus<br />
Gesamt- und Einzelbewertungen, das nicht nur einen Querschnitt von Themengebieten<br />
und Fragestellungen hinterlässt, die von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern<br />
als besonders interessant klassifiziert werden; vielmehr können die oft<br />
gegenläufigen Merkmalsverteilungen dazu genutzt werden, eine intensivere Wissensvermittlung<br />
anzuregen und durchzuführen.<br />
Der Seminarleitung kommt damit die Aufgabe zu, das bisher erlernte qualifizierende<br />
um ein qualifiziertes Orientierungswissen zu erweitern. Zu den von den<br />
Teilnehmerinnen und Teilnehmern als problematisch erkannten Sachverhalten<br />
sind Informationen zu vermitteln, Strukturen transparent zu machen und Zusammenhänge<br />
zu erläutern. 25 Dabei ist bei dieser Wissensvermittlung an den normativen<br />
Grundlagen Politischer Erwachsenenbildung festzuhalten: steter Bezug auf<br />
die konkrete Situation, das allgemeine Wissen, die allgemeinen Fähigkeiten und<br />
Fertigkeiten sowie die Autonomie und Selbstbestimmung der Teilnehmerinnen<br />
und Teilnehmer. 26 Die Begriffe Staat und Staatlichkeit bleiben somit kein theoretisch-abstraktes<br />
Konstrukt, sondern praktisch erfahrbar.<br />
4 Versteigerungsmethode und ›Staatlicher Wandel‹<br />
Der Bedarf an Politischer Erwachsenenbildung scheint immer dann gegeben,<br />
»wenn sich das politisch-gesellschaftliche System grundlegend verändert oder<br />
wenn eine solche Veränderung angestrebt bzw. versucht wird zu verhindern« 27 .<br />
25 Vgl.: Behrens, Günther (1999): Methodische Zugänge. S. 208.<br />
26 Vgl.: Kaiser, Armin (1989): Erwachsenenbildung, politische Bildung und Didaktik. S. 15.<br />
27 Massing (1999): Theoretische Grundlagen politischer Bildung. S. 29.