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„Meine Herren und Damen!“ Magda Langhans. Eine ... - Kersten Artus

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das Präsidium einer Bürgerschaft gewählt,<br />

<strong>und</strong> zwar als ihre zweite Vizepräsidentin.<br />

<strong>Magda</strong> <strong>Langhans</strong> sagte unmittelbar nach<br />

ihrer Wahl: „Es erfüllt mich mit besonderer<br />

Genugtuung, dass auch die neue Demokratie<br />

erkannt hat, dass Frauen heute<br />

nicht mehr abseits stehen dürfen beim<br />

Neuaufbau unseres neuen Deutschlands.<strong>“</strong><br />

Nach den ersten freien Wahlen 1946 zog<br />

<strong>Magda</strong> <strong>Langhans</strong> erneut in die Bürgerschaft<br />

ein – die KPD errang 10,4 Prozent<br />

der Stimmen. Die kommunistische Fraktion<br />

umfasste vier Abgeordnete, stellte<br />

zusammen mit SPD <strong>und</strong> FDP unter Max<br />

Brauer (SPD) die Regierung <strong>und</strong> übernahm<br />

mit Friedrich „Fiete<strong>“</strong> Dettmann (*1897<br />

† 1970) die Ges<strong>und</strong>heitsverwaltung.<br />

<strong>Magda</strong> <strong>Langhans</strong> wurde nicht müde, die<br />

Erinnerung an wichtige Aspekte der Geschichte<br />

in ihre tagesaktuelle Parlamentsarbeit<br />

einzubinden. So beantragte die<br />

KPD-Fraktion am 10. März 1948, von<br />

<strong>Magda</strong> <strong>Langhans</strong> initiiert, den 18. März<br />

zum gesetzlichen Feiertag zu erklären –<br />

im Gedenken an den Beginn der Revolution<br />

von 1848. Mehrheiten erhielt dann allerdings<br />

ein Abänderungsantrag der SPD,<br />

am 18. März lediglich eine staatliche Veranstaltung<br />

durchzuführen. Begründung:<br />

Die Militärregierung lege alle Feiertage<br />

fest. Das stimmte zwar, dennoch wäre<br />

eine Willenserklärung der Bürgerschaft<br />

möglich gewesen.<br />

Am 10. März 1948 stand außerdem eine<br />

Anfrage von <strong>Magda</strong> <strong>Langhans</strong> zu dem<br />

Buch „Das letzte Kapitel<strong>“</strong> auf der Tagesordnung<br />

der Bürgerschaft. Der SPIEGEL<br />

hatte in seiner Ausgabe vom 14. Februar<br />

1948 berichtet, dass der Direktor des<br />

Hamburger Staatsarchivs, Kurt Detlev<br />

Möller, aufgr<strong>und</strong> des von ihm geschriebenen<br />

Buches beurlaubt worden sei. Es<br />

hatte immense Proteste in der Bevölkerung<br />

gegeben, weil in dem Werk die Rolle<br />

des Gauleiters <strong>und</strong> Reichsstatthalters<br />

Hamburgs, Karl Kaufmanns, verherrlicht<br />

worden wäre. So sprach der Autor ihm<br />

„neben nationalem ein ausgesprochen soziales<br />

Bewusstsein<strong>“</strong> zu, nannte ihn „energiegeladen<strong>“</strong>,<br />

gestand ihm „Entschlusskraft<br />

<strong>und</strong> ein beachtliches Organisationstalent<strong>“</strong><br />

zu. Kaufmann sei „ganz zuletzt, für<br />

Deutschland zu spät, aber für Hamburg<br />

noch rechtzeitig zum Rebellen gegen den<br />

Führer <strong>und</strong> die Führung des Reiches geworden.<strong>“</strong><br />

Der SPIEGEL schrieb, dass ein<br />

Exemplar des Buches auf dem Schwarzmarkt<br />

mit bis zu 500 Reichsmark gehandelt<br />

würde. Hintergr<strong>und</strong> war die begrenzte<br />

Druckauflage. Gegenstand der Anfrage<br />

von <strong>Magda</strong> <strong>Langhans</strong> war die Rolle des<br />

Senats, dessen Wissen über die Drucklegung,<br />

das Manuskript <strong>und</strong> wer die Lieferung<br />

des nötigen Papiers für den Druck<br />

zur Verfügung gestellt habe. Und ob der<br />

Senat Möglichkeiten sähe, das Buch verbieten<br />

zu lassen. Der Senat antwortete,<br />

dass die Senatskanzlei angewiesen habe,<br />

dem Verlag „Hoffmann <strong>und</strong> Campe<strong>“</strong> das<br />

Papier zur Verfügung zu stellen. Am 5.<br />

Mai 1949 wurde die Anfrage von <strong>Magda</strong><br />

<strong>Langhans</strong> in der Bürgerschaft besprochen.<br />

<strong>Magda</strong> <strong>Langhans</strong> schilderte in ihrer Rede,<br />

dass „Möller ein Förderer des Nazigeistes<br />

<strong>und</strong> ein großer Antisemit war<strong>“</strong>. Dennoch<br />

habe er den Auftrag der Senatskanzlei –<br />

entweder unter Bürgermeister Rudolf Petersen<br />

oder unter dessen Nachfolger Max<br />

Brauer – erhalten. <strong>Langhans</strong> prangerte an,<br />

dass Kaufmann „noch 1945 Greise <strong>und</strong><br />

Gebrechliche zu Tausenden aus Hamburg<br />

zum Volkssturm (hatte) einziehen<br />

lassen<strong>“</strong> <strong>und</strong> das Buch völlig unerwähnt<br />

gelassen hatte, „dass 7.955 Hamburger,<br />

davon 7.374 Juden, ihr Leben lassen<br />

mussten, weil sie sich für Deutschlands<br />

Freiheit einsetzten<strong>“</strong>. Aus dem Beitrag des<br />

nach <strong>Magda</strong> <strong>Langhans</strong> redenden sozialdemokratischen<br />

Abgeordneten Helmut<br />

Kalbitzer geht hervor, dass das Entnazifizierungsverfahren<br />

gegen Möller bereits<br />

zu seinen Gunsten entschieden worden<br />

war. Kalbitzer kritisierte, dass die Militärregierung<br />

aus formaljuristischen Gründen<br />

ein Wiederaufnahmeverfahren abgelehnt<br />

hatte.<br />

Am 18. Mai 1949 fand in der Hamburgischen<br />

Bürgerschaft die namentliche<br />

Abstimmung zum Gr<strong>und</strong>gesetz statt.<br />

<strong>Magda</strong> <strong>Langhans</strong> stimmte wie die gesamte<br />

KPD-Fraktion dagegen. Die Abgeordneten<br />

waren der Auffassung, dass ein ein-<br />

seitig erlassenes Gr<strong>und</strong>gesetz die Einheit<br />

Deutschlands erschweren würde. Stattdessen<br />

sollte die Bürgerschaft die fünf<br />

Tage später stattfindende Außenministerkonferenz<br />

der vier Besatzungsmächte<br />

ersuchen, die politische, wirtschaftliche<br />

<strong>und</strong> kulturelle Einheit Deutschlands wiederherzustellen.<br />

Im Zuge des beginnenden Kalten Krieges<br />

wurde <strong>Magda</strong> <strong>Langhans</strong> 1951 von<br />

der Alliierten Kontrollkommission die<br />

Herausgabe aller Veröffentlichungen<br />

für die Zeit von 90 Tagen verboten, berichtete<br />

das „Hamburger Abendblatt<strong>“</strong> am<br />

11. Juli 1951. Anlass war der nicht näher<br />

ermittelbare Vorwurf, das Ansehen der<br />

Besatzungsmacht geschädigt zu haben.<br />

Auch den kommunistischen Fraktionen<br />

in Hamburg <strong>und</strong> Bremen wurde verboten,<br />

ihr gemeinsames Organ „Norddeutsche<br />

Volksstimme<strong>“</strong> herauszugeben.<br />

Zu ihrem 50. Geburtstag 1953 erhielt<br />

<strong>Magda</strong> <strong>Langhans</strong> ein Glückwunschschreiben<br />

ihrer Fraktion. Darin heißt es: „Fast<br />

zehn Jahre Deines kämpferischen Lebens<br />

hast Du in parlamentarischer Tätigkeit<br />

verbracht, als Sprecherin Deiner Klasse,<br />

hast die Tribüne des Parlaments in das<br />

Podium flammender Anklage gegen kapitalistische<br />

Willkür <strong>und</strong> Unterdrückung<br />

verwandelt. ... Die ersten 50 Jahre Deines<br />

Daseins waren auch ausgefüllt mit Verfolgung,<br />

Qual <strong>und</strong> Einkerkerung. ... Du<br />

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