„Meine Herren und Damen!“ Magda Langhans. Eine ... - Kersten Artus
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so gern das geflügelte Wort ,westliche Kultur‘. Ich glaube, dass dieses alles andere<br />
ist als eine Kulturentwicklung, sondern ein Kulturzerfall. Auf Gr<strong>und</strong> dieser katastrophalen<br />
Lage beantragen wir, die Erhöhung der Beträge für notleidende Künstler<br />
auf 60.000 DM zu beschließen. ...<br />
Ein Blick auf die Museen zeigt, dass die angesetzten Beträge für den Ausbau der<br />
Sammlungen, der Fachwissenschaftlichen Bücherei <strong>und</strong> der Lehrmittel in gar keinem<br />
Verhältnis zu der Bedeutung dieser Institute stehen, wie das auch hier bereits<br />
von Herrn Biermann-Ratjen <strong>und</strong> Herrn Teßloff angeführt wurde. Die Bedeutung<br />
dieser Museen findet aber leider in dem Etat keinen Ausdruck, <strong>und</strong> wir sind der<br />
Meinung, dass gerade hier viel mehr getan werden müsste, um diese Museen zu<br />
pflegen <strong>und</strong> auch die Jugend <strong>und</strong> Kinder für diese Museen mehr als bisher zu interessieren.<br />
Auch möchten wir wie Herr Biermann-Ratjen auf das Helms-Museum<br />
in Harburg besonders hinweisen; wir sind der Auffassung, dass dieses Museum mit<br />
seiner prähistorischen Sammlung eine ungeheuer große Bedeutung besitzt. Es besteht<br />
die Notwendigkeit, dass dieses Museum in kürzester Zeit einen Neubau oder<br />
jedenfalls einen Bau erhält, wo es mehr als bisher besucht werden kann <strong>und</strong> seine<br />
ihm zukommende Geltung in Harburg erlangt.<br />
Wenn ich damit gerade bei Harburg angelangt bin, so möchte ich nicht versäumen,<br />
wie in jedem Jahr zu sagen, dass die Forderung der Harburger Bevölkerung nach<br />
wie vor zu Recht besteht, wieder ein eigenes Stadttheater zu bekommen. Diese<br />
Forderung ist umso mehr berechtigt, weil auch in Harburg einige Neubauten entstanden<br />
sind. Wenn man sagen würde, dafür ist die Friedrich-Ebert-Halle da, so<br />
haben wir voriges Jahr oder vor Beginn des Baues zu bedenken gegeben, dass die<br />
Friedrich-Ebert-Halle nicht den Anforderungen eines Theaters entspricht. Es fehlen<br />
darin Nebenräume, es fehlen Umkleideräume, die nicht in genügendem Maße<br />
vorhanden sind, es fehlt auch die entsprechende Bühne. Und so dürfte eigentlich<br />
die Friedrich-Ebert-Halle nur ein Provisorium bedeuten, obwohl sie für einmalige<br />
Veranstaltungen oder Theateraufführungen genügen kann; aber für die Dauer muss<br />
Harburg wieder sein eigenes Theater haben gemäß der jahrelangen Tradition.<br />
Über die Sch<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Schmutzhefte hat Herr Teßloff bereits Ausführungen gemacht;<br />
aber ich denke, dass bei den einzelnen Positionen für die Volksbibliothek<br />
doch Wert darauf gelegt werden sollte, dass mehr als bisher, Bücher für Kinder<br />
<strong>und</strong> Jugendliche angekauft werden. Wenn man in den Schulen <strong>und</strong> anderswo für<br />
die Staatsbibliothek weitgehend Propaganda macht, kann man es nur tun, wenn<br />
genügend Bücher vorhanden sind. Wenn Herr Teßloff vorhin sagte: Leider sind zu<br />
wenig Bücher vorhanden, so möchte ich die Frage stellen: Wie kommt es, dass hier<br />
für die so wichtige Weiterbildung der Geistesschaffenden <strong>und</strong> der Bevölkerung allgemein<br />
so wenig Geld ausgegeben wird? In der Deutschen Demokratischen Republik<br />
sind 40 Millionen Bände unserer besten <strong>und</strong> größten Klassiker herausgegeben<br />
worden <strong>und</strong> diese 40 Millionen Bände, darunter auch moderne Literatur, stehen<br />
heute allgemein der Bevölkerung zur Verfügung.<br />
Wir möchten darauf hinweisen, dass für das Kindertheater wohl Verhandlungen<br />
geführt sind, aber Entscheidendes ist noch nicht festgelegt, wo <strong>und</strong> wie es ausgestattet<br />
werden soll.<br />
Besonderen Wert legen wir auch darauf — deswegen unser Antrag —, dass für die<br />
Niederdeutsche Bühne, die in diesem Jahr ihr 50-jähriges Jubiläum feiert, der Etat<br />
heraufgesetzt wird auf insgesamt 68.000 DM. Wir glauben, dass die Niederdeutsche<br />
Bühne, eine der wenigen plattdeutschen Bühnen, zum 50-jährigen Jubiläum<br />
einen Etat haben muss, mit dem sie die besonderen Ausgaben zu dieser Veranstaltung<br />
<strong>und</strong> der Woche, die sie durchführen will, bestreiten kann. Deswegen bitten<br />
wir, dass die Bürgerschaft unseren Antrag beschließen möge.<br />
Weiterhin bin ich der Meinung, dass man auf dem Gebiet der Filme nicht gerade<br />
erzieherisch wirkt. Auch hier haben wir leider zu verzeichnen <strong>und</strong> zwar auf Gr<strong>und</strong><br />
des Marshallplanes <strong>und</strong> anderer Pläne, dass überwiegend Filme aus Amerika <strong>und</strong> anderen<br />
Ländern gezeigt werden. Ich habe nichts gegen Filme aus Amerika, England,<br />
der Sowjetunion, Ungarn usw., nur darf die Einfuhr solcher Filme nicht unsere eigene<br />
Filmindustrie erdrücken <strong>und</strong> drosseln. Vor allem wollen wir keine Filme sehen,<br />
wo, wie man sagt, im Dschungel gekämpft wird oder so genannte Gangsterfilme,<br />
die dürften auf unseren Bühnen keinen Platz haben.<br />
Viel besser <strong>und</strong> schöner wäre es, wenn in den Kinos sowohl als auch in den Theatern<br />
heute <strong>und</strong> gestern <strong>und</strong> die ganze Woche des 125. Todestages Ludwig van Beethovens<br />
gedacht worden wäre. Wenn Herr Becker vorhin sagte, dass es im Osten<br />
unserer Heimat keine Freiheit der Kultur gibt, so möchte ich ihm nur empfehlen:<br />
Setzen Sie sich einmal die ganze Woche an den R<strong>und</strong>funk, dann werden Sie hören,<br />
dass gerade in der Deutschen Demokratischen Republik unsere großen Tonkünstler<br />
geachtet <strong>und</strong> geehrt werden <strong>und</strong> dass die großen nationalen Schöpfer der deutschen<br />
Kultur auch den Massen nahe gebracht werden, damit sie dieses Erbe übernehmen<br />
<strong>und</strong> nicht das Erbe der so genannten westlichen Kultur.<strong>“</strong> (7. Sitzung 1952)<br />
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