„Meine Herren und Damen!“ Magda Langhans. Eine ... - Kersten Artus
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leben heute keineswegs mehr zutreffend sind. Dieses Lied (Unruhe) wird tatsächlich<br />
in der ganzen Welt als kein gutes angesehen, ...<br />
Wir sind der Meinung, dass jede Nation ein Recht auf eine Hymne hat, aber wir<br />
nicht auf dieses Lied. Wir sind weiterhin der Ansicht, dass, wenn gesamtdeutsche<br />
Wahlen erfolgen — <strong>und</strong> sie werden stattfinden —, dann das geeinte deutsche Volk<br />
sich eine Nationalhymne schaffen wird.<strong>“</strong> (Zuruf: Dann brauchen wir uns mit euch<br />
keine Mühe mehr zu geben. Nach den Wahlen existiert ihr gar nicht mehr!)<br />
Präsident: Ich weiß gar nicht, ob Sie alle das Wort haben! (Heiterkeit.)<br />
(5. Sitzung 1952)<br />
Haushaltsberatungen 1952 – Arbeit <strong>und</strong> Wohlfahrt<br />
<strong>„Meine</strong> <strong>Herren</strong> <strong>und</strong> <strong>Damen</strong>! ... Die Anlage der Steuergelder hat gerade beim Amt<br />
für Arbeitsschutz nicht nur einen ideellen, sondern im höchsten Grade einen materiellen<br />
Wert. Einmal werden dadurch sehr viele Unfälle verhütet, wir schützen<br />
die Arbeitskraft, wir schützen den Menschen <strong>und</strong> brauchen zu gleicher Zeit weniger<br />
Unfallrenten zu zahlen. Das Amt für Arbeitsschutz hat ein sehr großes Aufgabengebiet<br />
<strong>und</strong> zwar Mutterschutz, Jugendschutz, Kinderarbeit, Arbeitshygiene,<br />
Unfallschutz usw., vor allem auch die Überwachung der Arbeitszeit. Aus diesem<br />
Gr<strong>und</strong>e sind wir der Meinung, dass die Kontrolleure, die Außenbeamten zahlenmäßig<br />
erhöht werden müssen, weibliche Kontrolleure mit eingerechnet. Wenn<br />
etwa 25 Gewerbekontrolleure 24.000 Betriebe des Handwerks <strong>und</strong> der Industrie<br />
überwachen sollen, so ist das praktisch einfach <strong>und</strong>urchführbar <strong>und</strong> bedeutet, dass<br />
die Betriebe in eineinhalb bis zwei Jahren ein einziges Mal aufgesucht werden. Wir<br />
legen besonderen Wert darauf, dass die Stellenzahl auf zehn erhöht wird, trotzdem<br />
mir scheint, dass auch das noch zu wenig ist. Es müssen weibliche Kontrolleure<br />
eingesetzt werden, weil gerade in den Handelsbetrieben <strong>und</strong> auch in den anderen<br />
Betrieben vorwiegend weibliche Belegschaft beschäftigt ist. ...<br />
Ein besonderes Problem ist unseres Erachtens in diesem Programm – wie Herr Bürgermeister<br />
Brauer sagt – die Erhöhung der Erwerbslosenzahl in Hamburg. Trotzdem<br />
wir in einer Zeit stehen, wo schon gebaut werden kann, ist die Erwerbslosenzahl<br />
fast kaum gesunken. Wir haben den Antrag gestellt, den Erwerbslosen zumindest<br />
eine Erhöhung der Unterstützung zu geben, weil praktisch seit dem 1. April vorigen<br />
Jahres keinerlei Erhöhungen der Unterstützungssätze erfolgt sind. Und gerade<br />
in dieser Zeit sind die Fleischpreise um 30 bis 35 Prozent <strong>und</strong> die Brotpreise um<br />
über 30 Prozent gestiegen. (Zuruf: Wann?)<br />
Seit einem Jahr. Sehen Sie die Tabelle nach. Ich habe gesagt: in einem Jahr, Herr<br />
Haarmeyer (CDU-Fraktion, K.A.). Sie wissen selbst, dass das Brot damals 68 Pfennig<br />
gekostet hat <strong>und</strong> heute kostet es 1,02 DM. Aber die Erwerbslosen haben keine<br />
Erhöhung seit April erhalten. Und diese zehnprozentige Erhöhung war ja in der<br />
Praxis auch so, dass sie sich zum Teil nur auf sechs bis acht Prozent belief. Durch<br />
eine Erhöhung würden nicht die Sorgen der Erwerbslosen beseitigt, aber wenigstens<br />
eine Linderung muss erfolgen. Und wenn Herr Pries (SPD-Fraktion, K.A.) hier<br />
vorhin sagte, dass die Karten für zehn Fahrten im Monat ausreichen, so möchte ich<br />
Ihnen sagen, dass das wohl bei den wenigsten Fällen stimmt, denn es ist nicht nur<br />
so, dass der Arbeitsuchende zum Stempeln geht oder zum Geldholen, sondern er<br />
bemüht sich darum, selbst Arbeit zu suchen. Und da reichen im Monat keineswegs<br />
diese zehn Fahrten aus.<br />
Ebenfalls sind wir der Meinung, dass eine Zulage, eine Teuerungszulage gegeben<br />
werden muss, weil in diesem Jahr der Lebensstandard der gesamten Bevölkerung in<br />
Westdeutschland derartig gestiegen ist, dass diese 50 DM Teuerungszulage unbedingt<br />
erforderlich sind. Und wenn Herr Pries sagt, dass das ungefähr 5,6 Millionen<br />
DM ausmacht, so bin ich der Meinung, dass kein Verteidigungsbeitrag (Kriegsbeitrag)<br />
gezahlt <strong>und</strong> diese Gelder unseren Erwerbslosen <strong>und</strong> den Arbeiterfamilien<br />
zur Verfügung gestellt werden sollten. Häufig hört man von den Erwerbslosen<br />
die Frage, wenn sie zwei oder drei Jahre erwerbslos sind: Bekomme ich überhaupt<br />
im Leben noch einmal wieder Arbeit? Besonders trifft das zu bei den weiblichen<br />
Angestellten <strong>und</strong> auch bei den männlichen, die das Alter von 35 bis 40 Jahren<br />
erreicht haben. Wir sind der Meinung, dass die Erwerbslosigkeit beseitigt werden<br />
kann, wenn man tatsächlich eine planmäßige Wirtschaft durchführt, sich nicht den<br />
Kriegsvorbereitungen zuwendet <strong>und</strong> nicht – wie Herr Bürgermeister Brauer heute<br />
morgen sagte – den Standpunkt vertritt: den Verteidigungsbeitrag brauchen wir,<br />
wenn also der Bonner Regierung diese erhöhte Steuerabgabe nicht gezahlt wird.<br />
Hinzu kommt, dass ab 1. April die Mieten für Altbauwohnungen erhöht werden<br />
sollen. Schaut man sich heute in den Kreisen dieser Menschen um, so stellt man<br />
fest, dass es ihnen jetzt schon kaum mehr möglich ist, sich auch nur ein einziges<br />
Mal in der Woche Fleisch zu erlauben. Wir sind der Meinung, dass diese Forderungen<br />
keineswegs überflüssig, sondern im Hinblick auf die Notlage der Bevölkerung<br />
außerordentlich dringend sind.<br />
<strong>Eine</strong> weitere Frage ist die, in der Sozialfürsorge den so genannten Ausgesteuerten<br />
doch die Möglichkeit zu geben, statt dreizehn 26 Wochen Fürsorgearbeit zu leisten,<br />
damit sie wieder Erwerbslosenunterstützung bekommen. Das ist in den vergangenen<br />
Jahren zum Teil schon durchgeführt worden <strong>und</strong> ich denke, dass in Anbetracht<br />
dessen, dass wir jetzt zum Frühling übergehen, genügend Arbeit vorhanden<br />
sein wird, um eine Beschäftigung für 26 Wochen sicherzustellen.<br />
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