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„Meine Herren und Damen!“ Magda Langhans. Eine ... - Kersten Artus

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der Familie zu sichern. Die berufstätige Hausfrau, die am Tage arbeiten muss, hat<br />

abends ihre Einkäufe zu tätigen, muss herumlaufen <strong>und</strong> sehen, wo sie für fünf oder<br />

zehn Pfennig billiger einkaufen kann als in dem Laden, wo sie sonst kaufte. Sie soll<br />

Essen kochen, soll waschen, flicken, stopfen. Ich glaube, gerade wenn man nur die<br />

Wäsche in Betracht zieht, so weiß man, dass heute viel mehr Zeit darauf verwandt<br />

wird, weil alle Kleidungsstücke, Wäschestücke derartig schlecht sind, dass sie eben<br />

mehr Zeit zur Reparatur in Anspruch nehmen. … Ich glaube, dass die Frauen, die<br />

neben ihrer hausfraulichen Arbeit berufstätig sein müssen, <strong>und</strong> auch im Interesse<br />

ihres eigenen beruflichen Fortschritts tätig sind, dass diese Frauen einen ungeheuren<br />

Kraft- <strong>und</strong> Energieaufwand aufbringen müssen, wenn sie all diese Arbeiten neben<br />

der Berufsarbeit verrichten sollen. Das würde bedeuten <strong>und</strong> die Konsequenz<br />

nach sich ziehen, dass ein schneller Verfall der körperlichen <strong>und</strong> auch der geistigen<br />

Kräfte der Frau eintritt. … Trifft es nun zu, dass der Hausarbeitstag im Widerspruch<br />

zur Gleichberechtigung der Frau steht? Keineswegs. Auch die Frau leistet keine individuelle<br />

Arbeit; sie arbeitet für die Gesellschaft im Interesse des gesamten Volkes.<br />

Wenn auch im kapitalistischen System der Widerspruch zwischen gesellschaftlicher<br />

Produktion <strong>und</strong> der kapitalistischen Aneignung besteht, so vollführt die Frau<br />

doch, in der gesamten Gesellschaft gesehen, eine gesellschaftliche Arbeit. Weil sie<br />

keine individuelle Arbeit leistet <strong>und</strong> in ihrer Eigenschaft als Mutter Erhalterin ihrer<br />

Familie ist, bedarf sie eines besonderen Schutzes der Gesellschaft <strong>und</strong> somit des<br />

Staates. … Wenn jetzt der Hamburger Senat eine Verfügung herausgegeben hat,<br />

die seinen Angestellten die Möglichkeit eines Hausarbeitstages gewährt, so, glaube<br />

ich, entspricht das wohl nicht den Forderungen der Gewerkschaften, einen Hausarbeitstag<br />

einzuführen, der nicht bezahlt wird. Ein nicht bezahlter Hausarbeitstag<br />

bedeutet Senkung des Lebensunterhalts. … Dieser Hausarbeitstag muss solange<br />

gewährt werden, bis genügend Kindergärten, Krippen, Wasch- <strong>und</strong> Plättanstalten<br />

<strong>und</strong> alles, was zur Erleichterung der berufstätigen Frauen <strong>und</strong> Mütter dient, geschaffen<br />

worden ist …<strong>“</strong> (18. Sitzung 1947. Auf Antrag der SPD wurde ein neunköpfiger<br />

Ausschuss gebildet, der sich weiter mit dem Antrag befasste)<br />

Frauen im Beamtenverhältnis<br />

<strong>„Meine</strong> <strong>Herren</strong> <strong>und</strong> <strong>Damen</strong>! Dieses Beamtengesetz beweist zu gleicher Zeit, dass<br />

es einer gr<strong>und</strong>sätzlichen Änderung besonders der §§ 63 <strong>und</strong> 65 bedarf. Im § 63<br />

wird die Ehe praktisch als eine Versorgungsmaßnahme dargestellt. Man verbietet<br />

indirekt, dass den Frauen die Möglichkeit gegeben wird, auch während der Ehe sich<br />

berufstätig zu entwickeln, das heißt, auch höhere Positionen in Verwaltung <strong>und</strong> Behörden<br />

zu bekleiden; denn sie sind ja nach diesem Paragraphen versorgt. Und die-<br />

ses Versorgtsein gibt ihr nicht mehr die Möglichkeit, sich einer Beamtenlaufbahn<br />

zuzuwenden, in einer Stellung zu entwickeln, wie es bei den männlichen Beamten<br />

der Fall ist. Dass dieser Paragraph heute noch zur Anwendung kommt, beweist,<br />

glaube ich, Herr H<strong>und</strong>shammer, der bayrische Kultusminister. Er hat schon vor<br />

einigen Monaten einen Erlass herausgegeben, welcher besagt, dass die weiblichen<br />

Lehrkräfte entlassen werden sollen, zum anderen auch, dass weibliche Lehrkräfte<br />

nicht Vorgesetzte von Männern sein können.<strong>“</strong><br />

(20. Sitzung 1948, zu einem SPD-Antrag)<br />

Nissenhütten<br />

„Der Senat antwortete in der vorigen Sitzung auf unsere Anfrage, betreffend Winterfestmachung<br />

der Nissenhütten, dass diese, soweit sie bewohnt sind, bereits winterfest<br />

gemacht worden seien. Ich kann mich mit dieser Antwort nicht zufrieden<br />

geben <strong>und</strong> zwar aus dem Gr<strong>und</strong>e, weil ich in verschiedenen Nissenhütten gewesen<br />

bin <strong>und</strong> festgestellt habe, dass wohl ein Teil der Nissenhütten winterfest gemacht<br />

worden ist aufgr<strong>und</strong> der Initiative der einzelnen Bewohner, dass wohl so genannte<br />

Windfänge von der Bauverwaltung geschaffen worden sind.<br />

Aber was nützen Windfänge, wenn die Außentüren fehlen, wenn Löcher <strong>und</strong> Ritzen<br />

vorhanden sind? Keine der Nissenhütten ist irgendwie isoliert durch Glaswolle<br />

oder andere Mittel. Die Bildung des Kondenswassers in diesen Hütten ist ungeheuer,<br />

dass während der großen Frostperiode praktisch Eiswände vorhanden waren.<br />

Aber nicht nur die Wände waren vereist, sondern auch das ganze Wellblechdach.<br />

Wenn dann bei einer gewissen Wärme diese Eisschichten vom Kondenswasser wieder<br />

auftauen, dann waren Wäsche <strong>und</strong> Kleidung dieser Leute, die keine Kleiderschränke<br />

haben, voll Rostflecken. Sie wissen, dass heute jedes Wäschestück unersetzbar<br />

ist, wenn es durch starkes Waschen in Verlust gerät.<br />

Die Frostperiode hat diese Nissenhütten wirklich zu Eispalästen gestaltet. Die kleinen<br />

Herde sind nicht ausreichend <strong>und</strong> bieten für die kleinen Räume absolut keine<br />

genügende Wärme, zumal die Bewohner für den Januar noch keine Feuerung erhalten<br />

haben. Ich glaube, die Winterfestmachung dieser Nissenhütten müsste man<br />

sich anders vorstellen <strong>und</strong> zwar so, dass die Blechwände zumindest ausgebaut werden<br />

<strong>und</strong> dass, wie ja auch im Vorjahre vorgesehen worden ist, die Zementböden<br />

mit Fußbodenholz belegt werden. Denn das Wichtigste ist ja, dass sie in diesen<br />

Hütten mit den kleinen Öfen absolut keine Wärme erzeugen können. Schauen Sie<br />

sich einmal die Nissenhütten an, ich glaube schon, sie sehen schlimmer aus, als was<br />

man vor 1933 in den Zigeunerlagern sah, denn es sind meistenteils keine Kleiderschränke<br />

vorhanden, keine Küchenschränke, so dass die Menschen das Bisschen an<br />

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