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„Meine Herren und Damen!“ Magda Langhans. Eine ... - Kersten Artus

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eine Änderung des Gesetzes herbeiführen müsste <strong>und</strong> innerhalb drei bis vier Jahren<br />

die ganze Haftentschädigung endgültig verschwinden <strong>und</strong> ausgezahlt werden<br />

sollte. Wir sind der Meinung, dass gerade jetzt Rücksicht genommen werden sollte<br />

auf diejenigen Waisen, die Ostern die Schule verlassen <strong>und</strong> dass das Wiedergutmachungsamt<br />

bzw. der Senat für diese Schulentlassenen <strong>und</strong> Waisen die gesamte<br />

Haftentschädigung auszahlen sollte. Der Mutter bzw. dem Vater dieser schulentlassenen<br />

Kinder müsste man behilflich sein; denn ein großer Teil dieser Kinder, die<br />

Lehrstellen erhielten, hatten nicht die Möglichkeit, irgendwelche Arbeitskleidung<br />

zu beschaffen. Ich glaube, dass man wohl dem Wiedergutmachungsamt <strong>und</strong> der<br />

Sozialbehörde anheimstellen sollte, hier schnellstens zu helfen, damit keine Verzögerung<br />

für die betreffenden Lehrlinge eintritt.<br />

Weiter sind wir der Auffassung, dass noch einige Abänderungsanträge nötig sind<br />

entsprechend den Wünschen der einzelnen Organisationen. Es haben alle fünf Organisationen<br />

Abänderungsanträge verlangt. Ich bin der Meinung, dass es im Interesse<br />

aller liegt, wenn man im Ausschuss diese Organisationen einmal hört <strong>und</strong> so<br />

gemeinsam mit den Abgeordneten der Bürgerschaft eine Einigung erzielt wird.<strong>“</strong><br />

(3. Sitzung 1951)<br />

Unterstützung für in KZ geborene Kinder<br />

<strong>„Meine</strong> <strong>Herren</strong> <strong>und</strong> <strong>Damen</strong>! ... Ich bin der Meinung, dass hier der Senat vollkommen<br />

ausweicht, nicht Nein <strong>und</strong> nicht Ja sagt, aber diesem Kinderheim doch mehr<br />

ablehnend gegenübersteht. Dieses Heim in Steinbeck ist bereits aufgelöst worden.<br />

Ich glaube, dass das Heim in Westerland eine der geeignetsten Stätten für die Kinder<br />

wäre. Somit hätte der Senat schon auf diese drei konkreten Fragen eingehen<br />

sollen. Ist er überhaupt gewillt, diese 30.000 DM als Sonderfonds dem Kuratorium<br />

zur Verfügung zu stellen? Auch darauf findet man in der Mitteilung des Senats<br />

keinerlei Antwort.<br />

Auch die zweite Frage, dass das Heim in Steinbeck bereits am 31. März aufgelöst<br />

worden ist, hätte dem Senat Veranlassung geben müssen, schneller <strong>und</strong> konkreter<br />

einzugreifen. Es geht hier gar nicht darum, ob die Kinder der ehemals Verfolgten<br />

allein betreut <strong>und</strong> verpflegt werden sollen, sondern nur um die finanzielle Hilfe <strong>und</strong><br />

die pachtfreie Überlassung dieses Hauses. Ich meine, dass die Kinder der politisch<br />

oder rassisch Verfolgten, ebenso wie die Kinder der Hinterbliebenen, der Gefallenen<br />

des Krieges, auch ein Recht auf Betreuung haben. Dieses Problem würde man in<br />

dem Kuratorium der Geschwister-Scholl-Stiftung 1 lösen. Wenn wir die Wiedergut-<br />

1 Die Geschwister-Scholl-Stiftung wurde 1950 von Inge Scholl im Gedenken an ihre Geschwister Sophie<br />

<strong>und</strong> Hans Scholl gegründet, die 1943 als Mitglieder der Widerstandsgruppe Weiße Rose von den Nationalsozialisten<br />

hingerichtet wurden.<br />

machung betrachten, das Haftentschädigungsgesetz wie das Wiedergutmachungsgesetz<br />

in Hamburg allgemein dann ist zu verzeichnen, dass die Haftentschädigung<br />

für politisch Verfolgte hier nicht so ausgezahlt worden ist wie in anderen Ländern.<br />

Aus dieser Haltung muss man auch die Antwort des Senats betrachten <strong>und</strong> feststellen,<br />

dass er nicht gewillt ist, die Betreuung der Kinder schnell voranzutreiben.<br />

Wir sind der Meinung, dass der Haushaltsausschuss diese 30.000 DM bewilligen<br />

müsste, um den Kindern auf Westerland wenigstens etwas zu gewähren. Man kann<br />

den Kindern, die in Theresienstadt waren, die in den KZ geboren wurden, niemals<br />

das wiedergeben, was ihnen eigentlich fehlt. Deswegen ist es die Pflicht eines jeden<br />

Abgeordneten, diesen Antrag im Haushaltsausschuss <strong>und</strong> während der Etatberatung<br />

wirklich zu befürworten.<strong>“</strong> (9. Sitzung 1951)<br />

Gefängnisarbeit<br />

<strong>„Meine</strong> <strong>Herren</strong> <strong>und</strong> <strong>Damen</strong>! Ich glaube, die Frage Gefängnisarbeit <strong>und</strong> freie Konkurrenz<br />

tritt nicht erst heute auf, sondern derartige Fragen <strong>und</strong> Anträge hatten<br />

wir bereits ... vor 1933 in der Bürgerschaft des Öfteren. Ich glaube, diese Frage<br />

würde überhaupt nicht auftauchen, wenn allgemein in einem Staat eine richtige<br />

Wirtschaftspolitik betrieben würde, eine Wirtschaftspolitik nach den Prinzipien<br />

der Planmäßigkeit <strong>und</strong> eine Wirtschaftspolitik, die jedem die Möglichkeit gibt, zu<br />

arbeiten, aber nicht nur zu arbeiten, sondern die auch gleichzeitig einen auskömmlichen<br />

Lohn <strong>und</strong> Verdienst gewährleistet, das heißt, dass ein jeder wirklich leben<br />

kann <strong>und</strong> nicht, wie heute, eben auf Gr<strong>und</strong> der Erwerbslosigkeit nicht weiß, was er<br />

mit dem wenigen Geld anfangen soll.<br />

Die Frage, die Herr Wilken (CDU-Fraktion, K.A.) gestellt hat, wird meines Erachtens<br />

auch nur von dem Gesichtspunkt gesehen: Wieweit können jetzt die Privatbetriebe<br />

ihren Profit erhöhen? Ich glaube, Herr Wilken hat nicht ein einziges Wort darüber<br />

erwähnt, was denn eigentlich die Gefangenen machen sollen. Das ist doch wohl<br />

eine der entscheidendsten Fragen, dass man den Gefangenen nicht dazu zwingt, nur<br />

Band zu knüpfen, Band zu knoten, Sisal zu knoten, eine Arbeit, die den Gefangenen<br />

nicht ermuntert, ein neues Leben zu beginnen, sondern gerade die Beschäftigung<br />

mit einer anderen Arbeit, an der der Gefangene vielleicht Freude gewinnt <strong>und</strong> die<br />

er für sein späteres Leben anwenden kann, glaube ich, sollte im Mittelpunkt dieser<br />

Frage stehen. Ich muss sagen, alle diejenigen, die hier im Hause sind <strong>und</strong> in Haft<br />

waren, wissen, was das heißt, Gefangenenarbeit zu leisten, wie ermüdend sie wirkt<br />

<strong>und</strong> nicht nur das, sie kann auch moralisch den Menschen derart beeinflussen, dass<br />

er sagt: Lieber nehme ich heute den Strick <strong>und</strong> hänge mich auf bei dieser Arbeit!<br />

Ich glaube, das Motiv ist eine entscheidende Frage bei der Sache.<br />

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