„Meine Herren und Damen!“ Magda Langhans. Eine ... - Kersten Artus
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kann, sondern dass diese meines Erachtens auf lange Zeit hin durchgeführt werden<br />
muss. Wir sind der Meinung, dass dieses Gesetz so ausgearbeitet werden muss, dass<br />
es nicht nur die Not lindert, sondern die Not beseitigt, um diesen Menschen eine<br />
Heimat zu geben <strong>und</strong> einen entsprechenden Beruf, eine Heimat.<strong>“</strong><br />
(1. Sitzung 1949)<br />
Haftentschädigung<br />
„Der Entwurf des Senats zum Haftentschädigungsgesetz ist nach unserer Auffassung<br />
so, wie dieses Gesetz dargestellt ist, nicht annehmbar. Wir sind der Auffassung,<br />
dass die Widerstandskämpfer gegen den Faschismus das gleiche Recht in Anspruch<br />
nehmen können, was jedem anderen Staatsbürger zusteht, das heißt, dass<br />
eine Person, die unrechtmäßig Haft erlitten hat, das Recht auf Entschädigung für<br />
Freiheitsberaubung beanspruchen kann. Diese Entschädigung stellt sowieso nur einen<br />
kleinen Ausgleich dar; denn niemand vermag unseres Erachtens diese Zeit der<br />
Haft durch geldliche Mittel irgendwie aus dem Leben des Menschen zu löschen.<br />
Trotzdem erlaubt sich der Senat, in diesem Gesetz 3.000 bis 5.000 Personen von<br />
der Haftentschädigung vollkommen auszuschalten, nämlich diejenigen, wie es in<br />
§ 2, Absatz 2 heißt, die bis zu sechs Monaten Haftzeit erlitten haben. Man muss<br />
sich hier fragen: Will der Senat bei den 10.000 ehemaligen politischen Häftlingen<br />
die ersten sechs Monate Haftzeit als gesetzmäßige Maßnahme anerkennen? Denn<br />
sonst würde, wenn dies nicht der Fall ist, der Senat gegen das Bürgerliche Gesetzbuch<br />
verstoßen. Jeder ehemalige politische Häftling weiß, dass die ersten Monate,<br />
ja die ersten Tage der Haft die grausamsten Tage der Gesamthaft gewesen sind.<br />
Manch einer musste schon in den ersten Tagen dieser Zeit sein Leben lassen oder<br />
wurde für das gesamte Leben zum Krüppel geschlagen. Die Begründung des Senats<br />
zur Sechsmonatsklausel scheint mir nicht stichhaltig zu sein, wenn der Senat sagt,<br />
dies müsse aus finanziellen Erwägungen geschehen. Unseres Erachtens wird hier<br />
am falschen Ende gespart <strong>und</strong> die Begründung des Senats steht praktisch im Widerspruch<br />
zu den tatsächlichen Geschehen in Hamburg.<br />
Veit Harlan wurde nicht nur freigesprochen, sondern die Kosten werden von der<br />
Staatskasse getragen, die sich ... auf etwa 120.000 bis 130.000 DM belaufen sollen.<br />
Die Unkosten, die die Spruchgerichte verursachen, werden kaum zu zehn Prozent<br />
von den Personen gedeckt, die mitschuldig sind an dem Chaos, das heute durch das<br />
Naziregime hinterlassen worden ist. ...<br />
§ 4. Soll den Verfolgten, so möchte ich fragen, noch einmal Unrecht widerfahren?<br />
Dieser Paragraph besagt, dass nur der eine Haftentschädigung erhält, der zum<br />
Zeitpunkt seiner Freiheitsberaubung in Hamburg ansässig war. Ich möchte hier die<br />
Frage stellen: Haben sich alle diese Personen, diese Widerstandskämpfer gegen den<br />
Faschismus, für ihre eigene Person, für einen Ort oder für irgendein anderes Gebiet<br />
eingesetzt? Ich glaube nein, sie haben sich lediglich für die Gesamtinteressen<br />
Deutschlands eingesetzt <strong>und</strong> sind dahin emigriert, wo sie durch den Faschismus<br />
nicht einer Verfolgung ausgesetzt waren. Wir wissen alle zur Genüge, welche Völkerwanderung<br />
in Deutschland 1943 vonstatten ging <strong>und</strong> man würde mit diesem<br />
Paragraphen all den Flüchtlingen, all den Verfolgten, die in anderen Gebieten ansässig<br />
waren, in Hamburg keine Haftentschädigung gewähren, nein, nicht nur in<br />
Hamburg, sondern kein anderes Land in der britischen Zone hat in dem Gesetz<br />
über diese Frage einen solchen Paragraphen enthalten. ...<br />
Unseres Erachtens würden bei einigem guten Willen des Senats diese 28,5 oder<br />
29 Millionen D-Mark zur Durchführung des ganzen Haftentschädigungsgesetzes<br />
möglich sein, wenn man auch bei den anderen etwas kürzen würde <strong>und</strong> zwar bei<br />
denen, diejenigen, die ehemals aktive Nationalsozialisten waren. Ich möchte nur an<br />
den Fall Simon erinnern, der eine monatliche Pension von 1.000 D-Mark erhält. ...<br />
diese Pensionen wurden auch rückwirkend gezahlt.<strong>“</strong> (9. Sitzung 1949)<br />
<strong>„Meine</strong> <strong>Herren</strong> <strong>und</strong> <strong>Damen</strong>! Wir können diesem Gesetz nicht ohne weiteres unsere<br />
Zustimmung geben. ... Ich glaube, dass in Anbetracht dessen, dass auch im Etat für<br />
die ehemaligen aktiven Nationalsozialisten Gelder – zum Beispiel dem Polizeichef<br />
Simon im Jahre 12.000 D-Mark Pensionen – ausgekehrt werden <strong>und</strong> man dem gegenüberstellt,<br />
dass laut Haftentschädigungsgesetz die Verfolgten, die Menschen,<br />
die sich wirklich eingesetzt haben für Deutschland, im Durchschnitt jährlich nur<br />
200 Mark erhalten sollen, so erscheinen uns diese Maßnahmen des Senats <strong>und</strong><br />
die Tatsache, dass die Militärregierung diesem Gesetz in der ersten Lesung nicht<br />
zustimmte, außerordentlich bedenklich. Wir stimmen aber dem Gesetz zu, indem<br />
ich Ihnen folgende Erklärung meiner Fraktion unterbreite: ... damit die Auszahlung<br />
an die Geschädigten, welche sich zum großen Teil in Not befinden, keine weitere<br />
Verzögerung erfährt. ...<strong>“</strong> (14. Sitzung 1949)<br />
Auszahlung der Haftentschädigung<br />
<strong>„Meine</strong> <strong>Herren</strong> <strong>und</strong> <strong>Damen</strong>! Es ist leider in diesem fünften Bericht des Wiedergutmachungsausschusses<br />
doch nicht alles zum Ausdruck gekommen. Wahrscheinlich<br />
liegt die Ursache nicht bei dem Herrn Berichterstatter. Es wurde im Allgemeinen<br />
im Ausschuss die Auffassung vertreten, dass man mit der Änderung dieses Gesetzes<br />
nicht annehmen sollte, dass überhaupt keine Änderung desselben mehr erfolgt.<br />
Das Gesetz besagt, dass die Auszahlung erst in 13, 14 Jahren beendet sein soll.<br />
Im Ausschuss waren wir geteilter Meinung, dass man gerade in dieser Frage doch<br />
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