Schlussbericht - interkultur.pro
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 51 – Drucksache 16/7000<br />
2 Kultur als öffentliche und gesellschaftliche Aufgabe<br />
2.1 Kulturpolitik als gesellschaftliche<br />
Aufgabe<br />
Kultur – Politik – Gesellschaft sind drei große, in Wechselwirkung<br />
zueinander stehende Bereiche.<br />
Eine Analyse dieser Wechselwirkung ist sinnvoll, um herauszuarbeiten,<br />
durch welche Prozesse, Strukturen und<br />
Akteure Kultur und Kulturpolitik in Deutschland geprägt<br />
werden. Wie im kulturpolitischen Diskurs in Deutschland<br />
üblich, ist dabei zunächst von einem Kulturbegriff im<br />
Sinne der UNESCO1 auszugehen. Danach umfasst Kultur<br />
einerseits die eine Gesellschaft charakterisierenden Besonderheiten<br />
und spricht andererseits die Entfaltungsmöglichkeiten<br />
des einzelnen Individuums an. Kultur hat<br />
sowohl eine gesellschaftliche als auch eine individuelle<br />
Komponente.<br />
Gleiches gilt für die Politik: In den politischen Willensbildungs<strong>pro</strong>zessen<br />
geht es darum, Verhalten von Individuen<br />
und Kollektiven zu beeinflussen, andere von Zielen<br />
zu überzeugen, um letztlich eine möglichst breite Übereinstimmung<br />
zu erzielen, Mehrheiten zu schaffen.<br />
2.1.1 Kultur als Wirkungs- und<br />
Handlungsfeld<br />
Kultur und Kulturpolitik werden also nicht nur vom Staat<br />
gestaltet, sondern auch von gesellschaftlichen Akteuren<br />
und Entwicklungen. Kulturpolitik zielt aber ihrerseits<br />
auch auf gesellschaftliche Wirkung, was mit dem Leitsatz<br />
„Kulturpolitik ist Gesellschaftspolitik“ zugespitzt ausgedrückt<br />
wird.<br />
Für die weitere Analyse ist es daher sinnvoll zu unterscheiden<br />
zwischen<br />
– Wirkungsfeld Kultur und<br />
– Handlungsfeld Kultur.<br />
Mit dem Begriff des „Wirkungsfeldes Kultur“ ist die Dimension<br />
des Kulturbegriffs anges<strong>pro</strong>chen, bei der es um<br />
gesellschaftliche und individuelle Wirkungen geht. Sie<br />
reichen von der Förderung der Kreativität Einzelner über<br />
die Prägung sozialer Gruppen bis hin zur Attraktivitätssteigerung<br />
einer Kommune, eines Landes und des Kulturstaates<br />
Deutschland insgesamt. Bei der Reflexion und<br />
Konkretion kulturpolitischer Ziele ist daher auch der gesellschaftliche<br />
Kontext einzubeziehen, in dem Kulturpolitik<br />
Wirkungen erzielen will. Dabei sollte bewusst sein,<br />
dass auch kulturelle Angebote für einzelne Personen gesellschaftliche<br />
Wirkungen entfalten können. So hat die<br />
Stärkung der Medienkompetenz von Kindern und Ju-<br />
1 Vgl. Kap. 1., Bedeutung von Kunst und Kultur für Individuum und<br />
Gesellschaft.<br />
gendlichen auch Auswirkungen auf die Wahrnehmung<br />
von Medien durch die Rezipienten insgesamt.<br />
Das Handlungsfeld Kultur, das gegenüber dem Wirkungsfeld<br />
Kultur wesentlich eingeschränkter ist, umfasst die inhaltlichen<br />
Bereiche der Künste, der kulturellen Bildung,<br />
des kulturellen Erbes und der Medien, die ihrerseits von<br />
staatlichen, kommunalen und freien Trägern sowie einzelnen<br />
Künstlern und Kulturschaffenden ausgestaltet<br />
werden.<br />
Kulturpolitik muss sich darüber im Klaren sein, dass das<br />
„Handlungsfeld Kultur“ angesichts der zur Verfügung<br />
stehenden Ressourcen, Institutionen und Mittel letztlich<br />
begrenzt ist, zumal Staat und Kommunen ihrerseits nur<br />
für einen Ausschnitt des kulturellen Lebens insgesamt<br />
verantwortlich sind. Bund, Länder und Kommunen tragen<br />
zwar eine Fülle von Kultureinrichtungen, fördern und<br />
veranstalten Kultur. Doch nur für diesen „Ausschnitt“,<br />
der hier als eigenes Handlungsfeld bezeichnet wird, tragen<br />
sie selbst Verantwortung. Diese bezieht sich vor allem<br />
auf die Ausrichtung der Einrichtungen, der Kulturförderung<br />
und der Kulturveranstaltungen. Einfluss kann<br />
auf die inhaltliche Programmatik genommen werden, es<br />
können Ziele und Leitlinien festgelegt und Aufgaben zugewiesen<br />
werden und schließlich bestehen auch entscheidende<br />
Gestaltungsmöglichkeiten bei der Auswahl von<br />
Führungspersonal. Diese von der öffentlichen Hand in eigener<br />
Verantwortung wahrgenommenen Aufgaben im<br />
Handlungsfeld Kultur haben aber auch Auswirkungen auf<br />
andere Bereiche kulturellen Lebens wie freie Kulturträger<br />
und kommerzielle Kulturbetriebe. Zum Handlungsfeld<br />
Kultur gehört auch die Gestaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen<br />
für Kultureinrichtungen, Kulturwirtschaft,<br />
Medien sowie frei arbeitende Kulturschaffende<br />
und Künstler. Auch insoweit gibt es Wechselwirkungen<br />
mit gesellschaftlichen Prozessen, die bei kulturpolitischen<br />
Entscheidungen zu berücksichtigen sind.<br />
2.1.2 Vermittlungsaufgaben der Kulturpolitik<br />
Kulturpolitik kommt in mehrfacher Hinsicht eine Vermittlerrolle<br />
zu: Sie vermittelt zwischen dem „Wirkungsfeld“<br />
und dem „Handlungsfeld Kultur“, also zwischen gesellschaftlicher<br />
Situation/Entwicklung einerseits und<br />
staatlichem/kommunalem Handeln im Blick darauf andererseits.<br />
Programmatik und Aufgaben sollten daher nicht<br />
einseitig festgelegt, sondern im gesellschaftlichen Diskurs<br />
herausgearbeitet werden. Dabei kann Kulturpolitik<br />
für die Vermittlung zwischen den verschiedenen am<br />
Kultur<strong>pro</strong>zess beteiligten Akteuren (Künstlern, Kulturschaffenden,<br />
freien Trägern) ebenso sorgen, wie sie freie<br />
Institutionen, Künstlerorganisationen, Verbände etc. einbeziehen<br />
kann. Diese Akteure bringen sich je nach den