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Schlussbericht - interkultur.pro

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 9 – Drucksache 16/7000<br />

förderung. Ein kooperationsfreundliches Klima ermutigt private und gemeinnützige<br />

Akteure, mehr Verantwortung zu übernehmen.<br />

Allerdings darf diese Verantwortung nicht dazu führen, dass die öffentlichen Haushalte<br />

sich aus der Finanzierung der Projekte freier Träger zurückziehen und einseitig<br />

auf den Unterhalt staatlicher Einrichtungen beschränken. Es ist vielmehr wichtig,<br />

Anreize zu setzen. Einem Kulturträger, der vermehrt Mittel einwirbt, dürfen deshalb<br />

nicht gleichzeitig diese Mittel an öffentlichen Förderungen gestrichen werden.<br />

Hier wird auch die Frage des Verständnisses nicht nur von Kultureinrichtungen sondern<br />

auch der vielen im Kulturbereich bürgerschaftlich Engagierten berührt. Ihre Bedeutung<br />

geht über den finanziellen Aspekt weit hinaus. Sie übernehmen Verantwortung,<br />

die gerade in ländlichen Regionen unverzichtbar sind.<br />

Fast 70 Prozent der Bevölkerung Deutschlands lebt außerhalb von Großstädten. Kulturarbeit<br />

im ländlichen Raum lebt von einer engen Zusammenarbeit zwischen <strong>pro</strong>fessionellen<br />

Kulturanbietern und Laien, zwischen klassischen Kulturinstitutionen<br />

und Institutionen kultureller Bildung. Ein großer Teil der kulturellen Aktivitäten findet<br />

in Vereinen und Initiativen statt, getragen von bürgerschaftlichem Engagement.<br />

Die Zahlen der ehrenamtlichen Arbeit im gesamten Kulturbereich – in ländlichen<br />

wie städtischen Regionen – sind beeindruckend. Allerdings dürfen wir uns darauf<br />

nicht ausruhen, denn bei genauerem Hinsehen ist bei der Bereitschaft, ehrenamtlich<br />

tätig zu werden, eine abnehmende Tendenz zu beobachten.<br />

In den Anhörungen und Expertengesprächen hat die Enquete-Kommission festgestellt,<br />

dass dies häufig ganz praktische Gründe hat. So müssen etwa Vereinsvorsitzende<br />

ohne entsprechende fachliche Ausbildung <strong>pro</strong>funde Detailkenntnisse besitzen,<br />

sei es in Fragen des Sozialversicherungs-, des Gemeinnützigkeits- oder des Urheberrechts.<br />

Bei Verstößen haften sie mir ihrem privaten Vermögen. Die Anmeldung zur<br />

GEMA kostet ebenso Zeit und Kraft wie die Steuererklärung des Vereins.<br />

Eine verantwortungsvolle Kulturpolitik würde es sich zu einfach machen, wenn sie<br />

sich darauf beschränkte, mehr bürgerschaftliches Engagement zu fordern. Sie muss<br />

die entscheidenden Fragen angehen und bürokratische Hürden abbauen, indem sie<br />

etwa das Zuwendungsrecht ändert. Die Enquete-Kommission regt beispielsweise an,<br />

bürgerschaftliches Engagement als Eigenleistung anzuerkennen. Außerdem ist zu<br />

überlegen, ob der Haftungstatbestand im Einkommensteuergesetz eingeschränkt<br />

werden sollte. Und die Kommission empfiehlt, die Nachweise über die sachgerechte<br />

Verwendung von Mitteln zu vereinfachen.<br />

Die Mitglieder der Enquete-Kommission sind sich einig, dass bürgerschaftliches Engagement<br />

nicht als Ersatz für staatliche Förderung angesehen werden darf. Es geht<br />

uns vielmehr darum, dass der Staat die Bürgerinnen und Bürger, die Verantwortung<br />

für das kulturelle Leben vor Ort übernehmen, unterstützen muss. Eine lebendige<br />

Bürgerkultur ist eine Ergänzung zur institutionalisierten Kultur.<br />

Die großen einzelnen Vorzeige<strong>pro</strong>jekte der Kulturlandschaft machen bei aller Bedeutung,<br />

die ihnen zukommt, nur einen Teil dessen aus, was Kultur in unserem Land<br />

zu bieten hat. Um ein anderes Bild zu bemühen: Sie stellen die Spitze eines Eisbergs<br />

dar. Und diese Spitze ist überhaupt nur deshalb sichtbar, weil sie von einer breiten,<br />

massiven Basis getragen wird. Spitzenkultur braucht den Auftrieb einer starken Breitenkultur.<br />

Schmilzt diese Basis weg, wird auch von der Spitze immer weniger zu sehen<br />

sein.<br />

Eine wichtige Erkenntnis aus der Arbeit der Enquete-Kommission ist, die Gräben<br />

zwischen E- und U-Musik, zwischen Breitenkultur und Spitzenkultur, zwischen <strong>pro</strong>fessionell<br />

Tätigen und sogenannten Laien auszugleichen. Ein solches Denken führt<br />

nur dazu, dass sich die Kultur als Ganze selbst schwächt.<br />

Diese Kultur in Deutschland ist inzwischen ohne die Einbettung in eine europäische<br />

Kultur nicht mehr vorstellbar. Zum einen versteht sich die Bundesrepublik Deutschland<br />

als Teil einer Gemeinschaft europäischer Kulturstaaten. Zum anderen hat die<br />

Mitgliedschaft in der Europäischen Union unmittelbare Auswirkungen auf das Leben<br />

ihrer Bürgerinnen und Bürger – auch auf das kulturelle Leben. Es ist wichtig,

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