Auferstanden aus Ruinen
Auferstanden aus Ruinen
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So klang es am Anfang. Da hatte der Wolf noch Kreide gefressen.<br />
Genau so klingt es auch heute.<br />
Und morgen?<br />
Als die Prohibition einmal eingeführt war, heizte sich bei einem Teil der Befürworter die<br />
Meinung bis zur völligen Maßlosigkeit auf. Nichts kann das besser verdeutlichen, als die<br />
Straf-Forderungen, die damals ganz ernsthaft in den Raum gestellt wurden.<br />
Ein Vorschlag war, die Regierung solle vergifteten Schnaps in die illegalen Handelskanäle<br />
einschleusen. Dadurch würden zwar einige hundertt<strong>aus</strong>end Menschen sterben, aber das wäre<br />
der Erfolg wert.<br />
Sünder sollten auch<br />
An der Zunge aufgehängt mit einem Flugzeug über das Land geflogen werden<br />
In Konzentrationslager auf den Aleuten verbannt werden<br />
Exkommuniziert werden<br />
Heiratsverbot erhalten<br />
Gefoltert, gebrandmarkt oder <strong>aus</strong>gepeitscht werden.<br />
Sterilisiert werden<br />
In flaschenförmigen Käfigen zur Schau gestellt werden.<br />
Oder man solle sie exekutieren, und zur Sicherheit auch gleich alle Nachkommen bis zur<br />
vierten Generation.<br />
Es ist bemerkenswert, wie hier faschistische Vorstellungen (Eugenik!) und Methoden ins<br />
öffentliche Bewusstsein drangen, bevor sie in Europa tatsächlich angewendet wurden.<br />
Ein Psychologe beobachtet<br />
Der deutsche Psychologe Hugo Münsterberg hielt den Amerikanern als neutraler Beobachter<br />
einen Spiegel ihrer Leidenschaften vor. Schon 1912 hatte die Prohibitionsbewegung<br />
viele Anhänger und versuchte, die öffentliche Meinung und Gesetzgebung zu beeinflussen.<br />
Es ist fast unglaublich, dass seine Worte schon vor fast 100 Jahren niedergeschrieben<br />
wurden:<br />
AMERICAN PROBLEMS FROM THE POINT OF VIEW OF A PSYCHOLOGIST<br />
BY HUGO MUNSTERBERG<br />
NEW YORK<br />
MOFFAT, YARD AND COMPANY, 1912<br />
Das Problem der Prohibition berührt nicht meinen Durst, aber es ist für mich von großem<br />
wissenschaftlichen Interesse; Nicht als Deutscher, sondern als Psychologe fühle<br />
ich mich genötigt, einige Worte in die Diskussion zu werfen, die plötzlich das ganze<br />
Land bewegt.<br />
Ist es wirklich eine Diskussion?<br />
Ist es nicht vielmehr eine einseitige Denunziation des Alkohols, Millionen mal mit immer<br />
lauterer Stimme wiederholt, dein Aufschrei, der immer vehementer anschwillt?<br />
Es mag einige Proteste von Brauern, Winzern und Gastwirten geben, vielleicht auch<br />
einige lahme Erklärungen ‚durstiger‟ Verbände. Aber das zählt nicht, denn sie alle haben<br />
das Odium der Selbstsucht; sie werden verdrängt, niemand hört sie, genau wie<br />
niemand die Meinung von Dieben hören will, wenn es um Gesetze gegen den Diebstahl<br />
geht.<br />
Soweit es das im Grunde uninteressierte Publikum betrifft, ist die Diskussion völlig<br />
einseitig. Wenn ernsthafte Männer wie Kardinal Gibbons ihre warnende Stimme gegen<br />
die Prohibition erheben, werden sie verleumdet und überwältigt und niemand möchte<br />
es ihnen nachmachen.<br />
...<br />
Netzwerk Rauchen: <strong>Auferstanden</strong> <strong>aus</strong> <strong>Ruinen</strong>, März 2008