16.01.2013 Aufrufe

Auferstanden aus Ruinen

Auferstanden aus Ruinen

Auferstanden aus Ruinen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

| 37 |<br />

Deutlicher kann man gar nicht zeigen, dass die erstrebte Lebensverlängerung durch Verzicht<br />

in Wahrheit eine Verdrängung der Tatsache der Sterblichkeit ist. Hinter der Prohibition<br />

stecken weniger rationale Motive als vielmehr die Dogmen einer neochristlichen<br />

Heils- und Erlösungsbewegung. Der Kampf gegen Alkohol und auch Tabak hat seine<br />

Wurzeln in der Tradition der religiösen Ketzerverfolgung und wird auch mit deren Methoden<br />

geführt.<br />

Doch weiter mit Percy Andrae:<br />

Die Führer der Prohibitionsbewegung wissen genau, dass sie einen Menschen genau<br />

so wenig von Trinken abhalten können wie sie ihn vom Kratzen abhalten können,<br />

wenn es ihn juckt. Sie wettern gegen die Saloons. Nicht die schlecht geführten, wohlgemerkt,<br />

sondern gegen alle Saloons, auch die gut geführten, anständigen. Wo immer<br />

sie die letzteren zerstören können, tun sie es, denn dadurch erreichen sie ihr Ziel, die<br />

Manifestation ihrer politischen Macht.<br />

Ein interessanter Aspekt. Nicht selten hört man <strong>aus</strong> den Kreisen der Tabak-Prohibitionisten<br />

die hämische Bemerkung, dass es um den Untergang der klassischen Kneipen nicht schade<br />

sei, da gehe doch sowieso kein ‚anständiger’ Mensch hinein...<br />

Dass für jeden ordentlichen, anständigen Saloon ein Speakeasy entsteht, dass der<br />

Ausschank von Getränken munter weiter geht, stört sie nicht im geringsten. Sie kriminalisieren<br />

den Ausschank von Alkohol, aber nicht den Erwerb oder den Konsum. Jeder<br />

Versuch, den Erwerb und den Konsum als das eigentliche Übel unter Strafe zu<br />

stellen, stieß auf den entschlossenen Widerstand der Prohibitionisten. Warum? Weil<br />

sie nur zu genau wissen, dass jeder Versuch, eine echte Prohibition einzuführen, das<br />

Ende ihrer Macht bedeuten würde.<br />

Richtig. Wenn Zigaretten so enorm schädlich wären, müssten sie konsequenterweise sofort<br />

vollständig verboten werden. Warum wird diese Idee meist beharrlich totgeschwiegen?<br />

Und so geht die Farce der Prohibition weiter und wird so lange weitergehen, wie sie<br />

Wasser auf die Mühlen ihrer Protagonisten leitet. Aber diese Farce verdeckt etwas viel<br />

ernsteres. Prohibition ist bloß das Aushängeschild der Bewegung. Der wirkliche Zweck<br />

ist religiös und sektiererisch, und das gilt nicht nur für Amerika, sondern auch für die<br />

Prohibitionsbewegung in England.<br />

...<br />

Es sind die Launen und Einschränkungen ihrer traurigen religiösen Überzeugungen,<br />

die sie der Gesellschaft aufbürden wollen, ein Sonntag ohne Lächeln, ohne Spiel, ohne<br />

Entspannung, ohne Freuden und Musik. Glücksspiel wird verboten, Tanzen verdammt,<br />

die Künste als unrein verunglimpft. Die Welt wird zu einem unfreundlichen Ort,<br />

an dem wir, die Bewohner, Betrachtungen über die Freuden des Jenseits zu üben haben.<br />

Recht problematische Betrachtungen übrigens, denn wenn wir Gott in der anderen<br />

Welt wieder auf dieselbe Art dienen müssen ...<br />

Die Welt wird tatsächlich ein immer unfreundlicherer Ort. Moralisierende Sauertöpfigkeit<br />

appelliert allenthalben an unser ‚schlechtes Gewissen’ 16 . Ständig werden wir zu Heilsübungen<br />

aufgefordert. Rauchen wird bis 18 Jahren in der Öffentlichkeit ganz verboten, in<br />

der Disco sowieso, auch die bösen Sonnenstudios sollen Jugendliche meiden, wegen der<br />

Hautkrebsgefahr. Die ‚Umwelt’ und der Klimaschutz werden zu religiösen Bußübungen,<br />

die den Untergang der Welt hin<strong>aus</strong>zögern sollen. Und angeblich nimmt das Laster immer<br />

mehr zu, auch der Alkohol ist ja schon wieder unter heftigem Beschuss. Was sagte Percy<br />

Andreae vor fast einhundert Jahren dazu:<br />

16 Inzwischen ist es ja schon eine Gewissensfrage, ob man das richtige Mineralwasser gewählt hat...<br />

Netzwerk Rauchen: <strong>Auferstanden</strong> <strong>aus</strong> <strong>Ruinen</strong>, März 2008

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!