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Carolo-Wilhelmina - Technische Universität Braunschweig

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VON JOCHEN LITTERST<br />

PRÄSIDENT DER TECHNISCHEN<br />

UNIVERSITÄT BRAUNSCHWEIG<br />

Die Datenmanipulationen des Physikers<br />

Jan-Hendrik Schön, ein Träger des<br />

»<strong>Braunschweig</strong> Preises 2001«, veranlassen den<br />

TU-Präsidenten, wissenschaftliches<br />

Fehlverhalten zu thematisieren. Wenn<br />

Fälschungen in der Forschung auch<br />

grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden<br />

könnten, so zeige gerade das »Beispiel Schön«,<br />

dass die wissenschaftliche Selbstkontrolle<br />

funktioniere. Dennoch sollten die leitenden<br />

Wissenschaftler die Diskussion ethischer<br />

Grundsätze intensivieren, um Wiederholungen<br />

verhindern zu helfen.<br />

Wissenschaftliche Unredlichkeit war glücklicherweise<br />

bislang an unserer <strong>Carolo</strong>-<strong>Wilhelmina</strong> kein Thema,<br />

das problematisiert werden musste. Wir haben uns vor<br />

einiger Zeit Leitlinien gegeben, wie wir mit Fällen wissenschaftlichen<br />

Fehlverhaltens umgehen wollen – natürlich in der Hoffnung, sie nie<br />

anwenden zu müssen. Nun rückt ein auf den ersten Blick eher externer<br />

Skandal die Frage der Verantwortung und Kontrolle näher in<br />

unser Blickfeld (ohne dass unsere Ethik-Kommission in Aktion treten<br />

müsste): Einem der drei Träger des »<strong>Braunschweig</strong> Preises 2001«<br />

wird vorgeworfen, Daten manipuliert, eventuell sogar erfunden<br />

zu haben.<br />

2/2002 <strong>Carolo</strong>-<strong>Wilhelmina</strong><br />

DER »FALL SCHÖN«<br />

<strong>Carolo</strong>-<strong>Wilhelmina</strong><br />

MANIPULATIONEN –<br />

EINE GLAUBWÜRDIG-<br />

KEITSKRISE DER<br />

WISSENSCHAFT<br />

Die drei Wissenschaftler Bertram Batlogg, Jan-Hendrik Schön und<br />

Christian Kloc, bis vor kurzem alle bei den renommierten Bell Labs<br />

beschäftigt, berichteten im Verlauf der letzten Jahre über bahnbrechende<br />

Entdeckungen mit ungeahnten Entwicklungsperspektiven.<br />

Neue Anwendungen mit Milliardenmärkten standen in Aussicht.<br />

Die internationale wissenschaftliche Gemeinschaft war begeistert<br />

und feierte die Urheber. Bereits 2001 wurde die Gruppe –<br />

und insbesondere Jan-Hendrik Schön – als möglicher Nobelpreis-<br />

Kandidat gehandelt, wissenschaftliche Preise wurden weltweit zuerkannt,<br />

der Direktorenposten an einem Max-Planck-Institut<br />

wurde ihm angetragen.<br />

Bertram Batlogg, der frühere Leiter der Arbeitsgruppe bei Bell<br />

Labs, hatte zwischenzeitlich einen Lehrstuhl an der ETH Zürich erhalten,<br />

Schön arbeitete zeitweise bei Bell Labs, aber auch als Gast<br />

an der <strong>Universität</strong> Konstanz. Die Publikationstätigkeit insbesondere<br />

von Schön stieg in den folgenden Monaten unglaublich an, alle<br />

Veröffentlichungen wurden von höchstrangigen internationalen<br />

wissenschaftlichen Zeitschriften angenommen.<br />

Allerdings regte sich ab etwa Herbst 2001 erste öffentliche Kritik<br />

an einigen Arbeiten. Sicher entstand ein Teil der Kritik durch einen<br />

Keim des bei Erfolg nie ausbleibenden Neides von Kollegen, doch<br />

mehrten sich auch Stimmen, die monierten, dass wichtige Resultate<br />

von anderen Gruppen nicht reproduziert werden konnten, und<br />

selbst Batlogg musste einräumen, dies an seiner neuen Wirkungsstätte<br />

noch nicht erreicht zu haben. Einiges ließ sich mit den an den<br />

Bell Labs gebotenen optimalen experimentellen Bedingungen<br />

begründen, sodass dieser Sachverhalt eher Ungeduld, aber noch<br />

keinen zwingenden Verdacht hervorrief.<br />

Dringender Verdacht unwissenschaftlichen Umgangs mit Messdaten<br />

wurde schließlich geäußert, als in einigen Publikationen augenscheinlich<br />

identische Daten – allerdings mit unterschiedlicher<br />

Skalierung – als Ergebnisse für unterschiedliche Substanzen<br />

beziehungsweise elektronische Bauteile entdeckt wurden.<br />

Auf Drängen der »Scientific Community« wurde nach den sich<br />

häufenden Vorwürfen der Datenmanipulation insbesondere in den<br />

Publikationen Ende 2001 und Anfang 2002 eine Untersuchungs-<br />

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