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WISSENSCHAFTLICHE HAUSARBEIT ZUR ... - Michael Rappe

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<strong>WISSENSCHAFTLICHE</strong> <strong>HAUSARBEIT</strong> <strong>ZUR</strong> ERSTEN STAATSPRÜFUNG FÜR DAS LEHRAMT<br />

SEKUNDARSTUFE I<br />

HIP HOP<br />

Botschafter der Wut<br />

vorgelegt von <strong>Michael</strong> <strong>Rappe</strong><br />

bei Prof. Dr. H. Rösing<br />

Kassel den 13.04.1992<br />

1


INHALTSVERZEICHNIS<br />

Vorwort 3<br />

1. The Old School 5<br />

2. Ursprung und Wurzeln des Hip Hop 12<br />

2.1. Die Musik und der Rhythmus 14<br />

2.2. Der Tanz und der Rhythmus 15<br />

2.3. Die Sprache und der Rhythmus 16<br />

2.4. Schaubild zur Entwicklung des Hip Hop (Nachtrag ’97) 18<br />

3. The New School 19<br />

4. Geschichte und Ursprung des Message Hip Hop 25<br />

4.1. Old School Message 27<br />

4.2. New School Message 29<br />

4.3. Message Hip Hopper – Politischer Führer und Popidol 35<br />

5. Resümee und Ausblick 35<br />

5.1. Hip Hop und Jazz - Hip Hop und Reggae 37<br />

6. Anhang 40<br />

6.1. Chronologie des Hip Hop 40<br />

6.2. Texte 42<br />

6.3. Erklärung der weniger geläufigen Begriffe 46<br />

6.4. Diskografie 51<br />

6.5. Zitate und Anmerkungen 57<br />

6.6. Quellen 61<br />

6.7. Bildnachweis 63<br />

2


Vorwort<br />

„A SAY DE HIP HOP, DE HIPPE; DE HIPPE<br />

TO THE HIP HOP YOU DON`T STOP THE<br />

ROCKIN` TO THE BANG BANG BOOGIE<br />

THAT A UP JUMP BOOGIE TO THE RYTHM<br />

OF A BOOGIE TO BE: NOW WHAT YOU<br />

HEAR IS NOT A TEST I`M RAPPIN` TO THE<br />

BEAT...“ (1)<br />

(Musikbsp.Nr.1: Sugar Hill Gang, „<strong>Rappe</strong>r’s Delight“, 1997, Sugar Hill Rec.)<br />

Was sich da im Winter 1979 im ersten Augenblick wie ein Mikrofon- oder Soundcheck anhörte war<br />

in der Tat Ernst gemeint. „Was macht der Sänger da?“, dachte ich, als ich in dieser Zeit in einem<br />

Plattenladen stand und mir dieser Song zum ersten Mal entgegenschallte. Ich war irritiert und mit<br />

mir wohl die meisten anderen MithörerInnen. Da sprach jemand sehr rhythmisch über einen<br />

eingängigen Groove. „Halt, Moment!“ Das Stück ist mir nicht unbekannt. Abgesehen von der<br />

Latinglocken-Figur ist das der Disco-Hit „Good Times“ der Gruppe Chic um den Produzenten Nile<br />

Rodgers“.<br />

Mein erster Eindruck war, dass hier jemand von dem Erfolg der damaligen Disco-Musik profitieren<br />

wollte, „...ein außergewöhnlicher aber nicht sonderlich komischer Witz, ein überflüssiges Plagiat<br />

eines sowieso schon überflüssigen Disco-Hits...“ (2). Doch je öfter ich dieses Stück hörte, umso<br />

faszinierender fand ich es. Ich konnte mich nicht satt hören daran, und die Verkaufszahlen der<br />

Single sprachen dafür, dass es Anderen wohl auch so ging. In Amerika befand sich „<strong>Rappe</strong>r’s<br />

Delight“ in den normalen (weißen) Charts(3) unter den ersten 30 und in Deutschland unter den<br />

ersten 10 der Top 20. Bemerkenswert war, dass dieser Song nicht nur von reinen Disco-Musikfans<br />

gehört wurde, sondern eine erstaunlich breite Akzeptanz fand. Bemerkenswert ist weiterhin, dass<br />

dieses Stück bis heute nichts von seiner Attraktivität eingebüßt hat und nach wie vor eine beliebte<br />

Tanznummer ist.<br />

Nach dem ersten Erfolg dieser neuen „Rap-Musik“ wurde es ein wenig ruhig. Die Kritiker wähnten<br />

sich bereits in der Gewissheit, Recht behalten zu haben mit der Annahme, es handele sich um<br />

einen Gag und damit um eine musikalische Eintagsfliege, bis eine wahre Welle von Rap-Stücken<br />

Europa überschwemmte. Überall tauchten Gruppen und Interpreten, wie Grandmaster Flash & the<br />

Furious Five, Africa Bambaataa, The Treacherous Three oder Whodini auf.<br />

Es war aber nicht nur eine neue Musikform, die aus Amerika kam. Es war eine ganze Kultur mit<br />

einer neuen Mode, vollkommen neuen Tanzformen wie der Electric Boogie, der Breakdance, der<br />

Frozen und einer vollkommen neuen Kunstform, den Graffitis: mit Lackspraydosen grellbunt<br />

gemalte Schriftzüge oder fantasievolle, comicartige Bilder, die dem Betrachter an Häusermauern<br />

und U-Bahnwagen entgegenleuchteten. Eine solche Kultur, ein solches Potenzial an Kreativität<br />

kann nicht das Produkt einer kurzlebigen Mode oder einiger cleverer Werbemanager sein. Rap-<br />

Musik oder richtiger Hip Hop, musste eine länger währende Entwicklung hinter sich haben und der<br />

Hit „<strong>Rappe</strong>r’s Delight“ war nicht der Anfang, sondern das Ergebnis dieser Entwicklung und der<br />

Beginn des weltweiten Erfolgs von Hip Hop.<br />

Die vorliegende Arbeit ist die Geschichte dieser Entwicklung, von einer Party-Musik eines Gettos<br />

(Bronx) in New York, zu einer der augenblicklich ( 1992) weltweit populärsten Musik.<br />

Ein großes Problem bei der Erstellung dieser Arbeit, war die Tatsache, dass es so gut wie keine<br />

(wissenschaftliche) Literatur über diese Musik gab und gibt. Aus diesem Grund wurden<br />

Zeitungsartikel aus den verschiedensten Zeitungen, Videoclips und Platteninformationen zu einer<br />

Hauptquelle meiner Arbeit. Mit der Zeit erschloss sich jedoch eine weitere sehr wichtige Quelle.<br />

Durch die Beschäftigung mit dem gesellschaftlichen und musikalischen Umfeld des Hip Hops,<br />

begann ich musikwissenschaftliche Bücher über andere afroamerikanische Musikstile zu studieren,<br />

und entdeckte parallele Entwicklungen zwischen dem Hip Hop und den beiden Jazz-Stilen Bebop<br />

und Freejazz. Ich begann nun musikwissenschaftliche und musiksoziologische Theorien über<br />

afroamerikanische Musik-Stile auf den Hip Hop anzuwenden. Dabei stellte sich schnell heraus,<br />

3


dass es sich bei Hip Hop um eine neue Form der Black Music handelt, die in ihrem Auftreten unter<br />

Umständen unverständlich und provozierend bzw. bedrohlich wirken kann, aber auf ihre Art und mit<br />

ihren musikalischen Techniken eine konsequente Weiterentwicklung der afroamerikanischen Musik<br />

bedeutet.<br />

Hip Hop ist die neuste Form des musikalischen Ausdrucks innerhalb der afroamerikanischen<br />

Musik, dies ist die zentrale These meiner Arbeit. In ihm finden sich alle entscheidenden Elemente<br />

dieser Gattung wie Improvisation, Tanz, Spontaneität, Ekstase und Protest wieder.<br />

Dabei sind in ihrer Entwicklung Amerikanismen entstanden, die in dieser Form älteren<br />

afroamerikanischen Musikstilen nicht oder nur versteckt vorhanden waren. Eine davon ist die<br />

Wiederentdeckung des gesprochenen Wortes als direkte Information, Nachricht und Literatur. Hip<br />

Hopper werden zu Nachrichtensprechern und zu Chronisten ihrer Gesellschaft, der Black<br />

Community, und nach außen hin zu Botschaftern einer unterdrückten Minderheit und der daraus<br />

resultierenden Wut.<br />

Diese Arbeit ist in fünf größer angelegte Kapitel aufgeteilt, um dem Aspekt einer, in der deutschen<br />

Literatur noch nicht vorhandenen, Chronik des Hip Hop einerseits und einer analysierenden<br />

Betrachtungsweise andererseits, gerecht zu werden. Das erste und das dritte Kapitel bilden den<br />

Schwerpunkt, „die Geschichte des Hip Hop“, von den Anfängen der Old School Anfang der 70er-<br />

Jahre bis zur Entwicklung der New School Ende der 80er-Jahre. Das zweite und das vierte Kapitel<br />

beinhalten den theoretischen Teil meiner Arbeit. Dort versuche ich die Wurzel des Hip Hop durch<br />

alle afroamerikanischen Musikstile hindurch bis nach Afrika zurückzuverfolgen und seine<br />

Entwicklung mit den gesellschaftlichen Verhältnissen in den USA in Zusammenhang zu bringen.<br />

Das fünfte Kapitel, als Zusammenfassung der gesellschaftlichen Entwicklung und der theoretischen<br />

Aspekte, gibt einen Einblick auf die augenblicklichen und einen Ausblick auf mögliche<br />

Entwicklungen im Hip Hop.<br />

Jedes dieser Kapitel ist durch wenige Unterkapitel unterbrochen. Ich hielt dies für notwendig, um<br />

durch einen möglichst großen Erzählfluss ein Gesamtbild des Hip Hop entstehen zu lassen. In<br />

diesem Zusammenhang sind auch die Bilder, der Anhang mit Wörterbuch, Diskografie, Texten usw.<br />

und die Kassette mit den Musikbeispielen zu verstehen. Sie sind weder schmückendes noch<br />

formal-notwendiges Beiwerk, sondern stehen gleichberechtigt zum Text und dienen zur<br />

Vervollständigung des Gesamtbildes.<br />

Kassel im April 1992<br />

4


1. THE OLD SCHOOL<br />

Die ersten 10 Jahre<br />

breakbeat - rap - scratch<br />

Die Geschichte des Hip Hop als eigenständige Musikform beginnt Anfang/Mitte der 70er-Jahre in<br />

der Bronx, einem Getto für Schwarze und Puerto-Ricaner in New York City. In dieser Zeit war die<br />

Disco-Musik beliebteste Tanzmusik in den Diskotheken rund um die Welt. In der Hauptsache ging<br />

es um das Vergnügen. „Grundprinzip der Disco-Musik war das permanente Animieren zur<br />

rhythmischen Körperbewegung. Die Qualität der Orchestrierung und das Niveau der Gesangstexte<br />

schienen dabei oftmals zweitrangig. Ein durchgehender Beat zwischen 120 und 130 Taktschlägen<br />

pro Minute und simple Vokalchiffren mit Aufforderungscharakter wie „Come on, let´s dance...“(1)<br />

standen im Vordergrund. „Schicker Hedonismus war in Kleidung wie Gestus en vogue.<br />

Der Producer hatte bei der Herstellung von Discomusik den wichtigsten Part, Sänger und Spieler<br />

schienen austauschbar“(2). Einzelne Stücke wurden durch das extreme Erweitern des Anfangs<br />

oder des Endes zu endlos langen Stücken mutiert, die nicht selten die 15 Minuten überschritten. In<br />

dieser Zeit kam auch die Maxi-Single in Mode. Eine Single mit der man durch ihre LP-Größe solch<br />

immens lange Stücke aufnehmen konnte, ohne dabei auf die Soundqualitäten einer 45er Single<br />

verzichten zu müssen. Ebenso wurde Mode, verschiedene Versionen ein und desselben Songs zu<br />

produzieren und ihn mit Bezeichnungen wie z.B. „Extended Version“ oder „Dub-Mix-Version“ auf<br />

den Markt zu bringen.<br />

In den Gettos war diese Musik sehr beliebt. Die DJs arbeiteten hier ebenfalls mit der gängigen<br />

Praxis, nonstop Musik zu machen, d.h. einen Song, durch geschicktes mixen, in den nächsten<br />

übergehen zu lassen und die Tanzenden durch kurze Zwischenrufe anzuspornen. Mit der Zeit<br />

wurde den DJs dies jedoch zu langweilig. Sie begannen mit dem Musikmaterial zu<br />

experimentieren, indem sie die Songs wechselten, bevor sie endeten, ohne dabei den Rhythmus<br />

bzw. die Geschwindigkeit zu verlieren oder eine Pause zu machen. Daraus entwickelte sich das<br />

„Breakbeating“.<br />

(Musikbsp. Nr.2 Grandmaster Flash & the Furious Five „ The Adventures of Grandmaster Flash on<br />

the Wheels of Steel“, Sugar Hill Records, 1981)<br />

Beim Breakbeating nahmen die DJs eine kurze rhythmische Sequenz von einem oder mehreren<br />

Takten (z.B. den Basslauf von „Another One Bites The Dust“ der Rock-Gruppe Queen oder „Good<br />

Times“ von der Gruppe Chic). Dieses Stück hatten sie auf jeweils zwei Plattenspielern liegen.<br />

Während die gewünschte Stelle auf einem Plattenteller für das Publikum hörbar lief, suchte der DJ<br />

bei heruntergelassenem Tonarm und per Handbetrieb die passende Stelle auf Platte Nr.2. Wenn<br />

der Break oder die gewünschte Stelle auf der Platte Nr.1 seinem Ende zuging mischte der DJ „in<br />

time“ den gleichen Break von Platte Nr.2 hinzu und suchte den gleichen Break jetzt auf Platte Nr.1<br />

usw.<br />

Dadurch konnte der DJ einen für ihn interessanten Rhythmus zu einem neuen Instrumentalstück<br />

verlängern. Den für ihn langweiligen Rest ließ er einfach weg und überließ ihn den Disco-DJs:<br />

„Breakbeat music simply ate the cherry off the top of the cake and threw the rest away.“(3)<br />

Ein Takt konnte also als zündende Idee zu abendfüllenden Stücken ausgebaut werden.<br />

Von großer Bedeutung für die Entwicklung dieses Stils war der DJ Kool DJ Herc. Kool DJ Herc kam<br />

1967 von Jamaika nach New York. Dort arbeitete er zu Beginn als typischer Reggae-DJ: Er spielte<br />

Reggaemusik, eine Mischung aus „…New Orleans-Rhythm ´n Blues und westindischer Folk-Pop in<br />

monoton -repetetiven Rhythmus... Typisch sind die dominanten Bass-Riffs, die einen melodischen<br />

Gegenpart zu den Vokalpartien bilden, während die Gitarre lediglich als Rhythmusinstrument<br />

eingesetzt wird, bei dem die Akkorde im Off-Beat angerissen werden.“(4)<br />

Dabei verwendet er zwei Techniken, die für den Hip Hop von großer Bedeutung sind - und zwar<br />

das „toasting“ und das „dubbing“. Das Toasting ist das Einmischen des DJs von Vokaleffekten oder<br />

rezitativen Sprachteilen über die Musik. Das Dubbing ist die Überlagerung von Tonspuren und die<br />

Akzentuierung durch Halleffekte und Rückkopplungen. Nach einiger Zeit begann Herc mit Funk-,<br />

5


Soul-, Disco- und Salsamusik zu experimentieren und sie so zu verarbeiten, wie er es vormals mit<br />

der Reggaemusik praktiziert hatte. Zusätzlich verwendet er auch die zuvor schon beschriebene<br />

Technik des übergangslosen Mixens der Disco-DJs, die ihrem Sinn nach nichts anderes war als<br />

das Dubbing.<br />

Natürlich war er nicht der einzige oder der erste DJ, der diese Techniken miteinander verband,<br />

aber er war laut Aussage vieler anderer DJs der Beste und der Innovativste. DJ Grandmaster<br />

Flash, selbst einer der ersten und stilbildender DJ, über seinen Kollegen Kool DJ Herc: „He was<br />

playing little break but it would sound so sloppy... At the time he wasn´t using no cueing. In other<br />

words, the whole was there for a headphone to go in but I remember he never had a headphone<br />

over his ears. All of sudden, Herc had headphones but I guess he was so used the needle by<br />

eyesight.”(5) Leider gibt es von Kool DJ Herc keinerlei Plattenaufnahmen, da er ziemlich schnell<br />

von der Bildfläche verschwand, bevor überhaupt Hip Hop-Platten produziert wurden.<br />

Das Breakbeatin´ entwickelte sich weiter, es entstand das „Scratchen“. Das Scratchen ist im<br />

Ursprung das Kratzgeräusch, (to scratch = dt. Kratzen) das der DJ in seinen Kopfhörern hört, wenn<br />

er auf einer Platte nach einer bestimmten Stelle sucht. Grandmaster Flash begann mit eben diesen<br />

Suchgeräuschen zu experimentieren. Er ließ z.B. Bläser-Riffs von Kool and the Gang über die<br />

Breakbeats laufen, oder rhythmisierte einen Drumschlag indem er den Plattenteller bei<br />

heruntergelassenem Plattenarm vor- und zurückzog: „A scratch is nothing but the back cueing that<br />

you hear in your ear before you push it out to the crowd. All you have to know is mathematically<br />

how many times to scratch it and when to let it go - when certain things will enhance the record<br />

you’re listening to. For instance, if you’re playing a record with horns and slip it in at certain<br />

times.“(6) Der DJ fungierte als Arrangeur - Plattenspieler und Schallplatten als Musikinstrument.<br />

Jeder DJ hatte seine eigenen Geheimplatten, die er wie einen Schatz hütete, weil er mit ihnen<br />

seinen typischen Sound produzierte. Sehr schnell wurde natürlich nicht nur Soul- und Funkmusik<br />

verwendet. Vor nichts machte die Experimentierlust Halt; es wurde alles verwendet, was<br />

Geräusche machte und sich nur irgendwie gut anhörte: von Schreigeräuschen aus Gruselfilmen<br />

über Werbe- und Serienfilmmelodien bis zu Musikformen wie z.B. Hardrock. An dem bereits<br />

vorgestellten Stück von Grandmaster Flash & The Furious Five „The Adventures<br />

Of....(Musikbeispiel Nr. 2) möchte ich diese Techniken verdeutlichen. Es handelt sich hier um eine<br />

Collage aus folgenden Stücken:<br />

• „8th´s Wonder“, Sugar Hill Gang<br />

• „Another Ones Bites The Dust“, Queen<br />

• „Good Times“, Chic<br />

• „Monster Jam“, Spoonie Gee<br />

• „Birthday Party“, GM Flash & the Furious 5<br />

• „Rapture“, Blondie<br />

• eine hörspielartige Sequenz von Flash mit zwei Kindern, die extra aufgenommen ist.<br />

Der Grundgroove ist eine Mischung aus „Good Time“ und „Another Ones Bites The Dust“.<br />

Beständig wechselt Flash zwischen beiden Beats hin und her, ohne dabei an Drive zu verlieren.<br />

Rhythmisch eingeblendet werden Ausschnitte von Platten seiner Kollegen Sugar Hill Gang und<br />

Spoonie Gee.<br />

Wie schnell Flash ist, erkennt man an der Stelle, an der er Blondies „Rapture“ (eine Hommage der<br />

New Wave Sängerin an den Hip Hop) verwendet. Die Zeilen „Flash is fast, Flash is good“ oder<br />

Wörter wie „allright“ kommen in verschiedenen Varianten vor. An einer Stelle wiederholt er in einem<br />

atemberaubenden Tempo drei Mal „Flash is fast“ hintereinander und zeigt damit wie schnell er die<br />

Nadel an die richtige Stelle positionieren kann ohne aus dem Rhythmus zu kommen. „Adventures<br />

On The Wheels Of Steel“ as the first record really to show that rap was something other than<br />

offshot of disco.“(9)<br />

6


Neben Grandmaster Flash gehört Afrika Bambaataa zu den Begründern des Hip Hop. Bambaataa<br />

verwendet alle nur denkbaren Sounds, Geräusche und Musikstile wie Rockmusik oder Musik von<br />

Werbefilmen und Fernsehserien. Zusätzlich experimentierte er als einer der ersten mit<br />

elektronischer Musik von Gruppen wie der Düsseldorfer Pop-Synthesizer-Band Kraftwerk und dem<br />

englischen New Wave-Musiker Gary Numan auf der einen Seite und mit so genannter<br />

„elektronischer Musik“ der immer beliebter werdenden Videospielgeräte auf der anderen Seite. Der<br />

Autor Steven Hager beschreibt in seinem Buch „The Illustrated History Of Break Dancin’, Rap<br />

Music And Graffiti“ Bambaataa´s Mixing-Art: „He opened his show with the theme song from the<br />

„Andy Griffith Show“, taped off his TV set. He mixed the ditty with a rocking drumbeat, followed it<br />

with the „Munsters“ theme song and quickly changed gears with „I Got The Feeling“ by James<br />

Brown“. The method to Bam´s madness? „I played what ever make you rock, no matter what it<br />

was“.(8) Bambaataa war auch einer der Ersten, der neben dem reinen Spaß- und Lustgewinn eine<br />

Botschaft vermittelte. Selber in Getto-Banden aufgewachsen verließ er unter dem Einfluss von<br />

Malcolm X und der Black Panther-Bewegung der 60er-Jahre seine Gang, konvertierte zum Islam<br />

und gründete die Zulu Nation. Eine lockere Vereinigung von Musikern, DJs und <strong>Rappe</strong>rn die für<br />

eine bessere Ausbildung der Schwarzen eintrat.<br />

Bisher war die Rede von den DJs, nicht aber von den <strong>Rappe</strong>rn. Sie traten erst später in<br />

Erscheinung. Zu Beginn machten die DJs alles allein. Sie mischten ihre eigene Musik und spornten<br />

ihr Publikum, genau wie die Disco-DJs, durch kurze Aufforderungen mit Call&response-Charakter<br />

wie z.B. „Say Party“, „Say Ho“ oder „Come on und „Let´s dance“ an. Mit der Zeit sprachen sie, nicht<br />

zuletzt durch das Vorbild des Toasting der Reggae-DJs wie z.B. Kool DJ Herc, immer mehr und<br />

länger. Dabei stand im Vordergrund, sich als den besten DJ der Welt - bei gleichzeitiger<br />

Verunglimpfung aller übrigen DJs - darzustellen. Auf die Dauer war es jedoch für die DJs<br />

unmöglich beides zu tun, da die Anforderungen an das Können (Scratchen und Mixen) immer<br />

höher wurden. Die Arbeit wurde aufgeteilt. Es gab nun den DJ der nur noch für das Rhythmischmusikalische<br />

zuständig war und den <strong>Rappe</strong>r, oder richtiger gesagt MC (Master of Ceremonies), der<br />

die Tänzer und Zuhörer animierte. Die ersten reinen MCs traten zumeist in Gruppen, so genannten<br />

Crews mit einem oder mehreren DJs auf, wie z.B. The Funky Four, The Treacherous Three oder<br />

Double Trouble. Im Zuge der steigenden Popularität und Wichtigkeit für den Hip Hop begannen<br />

sich auch einzelne MCs wie z.B. Spoonie Gee oder Kurtis Blow durchzusetzen. Damit begannen<br />

sich im Hip Hop zwei unterschiedliche Stile herauszuentwickeln. Zum einen der Stil der so<br />

genannten Rap-Posse (Grandmaster Flash & the Furious Five oder Public Enemy). Bei den so<br />

genannten Rap-Posses.....“insistieren mehrere <strong>Rappe</strong>r im Dialog-Stil und erzeugen so eine<br />

kollektivistische und agitatorische Aufbruchstimmung. Die Solo-<strong>Rappe</strong>r müssen ihr Anliegen ohne<br />

den Verweis auf eine dahinter stehende Anhängerschar vortragen. In musikalischer Hinsicht ist es<br />

dabei schwer, der Abnutzung entgegenzuarbeiten, die sich durch die permanente Präsenz nur<br />

einer Stimmlage ergibt.“(9)<br />

Aus den kurzen Sätzen wurden nach und nach immer länger werdende gereimte Sprachteile.<br />

Inhaltlich ging es zunächst um die absolute Selbstdarstellung und Selbstverherrlichung mit<br />

Wettbewerbscharakter, dazu kamen Informationen über das was zurzeit gerade im Block passierte:<br />

wo es Drogen gab, wann die nächste große Hip Hop-Party stattfand, und was in der Community/ im<br />

Block gerade passiert. Die ersten Hip Hop-Veranstaltungen fanden im Freien oder auf Privatfeten<br />

(House Partys) in Schulen oder Community-Centren statt. Es waren meistens spontan organisierte<br />

Partys: Ein DJ baute seine Anlage(10) z.B. an einer Straßenecke auf. Von irgendeinem<br />

Hausbewohner aus der unmittelbaren Nähe wurde, gegen ein kleines Entgeld, per<br />

Verlängerungsschnur der Strom bezogen. Plötzlich war ein gesamter Häuserblock, Park oder<br />

Basketballplatz am tanzen.<br />

(Musikbsp. Nr.3 Jazzy Jeff & the Fresh Prince, „Live“, von der LP „He´s The DJ...“, 1988)(11)<br />

Von ganz besonders großer Wichtigkeit bei der gesamten Hip Hop-Kultur war und ist der<br />

Wettbewerbscharakter. Sämtliche Auftritte waren unmittelbar auch Wettkämpfe: Wer konnte die<br />

besten Scratches, wer hatte die besten Rhymes, wer hatte die verrücktesten Graffitis und wer hatte<br />

die halsbrecherischsten Tanzfiguren zu bieten. Diese Wettkämpfe erweiterten sich zu regelrechten<br />

7


verbalen und (beim Tanzen) gestischen Fights. Diese Art des Kampfes hat eine lange Tradition<br />

deren kulturellen Wurzeln - wie wir noch sehen werden - in Afrika liegen. Seit jeher gab es in den<br />

Gettos Wettkämpfe, wie „the Dozens“. „Die Dozens werden zu zweit gespielt (playing the dozen)<br />

und sind noch heute in Harlem sehr populär. Ein Teilnehmer attackiert seinen Gegner mit<br />

Bemerkungen, die immer bösartiger und beleidigender werden und das so lange, bis dieser endlich<br />

aufgibt... oder aber - außer sich vor Wut - mit noch verletzenderen Beschimpfungen antwortet... „I<br />

fucked your mama Till she went blind. Her breath smells bad, But she shure can grind. I fucked<br />

your mama For a solid hour. Baby came out Screaming Blackpower. Elephant and the Baboon<br />

Learning to screw. Baby came out looking Like Spiro Agnew.“(10)<br />

Diese Wettkämpfe sind nach Carles und Conolli „improvisierte Duelle zwischen Solisten“ und<br />

finden in der Musik ihre Fortsetzung. Im Jazz z.B. in den „battles“ mehrerer Trompeter(13), und - in<br />

einer noch ursprünglicheren Form - im „rapping“ der MCs im Hip Hop: „The distance between<br />

talking rough with the dozens on the street and moving it inside a roots club like Disco Fever with<br />

some beats for dancing is very small.“(14)<br />

(Musikbsp. Nr.4, Grandmaster Mell Mel, „Step Off“, Maxiversion, Sugar Hill Rec., 1983)<br />

Der Beginn des Stücks, das auch auf der Funknummer „I feel for you“ der Sängerin Chaka Khan zu<br />

finden ist, unterscheidet sich in Inhalt und Ausdruck kaum von einem „toast“. Der Toast (nicht zu<br />

verwechseln mit dem Toasting der Reaggae-DJs) ist ein einfacher Schüttelreim, meistens<br />

sexistischen Inhalts und gilt als Vorläufer der Dozens:<br />

„Chaka Khan let me rock you<br />

Let me rock you Chaka Khan<br />

I say let me rock you Cause all I wanna do<br />

Chaka Khan let me rock you<br />

Let me rock you Chaka Khan<br />

I say let me rock you<br />

Cause I’m feel for you<br />

Chaka Khan would you tell me<br />

What you wanna do<br />

Chaka Khan let me tell me<br />

What I wanna do<br />

I wanna love you, wanna hug you<br />

Wanna screw you too...“(15)<br />

Im Anschluss an diese „introduction“ reimt Grandmaster Mell Mel in den höchsten Tönen und in<br />

perfekter Dozen-Manier über seine Fähigkeiten und seine Einzigartigkeit als <strong>Rappe</strong>r:<br />

„I was sittin´on a corner<br />

Just a waístin´ma time<br />

When I realise<br />

That I was the king of the Rhyme<br />

I got own the Microphone<br />

and what did you see<br />

The rest was my legacy<br />

I was born to the King of the<br />

be bop-swing…<br />

...I´m like Shakespear I´m a pioneer<br />

because the main rap sudden<br />

people want it to here“(16)<br />

Der Rap als eine musikalische Form des Dozen und die Hip Hop-Partys als Austragungsort von<br />

Meinungsverschiedenheiten rivalisierender Gangs, die auf diesen Veranstaltungen aufeinander<br />

trafen und durch die Musik begannen auf friedliche bzw. unblutige Art und Weise ihre Fehden<br />

8


auszutragen: Es wurde versucht, dem Gegner durch den Tanz, durch die Graffitis, durch das<br />

Scratchen und nicht zuletzt durch das <strong>Rappe</strong>n im übertragenen Sinne den Hals zu brechen. Bei<br />

den einzelnen Tanzformen z.B. sieht man sehr deutlich, welchen Ursprungs sie waren.<br />

Akrobatische Figuren, die, bei falsch angewandter Technik, tödlich waren wie der Spin (ein<br />

schnelles drehen auf dem Rücken der in einer Kopfpirouette (Headspin) bzw. -stand endete),<br />

standen gestische Faustkämpfe oder Messerstechereien gegenüber. Auch unter den Graffiti-<br />

Malern herrschte ein hoher Wettbewerbsdruck. Ständig mussten sie sich neue grafische Ideen zur<br />

Verfeinerung ihrer Schriftzüge und Bilder einfallen lassen, um zu den Besten zu gehören. So<br />

entstanden aus den einfachen Tags (Namensschriftzüge, die zur Markierung des Territoriums<br />

dienten) kunstvolle Graffitis, die sich Mitte der 80er-Jahre sogar in Kunstgalerien durchsetzten.<br />

Solche rivalisierenden Kämpfe sind sehr gut in dem 1981 entstandenen Film „Beat Street“ des<br />

Regisseurs Tan Lathan festgehalten.<br />

Tatsächlich gingen für eine kurze Zeit die brutalen Auseinandersetzungen zwischen den Gangs<br />

zurück. Das soziale Elend in den Gettos war jedoch zu groß, als dass Hip Hop auf Dauer<br />

friedensstiftend hätte wirken können. Dies wäre meiner Meinung nach von einer Musik und ihrem<br />

kulturellem Umfeld auch zu viel verlangt.<br />

Die Partys wurden immer größer. Waren sie zu Beginn auf einen Häuserblock beschränkt, wo jeder<br />

DJ und jede Crew sein Heimspiel hatte und mit der eigenen Fan-Gemeinde im Rücken gegen<br />

rivalisierende Crews antrat, so trafen sich nun immer mehr Crews aus dem gesamten Getto zu<br />

großen Veranstaltungen. Eine der wohl bekanntesten und beliebtesten Veranstaltungen war die<br />

Party samstagnachts im „Roxy“, einer Roller-Disco am Hudson River in Midtown Manhattan. Mitten<br />

auf der riesigen Tanzfläche thronten die DJs, überall konkurrierten befeindete Tanzgruppen<br />

miteinander, an den Wänden befanden sich riesige bunte Graffiti-Bilder. Immer wieder gingen<br />

verschiedene MCs und Rap-Crews auf die Bühne und rappten mit- bzw. gegeneinander. Einen<br />

Eindruck darüber, wie die Atmosphäre auf diesen Partys gewesen sein muss, gibt der<br />

semidokumentarische Spielfilm „Wild Style“ wieder, in dem eine authentische Hip Hop-Party<br />

inszeniert wurde.(17)<br />

Weiteren Einblick gibt David Toop in seinem Buch „Rap Attack“, indem er sie mit den Be Bop-<br />

Jamsessions der 40er und 50er-Jahre vergleicht: „...the endless high-speed collageing of musical<br />

fragments leaves you breathless, searching for reference points. The beauty of dismembering hits<br />

lies in displacing familiarity. It gives the same thrill that visitors to Minton´s Playhouse must have felt<br />

in the 1940´s hearing Charlie Parker carve up standards like „I´ve Got Rhythm“. Parker wrote many<br />

tunes in this way, of course, including „Ornithology“, a bebop standard based on the chords of<br />

„How High The Moon.“(18)<br />

Langsam begannen sich auch die Discotheken für diese neue Musik zu interessieren. Immer öfter<br />

fanden nun Hip Hop-Performances in In-Discos wie dem „Danceteria“ in New York statt. Am<br />

02.09.1976 fand (ebenfalls in New York) die wohl größte Hip Hop-Veranstaltung überhaupt statt.<br />

Eine Menge von 3000 Leuten drängten sich in das „Broadway International“ um nach den Klängen<br />

und Rhythmen von Grandmaster Flash und anderen zu tanzen. Hip Hop war, zumindest in New<br />

York, ein großer Erfolg. Die Künstler begannen, durch die Einnahmen von Eintrittsgeldern und dem<br />

Eigenvertrieb von selbst produzierten Kassetten, Geld zu verdienen. DJs wie Grandmaster Flash<br />

oder Africa Bambaataa, MCs wie Spoonie Gee, Crews wie Double Trouble oder The Force MDs<br />

waren in New York Begründer und Stars einer neuen Musik. Trotzdem kam die erste Platte nicht<br />

aus New York und die Künstler gehörten nicht zur New Yorker Elite, waren sogar vollkommen<br />

unbekannt. Ähnlich wie bei der Punkmusik bedurfte es eines cleveren Managers um Hip Hop<br />

weltweit populär zu machen. Was Malcom McLaren mit seiner Retortenband The Sex Pistols für<br />

die Punkmusik war (19), war Sylvia Robinson mit ihrer Retortenband The Sugar Hill Gang für den<br />

Hip Hop. Sylvia Robinson, selbst früher Musikerin, die unter den Pseudonymen Sylvia Vanderpool,<br />

Little Sylvia oder Little Esther aufgetreten war, hatte in den 50ern einen Hit („Love is Strange“) mit<br />

einem Duo-Partner namens Mikey Baker. Sie gründete in den 60ern verschiedene Plattenfirmen,<br />

von denen die Plattenfirma „All-Platinum“ die Erfolgreichste war. Auf ihren Plattenfirmen brachte sie<br />

mehr oder weniger erfolgreich Soul- und Funknummern heraus und verdiente lukrativ an Cover-<br />

Versionen verschiedenster Disco-Musik-Hits. Auf Hip Hop wurde sie über ihren Sohn aufmerksam,<br />

9


der ein begeisterter Fan dieser Musik aus New York war. Er versuchte jede Kassette, die in New<br />

Jersey in Umlauf war zu ergattern. Sie erkannte als Erste die Profitmöglichkeit, die in dieser Musik<br />

steckte. Sie suchte sich drei vollkommen unbekannte <strong>Rappe</strong>r: einen Rausschmeißer namens<br />

Henry Jackson(„Big Hank“), den sie auf einer Party rappen hörte, <strong>Michael</strong> Wright („Wonder Mike“)<br />

ein Freund ihres Sohnes und Guy O´Brien, („Master Gee“), der sich, durch Gerüchte über eine<br />

nahende Plattenaufnahme, bei ihr vorstellte. Sie gründeten ein neues Plattenlabel namens Sugar<br />

Hill Records und ließ das frisch gegründete Trio über eine Instrumentaleinspielung des Disco-Hits<br />

„Good Times“ rappen. „<strong>Rappe</strong>r’s Delight“, der Einstand der Palaver-Gang, wurde ein weltweiter Hit<br />

und machte allein in den USA bei zweimillionen Verkäufen 3,5 Millionen Dollar Profit. (20)<br />

Musikalisch gesehen war „<strong>Rappe</strong>r’s Delight“ ein Rückschritt und hatte nur sehr abgeschwächt<br />

etwas mit dem zu tun, was in der New Yorker Bronx passierte. Der Rap-Stil des Trios war ein<br />

Plagiat der damals beliebten Gold Crush Brothers. Die Musik war kein Breakbeating eines<br />

Grandmaster Flashs, sondern eine rein instrumentale Einspielung durch die Hausband von Sugar<br />

Hill Records. Trotzdem schlug sie ein wie eine Bombe und zeigte den wirklichen Machern des Hip<br />

Hop, wie erfolgreich man damit sein kann. Der Erfolg wirkte auch elektrisierend auf<br />

Schallplattenproduzenten wie z.B. Bobby Robinson. Der Besitzer von Enjoy Records, ein Rhythm<br />

´n Blues-Produzent, für den Hip Hop überhaupt nichts neues war, der aber wie die meisten<br />

anderen nie im Traum daran gedacht hätte, dass man mit dieser Musik so viel Geld verdienen<br />

könnte. Er, Paul Winley (Besitzer von Winley Records) und Danny Robinson (Besitzer von Holliday<br />

Records) schickten nun Talentsucher los, um an dem Erfolg teilhaben zu können. 1979/80 kamen<br />

die eigentlichen Hip Hopper zum Zuge. Nach einer Entwicklung von fast 7 Jahren wurde der Rap<br />

auf Platte genommen, „...der endlich viel mehr mit dem zu tun hatte, was man auf den<br />

Straßenpartys zu hören bekam. „Rappin´And Rockin’ The House“ von den Funky Four... und dann<br />

vor allen Dingen Flashs „Superrappin’.“ (21)<br />

(Musikbsp. Nr.5: Grandmaster Flash and the Furious Five, „Superrappin´“, Enjoy Records, 1980)<br />

In den nun folgenden zwei bis drei Jahren gab es eine wahre Flut von Plattenproduktionen. Immer<br />

mehr kamen auf den Markt und es gründeten sich kleine Plattenfirmen (Labels), wie Tommy Boy<br />

Records oder etwas später Def Jam, die in den folgenden Jahren zu einer erfolgreichen<br />

Konkurrenz wurden und den alteingesessenen schwarzen Plattenfirmen durch ihre Marktnähe<br />

schwer zu schaffen machten. Natürlich begannen sich mit der Zeit auch die größeren (weißen)<br />

Plattenfirmen für diese anscheinend lukrative Musik zu interessieren. Durch Einkäufe von schon<br />

erfolgreichen Gruppen bzw. Acts begannen sie sich in den Hip Hop einzukaufen. Eine<br />

Besonderheit blieb aber bis zum heutigen Tag: Viele Hip Hop-Gruppen liefen über kleine<br />

abhängige und unabhängige Labels. Hip Hop als eine noch sehr ursprüngliche Straßenmusik, von<br />

der auch heute noch seitens der (schwarzen) HörerInnen eine Authentizität und Ehrlichkeit<br />

(Streetcredibility) verlangt wird, ist am ehesten marktwirtschaftlich über kleinere Einheiten in den<br />

Griff zu kriegen. In kaum einer anderen Musik, sind, abgesehen vom frühen Punk der 70er-Jahre,<br />

so viele erfolgreiche und unabhängige Plattenlabels zu finden (22). Kurtis Blow, seines Zeichens<br />

<strong>Rappe</strong>r in der Tradition zwischen James Brown und Chic, war der erste MC, der bei einer großen<br />

Plattenfirma, Mercury/Polyphon unter Vertrag war und somit kommerziell verwertet wurde. „The<br />

Breaks“ von 1980 war ein riesiger Hit und stellte den Beginn des weltweiten Erfolgs des Hip Hop<br />

dar.<br />

(Musikbspl Nr.6: „The Break“, Kurtis Blow, Mercury,1980)<br />

Im Jahr 1982 werden zwei Schallplatten veröffentlicht, die prägend waren für die weitere<br />

Entwicklung im Hip Hop. Mit „The Message“ von Grandmasterflash & the Furious Five kam der<br />

erste Message Hip Hop Song auf den Markt. Der erste Song, der von seinem Inhalt her Zustände<br />

in den Gettos und Lebensumstände der AfroamerikanerInnen darstellt und anprangert.<br />

(Musikbsp. Nr.7: Grandmaster Flash & the Furious Five, „The Message“, 1982 Sugar Hill Records)<br />

10


Gleichzeitig läutete „The Message“ zusammen mit der zweiten LP „Planet Rock“ von Africa<br />

Bambaataa eine neue musikalische Phase im Hip Hop ein. Auf allen vorhergehenden Hip Hop-<br />

Platten wurden Platten von beliebten Künstlern, oder mit interessanten Geräuschen und Beats<br />

verwendet. Die DJs schufen aus schon bestehender „alter“ Musik eine neue Musik. Mit „The<br />

Message“ wurde zum ersten Mal eine „Beat Box“ als Rhythmusgrundlage verwendet. Eine sehr<br />

beliebte Beat-Box war der Drum-Computer der Firma Vox. Die Beat Box war ideal: Sie ersetzte das<br />

Breakbeatin’ und der DJ konnte sich mehr auf das Scratchen und einmixen von Ideen<br />

konzentrieren. Diese Ideen wurden zunehmend elektronischer: Auf der LP „Planet Rock“<br />

verwendete Africa Bambaataa Musiken von der Band Kraftwerk oder dem New Waver Garry<br />

Numan und setzte sie zu tanzbaren Hip Hop-Nummern zusammen. Hinzu kam, dass nicht nur<br />

natürliche Geräusche wie Schreie, klirrendes Glas etc., sondern auch elektronische Musiken und<br />

Geräusche von den damals gerade aufkommenden Videospielen verwendet wurden.<br />

Beide LPs waren der Beginn der Trennung des Hip Hop vom reinen Disco-Sound der Frühzeit, und<br />

die Entwicklung eines neuen eigenständigen Sounds. Über einen totalen Zusammenbruch, Mitte<br />

der 80er-Jahre, endete er schließlich in einen neuen Stil: Die „New School“, die im Folgenden<br />

behandelt wird.<br />

Zunächst wurde Hip Hop in den folgenden drei bis vier Jahren die erfolgreichste Newcomer-Musik.<br />

Damit änderte sich ihr Charakter. Es verschwand viel von der Ursprünglichkeit. Aus der<br />

experimentierfreudigen, subkulturellen Musik wurde eine gut verkaufbare Ware, die an ihren<br />

eigenen Stereotypen erstickte: verbale Wettkämpfe, Publikumsaufforderungen wie „say party!“<br />

gerieten zu leeren Worthülsen, wurden sinn- und geistlos. Die Musik wurde immer überladener und<br />

hörte sich mit der Zeit an wie ein leicht rhythmisierter Spielhöllensound. Die Hip Hopper der ersten<br />

Stunde befanden sich in einer Krise. Der schnelle Ruhm war ihnen zu Kopf gestiegen. Streitereien<br />

innerhalb der einzelnen Gruppen und massive Drogenprobleme einzelner MCs wie z.B.<br />

Grandmaster Mell Mel ließen in der Folgezeit immer schlechtere Produktionen mit minimalisierten<br />

und langweiligen elektronischen Rhythmen auf dem Markt bringen:<br />

(Musikbsp.Nr.8: Grandmaster Flash & the Furious Five, "Scorpio", 1983 Sugar Hill Records)<br />

1983 wurde das Roxy als wichtigster Austragungsort des Hip Hops geschlossen. Der Grund waren<br />

u.a. anhaltende Schießereien zwischen verfeindeten Gangs.<br />

Rap-Musik Breakdance und Graffitis, mit denen schnell Geld gemacht werden kann, sind auf der<br />

ganzen Welt in Mode. B-Produktionen wie der Film „Breakdance 1984“ oder der 84er Hit der<br />

Breakdancegruppe Rock Steady Crew versuchen den Hip Hop zu vermarkten.<br />

Mitte der 80er-Jahre, nach einer 10-jährigen Entwicklung von einer Underground-Culture zu einer<br />

der erfolgreichsten afroamerikanischen Musik, ist Hip Hop zu einer vermarktbaren Tanzmusik<br />

erstarrt.<br />

11


2. URSPRUNG UND WURZELN DES HIP HOP<br />

Afrika - Da Muthaland<br />

DIE STIMME WAR DAS ERSTE<br />

INSTRUMENT, DIE TROMMEL DAS<br />

ZWEITE. DIE TROMMEL HAT EIN<br />

TROMMELFELL, UND DAS<br />

TROMMELFELL IST EINE MEMBRANE-ES<br />

ATMET. DAHER IST LEBEN DARIN. ES IST<br />

KRAFT DARIN. JALAL & LAST POETS (O)<br />

Dem Hip Hop wurde sehr oft vorgeworfen, keine eigenständige Musik zu sein, im Grunde<br />

genommen nichts anderes zu sein als ein "offshot"(l) der Disco-Musik: ein Ableger oder Ausläufer.<br />

Weiterhin wurde ihm vorgeworfen, keine eigenständige Kultur zu besitzen. Das wurde unter<br />

anderem an der Tatsache festgemacht, dass im Hip Hop keine neue, eigenständige Musik kreiert<br />

wurde, dass sich seitens der Interpreten noch nicht einmal die Mühe gemacht wurde, zumindest mit<br />

eigenen Instrumenten Musik zu adaptieren. Alles, was verwendet wurde, waren und sind fertige<br />

Produkte: Schallplatteneinspielungen verschiedenster Interpreten, Film- und Werbemusiken,<br />

Geräusche usw., die mit mehreren Plattenspielern und anderem technischen Gerät wie z.B.<br />

Sample- oder Drumcomputern zu neuen Songs zusammengebastelt werden.<br />

Dabei kam und kommt wiederum nur neue ziemlich monotone Musik heraus, die noch nicht einmal<br />

etwas Neues darstellt und immer öfter mit Urheberrechtsklagen der benutzten, d.h.<br />

gemixten/gesampleten Künstler bzw. deren Plattenfirmen zu kämpfen hatten/haben.(2)<br />

Über diese Musik wird gerappt, d.h. auf Deutsch gequatscht, in einem Slang, der sogar von<br />

manchen weißen Amerikanern nicht verstanden wird und der sehr oft im höchsten Maße brutal und<br />

sexistisch ist und in Amerika öfter auf den Index-Listen konservativer Familienverbände und<br />

staatlicher Prüfstellen landet, als manche erotische Zeitschrift.<br />

Um belegen zu können, wie wenig ernsthaft sich mit Hip Hop beschäftigt wird, muss man sich nur<br />

50 Jahre zurückbegeben und vom heutigen Standpunkt aus die damalige Debatte über die<br />

Legitimität von Bebop betrachten (3). Denn wie damals kommt, und das ist meiner Meinung nach<br />

noch verheerender als die schlechteste Kritik überhaupt, eine auffällige Nichtbeschäftigung mit<br />

dem Phänomen Hip Hop hinzu: 20 Jahre Hip Hop, und damit meine ich eine 20-jährige<br />

konsequente Entwicklung einer Kunstform.<br />

So etwas war und ist in Amerika nicht neu. Schon immer wurden afroamerikanische Musikformen<br />

überhaupt nicht oder nur wenig wahrgenommen und dies nur dann, wenn mit ihnen Geld zu<br />

verdienen war.<br />

Aus dem Jazz ist dies, wie bereits oben erwähnt, hinreichend bekannt. Die ersten Bücher, die sich<br />

mehr oder weniger ernsthaft z.B. mit dem Bebop oder 20 Jahre später mit dem Freejazz<br />

auseinander setzten, kamen, abgesehen von einigen wenigen Veröffentlichungen, aus Europa. Als<br />

in Europa Jazz-Musiker schon längst anerkannte Künstler waren, litten sie in ihrem eigenen Land<br />

unter der rassistischen Nichtbeachtung und der musikalischen Apartheid der weißen<br />

Gesellschaft.(4)<br />

Ähnlich erging und ergeht es den populäreren afroamerikanischen Musiken wie der Soul/Funk-<br />

Musik und auch dem Hip Hop. Die erste Veröffentlichung, die sich ernsthaft mit dem Hip Hop als<br />

einer eigenständige Musikform auseinander setzte, war das Buch „Rap Attack“ des englischen<br />

Musikjournalisten David Toop, das an anderer Stelle schon zitiert wurde. Dieses Buch löste einen<br />

Skandal in der Musikwelt aus. Ein weißer Engländer schreibt ernsthaft über ein Stück (afro-)<br />

amerikanische Kultur.<br />

Er war der Erste, der Hip Hop in die Tradition der afroamerikanischen Musiken einbezog und seine<br />

kulturellen Wurzeln bis nach Afrika zurückverfolgte.<br />

Dabei benutzte er die gleichen Quellen, die auch Jazzforscher benutzen. Dies stellte wiederum<br />

eine Revolution dar, denn sämtliche populären afroamerikanischen Musiken (Soul/Funk) wurden<br />

12


is dahin meist als eine Vereinfachung und Popularisierung der ernsthafteren schwarzen Musiken<br />

wie Jazz und Gospel betrachtet. Mitunter wurde diesen Musiken unterstellt, des Profites wegen<br />

praktiziert zu werden. Namhafte Musikwissenschaftler wie z.B. Jost oder Kerschbaumer sahen in<br />

den Popularisierungstendenzen der schwarzen Musik eine teilweise Anbiederung an die weiße<br />

Gesellschaft und ihren Musikgeschmack.(5)<br />

Toop stellte, und da befand er sich in der Tradition von afroamerikanischen Musikforschern, Hip<br />

Hop in eine Linie mit Jazz, wenn er z.B. das Scratching und Mixing eines Grandmasterflash mit den<br />

immer neuen variativen Soli eines Charlie Parker über einen alten Standard wie "How High The<br />

Moon" verglich. Alles kommt aus derselben Quelle. Die verschiedenen schwarzen Musikformen<br />

sind nur spezifischer und zeitabhängiger Ausdruck eines schwarzen Lebensgefühls; oder um es<br />

mit den Worten von Leroi Jones zu sagen: "Die neue Schwarze Musik [Freejazz] und Rhythm ’n<br />

Blues sind eine Familie, die verschiedene Dinge ansieht. Oder Dinge verschieden ansieht.“(6) Mit<br />

Hip Hop ist ein neues Kind hinzugekommen.<br />

Um die vorgenannten Thesen belegen zu können, muss man sich ausführlich mit der Funktion und<br />

den Traditionen der afrikanischen Musik und ihrer Fortsetzung in den Traditionen<br />

afroamerikanischer Musikstile in den USA beschäftigen.<br />

Die afrikanische Kultur ist nach Ben Sidran eine "Oral Culture"(7). Oral Culture heißt, dass hier eine<br />

Kultur vorliegt, die „...nur vom gesprochenen Wort und seinen Ableitungen Gebrauch...“ macht (8).<br />

Im Gegensatz dazu gibt es die "Literate Culture", die Kultur, die das geschriebene Wort in Form<br />

von Büchern, Zeitungen oder Computern zur Grundlage hat.<br />

Bei der Oral Culture läuft alles über die mündliche Überlieferung: die Geschichte eines Volkes und<br />

das Weitergeben kultureller Errungenschaften wie Musik, Kunst und Tanz. Die<br />

Kommunikationsformen in der Oral Culture sind zeitgebunden, d.h. „...sie sind an das<br />

Zeitkontinuum gebunden, und der Hörer muss sie so aufnehmen, wie sie ankommen. Die Zeit ist<br />

die Strömung des Lautflusses. Mit dem Gesichtssinn verhält es sich anders: Das Auge kann eine<br />

Szene betrachten oder die Sätze und Zeilen eines Buches mit unterschiedlicher Geschwindigkeit<br />

überfliegen, wie es dem Betrachter oder Leser als angemessen erscheint... Es gibt also zwei<br />

Klassen von Signalen. Es gibt zeitabhängige Signale, wie gesprochene Sprache und Musik, und es<br />

gibt raumabhängige Signale wie Gedrucktes, Steininschriften, Lochkarten oder Bilder.“(9)<br />

Auf solche Möglichkeiten kann die Oral Culture nicht zurückgreifen. Sie ist auf die unmittelbare<br />

Übertragung der Information angewiesen. Daraus ergibt sich eine viel größere Palette an<br />

Ausdrucksmöglichkeiten und ein ebenso hohes Maß an oralen Wahrnehmungsmöglichkeiten.<br />

Kleinste Stimmungen müssen wahrgenommen werden, da sie sonst durch ihre Unmittelbarkeit und<br />

Unwiederholbarkeit verloren gingen. Dies beinhaltet ein hohes Maß an "actionality", d.h. direktes<br />

spontanes Handeln und Reagieren innerhalb eines Kommunikationsprozesses, und ein großes<br />

Improvisationsvermögen.<br />

In einer solchen Kultur hat Musik zwangsläufig einen anderen Stellenwert als in der Literate<br />

Culture. Sie ist in all ihren Formen ein wichtiger Bestandteil zur Überbringung von Nachrichten,<br />

zum Gottesdienst, zur Kritik, zum Aufbau eines gemeinsamen Sozialgefühls, zur Bewahrung der<br />

kulturellen Identität oder ein Ausdruck von spontaner Freude bzw. spontanem Leids.<br />

Anhand der drei wichtigen Kunst- und Kommunikationsformen Musik, Tanz und Sprache möchte<br />

ich diese Funktionen veranschaulichen und ihre Fortsetzung in der afroamerikanischen Musik im<br />

Allgemeinen und dem Hip Hop im Besonderen mit Hilfe von Beispielen darstellen und in Beziehung<br />

setzen. Dabei werden zwangsläufig Überschneidungen auftreten, da zum besseren Verständnis<br />

etwas getrennt wird, das in seinem Auftreten ganzheitlich ist.<br />

Im Anschluss gibt ein Schaubild zur Entwicklung des Hip Hops einen zusammenfassenden<br />

Überblick.<br />

13


2.1. DIE MUSIK UND DER RHYTHMUS<br />

Eine der wichtigsten Unterschiede zur Musik der Literate Culture war die Tatsache, dass es keinen<br />

Unterschied zwischen dem Musiker und dem Zuhörer gab: Musiziert wurde im ganzen<br />

Sozialverband. "Musik war ein integraler Bestandteil religiöser Rituale sowie des alltäglichen<br />

Lebens und wurde oftmals bis zur Erschöpfung aller Beteiligten produziert und rezipiert."(I0) Das<br />

Musizieren fand meist in der "call & response"-Form statt, d.h. ein Sänger und Instrumentalist gab<br />

eine musikalische Phrase (Melodie oder Strophe) vor und die Gemeinschaft sang es nach. "The<br />

solist gives the melody while a chorus sings a refrain, wich at times are but ejaculations. The chief<br />

singer remains standing and as the melody is given out, they turn to one other, each improvising in<br />

turn. Their power of invention and improvisation may last for hours"(11).<br />

Nach A. Dauer war nicht die anfängliche Idee eines Liedes die Komposition, sondern das<br />

Ineinandergreifen von rhythmisch-melodischen Formeln, die dem Zweck dienten, ein gemeinsames<br />

klangliches Resultat zu schaffen. Dies war als eigentliche Komposition zu betrachten.(12) Dabei<br />

war die Musik für melodische Variationen offen. Dies wurde sogar erwünscht, da es als besonders<br />

intelligent angesehen wurde und von einer hohen Persönlichkeitsstruktur zeugte, wenn<br />

musikalische und verbale Sachverhalte nicht direkt, sondern über Umschreibungen dargestellt<br />

wurden.<br />

Musik in Afrika war somit Grundlage der meisten gesellschaftlichen Vorgänge, und stand für<br />

soziale Integration des Einzelnen bei gleichzeitiger Förderung von Individualität durch die variativen<br />

Veränderung von musikalischen Inhalten.<br />

Diese grundsätzlichen Funktionen und Techniken finden sich in der afroamerikanischen Musik<br />

wieder. Im Blues, Jazz, Gospel, Soul, Funk und im Hip Hop finden sich Formen des call &<br />

response. Der ganze Blues in seinem textlichen und musikalischen Aufbau ist ein einziges Fragen<br />

und Antworten. Der Reverend in der Kirche predigt, und der Gospel-Chor samt Kirchengemeinde<br />

antwortet ihm. Darüber hinaus ist die Gospelmusik der beste Beweis für die Untrennbarkeit von<br />

Kunst und Leben.<br />

Im Soul, als einer Mischung von Blues und Gospel leben diese Traditionen weiter. Genau wie im<br />

Hip Hop, gibt es dort Publikumsaufforderungen, die im call & response beantwortet werden. Aber<br />

mehr noch als dies, ist das erneute Zusammenwachsen zwischen den Musikern und den Zuhörern<br />

wichtig. Hip Hop ist eine Live-Musik. Sie lebt und entwickelt sich weiter durch den Kontakt<br />

zwischen den MCs, den <strong>Rappe</strong>rn, den Tänzern und den Zuhörern. Sie lebt von der Atmosphäre, in<br />

der sie stattfindet.<br />

Stücke innerhalb eines Konzerts sind nicht auf Single gerechte Zeiten zurechtgestutzt. Dauer der<br />

Stücke und Länge der Konzerte sind nicht zuletzt abhängig von den Beteiligten.<br />

Außerdem sind Hip Hopper Meister in der variativen und motivischen Veränderung. Wie<br />

afrikanische Musiker verändern sie vorhandenes Tonmaterial. Mit Plattenspielern und Samplern<br />

verzahnen sie immer wieder kleine rhythmische und melodische Motive miteinander und entwickeln<br />

so, in einem afrikanischen Sinne, neue Musik; und es gibt so viele MC- und DJ-Stile, wie es MCs<br />

und DJs gibt. Jeder hat seinen persönlichen Stil, seine geheimen Platten, seine Rap-Skills.<br />

Individualstil ist im Hip Hop ebenso wichtig wie z.B. im Jazz, der von den variativen Veränderungen<br />

in den Soli der Jazz-Musiker und ihrem jeweiligen Personalstil lebt.<br />

Aus diesem Grund sind Hip Hop-Gruppen anders als Rock- oder Pop-Gruppen aufgebaut. Eine<br />

Rock-Band wie Queen lebt zum größten Teil durch ihren Gesamtsound. Zwar übernehmen die<br />

einzelnen Bandmitglieder unterschiedliche Funktionen (hier z. B. die zurückhaltende Band mit<br />

einem sehr expressiven Sänger, dem vor kurzen gestorbenen, Freddie Mercury) entscheidend ist<br />

jedoch, was die Band als homogene Erscheinung darstellt. Im Hip Hop bedeutet die Zugehörigkeit<br />

zu einer Band nicht die Unterordnung in ein fest gefügtes System. Individualität innerhalb eines<br />

losen Verbundes (Posse, Crew, Family, Nation, Tribe, Unit oder Tongue) ist, genau wie im Jazz,<br />

wichtig und erwünscht. Dazu Shock G, Mitglied der Hip Hop Gruppe Digital Underground:<br />

"Bei uns ist jeder anders. Jeder hat einen anderen Fluss in seinem Rap, einen anderen Stil... Wenn<br />

jemand zu Digital Underground gehören will, kann er nicht wie Humpty, Money B, 2Pac, Schmoov<br />

oder ich sein. Digital Underground präsentiert das ganze Spektrum von Hip Hop und Rhythm 'n<br />

14


Blues... Eine Sängerin wie z.B. Lisa Lisa hätte eine Chance, weil so eine haben wir noch nicht.<br />

Klar? Aber es hat keinen Zweck einen Haufen <strong>Rappe</strong>r zu haben, die alle gleich sind... Alle haben<br />

ihre eigenen Karrieren. Bei Digital Underground versuchen wir, jeden Mann auf seinen besten Job<br />

anzusetzen..., das ist unsere Philosophie. Wer immer heiß ist, wird vorgelassen. Dieses Jahr ist es<br />

Humpty, nächstes Jahr mag ich es sein. Die Gruppe soll größer sein als die Summe ihrer<br />

Mitglieder."(13) Ein solches offenes System hat zum Vorteil, dass die Leistung der Gesamtgruppe<br />

erhöht ist. Gleichzeitig entspricht sie, durch ihren Aufbau und ihrer Spielart, einer afrikanischen<br />

Form des Musizierens. Die soziale und künstlerische Integration, bei gleichzeitiger Förderung des<br />

Individuums.<br />

2.2. DER TANZ UND DER RHYTHMUS<br />

Wie wichtig die Musik für das Leben der Afrikaner war, erkennt man auch an der Bedeutung des<br />

Tanzens, die von den Beteiligten erkannt werden konnte. "On the Gold Coast and Slave Coast<br />

every god of note has his own individual dance."(14) Nicht nur Götter, auch Begebenheiten und<br />

Ereignisse wurden über das Tanzen dargestellt. Die Wichtigkeit des Tanzens kommt u.a. in dem<br />

Reisebericht des englischen Forschers David Livingston zum Ausdruck, wenn er beschreibt: „Die<br />

Neger im Betschuanaland [fragten] den Fremden nicht: „Woher kommst du?“, sondern: „Was tanzt<br />

du?“ Der Tanz war also identisch mit der Lebensweise und der Kultur eines Volkes.“(I5)<br />

Jeder Tanz hatte seinen speziellen Rhythmus. Rhythmus ist Musik, d.h. wenn Tänze Auskunft<br />

geben konnten, Information und Kommunikationsform waren, galt dies auch für die Musik. Tanz,<br />

Musik/Rhythmus und nicht zuletzt Gesang als untrennbare Einheit war demnach nicht nur<br />

Zeremonie und vom Leben getrennte Kunst. Sie war Ausdruck von Lebensgefühl (Freude, Leid,<br />

Spiritualität), direkte Informationsquelle und spontaner Ausdruck für die Lebensumstände, mit<br />

anderen Worten: die Darstellung vom Leben schlechthin. Damit wurde Musik und Tanz zum Träger<br />

gesellschaftlichen Handelns. „Die Naturvolkkunst und die Musik als ein Teil von ihr ist in viel<br />

höherem Grade aktiv mit allen Ausdrucksformen der Existenz verflochten... Sie reflektiert das<br />

gesamte Leben, als dessen Bestandteil sie in den Gesamtzusammenhang der Kultur, in der ihr<br />

festumrissene Aufgaben zugeteilt sind, eingebettet ist.“( 16)<br />

So wie es in der Musik einzelne Motive gab, die zusammengespielt das Ganze ergaben, gab es im<br />

Tanz die Isolation einzelner Körperteile. Das heißt, es gab mehrere unabhängige Tanzzentren.<br />

Diese Polyzentrik ist analog zur Polyrhythmik zu sehen. Ziel des Tanzens war das Auflösen des<br />

gesamten Körpers durch die Polyzentrik. Dies wurde durch die Polymetrik erreicht, d.h. der Tänzer<br />

tanzte mit seinen einzelnen Körperteilen verschiedene Metren, „...mit dieser Technik [wurde] der<br />

Körper nicht nur räumlich in verschiedene Richtungen geführt, seine Zentren [bewegten] sich nun<br />

auch zeitlich verschieden.(I7)<br />

Somit wurde ein Zustand der Ekstase erreicht, der von den Afrikanern als höchster göttlicher<br />

Zustand betrachtet wurde: „In der Ekstase, dem Ziel des afrikanischen Tanzes, tritt der Mensch aus<br />

sich selber heraus... In der Ekstase, So erleben es die Afrikaner, wird der Tänzer von einem Gott<br />

ergriffen, der Tänzer selber wird vergöttlicht."(I8)<br />

Die ersten Sklaven, die nichts hatten als ihren Körper und ihre Erinnerungen, übertrugen die<br />

Techniken auf die von den weißen erlaubten Tanz- und Musikformen und praktizierten dort ihre aus<br />

Afrika stammenden Riten weiter.<br />

Ekstatische Formen des Tanzes kennen wir z.B. aus den Voodoo-Riten im Süden der USA, bei<br />

denen Tänzer wie in Afrika durch das Tanzen in Trance fallen und so Gott dienen, der hier eine<br />

Mischung aus Christus und alten afrikanischen Fluss-Gottheiten darstellt. Auch im Gospel ist die<br />

Ekstase als der Beweis tiefer Religiosität innerhalb des Gottesdienstes bekannt und stellt dort<br />

schlechtweg die Übertragung der Praktiken aus Afrika dar.<br />

Die bekanntesten Tänze aus Amerika sind ihrem Ursprung nach afrikanisch und zeichnen sich<br />

durch ihre Körperbetontheit, Lebensfreude und Körpererotik ans. Jazzdance, Charleston, Stepp-<br />

Tanz(19), Jive und Rock 'n Roll stehen als Beispiel für die vielen Tanzformen, die die Schwarzen in<br />

Amerika, trotz des anfänglichen Tanzverbots, kreiert haben. Dieses Gefühl der Zeitlosigkeit hat<br />

15


sich auch in den individuellen Tänzen der Rock/Popmusik-Fans erhalten, die beim Tanzen ein<br />

Gefühl der Verzückung und der Freiheit empfinden.(20)<br />

Bei den Hip Hop Tänzen kommt neben der Körperbetontheit und dem Lebensgefühl, der rituelle<br />

Charakter hinzu. Hip Hop Tänzer stehen im Kreis, tanzen mit- und gegeneinander. Es ist<br />

gleichzeitig Gemeinschaftsgefühl, Wettkampf, Improvisation und Kommunikation, denn die Gesten<br />

der Tänzer haben direkte Botschaften wie „Ich werde dich fertig machen!" oder "Ich bin der Beste!".<br />

Nicht selten ähneln sie wahren Box- oder asiatischen Kämpfen, aus denen sie zum Teil Posen<br />

entnommen haben.(21) Mit ihrer Akrobatik im Breakdance oder den skurrilen Bewegungen des<br />

Electric Boogie und des Frozens haben sie die Polyzentrik wieder in den Mittelpunkt ihres Tanzens<br />

gestellt.<br />

2.3. DIE SPRACHE UND DER RHYTHMUS<br />

Jedes Dorf hatte seine professionellen Sänger sie waren die literarische wie geschichtliche<br />

Grundlage eines Stammes. Gleichzeitig waren sie die Nachrichtenübermittler.<br />

Außerdem gab es umherziehende Geschichtenerzähler, die Nachrichten von Dorf zu Dorf brachten<br />

oder gegen Bezahlung oder Geschenke Lobpreisungen über die Könige gesanglich zum Besten<br />

gaben. Der Musikwissenschaftler Wolfgang Weber berichtet in den 20er-Jahren über solche<br />

Lobpreisungen in Afrika: „Bei einer Einladung... werden die Gastgeber von den Gästen auf<br />

folgende Weise gepriesen:<br />

Kiorale<br />

Kilomea ist ein Löwe, er brüllt wie<br />

ein Löwe.<br />

Ndorere ist eine Löwin, sie brüllt wie<br />

eine Löwin.<br />

Mlana ist ein Löwe, er brüllt wie<br />

ein Löwe.<br />

Die Mutter ist eine Löwin, sie brüllt wie<br />

eine Löwin<br />

Unser Häuptling ist ein Löwe, er brüllt wie<br />

ein Löwe<br />

Kiorale!<br />

Unwesentlich hinzuzufügen, dass in diese Hymne nur solche Familienmitglieder des Wirtes<br />

aufgenommen werden, die sich durch reichliches Einschenken angenehm bemerkbar machen."(22)<br />

In vielen Dörfern wurden so genannte Gegenbeschuldigungswettkämpfe (Lampoons) zwischen<br />

Stammesmitgliedern praktiziert, in denen man sich oder andere satirisch beschimpfte oder<br />

lobte.(23)<br />

Die afrikanische Sprache war mehr auf Umschreibungen und Formulierungen aus. Direkte<br />

Aussagen galten als ungehobelt. Fortwährende Paraphrasierung von Sachverhalten und<br />

Doppeldeutigkeiten zeugten von Intelligenz und Bildung. Daneben war Sprache, bedingt durch ihre<br />

Vergänglichkeit und der daraus resultierenden Actionality, in ihrem Ausdruck viel nuancierter, als<br />

dies in unserer Sprache der Fall ist. Ein Wort konnte nach Jones durch die Veränderung von<br />

Tonhöhe und Timbre eine vollkommen andere Bedeutung erhalten.(24)<br />

Die kleinste Tonveränderung konnte zur Bedeutungsgebung dienen. Dies wurde auf<br />

Musikinstrumente übertragen: z.B. konnten die Afrikaner ihre Sprache auf Trommeln phonetisch<br />

reproduzieren. Es handelte sich dabei nicht um Morsezeichen, sondern um die Übertragung von<br />

ganzen Worten und Sachverhalten oder Gefühlen, aber nicht im abstrakten Sinne, sondern das<br />

ursprüngliche Gefühl wurde beim Empfänger genauso gefühlt.<br />

Diese hohe Flexibilität im Ausdruck, sowohl verbal als auch nonverbal, erhielt sich auch bei den<br />

Sklaven. Es entstanden die Texte der Worksongs oder der Fielders, die in ihrer Form den<br />

16


Lampoons sehr ähnlich waren. Aus diesen Lampoons entstanden ebenfalls die Toasts und<br />

Prisonsongs (Schüttelreime), die obszön, brutal und satirisch waren, In der Darstellung als<br />

Metapher oder Fabel ging es inhaltlich darum, dass der Gerissenere oder Klügere gewinnt. Somit<br />

waren sie nicht zuletzt ein indirekter Protest gegenüber der weißen Herrschaft, der von den<br />

meisten Weißen überhaupt nicht verstanden wurde.<br />

Der Grund dafür war und ist die Tatsache des "Double Talks". Double Talk bedeutet<br />

Doppeldeutigkeit. Das Black English benutzt zwar das gleiche Vokabular wie das Hochenglisch,<br />

funktioniert aber teilweise nach afrikanischen Sprachmustern. Es ist nach Monika Plessner die<br />

(eigenständige) Sprache der verschleppten Sklaven, die sich eines erworbenen Vokabulars<br />

bedienten, aber in der Denkstruktur ihrer eigenen Sprache(25) verharrten. Hierzu einige Beispiele:<br />

• Erstens gibt es im Black English, genau wie in vielen afrikanischen Sprachen, keine<br />

Vergangenheitsform. Das Verb wird immer in der Grundform benutzt.<br />

• Zweitens ist die gesamte Sprache voll mit Doppeldeutigkeiten, Umschreibungen und<br />

Umkehrungen, deren Bedeutung oft nur durch die Tonhöhe/Betonung oder den Adressaten klar<br />

wird. Dies machte und macht es für Außenstehende (Weiße) sehr schwer, diese Sprache auch<br />

nur im Ansatz zu verstehen. In den Worterklärungen im Anhang befinden sich Beispiele für<br />

solche Umkehrungen. Zwei Beispiele seien an dieser Stelle genannt: "Bad Nigger" von einem<br />

Weißen ausgesprochen bedeutet, das, was es heißt: "mieser Nigger". Sagt ein Schwarzer das<br />

Gleiche zu einem anderen Schwarzen, ist die Bedeutung umgekehrt, "bad" steht dann für "gut"<br />

oder "gut drauf ", Nigger" bedeutet, hier im positiven Sinne, "Schwarzer".<br />

• "Chuck", der Spitzname für Charlie, war zur Sklavenzeit die Bezeichnung für den weißen<br />

Aufseher. Nennt sich ein Schwarzer "Chuck", bedeutet das, "er hat alles im Griff, er übersieht<br />

(to oversee) alles". Nennt ein Schwarzer einen Weißen "Chuck", hätte er ihn genauso als<br />

"Rassisten" beschimpfen können.<br />

Die Toasts wiederum waren Ausgangspunkt für die Dozens, Reimwettbewerbe in der besten<br />

Tradition der Gegenbeschuldigungswettbewerbe zwischen zwei Kontrahenten, die versuchten sich<br />

gegenseitig fertig zu machen. Letztlich sind die Raps der MCs zu Beginn nichts anderes gewesen,<br />

als längere Dozens über einen Disco-Rhythmus.<br />

Mit der Zeit sind sie zu Nachrichten und Botschaften geworden. Hip Hopper schließen an die<br />

afrikanische Tradition der Wandersänger und Dorfmusiker an. Mit neuesten Techniken wie Video<br />

oder Schallplatte praktizieren sie eine Tradition, die jahrhundertelang gewachsen ist. Sie verbreiten<br />

Nachrichten über die Community, klagen, wie wir beim "Message-Rap" ausführlich sehen werden,<br />

Missstände an, unterhalten durch Rap-Wettbewerbe ihre Hörerschaft, kurz: lassen die Oral Culture<br />

wieder aufleben.<br />

Eine weitere Tradition, in der der Hip Hop steht, ist der "Scat-Gesang" der Bebopper wie z. B. Ella<br />

Fitzgerald oder Dizzy Gillespie. Der Scat-Gesang war nichts anderes als die Übersetzung der<br />

Sprache in lautmalerische Klänge. Er entsprang aus der uralten Tradition, Sprache und sprachliche<br />

Inhalte rhythmisch musikalisch übersetzt wieder zu geben.<br />

Hinzu kamen Spontan-Raps wie "who put the benzedrine in Miss Murphy's Ovaltine", mit denen<br />

Harry the Hipster sein Publikum aufforderte, Benzedrin in ihre Cola zu gießen, weil das High<br />

macht."(20)<br />

Das Scaten und diese spontanen Kurzraps wurden bald fester Bestandteil der Bigbands in den<br />

50er-Jahren. Hier ist vor allem Cab Calloway zu nennen, der sowohl Bigband-Leader, Conferencier<br />

als auch meisterhafter Scat- Sänger war. Bald übernahmen Sänger diese Aufgaben. Der Begriff<br />

des MCs (Master of Ceremony) entstand und wurde in seiner Funktion von den Hip Hoppern<br />

übernommen.<br />

17


2.4. SCHAUBILD (aktualisierte Version***)<br />

Entwicklung des Hip Hops und seine Einbindung in die afroamerikanische Musik<br />

Afrika (alltägliche und rituelle Musik) Europa (weltliche und kirchliche Musik) Afrika (siehe<br />

Polyrhythmik, Polymetrik, Lampoons, Griots Instrumentarium, Harmonik links!)<br />

Gospel (Weiterentwicklung, Worksongs/Fielders Gospel<br />

siehe rechts!)<br />

Blues (klassischer) Prisonsongs Toasts<br />

- moderner B.<br />

Jazz (Dixi)<br />

Rock’n Roll Rhythm ‘n Blues Dozens<br />

Swing<br />

Rhythm’n- Hillbilly Ska (Jamaika) Cajun/Zydeko (Kultur d.Franco-Kanadier/ Blues<br />

franz. sprechende Sklaven (Haiti)<br />

Bebop<br />

Rock Modaljazz Rock<br />

Hardbop<br />

Reggae Funk Soul<br />

Disco<br />

R’nB...**<br />

Jazz<br />

Souljazz<br />

(siehe links!)<br />

Freejazz<br />

..* Hip Hop (HH) House<br />

(Blues)<br />

Souljazz Acid Jazz/<br />

Funkyjazz Easy Listening<br />

Old School (GB)<br />

Fusion Neo-Traditionalisten New Thing/ Acid Deep House<br />

Noise<br />

Dancehall<br />

Rock New School<br />

Crossover<br />

Techno Computer Pop<br />

(z.B. Kraftwerk)<br />

Raga-HH G-Style Jazz-HH Polit-HH Djungle(D&B) Hardcore Trance/Ambience<br />

* Entwicklung der Rockmusik ist nicht weiter dargestellt<br />

** Neuere Soulmusik firmiert oft unter dem Namen R ’n B, nicht zu verwechseln mit dem eigentlichen Rythm’n Blues<br />

*** Stand ca. 1997<br />

18


3. THE NEW SCHOOL<br />

Die nächsten 10 Jahre<br />

1984: Die Welt schien das Interesse an Hip Hop verloren zu haben. Es kam nichts Neues mehr.<br />

Die Filme über Hip Hop waren z.T. alt oder überholt und beschränkten sich zumeist darauf, die<br />

Stereotype der Hip Hop-Kultur wie nächtliches Graffitimalen oder akrobatische Tanzfiguren als<br />

reizvolle (Werbe-) Träger f ü r ihre Inhalte zu benutzen.(1)<br />

Die Hip Hop Gruppen veröffentlichten immer schlechter werdende Produktionen. Sie verwendeten<br />

nur noch elektrische Sounds/Geräuscheffekte und überluden sie damit. Sie konzentrierten sich zu<br />

stark auf die unfunkigen Rhythmen der weißen Elektronik-Bands und brachten immer gleiche Raps.<br />

"Alle waren verrückt nach diesen Drumcomputern, und es war absehbar, dass sich die Sachen mit<br />

der Zeit viel zu ähnlich wurden"(2), so Marley Marl, ein erfolgreicher Hip Hop Produzent. Die Hip<br />

Hop Künstler befanden sich in einer Sackgasse. Die Bands entfernten sich immer mehr von ihren<br />

Zuhörern. Mit fantasievollen Kostümen, Nietenarmbändern, Leder- und Metallaccessoires<br />

versuchten sie wie große Showstars auszusehen. Damit machten sie sich, nach anfänglichen<br />

Erfolgen, einfach nur lächerlich.<br />

Russel Simmons, Besitzer von Def Jam Records über diese Bands: "Look at what rapper's used to<br />

look like. They'd get a record und throw on sequins, leather-rock'n roll shit. What the fuck? What<br />

you know about that - some old shit that shows we're stars? It reinforces an artist's image und ego.<br />

They think it's good because you get off a plain in purple suit and orange hat "Oh shit, there's a<br />

superstar! I seen bis clown ass an TV Yesterday.”(3) Die Gruppen hatten keine "street-credibility (o.<br />

street-credits) mehr, d.h. sie verloren den Rückhalt und das Vertrauen ihrer Konsumenten.<br />

Gleichzeitig blieb aber Hip Hop trotz dieser Krise die Musik der Jugendlichen. "Hip Hop wahr mehr<br />

als nur ein kurzzeitiges Phänomen, es war die Straßenkultur, die Musik, mit der sich in den USA<br />

die schwarzen Jugendlichen identifizieren konnten."(4) Und genau dort, wo vor 10 Jahren alles<br />

begann, auf den Straßen von Bronx New York, weit entfernt von den großen Plattenfirmen und<br />

dem großen Geschäft "Rap-Breakdance-Graffiti", entwickelte sich eine neue Form des Hip Hops,<br />

die das entstandene Vakuum auffüllte: die "New School".<br />

Drei Veröffentlichungen markierten in den Jahren 86/87 diesen neuen Stil: "Radio" von LL Cool J,<br />

"Raising Hell" von Run DMC und "Paid In Full" von Eric B. & Rakim. Hinter allen Gruppen standen<br />

Produzenten, die maßgeblich zu dem Erfolg beitrugen.<br />

Bei den ersten beiden Gruppen waren es Russel Simmons und Rick Rubin. Der weiße Rick Rubin,<br />

Filmstudent, Funk- und Heavymetal-Fan mit einem guten Verkaufstalent, der die Intensität und die<br />

Power des Hip Hop schätzte, produzierte 1984 die Maxi "It's Yours" von DJ Jazzy Jay. Diese Single<br />

hörte Russel Simmons, ehemaliger Organisator und Promotor von Hip Hop-Partys Ende der 70er<br />

und Manager von Hip Hop-Interpreten wie z.B. Kurtis Blow, mit hervorragenden Kontakten zur<br />

Musikszene und einem sehr guten Gespür für Talente. Er traf sich mit Rick Rubin und gründete Def<br />

Jam Records. Ihre erste Produktion, "I Need A Beat" mit dem damals 16-jährigen <strong>Rappe</strong>r LL Cool J<br />

wurde 1985 so erfolgreich, dass der Plattenkonzern CBS Def Jam kaufte. Mit der LP "Radio" kam<br />

der endgültige Durchbruch für Def Jam und dem neuen Stil.<br />

(Musikbspl. Nr.9: "I Can't Live Without My Radio", LL Cool J, auf der LP "Radio", Def Jam R., 1986)<br />

Der Sound, die Musik waren insgesamt viel härter und aggressiver. Die Drumcomputer wurden<br />

verbannt. Es wurden wieder ursprüngliche und echte Sounds verwendet. Zum Einen durch die<br />

Verwendung von 70er-Jahre Funk- und Soulmusik und zum Anderen durch die Verwendung von<br />

Hardrock-Scratches von Gruppen wie Thin Lizzy oder Led Zeppelin. Die Interpreten sahen wieder<br />

aus wie die, für die diese Musik gemacht wurde. Sie sahen nicht mehr aus wie Clowns oder<br />

Paradiesvögel, sondern wie der B-Boy im Jahre 85/86 auszusehen hatte: Sportanzug von Adidas<br />

oder Kangol, Basketballstiefel (Sneakers) und goldene Ketten und Ringe von immensem<br />

Durchmesser und Größe . "And here comes LL cool J getting off the plain behind him in a Kangol<br />

and a pair of sneakers. What we try and do is get what's real from them and sell that."(5)<br />

19


Die LP "Raising Hell" von der Gruppe Run DMC und das darin enthaltene Stück "Walk This Way"<br />

war die nächste geniale Produktion von Def Jam.(6)<br />

(Musikbsp. Nr.10.: "Walk This Way", auf der LP "Raising Hell", 1987 Profile)<br />

Es war eine Hip Hop-Coverversion des 77er Hits der Heavymetal-Band Aerosmith. Rick Rubin<br />

hatte die Vorstellung, Energie miteinander zu verbinden: für ihn war der Unterschied zwischen<br />

Hardrock und Hip Hop nicht sonderlich groß. Die Idee, diese beiden Kräfte miteinander zu<br />

verbinden, kam ihm während der Aufnahmen zu der LP "Raising Hell": „The whole "Raising Hell"-<br />

Album was finished, and that song ("Walk This Way") was not on the record. I called Russel and<br />

said' "We need something else. I want the group to cover a song, and I'm going to go through my<br />

record collection and find the right song… I thought the way the vocals worked in "Walk This Way",<br />

it was already pretty much a rap song. It would be cool to have a high-profile rap group doing a<br />

traditional rock 'n roll song and not having to change that much. I think a lot of people thought of<br />

rap as so completely alien to music at the time, and here they were doing a cover that I knew would<br />

sound like a Run DMC song, but people could say, "Wow, I understand this!."(7)<br />

Run DMC erreichte mit diesem Stück eine, bis dahin von einer Hip Hop-Gruppe noch nie erreichte<br />

Popularität. Es war der erste Hip Hop-Song, der unter die Top 5 der amerikanischen Hitparade<br />

kam. "Walk This Wayl“ war bei weißen Rockmusikhörern genauso beliebt wie bei den schwarzen<br />

Hip Hop-Fans. „Die begriffen instinktiv, worum es ging: Rache - der sonst so gängige Weg<br />

(schwarze musikalische Innovation, weiße Adaption und kommerzielle Auswertung) war umgedreht<br />

worden."(8) Diese Veröffentlichung bewies, dass Hip Hop nicht tot war, sondern sich regeneriert<br />

hatte: "Skeptics continued to say that rap was a novelty, a fleeting fad, and when rapping and break<br />

dancing began turning up in exploitaition movies and television commercials, it looked like might be<br />

right, but in '86... "Walk This Way"... silenced all doubt about the music's staying power."(9)<br />

Def Jam Records wurde in den nächsten Jahren das, was in den 60er-Jahren die Plattenfirma<br />

Motown war. Jedes Produkt wurde ein Erfolg und konnte ungehört gekauft werden. 1988/89 verließ<br />

Rick Rubin Def Jam, gründete in Los Angeles Def American Records und widmete sich<br />

hauptsächlich Heavymetal-Bands und nach einiger Zeit auch wieder Hip Hop-Gruppen wie z.B. den<br />

Geto Boyz. Durch den Weggang R. Rubins verlor Def Jam viel von seiner Popularität und dem Ruf,<br />

innovativstes und stilbildendes Label für die New School zu sein. Trotzdem gibt es auf Def Jam<br />

immer wieder Gruppen, die auf ihre Art etwas Neues leisten bzw. einleiten. Ich denke z.B. an<br />

Public Enemy oder 3rd Bass, auf die ich noch im Einzelnen zu sprechen komme.<br />

Die dritte, stilprägende Veröffentlichung in dieser Zeit war die 1987 entstandene LP „Paid In Full"<br />

von Eric B. & Rakim. Der DJ Eric B. und sein Produzent Marley Marl waren die Ersten, die das<br />

Samplen im Hip Hop einsetzten. Mit den Sample-Computern wie dem Oberheim Digital DMX oder<br />

dem Fairlight/Oberheim-Synthesizer waren sie nicht nur in der Lage, Töne auf elektronischem<br />

Wege nachzuahmen, vielmehr konnten sie Töne, Sounds usw. digital speichern und originalgetreu<br />

wieder geben. Sie speicherten (sampleten) z. B. den Original Schlagzeugsound von dem James<br />

Brown-Stück "Funky President". Aus diesen Beats bauten sie ein neues Stück ("Eric B. Is<br />

President") zusammen, indem sie diese kurze rhythmische Phrase breakbeatartig aneinander<br />

loopten (d.h. aneinander mischten).<br />

Diese neue Art des Breakbeating knöpfte damit an den Ursprung des Hip Hops an und entwickelte<br />

mit neuestem elektronischen Gerät seine Techniken weiter. Durch die Verwendung von natürlichen<br />

Sounds und die technische Möglichkeit jeden erdenklichen Sound nach seinen eigenen<br />

Vorstellungen zu benutzen, hörte sich die Musik viel natürlicher und funkiger an, als alles, was es<br />

zu dieser Zeit gab. Dabei wurden die Samplegeräte nicht nur zum Abspeichern von Rhythmen<br />

verwendet, sondern sehr schnell genauso eingesetzt wie zu Beginn des Hip Hops die<br />

Plattenspieler. "Was früher der DJ mit den Händen aus anderen Platten herausmischte oder später<br />

im Studio von anderen Musikern nachgespielt wurde - das war alles nicht mehr nötig."(10)<br />

20


Ein Akkord, ein James Brown-Schrei, ein interessant klingendes Geräusch, eine kurze Melodie<br />

oder musikalische Phrase konnten zu ganz neuen Stücken zusammengebastelt werden.<br />

(Musikbsp.Nr.11: “I Got Soul”, Eric B - Rakim, Maxiversion, 1988, WEA)<br />

Dieses Stück hatte in der Hauptsache zwei Stücke zur Grundlage. Zum Einen war es der gesamte<br />

Rhythmusteil des Funk-Stücks "I Know You Got Soul" von Bobby Bird, zum Anderen wurde von<br />

dem Stück "ABC" der Soulgruppe Jackson 5 das Intro dazwischengemixt. Zusätzlich hört man<br />

Einblendungen aus Fernsehansagen und TV-Soapoperas aus den 50er-Jahren und Eigenzitate<br />

aus anderen Stücken von Eric B. & Rakim.<br />

Darüber rappte MC Rakim in einem völlig neuem Stil, der für die New School prägend wurde.<br />

Rhythmisch betrachtet sang/sprach er nicht mehr so sehr auf den Beat. Er umspielte den<br />

Rhythmus und bestätigte ihn durch das Verlangsamen und Beschleunigen des sprachlichen<br />

Rhythmus sowie durch das Verschlucken und Nuscheln.<br />

Inhaltlich veränderte sich nicht viel. Es ging immer noch darum, wer der Beste war. Die Art jedoch,<br />

wie gereimt wurde, veränderte sich. Die Raps wurden indirekter, poetischer, voller Wortspiele und<br />

umschrieben eher, als direkt zur Sache zu kommen: "Rakim, in 1988, on how he writes: "I go<br />

downstairs where my equipment is, I sit down and turn all the lights off and listen to some Jazz or<br />

something like that. Then I listen to the track I’m gonna write off of. Then I got this one spotlight that<br />

I put in the paper, so that's where I concentrate. Ain’t nothin' else goin' on but the paper."(11)<br />

Dieses Zitat zeigt sehr deutlich, dass sich neben all den musikalischen und technischen<br />

Veränderungen auch die Machart des Hip Hops verändert hatte. Hip Hop war nicht mehr die<br />

spontane Straßenecken-Hinterhof-Party, deren Ergebnisse dann im Studio nachempfunden<br />

wurden. Hip Hop wurde, nicht zuletzt durch die Technisierung, zu einer Studiomusik. Und die Hip<br />

Hopper der neuen Generation hatten nicht selten bloß eine Idee, eine Soundvorstellung oder einen<br />

guten Rap, der dann mit Hilfe eines technisch versierten Produzenten in Musik umgesetzt wurde.<br />

Das hatte zur Folge, dass..... "Hip Hop heute meist live nur reproduziert und gerade auf Grund<br />

mangelnder Improvisationsfähigkeit vor dem Publikum versagt... In den frühen Jahren war Hip Hop<br />

Improvisation - musikalisch wie vokal. Ich habe Anfang der 80er gesehen, wie ein Grandmaster<br />

Flash improvisiert... Heute machen die Gruppen fantastische Platten und sind auf der Bühne<br />

einfach nur schlecht. Aber ich denke auch, dass auch die Studioarbeit ein improvisatorisches<br />

Element hat."(I2)<br />

In diesem Zusammenhang änderte sich, wie wir am Beispiel von Def Jam gesehen haben, die<br />

Funktion des Produzenten. Er war nicht mehr bloß der Aufnahmeleiter, der für den Klang und die<br />

Qualität einer Produktion verantwortlich war, sondern wurde selbst zum Musiker, der aus den Ideen<br />

der Hip Hopper ganze Musikstücke produzierte. Es verwundert deshalb nicht, dass viele dieser<br />

neuen Hip Hop-Produzenten selbst früher DJs oder MCs waren, so z.B. Prince Paul von den<br />

Stretasonic oder DJ Mark The 45 King.<br />

Mit den Samplingtechniken entstand ein neues Problem. Die gesampleten Musiker, allen voran<br />

James Brown (der wohl am meisten gesamplete von allen), wehrten sich gegen diese<br />

Ideenklauerei. In 1987/88 entstanden, wie damals bei Kraftwerk und Africa Bambaataa, Prozesse<br />

und Verhandlungen über die Zahlung von Tantiemen an die benutzten Musiker. Diese ließen den in<br />

den Anfängen des Hip Hop aufgestellten Vorwurf wieder aufleben, ob denn Hip Hop überhaupt<br />

etwas Neues darstelle, eine eigenständige Musik sei.<br />

Diese zwei Positionen standen sich 88/89 unversöhnlich gegenüber: Plagiat und damit<br />

Tantiemenforderungen seitens der gesampleten Künstler oder die Tatsache einer neuen Musik und<br />

damit die künstlerische Freiheit, zu zitieren.<br />

Im Laufe der Zeit hat sich dieser Streit zur Zufriedenheit Aller gelegt. Der Hauptgrund dafür war,<br />

dass sich die Schallplatten der gesampleten Künstler durch die Klauereien besser verkauften, wie<br />

z.B. bei Aerosmith und dem Stück "Walk This Way". Manche Künstler wie James Brown feierten<br />

ein wahres Come Back, und vor kurzem gab es sogar ein Soulrevival mit Musikern wie Curtis<br />

Mayfield oder Isaac Hayes, weil die Hip Hopper auf ihrer Suche nach interessanten Beats und<br />

Sounds die gesamte afroamerikanische Musik durchforsteten, und mit Soulkünstlern<br />

21


Coverversionen im Stil von "Walk This Way“ produzierten.(13) Mit dem Erfolg, den Kids auf der<br />

Straße ihre eigenen musikalischen Traditionen und Geschichte auf orale Weise näher zu bringen<br />

und damit zu bewahren.<br />

Ein weiterer Grund zur Beendigung dieses Streits waren die Produktionen der nächsten zwei<br />

Jahre. Die Kreativität, die früher bei den Scratch-Wettbewerben freigesetzt wurde, brach sich nun<br />

in den Studios Bahn. Die Idee, eine Vorstellung oder ein Bild wurden wichtig, und die Hip Hopper<br />

versuchten dies mit Hilfe der Technik umzusetzen. Immer öfter entstanden Platten, deren Stücke in<br />

einem ideellen oder dramatischen Zusammenhang standen: Kommunikation über Schallplatte.<br />

Dabei wurde nicht nur afroamerikanische Musik benutzt. Wie in der Endphase der Old School<br />

wurde alles an Geräuschen und Tönen verwendet was nützlich sein konnte, um die gewollte<br />

Stimmung entstehen zu lassen. Die neuen Schallplattenproduktionen wurden so zu Klangcollagen,<br />

in denen benutzte Musiken und Geräusche zu einer neuen Idee verschmolzen.<br />

Als etwas neues wurde sie von den Hörern begriffen, und wenn jemanden die Ausgangssamples<br />

interessierten, hörte er sich das Original an.<br />

Besonders eindrucksvoll geschieht dies auf der ersten LP "3 Feet High And Rising" der Gruppe De<br />

La Soul.<br />

(Musikbsp.Nr.12: "Me Myself And I", "3 Feet High And Rising", De La Soul, Tommy Boy R., 1988)<br />

ME MYSELF AND I (c. Kevin Mercer)<br />

"Mirrow, mirrow on the wall<br />

Tell me, mirrow what is wrong<br />

Can it be my De La clothes<br />

Or is it just my De La Soul?<br />

What I do ain't make-believe<br />

People say I sit and try<br />

But when it comes to being De La It's just me myself and I..."(14)<br />

“De La Soul tritt auf. Da es wenig zu sehen gibt, beschränkt sich die Inszenierung auf akustische<br />

Mittel. Ihre Aktivität resultiert aus der vielfältigen, mythisch anmutenden Umschreibung des<br />

Namens: De La Soul. Scheinbar endlos wird er variiert. Jeder gesprochene und gerappte Satz<br />

umtänzelt diesen Namen, dient dazu seine Aura zu kreieren und zu vergrößern. Er bildet auch das<br />

Programm: Alles kommt von ‚der Seele’“.(I5)<br />

Die gesamte LP war auf diesem Programm aufgebaut und wurde durch die collagenartig angelegte<br />

Musik, die von Funk/Soul über Rock/Pop, Werbe- und Filmmusik bis hin zu einer gescratchten<br />

Französisch-Lektion geht, unterstützt.<br />

Wie in der Hauptphase der Old School (1979-81) entlud sich innerhalb der Jahre 1988/89<br />

explosionsartig, was sich in den vier Jahren zuvor entwickelt hatte. Eine unüberschaubare Flut von<br />

neuen Produktionen überschwemmten den Markt: Innerhalb eines einzigen Jahres kamen 42 neue<br />

LPs auf den Markt. Damit wurden „...1988 mehr Rap LPs veröffentlicht als von 1979 bis 1987<br />

zusammen."(16)<br />

Zu den Pionieren wie Eric B & Rakim, LL Cool J, Run DMC oder Stretasonic kamen Namen hinzu<br />

wie De La Soul, Jungle Brothers, EPMD, Dr. Ice, Boogie Down Productions, Justice, Public Enemy<br />

oder Kool Moe Dee (einer der wenigen Old School <strong>Rappe</strong>r, der neben Spoonie Gee, den Absprung<br />

in die neue Generation schaffte). Der Erfolg des Hip Hops war nicht mehr aufzuhalten. <strong>Rappe</strong>r wie<br />

LL Cool J oder die Gruppe Run DMC füllten bald Fußballstadien. Große Plattenfirmen ließen ihre<br />

anfänglichen Hemmungen fallen und produzierten eigene Gruppen oder finanzierten zumindest<br />

kleinere Label, die sich um das neue, sehr einträgliche Geschäft kümmerten. Die meisten dieser<br />

Gruppen kamen immer noch aus New York, andere Städte begannen jedoch stärker zu werden.<br />

22


Aus Philadelphia kamen Jazzy Jeff & the Fresh Prince, aus New Jersey Queen Latifah, aus Los<br />

Angeles kamen Gruppen wie z.B. NWA, Ice T oder Young MC und aus Miami Tone Loc oder die 2<br />

Live Crew. Immer öfter gelangten Hip Hop-Stücke weltweit in die Pop-Charts und belegten dort die<br />

obersten Plätze wie z. B. "Push It" von der Frauengruppe Salt'n Pepa. Sie gelangten im Sommer<br />

'88 in Deutschland unter die ersten 20.<br />

(Musikbeispl. Nr.13: Salt'n Pepa "Push It" auf der LP "A Salt With A Deadly Pepa", 1988)<br />

"Push it“ war für viele Frauen, wenn nicht Startzeichen, so doch Anreiz selbst Musik zu machen. In<br />

den Jahren 88/89 gründeten sich eine immer größer werdende Zahl weiblicher Hip Hop-Gruppen.<br />

Interpretinnen wie Queen Latifah, MC Lyte, Monie Love, Sweet'n Cookie, Roxanne Shante oder<br />

Jazzy Joyce beendeten die jahrelang anhaltende männliche Dominanz im Hip Hop.<br />

Während der gesamten Hochphase der Old School gab es so gut wie keine Veröffentlichungen von<br />

weiblichen MCs oder DJs, obwohl zu Beginn des Hip Hops der Anteil von Männern und Frauen<br />

verhältnismäßig ausgeglichen war.<br />

<strong>Rappe</strong>rinnen wie Sherry Sheryl, Lisa Lee oder Angie B und DJs wie DJ Lady B oder DJ Sequence<br />

waren in ihrem Können genauso gut wie ihre damaligen männlichen Kollegen. Der Grund warum<br />

sie ziemlich schnell von der Szene verschwanden war der, dass im Hip Hop als einem<br />

musikalischen Dozen, der Wettbewerbscharakter einen genauso hohen Stellenwert besaß wie die<br />

musikalischen Fähigkeiten. Die Männer akzeptierten zwar die Frauen als musikalisch gleichwertig,<br />

nahmen sie aber als ebenbürtige Konkurrentinnen innerhalb eines Wettbewerbs nicht ernst, was<br />

einem Boykott gleich kam, denn die ersten Hip Hopperinnen bekamen aus den gleichen<br />

sexistischen Gründen keine Plattenverträge. Das Männerbündische wurde mit dem Beginn der<br />

New School aufgebrochen. Durch die immer größer werdende Identifikation der Hip Hopper als<br />

Künstler und Musiker war es unhaltbar, Frauen in einem solchen Maße auszuschließen.<br />

Außerdem hatten die Frauen, durch die Frauenbewegung der 80er-Jahre, inzwischen genügend<br />

Selbstbewusstsein entwickelt, ihre musikalischen Fähigkeiten auszudrücken.<br />

Die Female <strong>Rappe</strong>rs und DJs stehen ihren Kollegen in nichts mehr nach und wiedersetzen sich<br />

immer erfolgreicher dem männlich-chauvinistischen Gedankengut, den gerade die West-Coast-<br />

<strong>Rappe</strong>r, wie NWA oder 2 Live Crew in ganz extremen Maße vertreten.<br />

Diese beiden Gruppen standen für eine Tendenz, die sich seit 1988 ebenfalls bemerkbar machte.<br />

Der Hip Hop wurde immer härter und immer aggressiver, sowohl was die Musik als auch was die<br />

Textinhalte anging. Die Angebereien in den Texten wurden zu sexistischen Beschimpfungen<br />

gegenüber Frauen. Hype (großartig sein) und Mack (Chef) waren die Lieblingswörter der <strong>Rappe</strong>r.<br />

Auf der einen Seite ernannten sich MCs wie Big Daddy Kane zu ungekrönten Königen der<br />

Casanovas, auf der anderen Seite beschrieben Gruppen wie NWA oder 2 Live Crew auf<br />

sexistischste Art und Weise, wie sie "bitches dissen", also Nutten fertig machen wollen.<br />

Neben dem blanken Sexismus (inklusive eines Schwulenhasses, der schon an Phobie grenzt)<br />

tauchten immer mehr Texte auf, die sich mit dem Leben und den Lebensumständen der<br />

Schwarzen in den Gettos auseinander setzten.<br />

Es entstanden Texte über Kriminalität, Bandenbrutalität, Drogensucht, soziale Entwurzelung in den<br />

Gettos und von dem noch immer existierenden unterschwelligen Rassismus in den USA. Die sich<br />

daraus resultierende Wut machte sich in der Musik und in den Texten Luft. Die <strong>Rappe</strong>r wurden zu<br />

Nachrichtensprechern und Chronisten von einer Welt des Elends und zu Botschaftern einer<br />

grenzenlosen Wut.<br />

Hier blieb die Entwicklung jedoch nicht stehen. Mit der Darstellung entstand auch ein kritisches<br />

Bewusstsein und der Wunsch nach Veränderung. Gruppen wie Public Enemy (PE) oder Boogie<br />

Down Production (BDP) stehen für diese Entwicklung; ein politisches, mehr oder weniger radikales<br />

Bewusstsein bei den Schwarzen zu schaffen und den Wunsch nach Veränderung zu formulieren.<br />

23


4. GESCHICHTE UND URSPRUNG DES MESSAGE-HIP HOPS<br />

DASS MUSIK EINE SOZIALE TATSACHE<br />

IST, DIE IM INSTITUTIONALISIERTEN<br />

ZUSAMMENWIRKEN DER MENSCHEN<br />

GRÜNDET, DÜRFTE DENN AUCH NICHT<br />

ZU LEUGNEN SEIN.<br />

Carl Dahlhaus (1)<br />

A CHILD IS BORN IN NO STATE OF MIND<br />

BLIND TO THE WAY OF MANKIND GOD IS<br />

SMILING ON YOU, BUT HE'S FROWNING,<br />

TOO BECAUSE ONLY GOD WHAT YOU'LL<br />

GO THROUGH YOU'LL GROW IN THE<br />

GEETTO LIVING SECOND RATE AND<br />

YOUR EYES WILL SING A SING OF DEEP<br />

HAIE... SO DON'T PUSH ME CAUSE I'M<br />

CLOSE TO THE EDGE I'M TRYIN' NOT TO<br />

LOOSE HEAD IT'S LIKE A JUNGLE,<br />

SOMETIMES IT MAKES ME WONDER HOW<br />

I'M KEEPING GOIN' UNDER<br />

aus "The Message"(2)<br />

"The Message" war das erste Hip Hop-Stück, welches sich direkt und in aller Deutlichkeit mit den<br />

Zuständen der Schwarzen in den Gettos auseinander setzte. Der oben dargestellte Text ist der<br />

Beginn der letzten Strophe, in der berichtet wird, was mit Kindern passiert, die in so eine<br />

Atmosphäre hineingeboren werden. Die konfrontiert werden mit Gewalt, Rassismus, versteckter<br />

Apartheid und der Tatsache, dass man innerhalb dieser Gesellschaft nur mit Verbrechen, wie<br />

Zuhälterei oder Drogendealerei zu Wohlstand kommt. In einer solchen Atmosphäre des Hasses<br />

werden, so das Resümee des Stücks, die Werte wie Familie, Gemeinsamkeit und Bildung<br />

unwichtig. Wichtig wird das reine Überleben und groß wird der Hass gegenüber denjenigen, die<br />

Verursacher dieses Übels sind. Mit diesem Stück brachte die Gruppe Grandmaster Flash & the<br />

Furious Five die Sozialkritik und den verbalen Protest in den Hip Hop. Und zwar mit einer<br />

Direktheit, die es, mit Ausnahme des Freejazz, in den afroamerikanischen Musikstilen noch nicht<br />

gegeben hatte. Zwar war afroamerikanische Musik schon immer eine Stimme des Protests<br />

gewesen, die als Musik einer unterdrückten Minderheit auch deren Ventil und Sprachrohr war. Sie<br />

war es jedoch zumeist auf eine indirekte Weise. Sehr oft verstanden nur die Schwarzen das, in<br />

ihrer Musik und ihren Texten, immanente Potenzial an Kritik und Protest. Sehr oft waren die Texte<br />

verschlüsselt oder umschrieben eher, als dass sie beschrieben. Hinzu kam der schon erwähnte<br />

Double Talk, das typische Black English, das von den meisten weißen Amerikanern nicht oder nur<br />

kaum verstanden wurde.<br />

Die Textinhalte im Gospel z.B. bezogen sich nicht nur in einem christlichen Sinne auf das alte<br />

Testament. Die Hebräer standen nicht zuletzt für die Schwarzen, von den Pharaonen (den Weißen)<br />

unterdrückt und versklavt wurden, nach der Freiheit strebten oder sich in das gelobte Land (Afrika<br />

oder auch ein freies Leben generell) zurücksehnten. Außerdem entstand durch den gemeinsamen<br />

Gottesdienst, durch die gemeinsam bestrittenen Zeremonien, in denen auch Reste alter religiöser<br />

Zeremonien aus Afrika überlebten und auf die neuen Gottheiten übertragen wurden, ein sehr<br />

großes Gemeinschaftsgefühl. Hier waren sie in einer Gruppe aufgehoben, alle gleich und als<br />

Menschen angesehen. Innerhalb dieser Gruppe (der Black Community) konnten sich die<br />

Schwarzen nach Ben Sidran von den Aggressionen der weißen Gesellschaft abschotten und ihre<br />

eigene Kultur entwickeln(3).<br />

Der Blues in seiner rauen, direkten und zotigen Ausdrucksweise war von Anbeginn eine Stimme<br />

des Protests. In ihm tauchte der Sklave plötzlich wieder als Individuum mit Gefühlen und einer<br />

24


eigenen Lebensgeschichte auf, als Mensch, der sich in seiner Ausdrucksweise von den Richtlinien<br />

der weißen Gesellschaft unterschied bzw. unterscheiden wollte. Nicht als seelenloses Wesen,<br />

sondern als Individuum mit eigener Geschichte und Tradition, das sich mit seinesgleichen<br />

identifizieren konnte. Als solches wurde der Blues von den Schwarzen verstanden: "Denn der<br />

Blues stimuliert... den Prozess der Identifizierung zwischen dem Sänger und seinen Hörern: die<br />

Probleme und Sorgen des einen Schwarzen, der ihn singt, sind die Probleme und Sorgen aller<br />

Schwarzen; das jeweilige Subjekt ist lediglich das Sprachrohr der schwarzen Ideologie."(4) Dabei<br />

schätzten sich die Blues-Musiker wiederum durch den Double Talk vor Repressalien seitens der<br />

weißen Gesellschaft.<br />

Im Soul schließlich, der Vermischung von Blues und Gospel, verband sich religiöse Ekstase,<br />

Freiheitssehnsucht, ein starkes Sozialgefühl und Individualität zu einem Bewusstsein, das sich,<br />

nicht zuletzt unter dem Einfluss der Bürgerrechtsbewegung um Martin Luther King, an dem<br />

Selbstverständnis und Selbstbewusstsein der damaligen Interpreten ablesen lassen konnte. "Wenn<br />

Otis Redding "Respect" fordert, dann wussten seine Hörer, dass er sich damit nicht nur an seine<br />

Frau wandte. Und kündete Wilson Picketts "In The Midnight Hour" nicht deutlich von mehr als nur<br />

sexueller Potenz, die darauf wartete, freigesetzt zu werden?"(5) Und wenn James Brown sang<br />

"Say Loud I'm Blak And Proud" oder "I Don't Want Nobody To Give Me Nothin' Open Up The Dorr<br />

I'll Get It Myself", dann sprach er nur das aus was seine schwarzen Brüder und Schwestern Mitte<br />

der 60er-Jahre dachten: Emanzipation und Gleichberechtigung.<br />

Jeder dieser Musikstile war für sich zeitabhängiger Ausdruck, bestimmte und bestimmende Form<br />

eines Protests und einer Sozialkritik. Was sie aber von dem Message Hip Hop unterschied war ihre<br />

Indirektheit, ihr eher versteckter Protest. Hip Hop dagegen kam durch seine wieder gewonnenen<br />

Funktionen der Nachrichtenübermittlung und der Verbalisierung von Tatsachen, mit einer Direktheit<br />

und Offenheit daher, die es bis dahin in den populäreren Formen afroamerikanischer Musik noch<br />

nicht gegeben hatte.<br />

Ein solches Potenzial an Protest und direkter Kritik innerhalb schwarzer Musik war bis dato am<br />

ehesten im Freejazz zu finden. Dort hatten z.B. der Schlagzeuger Max Rasch und die Sängerin<br />

Abbey Lincoln die Schallplatte "We Insist, Freedom Now Suite" aufgenommen: "Die von Oscar<br />

Brown Junior verfassten Texte nahmen..... eindeutig gegen die amerikanische Rassenpolitik und<br />

für einen von Kolonialismus befreites Afrika Stellung."(6) Weiterhin stand der Message-Hip Hop in<br />

der Tradition der Last Poets. Die Last Poets waren eine lose Vereinigung von musikalischen<br />

Literaten und Musikern um den geistigen Führer Jalal, die, Ende der 60er-Jahre bewusst in der<br />

afrikanischen Tradition stehend, politische, prophetische und poetische Texte über reine<br />

Trommelrhythmen vortrugen. Sie beschrieben das alltägliche Leben und griffen die amerikanische<br />

Gesellschaft mit Titeln wie "White Man Got A God-Complex" an.<br />

Sie gaben der Musik ihre Funktion als Nachrichten und Botschaftenüberbringerin zurück und<br />

verstanden sich dabei in der Tradition der afrikanischen Wandersänger (griots). Dazu Jalal: "Wir<br />

führen damit eine Tradition fort – eine Tradition die amerikanische Sklaverei und amerikanischen<br />

Neokolonialismus überstanden hat. Deshalb bedienen wir uns traditioneller afrikanischer<br />

Instrumente"(7).<br />

Viele der heutigen Hip Hopper beziehen sich auf die Last Poets und ihren "Leader" Jalal und<br />

stellen sich in dieselbe Tradition, wenn sie ihn als den Paten ("Godfather") des politischen Hip<br />

Hops betrachten.<br />

1982, mit dem Stück "The Message" verändere sich der Charakter von Hip Hop. Zum Einen war er<br />

einer der populärsten afroamerikanischen Musik-Stile, zum Anderen wurde er zu einem Medium,<br />

das eine ähnliche politische Aussagekraft mit Nachrichtenfunktion besaß, wie der, bei der breiten<br />

Masse der Schwarzen wenig akzeptierte Freejazz, der Ende der 60er-Jahre sogar versucht hatte<br />

diesem Manko durch bewusste Popularisierungstendenzen entgegenzutreten.(8)<br />

Trotzdem entwickelte sich der Message-Hip Hop erst richtig mit Beginn der New School. Zu Beginn<br />

und während der Phase der Old School war der Hip Hop sowohl vom Inhaltlichen, als auch vom<br />

Musikalischen eine im Grundsatz positive und am Spaß orientierte Musik: Party, Celebration,<br />

Acvtivity waren wichtiger. Die Sozialkritik stand dabei nicht im Vordergrund.<br />

Mit der New School jedoch wurde nicht nur die Musik härter, auch die Texte nahmen in ihrem Inhalt<br />

an Gewaltdarstellung, Sexismus und Brutalität zu. Sie begannen sich etwa Mitte der 80er-Jahre in<br />

25


ihren Aussagen immer politisch radikaler zu gestalten. Gruppen wie Public Enemy oder Boogie<br />

Down Production begannen Front zu machen gegen die fortwährende Ungerechtigkeit,<br />

Diskriminierung und den unterschwelligen Rassismus in den USA.<br />

4.1. OLD SCHOOL-MESSAGE<br />

Wenn man davon ausgeht, dass die Brutalität und der Hass in diesen Texten zurückzuführen ist<br />

auf die Lebensumstände, dann verwundert es, dass diese Musik nicht von Anfang an brutal und<br />

gewalttätig war, denn die Zustände in den Gettos, waren schon immer miserabel. Keneth B. Clark<br />

beschreibt das Leben in den schwarzen Gettos wie folgt: "Mangelhafte Erziehung, Instabilität der<br />

Familie, Unehelichkeit, Kriminalität, Rauschgiftsucht, Alkoholismus, häufige Krankheit und geringe<br />

Lebenserwartung- all diese Symptome einer Gesellschaft der unteren Klasse plagen die<br />

Schwarzen Gettos Amerikas."(9)<br />

Stattdessen war die Musik geprägt von Gemeinsamkeit, Spontaneität, Improvisation und<br />

Lebensfreude. Dies lag an den Erfindern von Hip Hop wie z.B. Africa Bambaataa, Grandmaster<br />

Flash oder Kool DJ Herc. Sie kamen aus einer Generation, die geprägt war von dem Geist der<br />

Bürgerrechtsbewegung der 60er-Jahre und der einsetzenden Friedensbewegung (ausgelöst durch<br />

den Vietnam Krieg und der Kuba Krise) zum Ende dieses Jahrzehnts.<br />

Mit der Bürgerrechtsbewegung um den Reverend Martin L. King begann sich Anfang der 60er-<br />

Jahre der Widerstand gegen die Apartheid und den Rassismus der weißen Gesellschaft zu bilden.<br />

Überall fanden Demonstrationen oder "sit ins" gegen rassentrennende Einrichtungen, wie Schulen,<br />

Parkbänke oder Bussitzplätze statt. Dort, wo die Unterdrückung am größten war, im Süden der<br />

USA, ließen sich die Schwarzen immer weniger gefallen. Sie veranstalteten Blockaden oder riefen<br />

zu Boykotten gegen rassistische Geschäfte auf. Ein großer Höhepunkt dieser Bewegung war der<br />

"Marsch auf Washington" im Jahr 1963, an dem 300 000 Schwarze und Weiße gemeinsam gegen<br />

Rassismus protestierten und Martin L. King seine bekannte Rede "I have a Dream" hielt, in der er<br />

zur Brüderlichkeit und zur Aussöhnung aufrief.<br />

Neben dieser liberalen Bürgerrechtsbewegung, deren politisches Ziel die Gleichberechtigung der<br />

Schwarzen und die Aussöhnung der Rassen war, gab es weitaus radikalere Positionen. Die wohl<br />

wichtigste war die der "Nation Of Islam" (NOI). 1933 von Elijah Muhamad als eine radikale<br />

islamische Sekte gegründet, sprach sie sich für die Segregation und für einen eigenen schwarzen<br />

Staat innerhalb der Grenzen Amerikas und Reperationsleistungen für 300 Jahre erlittene Sklaverei<br />

aus. Die Ideologie der NOI war eine, zum Teil abstruse, Mischung von Religion, Mystik und<br />

radikalpolitischen Äußerungen, die nicht zuletzt einen umgekehrten Rassismus beinhaltete, wenn<br />

die Funktionäre, die Weißen als "blue-eyed devils" bezeichneten oder antisemitische Äußerungen<br />

veröffentlichten. Hauptziel war die Zerstörung der weißen Macht, die nach 6000 Jahren kurz bevor<br />

stand. Mitglieder dieser Sekte legten ihren "Sklaven-Namen" ab und nannten sich entweder<br />

"Shabazz" oder" X", Namen, die als Zeichen für den unbekannten afrikanischen Stamm aus Afrika<br />

standen. Der bekannteste politische Führer, der aus dieser Bewegung hervorging war Malcom X.<br />

Er war einer der scharfsinnigsten und analytischsten politischen Führer, den die Schwarzen je<br />

gehabt haben. 1965 wurde er von NOI-Anhängern erschossen, nachdem er sich von den Zielen<br />

und Forderungen der NOI lossagte, und zum Vertreter einer gemäßigteren, auf Analyse der<br />

Situation beruhenden, Denkrichtung wurde.<br />

Die NOI und die "Black Panther Party", eine Schwarze nationalistische und militante Partei,<br />

erhielten vor allem Ende der 60er-Jahre einen größeren Zulauf, nachdem viele Schwarze sahen,<br />

dass die Bemühungen der Bürgerrechtsbewegungen seitens der weißen Gesellschaft nur mit<br />

Gewalt beantwortet wurden: Ermordung M.L. Kings 1968 und J.F. Kennedys 1967. Die Folge war<br />

eine Radikalisierung eines großen Teils der Schwarzen, die sich in zahlreichen Getto-Aufständen<br />

entluden.<br />

Der Verdienst dieser politischen Gruppierungen, ob nun radikal oder nicht, war neben mehr<br />

Bürgerrechten (wie z.B. das Wahlrecht im Süden der USA) eine Bewusstmachung und Politisierung<br />

26


der schwarzen Bevölkerung. Dies ging mit einer Afrikanisierung der Schwarzen einher: Der Afro-<br />

Haarschnitt und afrikanische Kleidung kamen in Mode. Die Rückbesinnung auf das afrikanische<br />

Erbe war der Ausdruck eines neu entstandenen Selbstbewusstseins. Der schwarze Mensch war<br />

stolz auf seine eigene Kultur. Vor allem entstand das Bewusstsein, dass sich nur etwas ändert,<br />

wenn man es selbst in die Hand nimmt. "Wenn wir uns selbst finden", schrieb Malcom X, „werden<br />

die Weißen ihre Einstellung automatisch ändern."(10)<br />

In der Tat führte dieses neue Verständnis dazu, dass die Schwarzen aus ihrer Lethargie und<br />

Selbstzerstörung gerissen wurden. K. B. Clark schreibt u.a. davon, dass sich während der<br />

Demonstrationen und Dauerproteste einer schwarzen Gemeinde in Montgomery, Alabama, Ende<br />

der 60er-Jahre, die kriminellen Delikte innerhalb des Gettos auf fast Null verringerten.(11)<br />

Hinzu kam, dass die schwarze Bewegung bei großen Teilen der Studentenschaft eine immer<br />

größer werdende Resonanz erhielt. Sie solidarisierten sich mit den Schwarzen und bezeichneten<br />

sich selbst als schwarz und ihre Eltern als weiß. Der Begriff whiteness wurde als „eine Frage des<br />

Bewusstseins und nicht der Abstammung begriffen, ...nun erschien blackness als Indikation einer<br />

Kultur, mit der sich junge Weiße identifizierten.“(12) Nicht zuletzt um sich gegen die eigene weiße<br />

Gesellschaft und deren Normen aufzulehnen und sich von ihr abzukehren. Das Vertrauen in die<br />

Eltern-Generation war, insbesondere durch den Vietnam Krieg, zerstört und entlud sich in<br />

Studentenrevolten und Protesten, die wenig später die ganze westliche Welt ergriff.<br />

Dieses neue schwarze Selbstbewusstsein machte sich nicht nur auf politischer Ebene, sondern<br />

auch auf kultureller Ebene bemerkbar. Es entstanden eine Vielzahl von Filmen (Blaxploitation-<br />

Filme) wie z. B. die Krimis "Shaft" oder "Superfly" in denen Schwarze die Helden waren. Zwar<br />

waren sie oft genug nur eingefärbte Spielfilme, zu dem Zweck gedreht, die Schwarzen in die Kinos<br />

zu locken. Trotzdem spiegelten diese Filme mit der Tatsache, dass Schwarze nicht mehr nur<br />

Statisten- oder Nebenrollen besetzen, einen gewissen Zeitgeist wider: Der schwarze Mann, die<br />

schwarze Frau waren stolz und selbstbewusst. Sie hatten eine eigene Kultur, derer sie sich nicht<br />

zu schämen brauchten.<br />

Bei vielen Schwarzen entstand eine Aufbruchstimmung und das Gefühl, dass sich vieles zum<br />

Besseren ändern wird. Ben Sidran fügt noch hinzu, dass es zu dieser Zeit (Ende der 60er, Anfang<br />

der 70er) vielleicht das letzte Mal überhaupt gewesen war, dass, trotz aller Rückschläge der<br />

Bürgerrechtsbewegung, die schwarze Unterschicht Vertrauen in die amerikanischen<br />

Institutionen(13) und in die Gerechtigkeit derselben setzten.<br />

Diese Aufbruchstimmung und die Hoffnungen spiegelten sich auch in der Anfangsphase des Hip<br />

Hops wider. Hip Hop als Straßen-Musik, als Musik der Unterschichtsjugendlichen, reflektierte<br />

genau dieses neue (Selbst-) Bewusstsein.<br />

Die Jugendlichen hörten auf sich in Jugendgangs gegenseitig zu bekämpfen, verwendeten ihre<br />

Energien nicht zur Selbstzerstörung, sondern nutzen sie kreativ. Sie nahmen ihr Leben in die<br />

eigene Hand und versuchten es positiv zu verändern, anstatt es durch Drogen und Kriminalität zu<br />

zerstören.<br />

Ein Beispiel dafür ist Africa Bambaataa: “And then, as the years went by, through all the civil rights<br />

movement, human rights, Vietnam war and all the folk and rock that was happening to the whole<br />

world - it just stayed with me to have some type of group like that."(14)<br />

In seiner Jugend war er Mitglied der größten Jugendgang (The Black Spides). Unter dem Eindruck<br />

der Ereignisse der damaligen Jahre trat er aus seiner Gang aus und begann mit seiner Gruppe<br />

Zulu Nation, die sowohl politische wie künstlerische Ziele zum Inhalt hatte, Musik zu machen.<br />

Dabei, und das ist in der afroamerikanischen Musik selbst schon Tradition, verwendeten die Hip<br />

Hopper der ersten Stunde in ihrer Kreativität nur die Mittel und Möglichkeiten, die ihnen zur<br />

Verfügung standen: Sie hatten weder das Geld Instrumente zu kaufen, noch die Möglichkeiten<br />

eines zu erlernen. Sie hatten kein Geld für besondere Kleidung, und sie hatten erst recht keine<br />

Möglichkeit sich einen Tanzlehrer zu beschaffen. Alles was sie hatten, war ihre Kreativität und ihr<br />

Wunsch etwas Eigenes zu leisten und auf die Beine zu stellen.<br />

27


Aus diesem Grund wurden aus Plattenspielern und Mischpulten Musikinstrumente. Sie waren<br />

erschwinglich und mit ihnen und der Technik des Mixens konnte man sich ohne jahrelanges<br />

Erlernen eines Instruments, in relativ kurzer Zeit Sound und Klangwünsche erfüllen. Mit dem<br />

Scratchen konnte man rhythmisch und melodisch improvisieren. Und was da zu Beginn wie reine<br />

Klauerei aussah, war letztlich eine afrikanische Form des Komponierens: die variative Veränderung<br />

von rhythmischen und melodischen Phrasen. Einer Technik, die wir von den Improvisationslinien<br />

der Jazz-Solisten und aus den Call & Response-Gesängen der Gospel-Chöre kennen. Hip Hop war<br />

und ist nichts anderes als eine Jahrhundert alte Tradition, die mit neuen Instrumenten und neuester<br />

Technik fortgesetzt wurde und wird.<br />

Die Hip Hop-Mode: Sportkleidung, wie Trainingsanzüge, Basketballstiefel und Baseballmützen, die<br />

heute von vielen modebewussten Jugendlichen in der ganzen Welt getragen, und für die eine<br />

Menge Geld ausgegeben wird, war in den 70er-Jahren nichts anderes als ein modischer Double-<br />

Talk. Es war die einzige (weil billigste) Kleidung, die sich die Jugendlichen leisten konnten. Und wie<br />

so oft schon in der Sprache geschehen, wurde diese negative Tatsache einfach ins positive<br />

umgedreht. Es war einfach cool und absolut hip in solchen Klamotten rumzulaufen.<br />

Die Tanzschule war der Wettkampf auf der Straße, und Tanzlehrer war das Leben: Ihre<br />

Tanzschritte waren die Bewegungen aus ihren (Banden-)Kämpfen und aus Kung Fu-Filmen, für die<br />

sie insgeheim Bewunderung empfanden, weil dort eine nichtweiße Rasse Stärke zeigte. Sie<br />

schufen vollkommen neuartige Tänze. In diesen Tänzen erstanden längst vergessen geglaubte<br />

Techniken und Funktionen des afrikanischen Tanzes wieder auf. "Was tanzt du?" und nicht etwa<br />

"wer, was bzw. wie bist du?", war die zentrale Frage wenn sich verfeindete Tanz-Crews zu (Wett-)<br />

Kämpfen trafen.<br />

Der Tanz als unmissverständliche Botschaft und Ausdruck eines Lebensgefühls. Dieses<br />

Lebensgefühl kam auch in den Graffiti-Bildern zum Ausdruck. Einerseits waren sie reine<br />

Kommunikation, ein einziger Buchstabe oder ein Bild eines Malers konnte für Eingeweihte Bände<br />

sprechen. Andererseits stellten sie durch ihre Buntheit eine Verschönerung, der tristen und grauen<br />

Getto-Realität dar.<br />

Die Old School stand für mehr, als nur Kreativität. Sie sorgte für eine kurze Zeit für die Integration<br />

der Rassen. Gerade bei Graffiti-Crews (und in seltenen Fällen bei den Tanz-Crews(15)) konnte<br />

man gemischte Gruppen, d.h. Schwarze und lateinamerikanische Getto-Bewohner in ein und<br />

derselben Gang sehen.<br />

Dort malten und tanzten sie zusammen gegen eine ebenfalls gemischte Gruppe. Auf Hip Hop-<br />

Partys, oder in den Discos wie dem Roxy waren Schwarze, Puerto Ricaner und – für eine kurze<br />

Zeit sogar eine große Menge – weiße New Wave-Fans, die ab Mitte der 70er-Jahre ein starkes<br />

Interesse für diese Musik zeigten.<br />

Von 1976 bis circa 1981 fand für eine kurze Zeit eine Integration von schwarzen, weißen und<br />

braunen Menschen statt. Der Hip Hop schaffte es damit, die Ziele und die Ideen der<br />

Bürgerrechtsbewegung und der Friedensbewegung, wie Gleichheit, Einheit, Integration der Rassen<br />

und gegenseitige Achtung, zumindest zeitweise durchzusetzen.<br />

4.2. NEW SCHOOL-MESSAGE<br />

Doch der Traum währte nicht lange. Schnell wurden die Hip Hopper von der Realität und der<br />

Tatsache, dass sich an ihrer miserablen Situation nichts geändert hatte, heimgeholt. Dies brachte<br />

die nächste Generation von Hip Hoppern zum Ausdruck, die das kreative Vakuum zu Beginn der<br />

80er-Jahre innerhalb kürzester Zeit füllten und die Old School Musiker nahezu vollständig<br />

verdrängten.<br />

Durchweg 10 -15 Jahre jünger hatten sie ganz andere Erfahrungen und Vorstellungen, die sie in<br />

diese Musik einbrachten und dort ab Mitte der 80er-Jahre zu verarbeiten begannen. Sie mussten<br />

mit ansehen, dass ihre Aufstiegschancen nach wie vor schlechter waren, als die der Weißen, und<br />

28


dass die Arbeitslosigkeit unter ihnen um ein vielfaches höher war, als unter Weißen mit einer<br />

vergleichbaren Ausbildung. Die ohnehin schon geringen Berufsförderungen und Sozialleistungen<br />

wurden unter der Reaganadministration drastisch gesenkt. Ebenso gekürzt wurden die Leistungen<br />

im Gesundheitssystem. Die Säuglingssterblichkeit bei schwarzen Kindern lag und liegt z.B. in den<br />

Gettos um ein doppeltes höher, als in weißen Wohnvierteln und gleicht Werten, die aus so<br />

genannten Dritte Welt Ländern bekannt sind.(16)<br />

Nirgends ist die Gewalt und die Kriminalität in den USA größer, als in afroamerikanischen und<br />

lateinamerikanischen Gettos. Allein in New York werden jeden Tag... „5 Menschen umgebrachte<br />

vergewaltigt, 256 ausgeraubt, und 367 Autos geklaut. 1989 wurden der Polizei insgesamt 712 119<br />

schwere Verbrechen gemeldet, darunter 1905 Morde."(17) 1990 war die Rate um 60% höher. 100<br />

000 Homeless People bevölkern allein in New York die Straßen in denen sie leben und sterben.<br />

Die Zahl der Rauschgiftsüchtigen steigt rapide an und hat bereits epidemische Ausmaße<br />

angenommen. Spitzenreiter bei den Rauschgiften ist Crack, ein Derivat aus Kokain vermischt mit<br />

Backpulver, das geraucht wird. Es ist sehr leicht herzustellen und stellt die Droge mit der größten<br />

Gewinnspanne dar. Crack ist verheerend. Es macht, im Gegensatz zu anderen härteren Drogen,<br />

sofort süchtig und extrem aggressiv. Es zerstört den Abhängigen nach kürzester Zeit physisch und<br />

psychisch. Noch schlimmer als bei Heroin ist der Entzug. Er treibt den Abhängigen an den Rand<br />

des Wahnsinns und lässt ihn für ein paar Münzen morden oder sich für einen Zug an der Pfeife<br />

prostituieren. Aus diesem Grund ist in dieser Gruppe die Gefahr der AIDS-Infizierung mit am<br />

höchsten.<br />

Arbeitslosigkeit, Drogensucht und sozialer Abstieg unter den Jugendlichen macht sich in blinder<br />

Wut und Aggressivität Luft. Von Banden begangene Verbrechen und interne Kämpfe nehmen in<br />

der Stärke ihrer Auseinandersetzung immer mehr zu. Inzwischen sind die Gangs wie Armeen<br />

ausgerüstet. Schnellfeuergewehre, Maschinenpistolen sind keine Seltenheit und das Eintrittsalter<br />

hat sich zurzeit auf circa 10 Jahre eingependelt.<br />

Deswegen verwundert es auch nicht dass Mord im Getto die häufigste Todesursache ist und die<br />

statistische Lebenserwartung unter schwarzen Männern 46 Jahre beträgt.(18)<br />

Nachts gleichen das Getto eher einem Kriegsschauplatz, auf dem sich verschiedene Armeen<br />

gegenseitig bekämpfen. Eine davon ist die Polizei, die den Kampf gegen das Verbrechen durch<br />

Personalknappheit fast schon aufgegeben hat. Auf die Frage eines Reporters des Sterns über die<br />

Zustände im Getto antwortete ein Gettobewohner: "Fick das Leben verdammt, sagte er. Wir leben<br />

hier im Krieg".(I9)<br />

Auch äußerlich verwahrlosen die Gettos immer mehr. Durch unsoziale Wohnungsbaupolitik und<br />

einem Kaputtsanieren sieht es in der Bronx stellenweise aus, wie nach einem Bombenangriff.<br />

Noch nie war die Kluft zwischen den Reichen und Armen in den USA größer, der Graben zwischen<br />

Schwarzen und Weißen tiefer und die Wut der Schwarzen auf die Weißen größer. Genau diese<br />

Wut hat sich dem Hip Hop bemächtigt und spiegelt als eine Musik der schwarzen Unterschicht<br />

deren Stimmung wider. In ihrer direktesten Form kommt sie bei den selbst ernannten Gangsta-<br />

<strong>Rappe</strong>rn zum Ausdruck.<br />

Diese stammen zum größten Teil von der West Coast (Los Angeles). Zu ihren Hauptvertretern<br />

gehören u.a. NWA (Niggaz With Attitudes), Ice Cube, Geto Boys, Above The Law oder Boo Yaa<br />

T.R.I.B.E. In ihren Raps erzählen sie unverblümt und emotionslos von dem täglichen Leben in den<br />

Schwarzen-Gettos wie Compton oder Inglewood in South Central, Los Angeles. Vom Krieg<br />

zwischen den Rassen, der alltäglichen Gewalt. Gangsta-Hip Hop ist die Sprache der Gangs, der<br />

Banden in den Gettos und oftmals stehen diese <strong>Rappe</strong>r selbst noch mit einem Bein in einer<br />

solchen bzw. im Gefängnis. Die Gruppe Boo Yaa T.R.I.B.E. ist ein Beispiel dafür. Der erste Teil des<br />

Namens (Boo Yaa) ist, nach Aussage der Gruppe, der Sound den die Kugeln beim Abschießen<br />

einer abgesagten Schrotflinte verursachen. "Tribe" steht für den Stamm. Sie stammen alle aus ein<br />

und derselben Gang. Sie sagen zwar: "Unsere Waffen sind jetzt die Reime. Wir killen unsere<br />

Gegner nur noch mit unserer Musik"(20), machen aber auch im gleichen Augenblick klar, dass,<br />

wenn ihnen irgendjemand krumm kommt, sie sofort wieder zur Waffe greifen würden. Eine<br />

dermaßen hohe Agressivität legt auch der <strong>Rappe</strong>r Ice Cube an den Tag.<br />

29


(Plattenbspl.Nr.14: "The Nigga Ya Love To Hate", Ice Cube auf der LP "AmeriKKKas Most<br />

Wanted", 1991)*, Text siehe Anhang<br />

Auf seiner LP, die konzeptionell so angelegt ist, dass jedes Stück eine Seite der Getto-Realität<br />

darstellt und die untereinander mit Kurzhörspielen verbunden sind, beschreibt er nicht nur äußerst<br />

gewalttätig das Leben in seiner Umgebung. Er legt sich auf provozierende Art und Weise mit allen<br />

Weißen an, was bereits im Titel der LP klar zum Ausdruck kommt. Die drei großgeschriebenen Ks<br />

stehen für den Klu Klux Klan, und für ihn für alle Weißen. Sein Hass ist groß und er ist der<br />

schwarze Underdog, der es mit allen aufnehmen wird.<br />

Der Gruppenname Lench Mob (Lynchende Gang o. Mob) seiner Crew unterstreicht es noch<br />

zusätzlich. Der Name „... soll den Amerikanern ihren eigenen Rassismus vorhalten. Nachdem der<br />

Klu Klux Klan, der im Süden Schwarze gelyncht hat, sind wir jetzt dran - allerdings hängen wir<br />

unsere Gegner nicht mit Seilen, sondern mit unseren Worten auf."(21) Zur Not würde er innerhalb<br />

einer solchen Konfrontation sogar sterben. Als Beweis dafür steht zu Beginn seiner LP ein<br />

Hörspiel, indem er (als Cube Black) auf dem Elektrischen Stuhl hingerichtet wird. Er ist der harte,<br />

eiskalte Homeboy, der vor nichts zurückschreckt und den nichts aufhalten kann.<br />

Cube und seinen Kollegen von NWA (deren Mitglied er früher war) werden für solche Texte<br />

Gewaltverherrlichung, blinder Rassismus und menschenverachtende Frauenfeindlichkeit<br />

vorgeworfen. Sogar aus den eigenen Reihen des Message Hip Hops, so z.B. von KRS 1.<br />

Die Gangstas dagegen sehen darin lediglich die reine Darstellung der Realität und verstehen sich<br />

als Frontberichterstatter in einem Krieg. “Peoples sometime act as if we are making up the stuff we<br />

talk about on the records, that we are trying to be controversial and shocking. It is controversial and<br />

shocking, but it's also real. We're speaking in the language of the neighbourhood. The homeboy<br />

know exactly what we’re saying...”(22)<br />

Der Erfolg gibt ihnen anscheinend Recht. Ihre Platten landen in Amerika innerhalb kürzester Zeit<br />

auf den oberen Plätzen der Billboard-Charts und das ohne air-play, ohne, dass sie in Radios<br />

gespielt werden durften. Sie werden immer radikaler. Die letzte von Ice Cube veröffentlichte LP<br />

"Death Certificate" könnte nicht unversöhnlicher sein. Dort wird nicht nur das weiße Amerika<br />

verflucht, sondern – ebenfalls Koreaner ("Black Korea" ), Juden ("True To The Game"), Schwule<br />

("Horny Lil' Devil" ) und Frauen (Look Who's Burnin"'), die einmal mehr nur als Nutten (bitches)<br />

bezeichnet werden.<br />

"Death Certificate" ist das Zeugnis der augenblicklichen Stimmung großer Teile der schwarzen<br />

Bevölkerung, die sich von der Regierung und der Politik betrogen und im Stich gelassen fühlen und<br />

immer öfter mit blindem Hass auf alles reagieren, was vermeintlich anders ist. Damit geben sie<br />

jedoch die Unterdrückung nur weiter. An ihrer eigentlichen Situation ändert sich nichts. Gangsta<br />

Hip Hop als der Ausdruck eines solchen Bewusstseins ist das Dokument einer permanenten, zu<br />

einer Provokation erstarrten Protesthaltung geworden. Unfähig eine Analyse der Situation<br />

anzustreben und damit eventuell Vorschläge zu einer Verbesserung derselben zu liefern, verharrt<br />

diese Musik in reinen Drohgebärden und wird zum Dokument eines umgedrehten Rassismus, der<br />

auf Hass mit Hass antwortet.<br />

Die Textinhalte stellen gleichzeitig die Positionen der Nation Of Islam dar, dessen Mitglied Ice<br />

Cube inzwischen geworden ist, und die in den letzten Jahren stark an Mitgliedern (zurzeit, Januar<br />

1992: 800 000) hinzugewonnen hat. Unter der Führung von Louis Farrakhan hat sie sich zu einer<br />

noch radikaleren Sekte entwickelt, als sie es in den 60er-Jahren schon war: Schwarzer<br />

Nationalismus, Segregation und abstruseste Verschwörungstheorien über jüdisch-koreanische<br />

Geschäftsbesitzer, die der Black Community das letzte Geld aussaugen und dass es in den Gettos<br />

so viele Schnaps- und Plattenläden gibt, damit sich die Schwarzen selbst zerstören, sind<br />

Schwerpunkte ihrer Ideologie.<br />

Die NOI predigt die Überlegenheit der schwarzen Rasse und ist durch ihre physische und<br />

psychische Präsenz von offensichtlicher Stärke. Sie ist für viele Schwarze die einzige vorhandene<br />

politische Kraft, die dem weißen Amerika etwas entgegenzusetzen hat. Dadurch wird die NOI<br />

30


paradoxerweise auch für viele Schwarze, die in ihrem politischen Denken viel liberaler und<br />

humanistischer eingestellt sind, sehr attraktiv. Zum Beispiel gehört es unter den Hip Hoppern zum<br />

guten Ton - egal ob politisch oder nichtpolitisch, egal ob Gangsta <strong>Rappe</strong>r oder liberaler Polit-<br />

<strong>Rappe</strong>r - auf dem Platten-Inlett eine Grußbotschaft an Louis Farrakhan zu richten. Kritik an der<br />

Führung wird innerhalb der Black Community ausgetragen. Nach außen hin wird Geschlossenheit<br />

demonstriert. Anders ist es nicht zu erklären, warum z.B. Africa Bambaataa, der sowohl mit<br />

weißen, als auch mit schwarzen Künstlern arbeitet und sich in der Tradition der Bürgerrechts- und<br />

Friedensbewegung sieht, Mitglied in der Nation of Islam ist und genauso geschlossen hinter L.<br />

Farrakhan steht wie z.B. Ice Cube. Es zeigt gleichzeitig, wie verzweifelt die Lage der Schwarzen<br />

sein muss, wenn sie in ihrer Not zu einer Organisation stehen (müssen), deren Inhalte und<br />

Praktiken sie (teilweise) ablehnen.<br />

Eine Ausnahme bildet der Polit-<strong>Rappe</strong>r KRS1 und seine Gruppe Boogie Down Productions (BDP).<br />

KRS steht fest in der Tradition der Bürgerrechtsbewegung und ist selbsterklärter Gegner der<br />

Gangstas, die er nur verächtlich Sucker-MC’s (Ätz-<strong>Rappe</strong>r) nennt. Er setzt sich für Frieden,<br />

Gleichheit aller Rassen und Humanität ein. KRS1 gehört zu den Polit Hip-Hoppern, die ihre erlebte<br />

Realität nicht nur beschreiben bzw. verherrlichen, sondern die auch versuchen sie zu analysieren.<br />

KRS1 will nicht nur Hass säen, er versucht in seinen Texten Problemlösungen anzubieten.<br />

(Musikbeispiel Nr.15: BDP: "You Most Learn", auf "The Blue Print Of Hip Hop",(Jive/LP) 1988), Text<br />

siehe Anhang<br />

Wie aus dem Titel ersichtlich wird, steht für KRS1 die Bildung der Schwarzen im Vordergrund. Sie<br />

ist für ihn der Schlüssel zur Verbesserung der Zustände der Schwarzen: „I speak to them human<br />

intelligence. I want to show kids another way to deal with things. We can deal with things by beeing<br />

intelligent and dealing with our problems head on."(23) Er sieht sich inzwischen mehr als Lehrer<br />

und Philosoph, denn als <strong>Rappe</strong>r, und seine Aktivitäten beschränkt er nicht nur auf das Produzieren<br />

von LPs. Daneben hält er an amerikanischen Universitäten Vorträge über die Situation der<br />

Schwarzen und verfasst Artikel in der New York Times. Weiterhin ist er Initiator der Stop-The-<br />

Violence- und der H.E.A.L. (Human Education Against Lies) -Bewegung, in denen er Versucht, mit<br />

anderen Hip Hoppern gegen die zunehmende Gewalt innerhalb des Gettos anzugehen. Seine<br />

Auftritte nennt er Endutainmant, eine Verbindung von Education (Erziehung) und Entertainment.<br />

Dabei setzt er bewusst die Masche, harten Hip Hop mit humanitären Textinhalten zu verbinden,<br />

ein.<br />

KRSI ist im Laufe der Jahre z u einem der einflussreichsten <strong>Rappe</strong>r geworden. Sein Manko ist,<br />

dass gerade seine neueren Platten nicht mit der Qualität vieler anderer Produktionen standhalten<br />

können. Dadurch befindet er sich in der Situation, einerseits politischer Sprecher zu sein, der zu<br />

den verschiedensten politischen Veranstaltungen eingeladen wird und innerhalb der Community<br />

als Leader angesehen ist, andererseits verkauft er viel weniger Platten, weil die Schwarzen dann<br />

doch lieber die musikalisch besseren Gangsta-<strong>Rappe</strong>r hören wollen. „Boogie Down Productions<br />

kauft man, weil sie korrekt sind. Aber im Auto laufen Naughty By Nature oder NWA."(24)<br />

Eine Gruppe, die sich in dem Spannungsfeld dieser beiden gegensätzlichen Positionen befindet,<br />

die versucht, sie miteinander zu verbinden und obendrein kommerziell sehr erfolgreich ist, ist die<br />

Gruppe Public Enemy (PE). Sie steht der Nation Of Islam sehr nahe, was am ähnlichen Aufbau der<br />

Gruppe deutlich wird. PE ist im gesamten Auftreten militärisch und wie ein kleiner Staat organisiert.<br />

Neben den beiden <strong>Rappe</strong>rn Chuck D und Flavor Flav, dem DJ Terminator X, dem Minister Of<br />

Information und dem Media Assasin, gibt es die Security of the First World. Sie tritt in<br />

Kampfanzügen und mit Gewehrattrappen auf und ist der Fruits of Islam, der Elite-Kampftruppe der<br />

NOI nachempfunden. Der ganze Gestus und Habitus soll Stärke, Macht, Selbstbewusstsein, aber<br />

auch schwarzen Nationalismus signalisieren. Damit stehen sie in ihrem Auftreten der NOI nicht nur<br />

nahe, sondern begreifen sich als einen Teil dieser Bewegung. Gleichzeitig lassen sie sich aber<br />

nicht von ihr vereinnahmen und rücken von gewissen Inhalten ab und versuchen gleichzeitig<br />

Sprecher zu sein für die unterschiedlichsten Meinungen und Strömungen innerhalb der Community.<br />

31


Dies schaffen sie durch den, fast schon genialen Trick, die einzelnen Persönlichkeiten innerhalb<br />

der Gruppe bestimmte Parts mit bestimmten Funktionen übernehmen zu lassen, die sich eigentlich<br />

ausschließen. An erster Stelle steht der <strong>Rappe</strong>r Chuck D, der Kopf von PE und selbst ernannter<br />

Lyrical Terrorist. Er ist der schwarze, zornige Mann, der die Massen zum Nachdenken bewegen<br />

will. Seine Einstellung, die sowohl radikal-militant ist, als auch humanistische Gedanken beinhaltet,<br />

bezeichnet er als pro-black. Damit stellt er sich gegen die NOI mit ihrer against all whites- oder only<br />

black- Ideologie und wiederum auch nicht. Pro black bedeutet, höchstmöglichste Förderung der<br />

schwarzen Rasse. Dies beinhaltet bei fortdauernder Unterdrückung, die Entscheidung zu einer<br />

offenen Konfrontation mit der weißen Gesellschaft. Das ist der stärkste Berührungspunkt zwischen<br />

Chuck D und den Ideen und Zielen der NOI. Pro black schließt deshalb für Chuck D. nicht aus, mit<br />

Weißen gemeinsam aufzutreten, z.B. 1990 mit einer weißen Hip Hop-Gruppe, den Young Black<br />

Teenagers oder 1992 mit der Heavymetal-Band Anthrax. An diesem Punkt entfernt er sich sehr<br />

deutlich von der NOI, da er durch solche Aktionen Gesprächsbereitschaft signalisiert. Für ihn sind<br />

nicht alle Weiße automatisch blue-eyed-devils.<br />

Chuck D gegenüber stehen der Minister of Information Professor Griff und Media Assasin Harry<br />

Allen. Beide übernehmen den Part des unversöhnlichen, zynischen Schwarzen, der alle Weißen<br />

verteufelt und im Prinzip als Sprachorgan der NOI gewertet werden kann. Nach heftigen<br />

antisemitischen Äußerungen Professor Griffs in der Washington Times vom Mai 1989 verließ er<br />

nach beiderseitigem Einverständnis die Gruppe. Seinen Platz als Informationsminister nahm Sister<br />

Souljah ein, welche für die Emanzipation der schwarzen Frauen eintritt und aus einer christlich<br />

motivierten, politischen Bewegung kommt. Den Part des Weißen-Hassers hat Harry Allen nun ganz<br />

übernommen.<br />

Ihnen allen zur Seite steht Flavor Flav, Co-<strong>Rappe</strong>r und Joker im wahrsten Sinne des Wortes. Er ist<br />

die personifizierte Karikatur all der Eigenschaften, die den Schwarzen von Seiten rassistischer<br />

Weißer angehängt werden. Der vollkommen überzogene Nigger, egozentrisch, triebhaft und<br />

absolut überdreht. Die Bewegungen, die extreme Getto-Sprache sind die maßlose Übertreibung<br />

der Eigenschaften und Verhaltensweisen eines vollkommen durchgeknallten Homeboys. Er ist der<br />

Gegenpol zu Chuck D und lockert, durch seine manchmal psychopatisch anmutenden<br />

Verhaltensweisen, die intensive Präsenz der Gruppe auf.<br />

Die unterschiedlichen politischen Strömungen innerhalb von PE sind sehr schlecht nachvollziehbar,<br />

aber für die Botschaft ungeheuer effektiv. Zum einen erfreuen sie sich eines breiten Zuspruchs<br />

innerhalb der Community, zum anderen erreichen sie durch die gelegentlichen Ausfälle einzelner<br />

Mitglieder der Gruppe eine hohe Medienpräsenz. Provokative oder rassistische Äußerungen<br />

dienen dazu, bei der breiten Masse der Bevölkerung eine Diskussionsbereitschaft zu erzielen und<br />

Inhalte und Anliegen der Community zu verbreiten.<br />

Die Musik von PE übersteigt die Intensität der Darstellung der Gruppe bei weitem.<br />

(Musikbspl. Nr 16: Public Enemy, “Fight The Power" auf Fear Of The A Black Planet”, Def Jam<br />

1990), Text siehe Anhang<br />

Ihre Songs ähneln eher einer Klang/Krach-Collage. Eingesampelte Sirenen, wilde Heavymetal-<br />

Scratches erzeugen eine beständige Geräuschkulisse, die den Hörer gefangen nimmt und<br />

vereinnahmt. Public Enemy schafft es, ähnlich wie Ice Cube, die Wut und Agressivität in einer<br />

absolut intensiven Form in die Musik zu codieren. Bei vielen Stücken hat man unwillkürlich das<br />

Gefühl mitten in ein Kriegsgebiet versetzt zu sein. Energie pur, wobei das englische Wort Power<br />

die treffendere Bezeichnung wäre, beinhaltet es auch die Bedeutung von Macht.<br />

Darin eingebettet sind die Lyrics von Chuck D, eine Mischung aus Beschreibung, Anklage und<br />

Belehrung. Ihre Inhalte gehen von Kriegsdienstverweigerung über den Rassismus in seinen<br />

verschiedensten Ausprägungen, bis hin zu den Krisen innerhalb der Community, wie Drogen,<br />

Bandenkriminalität, männlichen Chauvinismus.<br />

Genau wie KRS1, betrachten sich PE weniger als Musiker, sondern als analysierende<br />

Berichterstatter: "Was wir tun können ist die Sinne für die Wahrnehmungen aller Art weiter zu<br />

sensibilisieren und dadurch die Intelligenz des Einzelnen zu fordern... Wir können nur informativ<br />

32


aktiv werden, punktuell wie eine Art Lehrplan, den wir zusammenstellen. Nur damit können wir aber<br />

auch Veränderungen in der Community herbeiführen. Darüberhinaus müssen die weißen Politiker<br />

gezwungen werden, uns dort Hilfe zu leisten, wo es am nötigsten ist. In diesem Sinne verstehen wir<br />

uns als 24 Std.-7 Tage-die-Woche-TV-Station, die den Dialog voranbringen muss. Alleine um den<br />

staatlich beherrschten Massenmedien etwas entgegenzusetzen."(25)<br />

Dieses Konzept nennen sie "mental-self-defensiv". Der Aufbau einer eigenen physischen und<br />

psychischen Stärke, durch die Analyse (und Konfrontation mit) der Vergangenheit und der<br />

Gegenwart. Diesen Lernprozess wollen sie durch das bewusste Einsetzen von Popmusik in Gang<br />

bringen und erreichen: "Die Idee, den Auflösungserscheinungen etwas entgegenzusetzen, hat<br />

natürlich nichts mit Pop oder so zu tun. Nur: die Leute, um die es geht, erreichst du halt mit Musik.<br />

Die hören ja überhaupt keiner Öffentlichen Persönlichkeit oder gar einem Abgeordneten mehr<br />

zu".(26) Um ihre Message erfolgreich an den Mann oder die Frau zu bringen setzen sie das<br />

Medium Videoclip ein. Die Video-Clips sind eine geschickte Mischung aus Fiktion, Dokumentarfilm-<br />

Einspielungen und nachgespielten Szenen. Mit Eindringlichkeit und Klarheit werden dort die<br />

Mechanismen der alltäglichen Unterdrückung analysiert. In dem "Can Truss It"-Video werden<br />

nachgespielte Szenen aus der Sklavenzeit mit dokumentarischen Einspielungen von Verhaftungen<br />

schwarzer politischer Führer (M. L. King, Angela Davis, Malcom X) in Zusammenhang gebracht,<br />

und somit, in Verbindung mit Text und Musik, eine Kontinuität schwarzer Unterdrückung dargestellt.<br />

(Muiskbspl.Nr.16: PE "Can Truss It" auf der LP "Apokalypse 01... The Enemys Strikes Back“, Def<br />

Jam ‘92), Text siehe Anhang<br />

Das Video "911 Is Just A Joke" ist ein zynischer und satirischer Angriff auf die medizinische<br />

Unterversorgung der schwarzen Bevölkerung. In dem Clip "Brothers Gonna Work It Out" klagen<br />

sie, wiederum durch die Vermischung von Fiktion und Realität, polizeiliche Übergriffe auf die<br />

schwarze Bevölkerung an und liefern Vorschläge, wie man durch Selbsthilfe-Gruppen gemeinsam<br />

Vorgehen und aktiven Widerstand leisten kann. Bewusst setzen Public Enemy die Video-Clips als<br />

Träger ihrer Botschaften ein. Dabei gehen sie nicht nur von der Tatsache des immer größer<br />

werdenden Analphabetentums aus, sondern erheben die Videos zur Nachrichten- und<br />

Informationsquelle einer Oral Culture-beeinflussten Gesellschaft.<br />

Damit werden Public Enemy und mit ihnen die meisten anderen Hip Hop-Gruppen, zu neuzeitlichen<br />

afrikanischen Wandersängern, die jahrtausendalte Kulturtraditionen mit neuesten technischen<br />

Mitteln fortsetzen: Botschafter, Prediger, Aufklärer, Politiker, Geschichtenerzähler, Historiker,<br />

Künstler und Bewahrer der afroamerikanischen Geschichte. Hip Hop ist nicht nur der Ausdruck<br />

eines bestimmten Bewusstseins. Er ist, mittels seiner Lehr-, Lern- und Vorbildfunktion (Chuck D.<br />

hat längst die Stellung eines politischen Leaders), Ausgangspunkt zur Änderung des<br />

Bewusstseins, Grundlage gesellschaftlichen Handelns und fester Bestandteil der Black Community<br />

geworden.<br />

4.3. MESSAGE EIP HOPPER - POPIDOL UND POLITISCHER FÜHPER<br />

Das ist wohl der Hauptgrund, weshalb Hip Hop bis heute noch nicht von Weißen adoptiert worden<br />

ist. In jeder anderen schwarzen Musik ist dies früher oder später geschehen. Es gibt weiße<br />

Bluesmusiker, Jazzmusiker, Funkmusiker, die diese Musik nicht nur nachspielen, sondern auch<br />

Innovatives leisten oder geleistet haben wie z.B. im Jazz der Pianist Bill Evans oder Joe Zawinul<br />

oder im Blues der Gitarrist Johnny Guitar Winter. Hip Hop wird seit 20 Jahren von Schwarzen<br />

gemacht. Es gab und gibt (’92) meines Wissens in Amerika drei weiße Gruppen, die kommerziell<br />

erfolgreich, Hip Hop machen. Wobei entweder schwarze Produzenten hinter den Gruppen stehen<br />

(Beastie Boys und Young Black Teenagers) oder die Gruppen gemischt sind (3rd Bass). Hinzu<br />

kommen zwei oder drei Latino Hip Hopper wie z.B. Kid Frost oder Mellow Man Ace. Selbst im<br />

Crossover-Bereich zur Popmusik finden sich sehr wenig weiße <strong>Rappe</strong>r (Marky Mark, Vanilla Ice),<br />

auch hier dominieren die schwarzen <strong>Rappe</strong>r wie z. B. Kid'n Play, MC Hammer, Tone Loc oder<br />

Young MC.<br />

33


Trotzdem ist Hip Hop bei allen Jugendlichen - und da gerade der härteste Message Hip Hop - die,<br />

neben Heavymetal, zurzeit populärste Musik. In kaum einer anderen Musiksparte werden so viel<br />

Platten verkauft und wird so viel Geld verdient.<br />

Jugendliche auf der halben Welt rennen wie B-Boys aus der Bronx oder South Compton herum.<br />

Was macht die Musik für weiße Kinder aus einem fremden Kulturkreis so interessant?<br />

An den gesellschaftskritischen Texten kann es nicht liegen, denn die werden in den seltensten<br />

Fällen verstanden, da es selbst weißen Amerikanern zum Teil Schwierigkeiten bereitet, Black<br />

English halbwegs gut zu verstehen.<br />

Ich denke der Reiz dieser Musik liegt in ihren rebellischen Ausdrucksformen, ihrem Habitus, der<br />

Musik und der darin codierten Power. Das was Rock 'n Roll für die 50er, Soul und Rock für die 60er<br />

und Punk für die 70er war, ist der Hip Hop für die 80er und 90er-Jahre: Spaß, Aufmucken,<br />

Aggression. Er besitzt somit all die Eigenschaften, die eine anständige Jugendrevolte braucht.<br />

Mehr noch, die Musik fand ihre ersten und größten Anhänger unter den ausländischen<br />

Jugendlichen (die ersten Breakdancer waren türkische und jugoslawische Jugendliche). Sie<br />

konnten sich, selbst einer benachteiligten Minderheit angehörend, sehr gut mit Hip Hop<br />

identifizieren. Hip Hop als Revolutionsmusik, schafft es somit seine Inhalte in der Musik codiert,<br />

über soziale Grenzen hinweg, zu vermitteln.<br />

Polit- Hip Hoppern wie Chuck D oder KRSI ist es schmerzhaft bewusst, dass sie nur zur Hälfte<br />

verstanden und zumeist mit den Gangsta-<strong>Rappe</strong>rn in einen Zusammenhang gebracht werden, weil<br />

sie mit der gleichen Energie und mit ähnlichen Bildern arbeiten. Dies nehmen sie in Kauf, denn<br />

durch die große Beliebtheit von Hip Hop und ihrem Pop- bzw. Idolstatus, erreichen sie, dass ihr<br />

Anliegen, ihre Botschaft zum Gesprächsthema gerade in den sonst sehr unpolitischen<br />

Popmusikmedien wurde. Nicht nur durch die MTV-Sendung "Yo!MTV", die 1989 auf Sendung ging<br />

und die in Amerika, wie in Europa eine der beliebtesten Hip Hop-Musiksendungen überhaupt ist,<br />

konnte der Message Hip Hop sein Anliegen weltweit publik machen.<br />

5. RESÜMEE UND AUSBLICK<br />

Mit dem Hip Hop entstand ein neuer Musikstil innerhalb der afroamerikanischen Musik. Was sich<br />

zu Beginn ausnahm wie eine leicht modifizierte Form der Discomusik, entwickelte sich im Laufe der<br />

nächsten Jahre zu einer eigenständigen Musikform mit neuen Instrumenten und neuen Techniken.<br />

Aus den Publikumsaufforderungen wurden Raps, gesprochene Texte die informativ, poetisch aber<br />

auch provozierend und politisch waren: Afroamerikanische Literatur im Sinne der Oral Culture. Die<br />

Plattenspieler waren mehr als reine Abspielgeräte. Sie wurden zu Instrumenten, die DJs zu<br />

Instrumentalisten, Solisten und zumindest in der Anfangsphase des Hip Hop zu Improvisateuren.<br />

Später, mit dem Aufkommen der elektronischen Geräte, wurden sie eher zu Soundgestaltern und<br />

Komponisten, die, auf der Grundlage von konservierter Musik (Schallplatten, Filmmusiken etc.),<br />

collagenartige und sehr tanzbare Musik kreierten und ihnen den Ruf einbrachte lediglich<br />

"Copycats", d.h. Ideenklauer, zu sein.<br />

Dies entspricht nicht meiner Auffassung, denn sie übernahmen nicht nur bereits vorhandene<br />

Musikstile, sondern montierten sie nach ihren Vorstellungen zu neuen Sounds, zu einer neuen<br />

Musik zusammen. Dabei folgten sie einem aus Afrika stammenden Kompositionsprinzip, nach der<br />

nicht die Anfangsidee, sondern die rhythmischen Melodievariationen der beteiligten Musiker über<br />

einen Grundrhythmus oder -melodie die eigentliche Komposition ist. Sie benutzten eine uralte<br />

Technik des Musizierens mit den neuesten technischen Möglichkeiten. Die Tatsache, dass durch<br />

das Samplen von 70er-Jahre Funk ein Revival dieser Musik eingeleitet wurde, spricht meines<br />

Erachtens dafür, dass der Hörer, die Hörerin sehr wohl zwischen dem Original und der daraus neu<br />

entstandenen Musik unterscheiden konnte. Wem ein gesampelter Akkord oder Schrei eines James<br />

Brown-Stücks (als James Brown-Musik) reichte, würde nicht zum Original greifen wollen.<br />

Außerdem habe ich noch niemanden sagen hören Charlie Parker oder Dizzy Gillespie wären<br />

Copycats, nur weil sie die Akkordfolge des Georg Gershwin Songs "I've Got Rhythm" benutzten,<br />

um eigene Melodien und Improvisationslinien darüber zu spielen. Der Jazz und der Hip Hop<br />

verwendeten und verwenden gleiche Techniken: In Beiden wird ausgewählt und bestehende Musik<br />

34


in immer anderen Variationen neu zusammengesetzt. Dass dabei die Jazzmusiker normale<br />

Musikinstrumente benutzen und die Hip Hopper neue erfanden, sollte nicht über die Tatsache<br />

hinwegtäuschen, dass erstens in allen afroamerikanischen Musikstilen Instrumente gegen ihren<br />

Sinn, ihre technische wie musikalische Funktion benutzt wurden (neue Anblastechniken/Hot<br />

Intonation/Rolle der Begleitinstrumente im Jazz oder Blues oder Sampling/Cutting/Mixing als<br />

kreativ-musikalisches Moment im Hip Hop), und das es zweitens um das gleiche<br />

Kompositionsprinzip handelt.<br />

Hip Hop steht nicht nur fest in der Tradition afroamerikanischer Musikstile, in ihm sind, wie von mir<br />

ausgeführt, Afrikanismen wieder auferstanden. Graffitis Z. B. sind nicht nur kunstvolle Bilder, die je<br />

nach Sichtweise das Straßenbild verschönern bzw. verschandeln. Sie besitzen innerhalb der Oral<br />

Culture geprägten Kultur der Black Community Symbol- und Nachrichtenfunktion. Aus einfachen<br />

Namensschriftzügen oder Abkürzungen (Tags) entstanden, dienen sie zur Gebietsmarkierung für<br />

einzelne Jugendgangs. Sie sagen viel über den jeweiligen Maler aus: Sowohl im Sinne einer<br />

kunstwissenschaftlichen, ästhetischen Analyse, als auch als direkte und eindeutige Botschaft.<br />

Der Tanz stand und steht ebenfalls für die direkte Kommunikation, mit dem Konkurrenzkämpfe<br />

ausgetragen werden, und in dem der tägliche Kampf ums Überleben gestisch mitgeteilt wird. Eine<br />

Hauptleistung des Hip Hops ist die Wiederentdeckung der gesprochenen (gesungenen) Sprache<br />

als Botschaft. Sie wurde zur Trägerin von Informationen und entwickelte sich zur direktesten und<br />

unmittelbarsten Form schwarzen Protests, den die afroamerikanische Musik bisher hervorgebracht<br />

hat. Sie knüpft an die Tradition der afrikanischen Wandersänger an, und sie ist als Musik einer Oral<br />

Culture nicht nur Ausdruck des Bewusstseins dieser Gesellschaft, sondern Grundlage und<br />

bestimmende Form. Chuck D von Public Enemy oder KRSI von Boogie Down Productions haben<br />

den Status von Pop-Idolen und politischen Führern!<br />

Damit wurde der Hip Hop zur direktesten und geschlossensten Kunstform, welche die Black<br />

Community hervorgebracht hat. Hip Hop ist Musik, Poesie, Literatur, Tanz, Bewahrer der<br />

afroamerikanischen Geschichte, Chronist, Protest, Politik aber auch Spaß und Sex und spiegelt<br />

somit die Black Community in ihrer Gesamtheit wider, und ist, wie bereits gesagt, ein Teil der<br />

gesellschaftlichen Grundlagen der Community. "In der Vergangenheit waren Gospel und Blues die<br />

Musik des Volkes", sagt KRS1. "Jetzt ist es Rap."(1)<br />

Darin liegt wohl auch der Grund, warum es diese Kunstform geschafft hat, von Weißen weder<br />

adaptiert noch weiterentwickelt zu werden. Es gibt sehr wenig weiße Hip Hopper, und die drei bis<br />

vier weißen Künstler (Stand Januar/1992) sind die Ausnahme, die die Regel bestätigen. Zu dieser<br />

Ausnahme gehören für mich auch die lateinamerikanischen MCs und DJs wie z.B Kid Frost und<br />

Mellow Man Ace. Sie sind zum Teil Sprachrohr der Chicanos und Puerto Ricaner, die nach Vorbild<br />

der Afroamerikaner "I'm brown and I'm proud" propagieren. Die große Masse der Latinos jedoch<br />

hören identifizieren sich nach wie vor lateinamerikanischer Musik, wie z.B. dem kubanischen Salsa.<br />

Hip Hop sperrt sich gegen die Vereinnahmung von außen, und ist trotzdem (oder gerade<br />

deswegen?) gleichzeitig eine der beliebtesten Musikstile der heutigen Popmusik. Er ist neben<br />

Heavymetal die Jugendmusik der 90er-Jahre, weil er, genau wie alle anderen Jugendmusiken vor<br />

ihm, für Revolte, Protest, Spaß, Sex und Jugendlichkeit steht. Hip Hop gibt es seit 20 Jahren und<br />

das Potenzial dieser Musik scheint noch lange nicht ausgeschöpft. Hip Hop hat als Grundlage die<br />

variative Veränderung kleiner musikalischer Bausteine, hier gesamplete Musikteile.<br />

Zusammengesetzt bilden sie die Komposition als augenblickliche Erscheinung, die durch die Platte<br />

oder (seltener) das Konzert festgehalten wird. Dies beinhaltet eine permanente Aktualisierung des<br />

Hip Hops. Hip Hop ist wie ein Schwamm, der aktuelle Strömungen aufgreifen kann und sie in<br />

seinem Sinne und nach seinen Vorstellungen verarbeitet. Ich begreife Hip Hop als eine, in einem<br />

positiven Sinne, eklektizistische Musik, die durch ihre Offenheit, nicht nur Revivals benutzter - weil<br />

gesampleter - Musikstile einleitet, sondern auch zu starken Crossovertendenzen, zu Verbindungen<br />

mit anderen Musikstilen zu neuen Musikstilen, neigt. An den neuesten Entwicklungen möchte ich<br />

diese Crossovertendenz zu anderen Musikstilen (am Beispiel Jazz) und die permanente<br />

Weiterentwicklung und Verarbeitung von Musikstilen (am Beispiel Reggae) zu immer neueren<br />

Formen des Hip Hops kurz darstellen.<br />

35


5.1. HIP HOP UND JAZZ - HIP HOP UND REGGAE<br />

Die Politisierung innerhalb des Hip Hop schaffte bei den Hip Hoppern, ähnlich wie bei den Be<br />

Boppern und später bei den Free Jazzern, ein Bewusstsein für den Ursprung und die Wurzeln der<br />

afroamerikanischen Kultur. Zu Beginn der 90er-Jahre war Afrocenitry in aller Munde. Ähnlich wie in<br />

den 70er-Jahren entstand in dieser Zeit eine starke Rückbesinnung auf das afrikanische Erbe. In<br />

diesem Zusammenhang sind die "Five Percenter" von großer Wichtigkeit, die unter den Hip<br />

Hoppern immer mehr Anhänger gewinnen.<br />

Die Five Percenter wurden in den 60er-Jahren von Clarence 13 X Smith gegründet und sind eine<br />

von insgesamt 72 Splittergruppen der Nation Of Islam (NOI). Ihre Ideologie ist eine Mischung aus<br />

afrikanischer Mystik und christlichen und islamischen Heilslehren. In der Hauptsache vertreten sie<br />

die Ansicht, dass die Wiege aller Kulturen in Afrika steht, dass 85% Prozent aller Menschen von<br />

10% aller Menschen ausgebeutet werden und nur 5% dies alles durchschauen und ändern können.<br />

Sie betrachten sich als die Elite und vertreten die Ansicht, dass jeder Mensch sein eigener Gott ist,<br />

der sich seine eigene Realität kreiert. Dadurch sind die Five Percenter gerade unter den<br />

jugendlichen Schwarzen sehr beliebt, denn wer sich seine eigene Realität schafft, kann, im<br />

Gegensatz zur fundamentalistischen NOI-Ideologie, ruhig Alkohol oder andere Drogen genießen.<br />

Neben diesen skurrilen Verhaltensmustern der Mitglieder beinhaltet die Ideologie der eigenen<br />

Realität einen selbstbestimmteren Umgang mit sich selbst und anderen und ist bewusster<br />

Ausdruck dafür, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen. Mitglieder sind u.a. Big Daddy Kane,<br />

Kool Moe Dee, Eric B oder Lakim Shabazz. Dazu kommen Gang Starr, Monie Loye, Queen Latifah,<br />

A Tribe Called Quest und die Jungle Brothers, die Zusammen die Vereinigung der "Native Tongue"<br />

bilden.<br />

Im Zuge des wachsenden Selbstvertrauens, aber auch dem größer werdenden Interesse an der<br />

eigenen kulturellen Geschichte, begann diese Gruppe von Hip Hoppern, den Jazz für den Hip Hop<br />

zu entdecken.<br />

(Musikbeispl. Nr. 18: "Jazz Thing" von Gang Starr, Maxiversion CBS 1991)<br />

"Jazz Thing" ist sowohl textlich, als auch musikalisch eine Hommage an den gesamten Jazz. Der<br />

Rap erzählt die Geschichte des Jazz, der durch eingesampelte Jazzsoli oder Gesprächsfetzen von<br />

Jazzmusikern unterstützt wird.<br />

In einem anderen Stück nehmen Gang Starr die Akkordfolge einer Dizzy Gillespie-Version von<br />

"Night In Tunesia" als Grundlage für ein sehr tanzbares Hip Hop-Stück. In Folge entstanden, unter<br />

anderem auch in England, eine Vielzahl von Remixes alter Jazz-Stücke, die mit Hip Hop-Rhythmen<br />

unterlegt wurden. Wie bei den Soul-Samples früherer Hip Hop-Stücke, begannen sich die Hörer<br />

auch bei den neuen Jazz-Samples sehr schnell für die ursprüngliche Musik zu interessieren.<br />

Eingesamplete Soli von John Coltrane oder Miles Davis bei den Jungle Brothers, oder der<br />

gesamplete Groove von "Don't Lose Your Mind" von der Miles Davis-LP "Tutu" bei Queen Latifah,<br />

waren u.a. Startzeichen für ein Jazz-Revival, das zurzeit noch anhält.<br />

Von Seiten der Jazz-Musiker gibt es sehr viele Vorbehalte gegenüber diesen eigenartigen<br />

Mischformen von Hip Hop und Jazz. Immer mehr jüngere Jazz-Musiker beginnen jedoch, die<br />

Energien des Hip Hop für sich zu entdecken und in ihre Musik zu integrieren. Der Erste, der<br />

Elemente aus dem Hip Hop verwendete war Herbie Hancock auf seiner 1983er LP "Futureshock".<br />

Dort finden sich live eingespielte Scratches und eingemixte Geräusche. Ein weiteres Beispiel ist<br />

der Tenorsaxofonist Branford Marsalis, der mit Gang Starr auf der "Jazz Thing"- und mit Public<br />

Enemy auf der "Fight The Power"-Produktion zusammengearbeitet hat. Ein anderes Beispiel ist die<br />

New Yorker Musikervereinigung "M-Base" um die Musiker und Musikerinnen Steve Coleman,<br />

Cassandra Wilson, Abbey Lincoln, Robin Eubanks und Craig Harris. Robin Eubanks hat auf seiner<br />

letzten LP "Karma" eine interessante Vermischung aus Funk, Miles Davis-Fusion, experimenteller<br />

Musik und Hip Hop vorgestellt.<br />

36


(Musikbeispl. Nr.19: Pobin Eubanks, "Karma" auf der LP "Karma", New York 1990)<br />

Der englische Gitarrist Ronny Jordan hat auf seiner neuesten LP "The Antidode" den Jazz-<br />

Klassiker „So What" von Miles Davis aufgenommen. Das im Swingfeeling gespielte Stück ist mit<br />

einem Hip Hop Rhythmus unterlegt. Sehr eindrucksvoll ist das dazugehörige Video. Während der<br />

stark Georg Benson beeinflusste Ronny Jordan sein Solo spielt, tanzen Breakdancer im<br />

Hintergrund, die auch dann nicht aufhören, wenn in einem Break innerhalb des Stücks nur der<br />

Swingrhythmus weiterläuft. Damit sagt dieses Video mehr über die Gemeinsamkeiten schwarzer<br />

Musik aus, als Theorien es zu leisten vermögen.<br />

Inzwischen haben die Hip Hopper wiederum begonnen mit Instrumentalisten aufzutreten und<br />

Konservenmusik mit Livemusik zu mischen. Der Go-Go-Swing, eine Spielart des Hip Hop aus<br />

Washington, praktiziert dies schon seit längerer Zeit. Dort werden alte Jazz-, Blues- und<br />

Soulstandards mit Rap gemischt und in einem nonstop durchgehenden Rhythmus vorgetragen.<br />

(Musikbspl.Nr.20: Chuck Brown & the Soulsearchers, "Kickin' The Jams", von der LP "LIVE 87",<br />

Rhythm King 1988)<br />

Hip Hop ist längst kein einheitlicher Stil mehr. Entstanden als Party-Musik, ist er zu einer Gattung<br />

geworden, die von einfachen Pop Crossovers über Message Raps bis hin zur Verbindung und<br />

Verschmelzung mit anderen Musik-Stilen wie Acid/House, Jazz, Reggae und Hardrock/Heavymetal<br />

reicht. In diesem Augenblick, in dem ich über die neuesten Tendenzen schreibe, hat mich mit<br />

ziemlicher Sicherheit die musikalische Entwicklung bereits überholt. Dies gilt sowohl für die<br />

Verbindung und Annäherung von Jazz und Hip Hop, als auch für den neusten Hip Hop-Stil: den<br />

Ragamuffin Hip Hop.<br />

(Musikbeispl. Nr.21: Poor Righteous Teachers, "Easy Star", Maxi-Version 1992)<br />

Ragamuffin Hip Hop ist eine Verschmelzung von Reggae bzw. Dancehall mit Hip Hop, und meiner<br />

Meinung nach der neueste und wahrscheinlich wichtigste zukünftige Stil im Hip Hop. In „Yo! MTV<br />

Raps“, der wichtigsten und aktuellsten Hip Hop-Sendung des Videosender MTV, hat sich der mit<br />

schweren Reggae-Rhythmen versetzte Hip Hop bereits durchgesetzt. Der neue Rap-Stil, eine<br />

Mischung aus rezitativem Toasting der Reggae-DJs und -Sängern und den Raps des Hip Hop ist<br />

von vielen einigen <strong>Rappe</strong>rn, wie z. B. Big Daddy Kane teilweise übernommen worden.<br />

Ich bin neugierig, was in den nächsten Jahren mit dem Hip Hop zu einem neuen Stil verschmelzen<br />

wird. Eine Richtung wird sicherlich die Verbindung zwischen Hardcore Hip Hop mit Heavymetal<br />

sein. Ein Beispiel dafür ist, die bereits erwähnte Zusammenarbeit von Public Enemy mit der Gruppe<br />

Anthrax. Rick Rubins neues Label Def America Records, das sowohl Heavymetal-Gruppen, als<br />

auch Hip Hop-Gruppen wie die Geto Boyz unter Vertrag hat, könnte innerhalb dieser Entwicklung,<br />

von Bedeutung sein. Rubin erkannte Mitte der 80er-Jahre zu Zeiten von Def Jam R. die<br />

energetische Gemeinsamkeit von Hip Hop und Hardrock und brachte Run DMC mit Aerosmith<br />

zusammen.<br />

Eine weitere Entwicklung innerhalb des Hip Hops könnte der Crossover zu den verschiedensten<br />

Ethno-Musiken sein. Ich denke, dass die Beschäftigung der Hip Hopper mit ihren kulturellen<br />

Wurzeln, verbunden mit einer noch stärkeren Hinwendung zum Islam, zu einer<br />

Auseinandersetzung mit nichtwestlicher Musik führen könnte. Ähnlich wie bei den Hardboppern<br />

und Freejazzern 10 bzw. 20 Jahre zuvor, werden sie sich in den nächsten Jahren vielleicht mit<br />

Musik aus Indien und Afrika beschäftigen. Einen ersten Schritt in diese Richtung hat der gläubige<br />

Moslem Eric B schon getan. Auf der Maxi-Version seines Stücks "Paid In Full" von 1987 sind<br />

Gesangs- und Musikfetzen der israelischen Sängerin Ofra Haza eingesamplet. Indische Ragas<br />

vermischt mit Raps? Wir dürfen gespannt sein!<br />

37


6. ANHANG<br />

6.1. CHRONOLOGIE DES HIP HOPS<br />

1970 1974 In dem schwarzen Getto Bronx<br />

entwickelt sich aus der Discomusik<br />

und Elementen und Techniken des<br />

Reggae die Rap-Musik. Sie wird<br />

mit dem Breakdance und den Graffitis<br />

zu Ersatzwettkämpfen der<br />

Jugendgangs. Im Hip Hop entstehen<br />

neue musikalische Techniken wie<br />

das <strong>Rappe</strong>n, das Mixen und das<br />

Scratchen. Die ersten Protagonisten<br />

sind DJ Kool Herc, Grandmaster Flash<br />

und Africa Bambaataa.<br />

1974 1976 Hip Hop wird immer bekannter. Die<br />

Hip Hop-Partys werden zu<br />

Massenveranstaltungen, auf denen<br />

Jugendliche aller Hautfarben<br />

gemeinsam feiern. Die Techniken<br />

des Scratchen werden verfeinert.<br />

1979 Die erste Hip Hop-Platte wird<br />

veröffentlicht. "<strong>Rappe</strong>r's Delight"<br />

von der Gruppe Sugar Hill Gang,<br />

einer Retortenband der Produzentin<br />

Sylvia Robinson.<br />

1980 Hip Hop wird über die Grenzen hinweg<br />

bekannt. Die eigentlichen Hip<br />

Hopper kommen jetzt zum Zug. Die<br />

großen Plattenfirmen beginnen sich<br />

für die neue Musik zu interessieren.<br />

Kurtis Blow ist einer der ersten<br />

Hip Hopper, der bei einer großen<br />

Plattenfirma unterkommt. Ein<br />

Beispiel, das sehr schnell Schule<br />

macht. Es gründen sich immer mehr<br />

Gruppen und Tanzcrews.<br />

Charlie Ahearns Film "Wild Style"<br />

porträtiert sehr authentisch die<br />

damalige Hip Hop-Szene.<br />

1982 Hip Hop ist weltweit bekannt. Die<br />

erste Phase (Old School) neigt sich<br />

dem Ende zu. Gründe: Überladung<br />

der Musik mit elektronischen Geräten<br />

und Scratches.<br />

1983 Die Kunstform Hip Hop scheint sich<br />

totgelaufen zu haben.<br />

38


1984 Die Band Run DMC experimentiert mit Hardrockrhythmen.<br />

Rick Rubin und Simon Russel gründen Def Jam Records und nehmen den<br />

erst 16-jährigen LL Cool J unter Vertrag.<br />

1985 Run DMC und LL Cool J sind die Begründer der "New School". Eric B &<br />

Rakim führen das Sampling in den Hip Hop ein.<br />

1986 Boogie Down Productions (BDP) gründen sich.<br />

1987 Public Enemy produzieren ihr erstes Album. Ice T aus Los Angeles<br />

veröffentlicht sein erstes Album. Das Image des "Gangstas" etabliert sich im<br />

Hip Hop. Gangsta-Hip Hop von der West Coast wird immer beliebter.<br />

1988 KRS1 (von BDP) ruft die "Stop The Violence-"Bewegung ins Leben.<br />

1989 Die Sendung "Yo!MTV Raps" geht auf Sendung. NWA veröffentlichen ihr<br />

erstes Album "Straight Outta Compton".<br />

De La Soul veröffentlichen ihr erstes Album " 3Feet High And Rising".<br />

Public Enemy-Mitglied Professor Griff äußert sich in der Washington Post<br />

antisemitisch und rassistisch und muss sich von Publik Enemy trennen. Die<br />

NOI gewinnt immer mehr Einfluss auf die Hip Hop-Szene.<br />

1990 Afrocenitry mit den dazugehörigen Accessoires kommt in Mode. Die "5<br />

Percenter" eine islamische Sekte der NOI gewinnen unter den Hip Hoppern<br />

immer mehr Anhänger. Dadurch findet eine stärkere Zuwendung zur eigenen<br />

Kultur und Geschichte statt: Jazz- und Reggaemusik finden Eingang in den<br />

Hip Hop.<br />

Die West-Coast <strong>Rappe</strong>r schließen sich zu einer "Alliance" zusammen und<br />

treten mit dem Stück "We Are All In The Same Gang" gemeinsam gegen die<br />

Gewalt in den Gettos auf.<br />

1991 Hip Hop ist eine der erfolgreichsten Musikstile der späten 80er- und<br />

beginnenden 90er-Jahre geworden. Von der MC Hammer-LP "Please<br />

Hammer Don't Hurt" werden zwei Millionen Stück verkauft.<br />

Bei Public Enemy wird mit Sister Souljah zum ersten Mal eine Frau Mitglied<br />

und bringt damit den Feminismus in die wichtigste und einflussreichste Polit-<br />

Hip Hop Gruppe innerhalb der Black Community.<br />

1992 Public Enemy tritt gemeinsam mit der Heavymetal-Band Anthrax auf.<br />

Neueste Entwicklung ist der Ragamuffin Hip Hop. Eine Mischung aus den<br />

Elementen des Dancehall-Reggae und des Hip Hop.<br />

39


6. 2 TEXTE<br />

AUS "NIGGA YA LOVE TO HATE" von Ice Cube<br />

Soul Train done lost they soul<br />

Just call it train cause the bitches look like hoes<br />

I see a lotta others damnIt almost look like the Bandstand<br />

You ask me did I like Arsenio About as much as the bicentennial<br />

I don't give a fuck about dissing these fools cause they all scared of<br />

the Ice Cube And what I say what I portray and all that<br />

And ain't even seen the gat I don't wanna see no dancing<br />

I'm sick of that shit listen to the hit Cause yo if I look and see another brother<br />

On the video tryin to out-dance each other I'm a tell T-Bone to pass the bottle<br />

And don't give me that shit about role model<br />

It ain't wise to chastise and preach Just open the eyes of each<br />

Cause laws are made to be broken up What niggas need to do is start loc-ing up<br />

And build mold and fold theyself into shapeOf the nigga ya love to hate<br />

Chorus: Fuck yon Ice Cube<br />

It's the nigga ya love to hate<br />

Voice: Yo, you aint doin' nothin' positive for the brothers! What you gotta say for yourself?<br />

Cube: You don't like how I'm livin? Well, fuck you!<br />

c. Gangsta Boogie Music. 1990<br />

Aus "YOU MUST LEARN" von Boogie Down Productions<br />

It's calm yet wild, the style that I speak deal with facts and you'll get weak in the heart<br />

In fact, you start to illuminate Knowledge to others in a song. Let me demonstrate<br />

The force of knowledge. Knowledge<br />

reigns supreme<br />

The ignorance are ripped to smithereens What do you mean when you say I’m rebellious<br />

'Cause I don't accept everything that you're tellin’ us?<br />

What are you sellin’ us? The creator dwells in us<br />

I sit in your unknown class while you're failing us<br />

I failed your class 'cause I ain't wit' your reasoning<br />

You try to make me you by seasoning Up my mind with "See Jane run. See John walk" in a<br />

hardcore New York Come on now. It's like a chocolata cow: lt doesn't exist, no way, no how It<br />

seems to that in a School that's ebony<br />

African history should be pump up steadily<br />

But it's not, and this has got to stop "See spot run. Run get spot."<br />

Insulting to a black mentality<br />

A black way of live or a jet black family So 1 include with one concern:<br />

That you must learn!<br />

C. BDP Music/Zorqba Music. 1989<br />

Fight The Power (Shocklee - Sadler – Ridenhour)<br />

1989 the number another summer (get down)<br />

Sound of the funky drummer<br />

Music hittin' your heart cause I know you got sould<br />

(Brothers and sisters, hey)<br />

40


Listen if you're missin' y'all<br />

Swingin' while I'm singin'<br />

Givin' whatcha gettin'<br />

Knowin' what I know<br />

While the Black bands sweatin'<br />

And the rhythm rhymes rollin'<br />

Got to give us what we want<br />

Gotta give us what we need<br />

Our freedom of speech is freedom or death<br />

We got to fight the powers that be<br />

Lemme hear you say<br />

Fight the power<br />

Chorus<br />

As the rhythm designed to bounce<br />

What counts is that the rhymes<br />

Designed to fill your mind<br />

Now that you've realized the prides arrived<br />

We got to pump the stuff to make us tough<br />

from the heart<br />

It's a start, a work of art<br />

To revolutionize make a change nothin's strange<br />

People, people we are the same<br />

No we're not the same<br />

Cause we don't know the game<br />

What we need is awareness, we can't get careless<br />

You say what is this?<br />

My beloved lets get down to business<br />

Mental self defensive fitness<br />

(Yo) bum rush the show<br />

You gotta go for what you know<br />

Make everybody see, in order to fight the powers that be<br />

Lemme hear you say...<br />

Fight the Power/Chorus<br />

Elvis was a hero to most<br />

But he never meant shit to me you see<br />

Straight up racist that sucker was<br />

Simple and plain<br />

Mother fuck him and John Wayne<br />

Cause I'm Black and I'm proud<br />

I'm ready and hyped plus I'm amped<br />

Most of my heroes don't appear on no stamps<br />

Sample a look back you look and find<br />

Nothing but rednecks for 400 years if you check<br />

Don't worry be happy*<br />

Was a number one jam<br />

Damn if I say it you can slap me right here<br />

(Get it) lets get this party started right<br />

Right on, c'mon<br />

What we got to say<br />

Power to the people no delay<br />

To make everybody see<br />

In order to fight the powers that be<br />

41


c. Def American Music. 1989<br />

*"Don't Worry Be Happy" des Jazz-Sängers Bobby McFerrin war 1988/89 ein Nummer Eins-Hit. Ein<br />

Acapella-Stück im Overdub-Verfahren, das im Reggaefeeling über die Leichtigkeit des Lebens<br />

philosophierte. Von Seiten der Black Community wurde ihm deswegen "Onkel-Tom-Mentalität<br />

vorgeworfen. Siehe die LP "Simple Pleasures" (ElectraRecords), 1988.<br />

"CAN TRUSS IT" von Public Enemy<br />

Bass in your face<br />

Not an eight track<br />

Gettin' it good to the wood<br />

So the people<br />

Give you some a dat<br />

Reactin' to the fax<br />

That I kick and it stick<br />

And it stay around<br />

Pointin' to the joint, put the Buddha down<br />

Goin', goin', gettin' to the roots<br />

Ain't givin' it up<br />

So turn me loose<br />

But then again I got a story<br />

That's harder than the hardcore<br />

Cost of the holocaust<br />

I'm talin' 'bout the one still goin' on<br />

I know<br />

Where I'm from, not dum diddie dum<br />

From the base motherland<br />

The place of the drum<br />

Invaded by the wack diddie wack<br />

Fooled the black, left us faded<br />

King and chief probably had a big beef<br />

Because of dat now I grit my teeth<br />

So here's a song to the strong<br />

'Bout a shake of a snake<br />

And the smile went along wit dat<br />

Can't truss it<br />

Kickin' wicked rhymes<br />

Like a fortune teller<br />

'Cause the wickedness done by Jack<br />

Where everybody at<br />

Divided and sold<br />

For liquor and the gold<br />

Smacked in the back<br />

For the other man to mack<br />

Now the story that I'm kickin' is gory<br />

Little Rock where they be<br />

Dockin' this boat<br />

No hope I'm shackled<br />

Plus gang tackled<br />

By the other hand swingin' the rope<br />

Wearin' red, white and blue Jack and his crew<br />

The guy's authorized beat down for the brown<br />

42


Man to the man, each one so it teach one<br />

Born to terrorize sisters and every brother<br />

One love who said it<br />

I know Whodini sang it<br />

But the hater taught hate<br />

That's why we gang bang it<br />

Beware of the hand<br />

When it's comin' from the left<br />

I ain't trippin' just watch ya step<br />

Can't truss it<br />

An I judge everyone, one by the one<br />

Look here come the judge<br />

Watch it here he come now<br />

I can only guess what's happ'nin'<br />

Years ago he woulda been<br />

The ships captain<br />

Gettin' me bruised on a cruise<br />

What I got to lose, lost all contact<br />

Got me layin' on my back<br />

Rollin' in my own leftover<br />

When I roll over, I roll over in somebody else's<br />

90 F--kin' days on a slave ship<br />

Count 'em fallin' off 2, 3, 4 hun'ed at a time<br />

Blood in the wood and it's mine<br />

I'm chokin' on spit feelin' pain<br />

Like my brain bein' chained<br />

Still gotta give it what I got<br />

But it's hot in the day, cold in the night<br />

But I thrive to survive, I pray to god to stay alive<br />

Attitude boils up inside<br />

And that ain't it (think I'll every quit)<br />

Still I pray to get my hands 'round<br />

The neck of the man wit' the whip<br />

3 months pass, they brand a label on my ass<br />

To signify<br />

Owned<br />

I'm on the microphone<br />

Sayin' 1555<br />

How I'm livin'<br />

We been livin' here<br />

Livin' ain't the word<br />

I been givin'<br />

Haven't got<br />

Classify us in the have-nots<br />

Fightin' haves<br />

'Cause it's all about money<br />

When it comes to Armageddon<br />

Mean I'm getting mine<br />

Here I am turn it over Sam<br />

427 to the year<br />

Do you understand<br />

That's why it's hard<br />

For the black to love the land<br />

Once again<br />

43


Bass in your face<br />

Not an eight track<br />

Gettin' it good to the wood<br />

So the people<br />

Give you some a dat<br />

Reactin' to the fax<br />

That I kick and it stick<br />

And it stay around<br />

Pointin' to the joint, put the Buddha down<br />

Goin', goin', gettin' to the roots<br />

Ain't givin' it up<br />

So turn me loose<br />

But then again I got a story<br />

That's harder than the hardcore<br />

Cost of the holocaust<br />

I'm talin' 'bout the one still goin' on<br />

I know<br />

Where I'm from, not dum diddie dum<br />

From the base motherland<br />

The place of the drum<br />

Invaded by the wack diddie wack<br />

Fooled the black, left us faded<br />

King and chief probably had a big beef<br />

Because of dat now I grit my teeth<br />

So here's a song to the strong<br />

'Bout a shake of a snake<br />

And the smile went along wit dat<br />

Can't truss it<br />

c. Def American R. 1991<br />

44


6.3. ERKLÄRUNG DER WENIGER GELÄUFIGEN BEGRIFFE<br />

ACID/HOUSE Weiterentwicklung der Disco-Musik. Entstand in Chicago. Schnelle Tempi<br />

sind charakteristisch. Der Gesang reduziert sich auf einzelne Sätze oder<br />

hysterische Schreie. Es geht um das hemmungslose Tanzen. Der Name<br />

House-Musik kommt von der ersten Disco, dem Warehouse, einem<br />

Schwulen-Club in Chicago, dem Entstehungsort der House-Musik. ACID ist<br />

die englische Variante des House.<br />

Blaxploitation zusammengezogenes Wort, bestehend aus Black und Exploitation (dt. große<br />

bzw. Heldentat). Begriff für die in den 70er-Jahren entstandenen Filme und<br />

Fernsehserien mit afroamerikanische Helden (z.B. "Shaft" oder "Superfly").<br />

Selten waren diese Filme von guter Qualität, meistbillig abgedreht und von<br />

Weißen produziert, dienten sie bloß dazu, durch gefärbte Helden Schwarze<br />

ins Kino zu locken.<br />

B-Boy/B-Girl Kürzel für Break-Boy, also für die Breakdance-Tänzer. Ist inzwischen<br />

Synonym für Hip Hop-Fans. Siehe auch Homeboy.<br />

Boogie Down Bronx Bronx, Stadtteil von New York,* afroamerikanisches Getto.<br />

Breakdance neben dem Frozen und dem Electric Boogie der Tanz des Hip Hop. Alle<br />

Tänze haben Wettbewerbscharakter. Ziel des Breakdance ist, es durch die<br />

verrücktesten Tanzfiguren den verfeindeten Gangs gestisch den Hals zu<br />

brechen und den Schneid abzukaufen, siehe auch Frozen und Electric<br />

Boogie.<br />

Cap mit einer Waffe schießen<br />

Cat cooler Typ, siehe auch smooth und chill<br />

Chill cool, relaxed, gelassen sein.*<br />

Chilly most absolut cool sein.*<br />

Chilling hard cool im Sinne von abgekühlt/kaltblütig."<br />

Chuck ursprüngl. "weißer Aufseher" o."Weißer" heute: jmnd., der den Durchblick hat<br />

bzw. der Chef ist, dient auch als eigenständiger Name z.B. "Chuck D." oder<br />

"Chuck Brown".<br />

Crack Billigdroge. Vor ungefähr 6 Jahren aufgetaucht. Crack ist eine Mischung von<br />

Kokain mit Backpulver, sehr leicht herzustellen, und dadurch die Droge mit<br />

der größten Gewinnspanne. Crack ist verheerend: Es wird in Plastikröhrchen<br />

(so genannten Crackpfeifen) geraucht und macht, anders als bei anderen<br />

Drogen, sofort süchtig.<br />

Crash jemanden schlagen<br />

Crew Gruppe, auch Musikgruppe (z.B. "2LiveCrew"). Siehe auch Posse.<br />

Crush zerstören<br />

Def Jam Rec. wichtigstes amerikanisches Independent-Label für Hip Hop-Crews härterer<br />

Richtung, vor allem mit politischem Einschlag (z.B. Public Enemy)<br />

45


The Dozen's Reimwettbewerbe, entstanden in Harlem, in denen es darum geht den<br />

Gegner durch Beleidigungen verbal das Genick zu brechen.<br />

Electric Boogie Tanzform, bei der Bewegungen ähnlich dem eines Roboters ausgeführt<br />

werden siehe auch Breakdance und Frozen.<br />

5-Percenter Islamische Splittergruppe. Glauben an den Ursprung der Menschheit in<br />

Afrika, und daran, dass es eine auserwählte Minderheit von 5% gibt, die<br />

dieses kulturelle heutige Erbe darstellen.<br />

Fresh cool, gutes Aussehen.<br />

Frozen Tanzform, bei der einzelne Bewegungen abrupt angehalten bzw. eingefroren<br />

(frozen=einfrieren) werden. Siehe auch Breakdance und Electric Boogie.<br />

Fuck/ fucked up/ Fick, Scheiße, Mist/ Verrückt, hau ab/<br />

fuck that shit vergiss den Scheiß<br />

Gang Jugendbande. Siehe auch Posse.<br />

Graffiti bunte, mit Spray-Dosen gemalte Namenszüge oder Bilder an Häuser- und U-<br />

Bahnwänden. Dient auch zur Abgrenzung eines Gang-Territoriums. Nicht<br />

selten sind Graffiti -Wettbewerbe und -fights zwischen einzelnen Gruppen.<br />

Hat in der Zwischenzeit Eingang in Galerien gefunden und ist als eine neue,<br />

urbane Kunstform anerkannt (z.B. Keith Hearing u.a.). Allerdings ist es<br />

fraglich, ob ein Graffiti auf einer Leinwand seine eigentliche Funktion noch<br />

erfüllt.<br />

Gee männlicher Freund, inzwischen Anrede für Männer allgemein.<br />

Gusto Geld*.<br />

Gunsmoge Brooklyn.<br />

Hip gut drauf, mit allem (Mode, Gestus, Habitus) im Trend liegen.<br />

History Bedeutet oft mehr, als bloß Geschichte. Durch eine andere sprachliche<br />

Betonung, nämlich His-Story (s.z.B. Public EnemySongs) erhält es die<br />

Bedeutung "SeineGeschichte", also die Geschichte des/der Weißen (double<br />

talk).<br />

Homeboys/Homeboyz/ Angehörige ein und derselben Nachbarschaft.<br />

Homegirls, Homies/Homiez<br />

Hype positiv:-großartig sein/hypergut, angeben. negativ: Überheblichkeit, angeben,<br />

aufschneiden, Täuschung/Irreführung, Intrige, Süchtiger.<br />

Hook up Schulden bezahlen/wieder gut machen.<br />

lt works irgendetwas arbeitet für Einen, oder für eine Sache o. etwas läuft sehr gut.<br />

Juice eigentl. Saft, heute: Power, Kraft/Energie.<br />

Jazzie gut drauf, absolut "in" sein.<br />

46


Kicks siehe Sneakers., Drogen, "High" sein<br />

Mack positiv wie negativ: Macker, Chef; siehe auch Chuck.<br />

mc Bezeichnung für einen <strong>Rappe</strong>r. Abkürzung für Master of Ceremonies.<br />

Mixen/Remixen das Mischen und Neuabmischen von unterschiedlichen Musikstücken zu<br />

neuen, ganz anderen Instrumentalstücken.<br />

Mula Geld.<br />

Nation Of Islam Islamisch-fundamentalistische Sekte, die Segregation (also Loslösung der<br />

Schwarzen v.d. Weißen) predigt. Führer ist der charismatische Louis<br />

Farakhan, der auch von vielen Hip Hop-Künstlern verehrt wird.<br />

P-Funk Funk-Richtung mit hartem Rockeinschlag. Hauptvertreter ist George Clinton.<br />

Posse jugendliche Bande oder Musikgruppe bzw. engere Gruppe um einen Musiker<br />

oder eine Musikgruppe. Siehe auch Crew.<br />

Rap-Jive-DJ Radiosprecher, der unheimlich schnell ganz viel<br />

Rap-Jive-Lyric (dummes Geschwätz) redet; z.T. auch rhythmisiert über Musik.<br />

Rave Musikstil in England Anfang der 90er-Jahre. Verbindet Elemente der House-<br />

Musik mit Sixties-Soul und Rock. Rave bezeichnet inzwischen eine<br />

Technoveranstaltung.<br />

Samples digitale Fortsetzung der Praktiken des<br />

Sampling Scratchens und des Mixens. Beim Sampling wird der gewünschte Ausschnitt<br />

(Take) nicht mehr direkt von der Platte zugemischt, sondern mit Sampling-<br />

Computern aufgenommen. Die Geräusche/Sounds oder Rythmen können<br />

nun über eine Keyboardtastatur abgerufen werden. Inzwischen ist es<br />

zwischen den Plattenfirmen usus, sich gegenseitig Tantiemen für die<br />

gesampleten Teile ihrer jeweiligen Künstler und Künstlerinnen<br />

auszubezahlen. Des Weiteren ist es immer noch ein großer Streitpunkt, ob es<br />

sich beim Sampling (wie auch beim Mixing) um eine Kunstform oder um eine<br />

reine Ideenklauerei handelt.<br />

OLD SCHOOL: bezeichnet den anfänglichen Hip Hop bis zum Ende der 80er-Jahre.<br />

New School: Hip Hop der letzten 5-6 Jahre. Es gibt allerdings Hip Hop-Musiker, die sich<br />

auf die Old School-Musiker, wie Africa Bambaataa beziehen. Deswegen ist<br />

aus der eigentlich eher chronologischen Einteilung eine stilistische geworden.<br />

Scratching ursprüngl.: kratzen, Kratzer. Ist die Bezeichnung für das rhythmische Vor und<br />

Zurück einer Platte, bei aufgelegtem Plattenarm. Der Plattenspieler samt<br />

Platte wird zu einem Percussionsinstrument.<br />

Smooth clever, überlegen, perfekt, gut aussehend.<br />

Sneakers Basketballstiefel, teure Sportschuhe.<br />

Square schlecht drauf sein, in jeder Beziehung (modisch, gestisch etc.) out sein.<br />

Tag Namensschriftzüge und –kürzel, meist mit dicken Filzstiften geschrieben,<br />

dienen zur Markierung eines Gebietes einer Gang.<br />

47


Techno/Tekkno Weiterentwicklung der House-Musik. In Deutschland sehr beliebt. Musik ist<br />

rein elektronisch, oftmals am PC angeschlossenen Synthesizer hergestellt.<br />

Siehe House.<br />

Toast's Reimspiele zur reinen Selbstdarstellung, sind die Vorläufer der Dozen's.<br />

Toasting rezitatives Sprechen, z.T. in Reimen, von Reggae-DJs. Wird von dem DJ<br />

Kool DJ Herc in den Hip Hop eingeführt.<br />

Treacherous/treach ursprüngl. hinterhältig/untreu<br />

heute: Bezeichnung für etwas sehr schönes oder etwas sehr kluges.--<br />

12"inch engl. Bezeichnung für Maxi-Single.<br />

Word up/word Ausdruck zur Bestätigung von etwas Gesagtem bzw. einer Meinung.'-<br />

Yo! Ausrufung- "Jetzt spreche ich!" o. "hört mir zu!".<br />

Anmerkung: Die mit einem * versehen Erklärungen sind von mir übersetzte Definitionen aus einem<br />

Wörterbuch, dass sich im Anhang des Buchs „Rap-Attack“ David Toops befindet.<br />

48


6.4. DISCOGRAfIE<br />

Die Discografie ist in ihrer Aufteilung bzw. Klassifizierung das typische Produkt einer<br />

wissenschaftlich-systematischen Denkweise, die nicht anders kann, als präsentiertes Wissen in<br />

Schubladen zu packen. Andererseits erleichtert es das Zurechtfinden durch die Vielzahl von<br />

Veröffentlichungen. Die hier aufgeführten Gruppen und Interpreten/Interpretinnen würden sich<br />

gegenseitig nicht so unterscheiden und klassifizieren. Bei allen Meinungsverschiedenheiten in der<br />

Hip Hop-Community: alle machen Hip Hop. Ein solches Gemeinsamkeitsgefühl ist in der Popmusik<br />

nicht vorhanden. Ein Beispiel verdeutlicht dies: Es gibt immer wieder Gruppenprojekte, d.h.<br />

verschiedene bekannte Bands treten mit einem gemeinsamen Song für oder gegen etwas auf (z.B.<br />

"First Aid" oder "A Song for Nelson Mandela" oder das deutsche Projekt "Nackt im Wind" für die<br />

Welthungerhilfe).<br />

1990 gab es ein Hip Hop-Projekt, dass mit dem Titel "We're All In The Same Gang" gegen die<br />

Bandenbrutalität in den schwarzen Gettos aufspielte. In dieser Gruppe befanden sich so<br />

unterschiedliche Interpreten wie z. B. MC Hammer und Easy E. von NWA. Auf deutsche<br />

Verhältnisse übertragen würde dies bedeuten: die Hardrockgruppe Scorpins würde mit Modern<br />

Talking zusammen spielen, so weit auseinander stehen sich im amerikanischen Musikbusiness MC<br />

Hammer und Easy E.<br />

Die Kurzbeschreibungen einer Gruppe entspringen meinem wertenden Verständnis. Zum<br />

Gebrauch: Als Erstes wird der Gruppen-/Interpret.-Name genannt, danach stehen die Titel der<br />

Veröffentlichungen. Nicht als LP ausgewiesene Titel sind Maxis. In den Klammern stehen die<br />

jeweiligen Plattenfirmen bzw. Labels. Im Anschluss steht eine Kurzbeschreibung der Band und<br />

zum Schluss stehen Kürzel, die Aufschluss über die Herkunft der Gruppen geben, WC für<br />

Westcoast (z.B. Los Angeles, San Francisco), EC für Eastcoast (z.B. New York, Phladelphia).<br />

Old School:<br />

Afrika Bambaataa & Soulsonic Force - Planet Rock (Tommy Boy) Afrika Baambaata & James<br />

Brown - UNITY (Tommy Boy/Polydor)<br />

Einer der Ersten, der den Islam in den Hip Hop brachte. Arbeitet immer mit großen<br />

Gruppen/Projekten (Zulu Nation) zusammen/EC.<br />

Joe Bataan - Rap-0 Clap-0 (Solsoul/RCA) Pop-Rap/EG.<br />

Gary Bird & the GB-Expirience - The Crown (Motown)<br />

Rapmusiker, Texter für andere Interpreten (z.B. Stevie Wonder) und Radio-DJ, seine Texte<br />

beziehen sich auf das kulturelle Erbe der Afroamerikaner/EC.<br />

Kurtis Blow - The Break und Hard Times (Mercury/LP) Old Schoolrapper der härteren Gangart/EC.<br />

Genius of Rap (Sampler) mit u.a. Dr. Jekyll & Mr. Hide (Island) LP/EC.<br />

Grandmaster Flash & the Furious Five - Adventures of Grandmaster Flash on the Wheels of Steel<br />

und The Message (Sugar Hill) LP eine der ersten Hip Hop-Gruppen mit sozialkritischen<br />

Textinhalten. Rockiges Aussehen (Nieten etc.)/EC.<br />

Grandmaster Mell Mell & the Furious Five - Stepp off (Sugar Hill)<br />

Grandmasterflash Flash & the Furious 4 ohne Flash.<br />

Spoonie G. - The Godfather (Tuff City/BCM) Coolness und Hype/EC.<br />

Sugar Hill Gang - <strong>Rappe</strong>r's Delight (Sugar Hill)<br />

Erste auf LP gebannte Hip Hop-Gruppe. Kunstprodukt einer cleveren Produzentin/EC.<br />

49


T.Ski Valley - Catch the beat (Grund Groove) Coolness/EC.<br />

T La Rock - On Tour (DefJam/LP) <strong>Rappe</strong>r im Übergang zur New School/EC.<br />

Whoodini - Magic's Wand (live) "Miamy Vice"-<strong>Rappe</strong>r, Designer-Anzüge, Designer-Rap/EC.<br />

New School<br />

The Afros - Kickin Afrolistics (CBS/LP) Hardcore Hip Hop mit Anleihen (optischer Art) an den Afro-<br />

Look der 70er-Jahre/EC.<br />

Anoter Bad Creation - Coolin' At The Playground Y'a Know (Motown/LP) Kinder-<br />

/Jugendlichegruppe/EC.<br />

Big Daddy Kane - It's Big Daddy Thing, Taste Of Chocolate, Prince Of Darkness (alles Cold<br />

Chillin/LPs) gute Textreime, sexistische Textinhalte, Coolness/Hype/EC.<br />

Bitches With Problems - Bitches With Problems Sony/LP) Hardcore Frauen Hip Hop-Gruppe/WC.<br />

Biz Markie Goin' Off (Cold Chillin') Hip Hop mit viel Fun und ein wenig Psychedelic/EC.<br />

Boogie Down Produktion - Criminal Minded (B-Boy-R./LP), By All Means Necessary (Jive-<br />

Teldec/LP) Edutainment = Education + Entertainment. Hardcore <strong>Rappe</strong>r mit politischen Zielen/EC.<br />

Boo Ya T.R.I.B.E. - The New Funky Nation (Ackee Music/LP) Hardcorerap/Gangsta-Rap, gehörten,<br />

bevor sie Musik machten, einer der größten Gangs (the Bloods) in Los Angeles an/WC.<br />

Brand Nubian - One For All (Electra/LP) Band um den <strong>Rappe</strong>r Grand Pupa, verbindet Erfahrung<br />

der "Nativ-Tongue"-Fraktion um Jungle Brothers mit den Hard-Core-Rap der Polit -Hip Hopper.<br />

Digital Underground - Sex Packets (LP», Same Song (EP), Sons Of The F (LP) (alles Tommy Boy)<br />

Fun-Rap. Sehr stark beeinflusst vom P-Funk/WC.<br />

DJ Jazzy Jeff & the Fresh Prince - He's The DJ, I'm The <strong>Rappe</strong>r (Jive-Teldec/LP), Homebase (Jive-<br />

BMC/LP) stark verpoppter Hip Hop/EC.<br />

Easy E.- Easy-Duz-It (BCM/LP) <strong>Rappe</strong>r der Formation NWA. Sexistischer Hardcorerap/WC.<br />

EPMD - Strictly Business (BCM/LP) sehr guter Scratcher und DJ/EC.<br />

Eric B. & Rakim - Paid In Full (Ariola/LP), Follow The Leader (WEA/LP), Let The Rhythm Hit Em<br />

(WEA/LP)<br />

Hardcore Hip Hop. Sehr guter <strong>Rappe</strong>r (Rakim) mit vollkommen eigenem Rapstil. Hat viele<br />

Nachahmer/EC.<br />

The Fat Boys - The Twist, Fat Boys (Longitude Music)<br />

Pop-Rap im Stil von Kid'n Play, waren erfolgreich mit einer Coverversion von Chubby Checkers<br />

The Twist. Besonders erstaunlich ist MC Darren Robinson, der das "human beatboxin'“ perfekt<br />

beherrscht/WC.<br />

Geto Boys - Wo Can't Be Stopped, (Priority/LP) Hardcore- sexistischer Gangsta-Hip Hop/WC<br />

Heavy D. & the Boyz - Mr. Big Stuff (MCA), Peaceful Journey (MCA/LP) Swingbeat Hip Hop.<br />

Swingende Rythmen. Crossover mit House-Music/EC.<br />

50


Hoes With Attidude - noch nicht in Deutschland veröffentl. Die weibliche Antwort auf NWA/WC.<br />

Ice Cube - AmeriKKKa's Most Wanted, Kill At Will, Death Certificate (alles Island/LPs) Hardcore<br />

Hip Hop, Ex-<strong>Rappe</strong>r von NWA/WC. Hat in seiner letzten LP massive rassistische (gegen Koreaner)<br />

und antisemitische Textinhalte.<br />

Ice MC - Cinema (1988/LP) Pop-Hip Ilop/EC.<br />

Ice T - COLORS (WEA), Power, X-Rated ( beide Rhyme SyndicaLe-WEA/LPs) Hardcore. Extrem<br />

politisch/WC. Produziert sich und z.T. andere <strong>Rappe</strong>r selbst (Rhythm Syndicate).<br />

Just Ice Na Touch Da Just (Fresh)/EC.<br />

Kid'n Play Fun House, To Ilype (Cooltempo) Fun Hip Hop, haben einen erfolgreichen Hip Hop-Film<br />

"Houseparty" abgedreht/EC.<br />

Kool Moe Dee - Go See The Doctor (Jive-Teldec), Knowledge Is King (Jive-Teldec/LP), Funky<br />

Funky Wisdom (JiveTeldec/LP) technisch sehr guter <strong>Rappe</strong>r. Dadurch treten manchmal die<br />

Samples und Beats zu sehr in den Hintergrund EC.<br />

Leader Of The New School - PTA (Electra) Polit- Hip Hop<br />

Lifer's Group - The Real Deal (Hollywood Basic R./LP) Schon länger bestehendes Projekt von<br />

Gefängnisinsassen zur Vereitelung von Kriminalität unter den Jugendlichen, durch Abschreckung<br />

(Gefängnisbesuche). Haben seit kurzem begonnen, die Jugendlichen mit Rap-Musik zu erreichen.<br />

LL Cool J - Radio (Def Jam/LP), Bigger Than Def (Def Jam/LP), Walking With A Panther (Def<br />

Jam/LP), Mama Said Knock You Out (DefJam/LP) New School der ersten Stunde. Guter <strong>Rappe</strong>r.<br />

Gilt als "Erfinder" des Schmuse- oder Balladenraps/EC.<br />

MC Hammer - Please Hammer Don't Hurt, Too legit to quit (alles Capitol/LPs) Fast schon Pop zu<br />

nennen. Extrem erfolgreich als tanzender <strong>Rappe</strong>r oder rappender Tänzer/EC.<br />

MC LYTE - Act Like You Know (Warner/LP) Female-Hip Hop<br />

Monie Love - Down To Earth (Cooltempo/LP) eigentlich Engländerin, wohnt aber in NY. Sehr gute<br />

<strong>Rappe</strong>rin, gute Texte und Samples/EC.<br />

Naughty By Nature - Naughty By Nature (Tommy Poy/LP) Polit Hip Hop mit Jazz- und<br />

Soulsamples. Stehen in der Tradition von PE und Ice Cube/EC.<br />

Nice 'N Smooth Sometimes I Rhyme Slow (Columbia)<br />

NWA - NWA The Posse, Straight Outta Compton (LP), 100 Miles And Runnin' (EP), (alles<br />

Ruthless) eine der härtesten Hip Hop-Gruppen, sowohl was die Textthemen, als auch was die<br />

Musik angeht/WC.<br />

Professor Griff - Kaos Il Wiz *7-1 Dome (BMG-Ariola/LP) ehemaliger Minister of Information der<br />

Gruppe Public Enemy. Hardcore Hip Hop. Islamischer Fundamentalist. Anhänger von Louis<br />

Farrakhan/EC.<br />

Puplic Enemy - Yo! Bum Rush The Show, It Takes A Nation To Hold Us Back, Fear Of A Black<br />

Planet, Apocalypse 91...The Enemy Strikes Back (alles DefJam/LPs) eine der härtesten polit Hip<br />

Hop-Gruppen. Paramilitärisch wie ein kleiner Staat im Auftreten/EC.<br />

Queen Mother Rage - Vanglorius Law (Virgin/LP) Female Hip Hop/EC.<br />

51


Queen Latifah - All Hail The Queen (BCM/LP) Female Hip Hop. Stilistisch sehr gute<br />

<strong>Rappe</strong>rin.Mitglied der Native Tonguemacht /EC.<br />

Run DMC - Run DMC (Profile-BCM/LP), Raising Hell (Profile Metronome/LP), Klug Of Rock<br />

(ECM/LP), Tougher Than Leather (BCM/LP), Back From Hell (BCM/LP) erste Gruppe, die mit<br />

Rockmusikern zusammengearbeitet hat. Mischung aus hartem Hip Hop und Hardrockmusik.<br />

EC.<br />

Salt'n Peppa - Hot, Cool, Vicious (Next Plateau-Metronome/LP), A Salt With A Deadly Peppa,<br />

Blacks Magic, The Best Of (alles Next Plateau/LPs) Female Hip Hop. Gute <strong>Rappe</strong>rinnen mit z.T.<br />

sozialkritischen Texten/EC.<br />

Schooly D. - Schooly D (Rhythm King/LP), Hardcore Rap mit Rockeinflüssen/EC<br />

Lakim Shabazz - Pure Righteousness (Tuff City) radikaler Moslem, ist einer der offiziellen "Rap-<br />

Sprachrohre" von Louis Farrakhan. Hardcore mit reichlich Jazzsamples/EC.<br />

Son Of Bazerk - Bazerk Bazerk Bazerk (DefJam/LP) harter Hip Hop mit starken Anleihen an<br />

Rhythm'n Blues und 60er-Jahre Soul/EC.<br />

Sweet 'n Cookie - Do you wanna Dance (LP) Female Hip Hop, Old- School-orientiert/EC.<br />

Del Tha Funky Homosapien - I Wish My Brother George Was Here (Electra/LP) P-Funk orientierter<br />

Hip Hop. Westcoastrapper mit starken East-Coast-Einflüssen/WC.<br />

Tone Loc - Loc-Ed After Dark, Cool Hand Loc (Delicous Vinyl-Island/LP) Fun-Hip Hop/WC.<br />

Too Short - Born To Mack, Live is.... Short Dog's In The House (alles Jive-BMG/LPS) Hardcore mit<br />

70er-Jahre Soul-Samples. Viel Sexismus ("Motherfuckin'-lmperium")/WC.<br />

3rd Bass - Derelicts of Dialect (DefJam/LP) eine der ganz wenigen schwarz-weißen Hip Hop-<br />

Gruppen, die in der Hip Hop Community angesehen ist/EC.<br />

2 Live Crew - Nasty As They Wanna Be, Banned In The USA, Sports Weekend (Deep Groove-<br />

Ariola/LP) extrem sexistisch. Die Gruppe gehört zu einer der WC-Gruppen, die unter dem Begriff<br />

"Motherfuckin'-Imperirium" laufen/WC.<br />

Yo Yo - Make Way for The Motherlode (Lench Mob-Knowledge/LP) Hardcore Hip Hopperin/WC.<br />

Young MG - Bust A Move (Delicous Vinyl/LP) Pop-Hip Hop/WC.<br />

Crossover/Fusion:<br />

Asher D & Daddy Freddy - Ragamuffin Hip Hop (BCM/LP)<br />

Hip Hop & Reggae/EC<br />

A Tribe Called Quest - Travels And The Path Of Rhythm,<br />

Low End Theorie (beide Jive/LPs) Gruppe bestehend aus Mitgliedern von De La Soul und Djungle<br />

Brothers. Musikalische Richtung ist ähnlich wie bei den beiden genannten Gruppen/EC.<br />

Chuck Brown & the Soulseachers - Bustin' Loose, Live '87,<br />

Any Other Way To CO (alles Rhythm King/LPs)<br />

52


Führender Musiker des CO GO-Swings, einer Stilrichtung des Hip Hop aus Washington/DC. Go<br />

Go-Swing ist eine homogene Mischung aus verHip Hoppten alten Jazz-Standards oder verjazzten<br />

Raps. Die gesamte Musik wird auf Instrumenten gespielt. Improvisation und Raps stehen<br />

gleichwertig nebeneinander. Die Musik schöpft aus der gesamten afroamerikanischen<br />

Musiktradition. Co Go-Swing ist ein hervorragendes Beispiel für den, bei vielen anderen Hip Hop-<br />

Gruppen rein verbal beschworenen oder musikalisch konstruierten, Crossover anderer Musikstile<br />

mit Hip Hop.<br />

DE LA SOUL - Three Feet High and Risin', DE LA SOUL ls Dead ( beides Tommy Boy/LPS)<br />

Hip Hop + Soul/Flower Power, experiment. Samples und Psychedelic. Intellektuelle Wortspiele<br />

bestimmen zum großen Teil die Texte/EC.<br />

Djungle Brothers - Straight Out The Djungle (LP)(Warlock-Zyx), Done By The Force Nature<br />

(WEA/LP) Soul/Spirit und Psychedelic. Intellektuelle Texte mit starken Bezügen zu Afrika ("Nature-<br />

Tounge")/EC.<br />

Dream Warriors - My Definition of a Bombastic Jazzstile siehe Gang Starr/kommen aus Kanada.<br />

FU Schickens - Ring The Alarm (Jive) Ragamuffin-Hip Hop<br />

Gang Starr Branford Marsalis - Jazz Thing (CBS).<br />

Gang Starr Stepp In The Arena (Chrysalis/LP) Hip Hop + Jazz-,Blues- und Swing-Samples/EC.<br />

Kid Frost - Hispanic Causing Panic (Virgin/LP) Hip Hop z.T.mit spanischen Raps und<br />

lateinamerikanischen (Salsa, Cha Cha etc.) Samples/WC.<br />

Ninjaman - noch keine Veröffentl. auf Tonträger, Super Clash Round (Live-Video) Dancehall<br />

Reggae - Hip Hop beeinflusste neueste Form des Reggae aus Jamaika<br />

Poor Righteous Teachers - Easy Star (Profile) Ragamuffin-Hip Hop<br />

Shabba Ranks - noch keine Veröffentl. auf Tonträger siehe Ninjaman.<br />

Hip Hop aus England:<br />

Betty Boo - Boomania (1990/LP) Hip Hop + House-Musik.<br />

Galliano Gettho Boy (Talkin Land) Mischung aus Soul, karibischer Musik, Jazz und Hip Hop.<br />

Massive - Blue Lines (Virgin/LP) Früher Massive Attack, benannten sich während des Irakkriegs<br />

um. Hip Hop und Deep House/Soul.<br />

Outlaw Posse - My Afro's Om Fire (Island/LP) Hip Hop und starker 70er Funk Einschlag. Sehr New<br />

York-orientiert.<br />

Redhead Kingpin - Do The Right Thing, The Album With No Name(LP) (beide Virgin) sehr stark<br />

New York-orientiert.<br />

Soul Il Soul - Club Classics Na. I, C.C. Na. II, (beides 10 Record/LPs) Mischung aus Hip Hop, Soul,<br />

Reggae. Loser Verbund von Musikern und Musikerinnen um den Leader Jazzie B.<br />

Zusammenarbeit mit Jazzmusikern wie z.B. dem Tenorsaxofonisten Courtney Pine.<br />

Stereo MCs - Supernatural's (Island/LP) stehen De La Soul und A Tribe Called Quest sehr nahe.<br />

Jazz-Samples.<br />

53


Young Disciples - Road To Freedom (Talking Loud/LP) Soul und Hip Hop.<br />

Produzenten:<br />

The Bomb Squad (Shocklee, Ridenhour, Sadler) - Puplic Enemy, Terminator X<br />

DJ Mark The 45 King - zB. Queen Latifha, aber auch Pop-Interpretin, wie Madonna<br />

Joe "The Bitcher" Nicolo - z.B. Boo Ya T.R.I.B.E.<br />

LA & Babyface z.B. Bobby Brown<br />

Marley Mall z.B.Biz Markie, Big Daddy Kane, Queen Latifha,<br />

Prince Paul z.B. Big Daddy Kane, DE LA SOUL<br />

Rick Rubin Def Jam-Gründer z.B. LL Cool J, Jazzy Jay,<br />

Russel Simmons - Def Jam-Gründer z.B. Kurtis Blow, Public Enemy,<br />

Teddy Riley - z.B. Redhead Kingpin, Big Daddy Kane<br />

54


6.5. ZITATE UND ANMERKUNGEN<br />

Vorwort:<br />

1. Sugar Hill Gang: "<strong>Rappe</strong>r’s Delight", Textanfang, Sugar Hill R., 1979<br />

2. Gorris, Lothar: "Rebel Without A Pause". In: Hündgen, Gerald (Hrsg.): "Chaisin' A Dream",<br />

Köln 1989, S.193<br />

3. Amerika erlaubt sich nach wie vor getrennte schwarze und weiße Popmusik-Charts.<br />

Old School:<br />

1. Graves/Schmidt-Joos: "Rocklexikon Bd. II", Frankfurt 1990, S.904<br />

2. Ebda., S.904<br />

3. Toop, David "Rap Attack", London 1984, S.62<br />

4. Graves/Schmidt-Joos, a.a.O., S.932<br />

5. Toop, D, a.a.O., S.62<br />

6. Interview mit Grandmasterflash. In, Toop, D., a.a.O., S.65<br />

7. Ebda., S.106<br />

8. Zitiert nach Adler,B.: "Rap", London 1991, S. 23<br />

9. Günther, Jakob :"La Quan - Notes of a nature man". In: SPEX 10/90<br />

10. Die ersten DJ-Anlagen waren ähnlich aufgebaut wie die Soundsysteme der Reggae-DJs:<br />

große wuchtige Bassboxen, in deren die Musik durch Hallgeräte usw. verzerrt wurde.<br />

11. Leider gibt es keine mir zugänglichen Original-Plattenaufnahmen. Aus diesem Grund muss<br />

ich auf eine jüngere Live-Einspielung zurück greifen. Sie trifft allerdings sehr gut die<br />

Stimmung der damaligen Partys.<br />

12. Carles/Conolli "Freejazz - Black Power", Hofheim 1980, S. 128<br />

13. Ebda, S.129<br />

14. Toop,D., a.a.O., S.33<br />

15. Grandmaster Mell Mel: Transkription von der Maxi "Stepp Off", Sugar Hill R., 1984<br />

16. Ebda., Intro und Beginn der ersten Strophe<br />

17. Ahearn, Charlie : "Wild Style", siehe Film<br />

18. Toop, D., a.a.O., S.18<br />

19. Siehe den Film "The Great Rock'n Roll Swindle", der in allen Einzelheiten und sehr satirisch<br />

den Aufbau der Retortenband Sex Pistols durch den Manager Malcom McLaren beschreibt.<br />

20. Gorris, Lothar :a.a.O., S. 198<br />

55


21. Eine ausführliche Auseinandersetzung mit der Praxis der Labelgründung und der<br />

Vermarktung von Popmusik generell ist in dem Buch "Wem gehört die Rockmusik" von<br />

Garofalo und Capple (Frankfurt 1977) zu finden.<br />

Ursprung und Wurzeln des Hip Hops:<br />

1. Interview mit Jalal. In: Scheuring, Dirk:"Jalal & the Last Poets", Spex 7/89, S.47<br />

2. Toop, D., a.a.O., S.18 ff.<br />

3. Jost, Ekkehard :"Die Sozialgeschichte des Jazz", Frankfurt 1986, S.95 ff.<br />

4. Ebda., S.99 ff.<br />

5. Ebda., S.166 ff., S.229 ff. und Kerschbaum, Franz :"Miles 1)avis",Graz 1978, S.104 ff.<br />

6. Jones, Leroi :"Black Music", Frankfurt 1970, S.189<br />

7. Sidran, B., a.a.O., gesamte Einleitung<br />

8. Ebda., S.28<br />

9. Ebda., S.28<br />

10. Ebda., S.33<br />

11. Cunny-Hare, Maud :"Negro Musican and their music", New<br />

York 1974, S.19<br />

12. Dauer, Alfons :"Tradition afrikanischer Blasorchester", Graz 1985, S. 11 ff.<br />

13. Interview mit Digital Underground. In: Spex 1/92, S.23<br />

14. Cunny-Hare,M., a.a.O., S.2<br />

15. Günther, Helmut :"Die Tänze und Riten der Afroamerikaner", Bonn 1982, S.5 ff.<br />

16. Ramseger,U. :"Soziale Bezüge des Musizierens in Naturvölkern", Basel 1970. In: Rathje, S:<br />

"Utopie als Klang", Kassel 1990, S. 68<br />

17. Günther, H., a.a.O., S.21<br />

18. Ebda., S.20<br />

19. Der Stepptanz ist im Ursprung nichts anderes, als ein Trommel-Solo mit den Füßen.<br />

20. Vgl. hierzu Schütz, Volker:"Zur Faszination des Rhythmischen in der populären Musik". In:<br />

"Musik und Bildung" 4/85, S.352 ff.<br />

21. Siehe z.B. den Vorspann des Films "Do The Right Thing", von Spike Lee, Tanzszenen aus<br />

dem Spielfilm "Beatstreet" oder die jeweils aktuellen Hip Hop-Videoclips.<br />

22. Weber, Wolfgang :"Was ist Negermusik", 1928. In: Jazz-Thetik 9/89<br />

56


23. Jones, Leroi :"Blues People", Darmstadt 1975, S.46 ff.<br />

24. Ebda., S.44 ff.<br />

25. Plessner, Monika :"Ich bin dein dunkler Bruder", Hagen, 19771 S.76 ff.<br />

26. Kurz, Rüdiger :"Bebop-Yabba-Dah...". In: Network Press 7/91<br />

The New School:<br />

1. Siehe dazu die beiden 84er Filme "Flashdance" und "Breakdancesensation '84".<br />

2. Gorris,L., a.a.O., S.206<br />

3. Interview mit Rick Rubin und Simon Russel. In: Light, Allan: “King of Rap". In: Rolling Stone<br />

11/90, S.106 ff.<br />

4. Gorris,L., a.a.O., S.206<br />

5. Interview mit Simon Russel, a.a.O., S.107<br />

2. Grandmaster Flash the Furious Five: Ausschnitt aus "The Message", Sugar Hill 1981<br />

3. Sidran, B., a.a.O., S.158 ff.<br />

4. Carles/Conolli, a.a.O., S.123<br />

5. Hüngen, Gerald :"The dark end of the street". In: Hündgen, G. (Hrsg.): "Chaisin' a Dream",<br />

Köln 1989, S.48<br />

6. Jost, E., a.a.O., S.188<br />

7. Interview mit Jalal, a.a.O., S.42<br />

8. Vgl. dazu Jost, E., a.a.O., S.192, über die Tendenz der Free Jazzer, durch musikalische<br />

Annäherung an die Soul-Musik, politische Inhalte in die Community zu tragen.<br />

9. Clark, Kenneth B. :"Schwarzes Getto", Düsseldorf 1967,S.42<br />

10. Sidran, B., a.a.O., S.181<br />

11. Clark, K. B., a.a.O., S.34<br />

12. Sidran, B., a.a.O., S.164<br />

13. Ebda., S.182<br />

14. Afrika Bambaataa. In: Toop, D., a.a.O., S.57<br />

15. Tanz und Musik blieben durch die ganze Entwicklung des Hip Hops eine Domäne der<br />

Schwarzen.<br />

16. Bericht in der TAZ :"Washington: Gefährliches Pflaster für Babys", TAZ vom 18.1.92<br />

17. Bericht im Stern: "New York - Verfall einer Stadt", Stern 1 1 / 90<br />

57


18. Nachichten in der Taz vom 26.10.91<br />

19. Bericht im Stern: "Eine Musik macht mobil", Stern 9/90 S.91<br />

20. Ebda., S.91<br />

21. Bericht in BAD :"Ice Cube's Lench Mob". In: Bad, Erstausgabe 07./08.-90<br />

22. Ice Cube. In: Adler, B., a.a.O., S.97<br />

23. KRSI. In: Adler, B., a.a.O., S.61<br />

24. Baumann, ebda :"BDP - Hitting Hard". In: BAD 4/92<br />

25. Interview mit Chuck D. In: "And now all the motherftickin' racists...", Stadt Revue Köln 3/92<br />

26. Chuck D. In: Becker, Jochen: "Öffentlichkeitsarbeiter", Taz vom 30.1.92<br />

Resümee und Ausblick:<br />

1. KRSI. In: "Word! Yo Leaders Speak", BAD, Erstausgabe, a.a.0., S.8<br />

58


6.6. LITERATURLISTE<br />

Adler, B. :„Rap“, London 1992<br />

Bader, Staser (26) :„Worte wie Feuer“, Buchverlag <strong>Michael</strong> Schwinn, Neustadt 1988<br />

Berendt, J.E. (26) : „Das große Jazz Buch“, Frankfurt 1988<br />

Burley, Dan (24) : „Original Handbook of Harlem Jive“, 1985<br />

Carles, P. / Conolli, J.L. (4) :„Free Jazz - Black Power, Hofheim 1980<br />

Chernoff, John (5) :„African Rhythm and African Sensibility: aesthethics and socialisation<br />

in african musical idioms“, Chicago 1979 Darmstadt 1989<br />

Dauer, Alfons (6) :„Tradition afrikanischer Blasorchester....“, Text und Notenteil, Graz<br />

1985<br />

Dauer, Alfons (2) :Der Jazz: seine Ursprünge und seine Entwicklung“, Kassel 1977<br />

Chapple/Garofalo (28) :„Wem gehört die Rockmusik“, Frankfurt 1977<br />

Graham, Ronnie (7) :„The World Of African Music“, London 1992<br />

Graves, B. / Schmidt-Joos, S: „Rocklexikon Bd. I & II“, Frankfurt 1990<br />

Günther, Helmut (8) :„Grundphänomen und Grundbegriffe des afrikanischen und<br />

afroamerikanischen Tanzes“, Wien 1970<br />

Hündgen, Gerald (Hrsg.) (16):„Chaisin’a dream“, Köln 1989<br />

Jones, LeRoi (9) :„Blues People“, Wiesbaden ohne Jahresangabe<br />

Jost, Ekkehard (15) :„Sozialgeschichte des Jazz“, Frankfurt 1982<br />

Kuhnke/Miller/Schulze (20) :„Geschichte der Popmusik“, Bremen 1976, zit. nach Werther 1988,<br />

S. 50<br />

Litweiler, John (10) :„Das Prinzip Freiheit“, Schaftlach 1988<br />

Meinhof, C. (Hrsg.) (11) :„Afrikanische Märchen“, Musik“. In: „Zum Verstehen afrikanischer<br />

Musik“, Leipzig 1988, S.69<br />

Nketia, Joseph (12) : „Die Musik Afrikas“, Hamburg 1979<br />

Polillo, A. (27) :„Jazzgeschichte und Persönlichkeit“, München 1981<br />

Raab, Claus (3) :„Afrikanische Musik“. In Rudolf Stephan (Hg.): „Musik<br />

fremder Kulturen“, Mainz 1977<br />

Sander, W. (25) :„Zur Geschichte und stilistischen Entwicklung afroamerikanischer<br />

Musik“, Laber Verlag 1982<br />

Sidran,Ben (19) :„Black Talk“, Frankfurt 1985<br />

Smash, Nick (23) :„Hip Hop“, NY 1990<br />

Stockmann, E. (Hrsg.) (14) :„Musikkulturen in Afrika“, Berlin 1987<br />

Toop, David (24) :„Rap Attack 2“, New York 1991<br />

Zeitungen und Zeitschriften:<br />

• DIE ZEIT + das Zeitmagazin, : Redaktionsleitung Marie Hüllenbrenner, Hamburg<br />

• Die Tageszeitung(TAZ): Hrsg. Freunde der alternativen Zeitung e.V. Berlin, Kochstr. 18, 1000<br />

Berlin 80<br />

• Der Stern : Hrsg. Rolf Schmidt-Holtz, Verlag Gruhner & Jahr AG + Co., Am Baumwall 11, 2000<br />

Hamburg 11<br />

• Hessische Niedersächsische Allgemeine (HNA): Hrsg. Rainer Dierichs, Verlag Dierichs<br />

GmbH+Co.KG, Fankfurter Str.168, 3500 Kassel<br />

• Musik-Express/Sounds (ME): Redaktion Bernd Gockel, Verlagsgruppe Jürgen Marquard/Brisas<br />

Verlag, Baarestr. 22, CH6304 Zug<br />

• Dance: Verlag Jennifer Röder, Hochstr. 19, 4650 Gelsenkirchen-Buer (kostenloses Werbeheft)<br />

• Spex: Redaktion Clara Drechsler, Hrsg. Spex Verlagsgesellschaft mbH, Aachener Str. 4044,<br />

5000 Köln 1<br />

• Stadt Revue (SR): v.i.S.d.P. Jürgen Salm, Maastrichter Str. 49, 5000 Köln 1<br />

• Network Press: v.i.S.d.P. Rüdiger Kutz, Deichstr. 23, 2000 Hamburg 11<br />

• CUT: v.i.S.d.P. Rüdiger Kutz, Universal Media GesellschaftmbH, Schillerstr. 7, 8000 München 2<br />

• Black Artists & Dance (BAD: Hrsg. Axel Stinnhoff, Ernst-Robert-Curtius- Str. 6, 5300 Bonn<br />

59


• Quo Vadis : Hrsg. Kulturverein Kreativ e.V., Taunusweg 12, 5600 Wuppertal 12<br />

• Tempo: Jahreszeitenverlag GmbH., 2000 Hamburg 60, PF 601220<br />

• Der Spiegel: Hrsg. Rudolph Augstein, Spiegelverlagsg mbH., 2000 Hamburg 11, PF 110420<br />

• Jazz-Thetik: Hansaplatz Nr. 9, 4400 Münster<br />

• Jazz Podium: JP-Verlagsgesellschaft mbH., Vogelsangerstr. 32, 7000 Stuttgart 1<br />

• Info Tip: Hrsg. Jörg Schermann, Jörg Shermann-Verlag,<br />

• Friedrich-Ebert-Str. 20, 3500 Kassel<br />

• The Face: Edit Director Nick Logan, Third Floor Block A, Exmouthhouse, Pine Street, London<br />

ECIROJL, England<br />

• Wire: Units G&H, 115 Cleveland Street, London W1PSPN, England<br />

• Straight No Chaiser: Publisher Paul Bradshaw, 436 Coronet Street, London, England<br />

• Blues + Soul: Publisher Napfied Limeted, 153 Praed Street, London W21kL, England<br />

• Rolling Stone: Publisher Iann. S. Wenner, 745 Fith Avenue, New York, NY 10151, USA<br />

• Sky: Publisher Hugh Goldsmith, News International Hachette Ltd., 27 Swinton Street London,<br />

England<br />

• Hip Hop: Publisher Sarah Wise, Popular Publication<br />

• Connection: Alexander House, Forehill, Ely, Camp CB7 4AF, England<br />

Video:<br />

Bei einfachen Videoclips sind nur die Titel angegeben, alle anderen Angaben stimmen mit den<br />

Angaben der Diskografie überein.<br />

Public Enemy :"Fight The Power", Video-Film, ca.40 min., Regisseure u.a. Spike Lee + Bomb<br />

Squad, produziert von Bomb Squad und Public Enemy, 1989 by CBS<br />

Public Enemy : 911 Is A Joke<br />

Public Enemy : Shut Ein Down<br />

Public Enemy : Can Truss It<br />

NWA : Express Yourself<br />

Kool Moe Dee : I Co Werk<br />

Grandmaster FLash&<br />

The Furious Five: The Message<br />

Grandmaster Mel<br />

Mel& The Furious<br />

Five: Step Off<br />

DJ Jazzy Jeff &<br />

The Fresh Prince: Summertime<br />

Too Short: Getto<br />

Digital Underground: Do Watcha Like<br />

Snap: Live in Dresden, aufgenommen vom Fernsehsender TELE 5<br />

Run DMC:Walk This Way<br />

LL Cool J:I Need Love<br />

Public Enemy & Big<br />

Daddy Kane:Burn Hollywood, Burn<br />

Salt 'n' Peppa:Let's Talk About Sex<br />

Spielfilme:<br />

Do The Right Thing: Regisseur Spike Lee, USA 1989<br />

Wildstyle : Regisseur Charlie Ahearn, 1980<br />

Boyz 'n The Hood : Regisseur John Singleton, USA 1991<br />

60


Beat Street : Regisseur Stau Lathan, USA 1984<br />

6.7. BILDERNACHWEIS<br />

Seite Titel Quelle<br />

8. Kool DJ Herc: Hager, Steven: "Hip Hop",<br />

New York 1984<br />

10. G.M. Flash: Toop, David : Rap Attack",<br />

London 1984<br />

12. Africa Bambaataa: Toop, D., ebda.<br />

18. Hip Hop-Tanz: Hager, S., a.a.0.<br />

20. Graffiti-Beispiel: Hager, S., ebda.<br />

23. Sugar Hill Gang: Plattencover: "The Message",<br />

Sugar Hill R., 1982<br />

47. LL Cool J: Plattencover: "Walk Like A<br />

Panther", Def Jam, 89<br />

49. Run DMC Adler, B.: "Rap", London 1991<br />

52. Eric B & Rakim Adler, B., ebda.<br />

58. Salt'n Pepa Adler, B., ebda.<br />

59. Queen Latifah/Monie Love: Adler, B., ebda.<br />

61. Slick Rick Adler, B., ebda.<br />

63. NWA Smash, Nick: "Hip Hop", London<br />

1990<br />

68. The Last Poets: Spex 7/89<br />

76. Graffiti an einem U-Bahnwagen: Hager, S., a.a.0.<br />

79. Bronx, New York: Hager,S., ebda<br />

80. New York: Stern 11/90<br />

82. Ice Cube: Plattencover: "Kill At Will",<br />

Lench Mob 1991<br />

87. Boogie Down Productions: Spex 9/89<br />

89. Public Enemy: Stern 9/90<br />

92. Public Enemy-Logo: Werbung in BAD, Erstausgabe,<br />

Sommer 90<br />

93. Chuck D: Spex 1/92<br />

104. Native Tongue: Adler, B., a.a.0.<br />

105. Gang Starr: Spex 3/90<br />

110. Normsky at street: Hager, S., a.a.0.<br />

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