Jesus Christus ja – Kirche nein?
Jesus Christus ja – Kirche nein?
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Das „Unternehmen <strong>Kirche</strong>“<br />
Ein ehemaliger Schulkollege, der<br />
begeisterter Priester ist, sagte<br />
einmal zu mir:<br />
Ich arbeite gerne in der „Vater,<br />
Sohn und Geist, Ges.m.b.H“.<br />
Mein Lohn ist für einen Akademiker äußerst<br />
bescheiden, trotzdem liebe ich meinen<br />
Beruf.“ „Vater, Sohn und Geist Ges.<br />
m.b.H“ beschreibt in nicht ganz ernst<br />
gemeinter Weise die <strong>Kirche</strong> als Arbeitgeber.<br />
Im Wirtschaftsmagazin „Format“<br />
stand unlängst zu lesen, dass die <strong>Kirche</strong><br />
hinter der öffentlichen Hand der zweitgrößte<br />
Arbeitgeber Österreichs sei.<br />
Wert der Arbeit - Wertschätzung -<br />
Wertsteigerung - Werte<br />
� Arbeitsstellen im kirchlichen Bereich<br />
sind mehr oder weniger krisensicher,<br />
doch muss mit etwas geringerer<br />
Bezahlung im Vergleich zu privaten<br />
Dienstgebern in vergleichbaren Positionen<br />
gerechnet werden. Dieses finanzielle<br />
Defizit möchte der christliche<br />
Arbeitgeber durch seine Unternehmenskultur<br />
ausgleichen. Ein hart gesottener<br />
Bauingenieur hat mir beim Neubau des<br />
Diakonissen - Krankenhaus Schladming<br />
nach einer harten Verhandlung gesagt:<br />
„Bei euch ist ein besonderer Geist spürbar!“.<br />
Diese Geisteshaltung gelingt nicht<br />
immer, aber besonders in Zeiten der<br />
Wirtschaftskrise ist die Sicherheit des<br />
kirchlichen Arbeitsplatzes für die Mitarbeiter<br />
erlebbar. Als Angestellter einer<br />
solchen Einrichtung erlebe ich jedoch<br />
auch immer wieder Kritikpunkte und<br />
Meinungsverschiedenheiten. Die <strong>Kirche</strong><br />
als Arbeitgeber muss in der heutigen<br />
Zeit die Kunst beherrschen, sich mit der<br />
Lösung dieser Konflikte zu beschäftigen<br />
ohne ihr Profil zu verlieren.<br />
Dabei gilt auf jeden Fall, dass Profitorientierung<br />
für die kirchlichen Einrichtungen<br />
ein Fremdwort sein muss. Es<br />
geht vielmehr um Werterhaltung für die<br />
kommenden Generationen. Besonders<br />
deutlich drückt es der Heiligenkreuzer<br />
Zisterzienser Pater Karl Wallner aus.<br />
Sein Orden kämpft mit einer hohen<br />
Schuldenlast, aufgrund der Renovierungen<br />
vor dem Papstbesuch im Jahr<br />
2007. Die aktuelle finanzielle Situation<br />
kommentiert er mit den Worten: „Auf<br />
den Papst haben wir 870 Jahre gewartet,<br />
und in den nächsten 870 Jahren werden<br />
wir dieses Minus schon abbauen.“<br />
Steiermark<br />
� Auch in der Steiermark hat die<br />
<strong>Kirche</strong> eine große wirtschaftliche Bedeutung:<br />
Gebäudeerhaltung, Wälder,<br />
Krankenhäuser, Sozialeinrichtungen,<br />
Kindergärten, Schulen <strong>–</strong> um nur einige<br />
Zweige zu nennen <strong>–</strong> werden von Frauen<br />
und Männer in den verschiedensten Berufen<br />
betrieben, verwaltet und geführt.<br />
Besonders zu erwähnen ist an dieser<br />
Stelle das Stift Admont mit 25.000 Hektar<br />
der größte kirchliche Grundbesitzer.<br />
Die Beschäftigten erwirtschafteten 2009<br />
gut 47 Millionen Euro.<br />
Haus - Schladming - Pichl<br />
� In unserem Pfarrgebiet setzen die<br />
<strong>Kirche</strong>n und kirchlichen Institutionen<br />
beider Konfessionen pro Jahr mehrere<br />
Millionen Euro um. In Krankenhaus,<br />
Kindergärten und Pfarrbetrieben sind<br />
ca. 500 Personen beschäftigt und eine<br />
Reihe von Betrieben profitieren indirekt<br />
von diesem kirchlichen Engagement.<br />
Von den katholischen Pfarren wandern<br />
besonders in Zeiten der großen Sanierungsmaßnahmen<br />
unserer Gebäude<br />
namhafte Beträge an Kommunalabgaben<br />
in die Kasse der Gemeinden und lokale<br />
Unternehmungen können sich über<br />
schöne Aufträge freuen. Dankenswerterweise<br />
gibt es dafür auch Unterstützung<br />
von der öffentlichen Hand.<br />
Global-Player<br />
� Die <strong>Kirche</strong> ist ein Global-Player seit<br />
vielen Jahrhunderten, mit einem Wertegerüst,<br />
das alle Menschen berücksichtigen<br />
möchte. Hans Rauscher schrieb da-<br />
ZUM THEMA<br />
zu in der Tageszeitung „der Standard“:<br />
„Ohne die humanitäre und kulturelle<br />
Rolle der <strong>Kirche</strong> in der Vergangenheit<br />
und Gegenwart ist Zivilisation fast denkunmöglich,<br />
…“ Und bei allen Verbrechen<br />
und Entartungen (Unterstützung<br />
von Eroberungskriegen, Judenhass etc.)<br />
wäre die Welt ohne die kirchlichen und<br />
insgesamt christlichen Sozialinstitutionen<br />
in Europa und Übersee ein sehr<br />
viel traurigerer Ort.<br />
Werden wir also wachsam für Menschen,<br />
die durch ihr protziges Gehabe<br />
und zur Schau Stellung von materiellen<br />
Gütern in unserer Gesellschaft Einfluss<br />
nehmen. Sagen wir ihnen, dass das Aneignen<br />
von Luxus auf der einen Seite<br />
und das Negieren der Not der Menschen,<br />
die nicht durch Leistungsfähigkeit<br />
und Herkunft gesegnet sind, auf der<br />
anderen Seite letztlich unsere Stadt zur<br />
WM-Stadt der Traurigkeit machen wird.<br />
Den Mut dazu wünscht Ihnen<br />
Diakon Hannes Stickler<br />
ZAHLEN UND FAKTEN<br />
� 482 Millionen € lukrierten die Diözesen<br />
2008 <strong>–</strong> so viel, wie hierzulande<br />
die Umsätze von Ikea oder H&M betragen.<br />
81% davon kommen von <strong>Kirche</strong>nbeiträgen,<br />
die 2009 auf satte 394<br />
Millionen € kletterten.<br />
� 58,8% der <strong>Kirche</strong>nausgaben fließen<br />
in den Personalaufwand. In absoluten<br />
Zahlen sind dies 283 Millionen €.<br />
� 60.000 Mitarbeiter sind in kirchlichen<br />
Einrichtungen tätig. Damit ist<br />
die Institution einer der größten Arbeitgeber<br />
Österreichs.<br />
� 150 Millionen € kostet die Instandhaltung<br />
der <strong>Kirche</strong>n pro Jahr, für die<br />
Glocken alleine werden 3 Millionen €<br />
ausgegeben.<br />
� 52.050 Begräbnisse wurden 2006<br />
von katholischen Priestern gefeiert,<br />
dazu 53.370 Taufen und 12.790 Trauungen.<br />
� 335 katholische Schulen mit<br />
70.000 Schülern. 32 kath. Spitäler mit<br />
rund 450.000 stationären Patienten<br />
pro Jahr.<br />
� 12.000 Arbeitsplätze in Klein- und<br />
Mittelbetrieben werden von der <strong>Kirche</strong><br />
indirekt geschaffen: etwa durch<br />
Instandhaltungsaufträge.<br />
Quelle: Madner Madner, Barbara<br />
Nothegger, www.format.at<br />
Juni 2010<br />
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