November 2012 - Zerb
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Erbrechtspraxis<br />
gleich einem Kuratorium – denkbar. 103 Da die Überwachung<br />
und Kontrolle aber auch von einem mit entsprechenden Kompetenzen<br />
ausgestatteten Kuratorium oder Beirat effi zient ausgeübt<br />
werden kann, erscheint diese Funktion eines Testamentsvollstreckers<br />
wenig empfehlenswert, zumal die Testamentsvollstreckung,<br />
wie ausgeführt, zeitlich begrenzt ist.<br />
Anders ist dies, wenn die Vollziehung einer Aufl age gewährleistet<br />
werden soll. Da mit der Aufl age ein Vollziehungsanspruch<br />
eines etwaigen durch die Aufl age Begünstigten nicht<br />
einhergehen muss, kann die Durchsetzung in vielen Fällen<br />
nur durch Anordnung der Testamentsvollstreckung gesichert<br />
werden. 104 Ordnet der Erblasser also beispielsweise an, dass ein<br />
an die Stiftung als alleinige Erbin übertragener Vermögensgegenstand<br />
oder eine Gesamtheit von Vermögensgegenständen,<br />
bspw. ein Unternehmen, erhalten werden soll, kann die Vollziehung<br />
einer solchen Aufl age wirkungsvoll nur durch den<br />
Testamentsvollstrecker gewährleistet werden. Ähnliches kann<br />
für die Vollziehung etwaiger Vermächtnisse gelten. Diese vermitteln<br />
dem Vermächtnisnehmer zwar eigene, schuldrechtlich<br />
durchsetzbare Ansprüche gegen den Nachlass, die Anordnung<br />
der Testamentsvollstreckung gewährt hier aber zusätzliche<br />
Sicherheit und kann Streitigkeiten zwischen Erben und Vermächtnisnehmer<br />
vermeiden und wirkt damit letztendlich auch<br />
befriedend. 105<br />
2. Zusätzliche (aus Sicht der Stiftung steuerlich unbeachtliche)<br />
Vergütung?<br />
Schließlich wird als Zweck der Dauerverwaltung angeführt,<br />
dass im Falle der Personalunion von Stiftungsvorstand und<br />
Dauervollstrecker eine steuerlich grundsätzlich unbeachtliche<br />
zusätzliche Vergütung ausgezahlt werden kann. 106 Dies<br />
ist es wohl auch, was Neuhoff so vehement an der Zulässigkeit<br />
der Dauertestamentsvollstreckung zweifeln lässt: Nach seiner<br />
Ansicht dürften Private keinesfalls „unter dem Schutzmantel<br />
des Stifterwillens eine privatrechtliche Rechtsposition“ aufbauen.<br />
107 Solange dies aber im Rahmen des Verhältnismäßigen<br />
Auf einen Blick<br />
Im Ergebnis ist demnach festzuhalten, dass die Dauerverwaltungsvollstreckung<br />
gemäß § 2209 BGB über das der Stiftung<br />
zugewandte Vermögen grundsätzlich zulässig ist. Die Einwände<br />
des OLG Frankfurt am Main sowie der Kommentarliteratur<br />
gegen die Dauerverwaltung bei der Stiftung von Todes<br />
wegen greifen nicht durch. Weder die Autonomie der Stiftung<br />
noch die Rechte der Stiftungsaufsicht werden beschnitten.<br />
ZErb 11/<strong>2012</strong><br />
nicht die Grenzen der Sittenwidrigkeit berührt, muss diese<br />
Gestaltung als zulässige Ausübung der Privatautonomie des<br />
Erblassers toleriert werden. Zu beachten ist jedoch, dass hierdurch<br />
der Stiftungszweck und ein etwaiger Status als steuerbegünstigte<br />
Körperschaft nicht gefährdet werden dürfen. 108 Hat<br />
die Stiftungsaufsicht die Errichtung der Stiftung genehmigt<br />
und die Finanzverwaltung die Stiftung als steuerbegünstigt<br />
anerkannt und waren bei den behördlichen Genehmigungen<br />
die Vergütungen bekannt, kann jedenfalls aufgrund der Vergütung<br />
der Status als steuerbegünstigte Körperschaft nicht aberkannt<br />
werden.<br />
3. Vermeidung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs<br />
Darüber hinaus sind Sachverhalte denkbar, in denen die<br />
Anordnung der Dauertestamentsvollstreckung über das Stiftungsvermögen<br />
sinnvoll und sogar unumgänglich ist, beispielsweise<br />
wenn zwischen der Geschäftsführung eines zum Nachlass<br />
gehörenden Unternehmens und dem Gesellschafter mit Blick<br />
auf die §§ 14, 64 AO zur Vermeidung eines (steuerpfl ichtigen)<br />
wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs eine größere Distanz<br />
geschaff en werden soll, indem die Gesellschafterrechte nicht<br />
unmittelbar durch die gemeinnützige Körperschaft, sondern<br />
durch einen Testamentsvollstrecker ausgeübt werden. 109<br />
103) Vgl. Schlüter/Stolte, Kap. 2 Rn 118; Schaub in Bengel/Reimann, Kap. 5<br />
Rn 298; Reimann, ZEV 2011, 605, 609; Arnhold, S. 170 ff , der eine beaufsichtigende<br />
Vollstreckung lediglich bezogen auf die Verwaltung des Nachlasses als<br />
unproblematisch zulässig anerkennt.<br />
104) Vgl. Bengel/Reimann, Kap. 5 Rn 326 f.<br />
105) Ebenfalls Bengel/Reimann, Kap. 5 Rn 326 f.<br />
106) Vgl. Arnhold, S. 175; Schewe, S. 256.<br />
107) ZSt 2008, 77, 79.<br />
108) Die Finanzverwaltungen vertreten in diesem Zusammenhang, dass eine unverhältnismäßig<br />
hohe Testamentsvollstreckervergütung zu einem Verstoß gegen § 55<br />
Abs. 1 Nr. 3 AO und damit zum Verlust der Steuervergünstigungen führt, vgl.<br />
hierzu auch Arnhold, S. 175 f.<br />
109) Auch wenn sich diese Gefahr mit Blick auf gewerblich geprägte vermögensverwaltende<br />
Personengesellschaften durch ein Urteil des BFH vom 25.5.2011, I R<br />
60/10, ZEV 2011, 554 = DStR 2011, 1460, entschärft haben dürfte, so besteht<br />
sie unzweifelhaft bei nicht ausschließlich vermögensverwaltenden Gesellschaften<br />
fort.<br />
Aufgrund des vom Gericht selbst unterstrichenen Einzelfallcharakters<br />
lässt die Entscheidung des OLG Frankfurt am<br />
Main vom 15.10.2010 auch keine Rückschlüsse auf andere<br />
Fälle zu, insbesondere nicht auf die Zulässigkeit der Dauervollstreckung<br />
über das einer bereits existierenden Stiftung<br />
letztwillig zugewendete Vermögen, bei der nach allgemeiner<br />
und richtiger Ansicht nichts gegen die Möglichkeit der Dauertestamentsvollstreckung<br />
spricht.<br />
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