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November 2012 - Zerb

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Erbrechtspraxis<br />

ZErb 11/<strong>2012</strong><br />

Dauertestamentsvollstreckung und Stiftungen (unter besonderer<br />

Berücksichtigung der Stiftungserrichtung von Todes wegen)<br />

Zugleich Anmerkung zu OLG Frankfurt am Main vom 15. Oktober 2010 – 4 U 134/10<br />

Dr. Gerrit Ponath, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht und Fachanwalt für Steuerrecht, und<br />

Clemens Jestaedt, Rechtsreferendar und wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Beiten Burkhradt, Frankfurt/M.<br />

Die Zulässigkeit einer Testamentsvollstreckung, wenn Erbe oder Vermächtnisnehmer eine Stiftung ist, beschäftigt seit geraumer<br />

Zeit die Literatur. Bewegung in diese Th ematik ist durch eine jüngere Entscheidung des OLG Frankfurt am Main gekommen. 1 In<br />

diesem Urteil setzt sich das OLG (im Rahmen der Prüfung von § 2217 Abs. 1 BGB) insbesondere mit der Frage auseinander, ob für<br />

das Stiftungsvermögen Dauertestamentsvollstreckung angeordnet werden kann, wenn es sich bei der Stiftung um eine nach § 83<br />

BGB auf den Todesfall errichtete Stiftung handelt.<br />

I. Einleitung<br />

Bei der Frage, ob der Erblasser für das Stiftungsvermögen Testamentsvollstreckung<br />

anordnen kann, wird vielfach ein Widerspruch<br />

institutioneller Art gesehen. So sei nach der Konstituierung<br />

der Stiftung als Abwicklung der Erblasseranordnungen<br />

für eine weitergehende Tätigkeit des Testamentsvollstreckers<br />

im Sinne einer Verwaltung des Stiftungsvermögens kein Raum<br />

mehr. Eine Dauerverwaltung gemäß § 2209 BGB müsse mithin<br />

bei der Stiftung ausscheiden. 2 Fast durchgängig werden für<br />

diese Ansicht der Beschluss des KG vom 21.10.1915 sowie das<br />

Urteil des BGH vom 22.1.1964 als Belege herangezogen. 3<br />

Bei genauerer Betrachtung ergibt sich aber, dass in diesen Entscheidungen<br />

gerade nur die zeitlich unbegrenzte Ausdehnung<br />

von Testamentsvollstreckeraufgaben, wie etwa der Mitarbeit<br />

bei Satzungsänderungen, im Rahmen der Testamentsvollstreckung<br />

bei Stiftungen ausgeschlossen wird.<br />

So drückt die Entscheidung des KG lediglich aus, dass eine<br />

Dauervollstreckung nicht während des gesamten Bestehens der<br />

Stiftung fortdauere, sondern an die zeitliche Grenze des § 2210<br />

BGB gebunden sei. 4 In dem Fall, den der BGH zu entscheiden<br />

hatte, stellte sich die Frage, ob Maßnahmen der Abwicklungsvollstreckung<br />

bei der Stiftung zulässig sind, wenn sie, wie bei<br />

der Dauervollstreckung, keiner Erledigung durch Eintritt eines<br />

Ereignisses unterliegen, aber die zeitlichen Grenzen des § 2210<br />

BGB, der nur auf die Dauertestamentsvollstreckung Anwendung<br />

fi ndet, 5 nicht gelten. 6<br />

Gegen die grundsätzliche Zulässigkeit einer dauernden Verwaltung<br />

des Stiftungsvermögens durch den Testamentsvollstrecker<br />

im Sinne des § 2209 BGB, die den zeitlichen Grenzen des § 2210<br />

BGB unterliegt, sprechen die Entscheidungen also gerade nicht. 7<br />

Vor allem aber wird gegen die Dauerverwaltung durch einen<br />

Testamentsvollstrecker ins Feld geführt, dass sie zur völligen<br />

Aushöhlung der Stiftungsautonomie sowie zur Umgehung<br />

staatlicher Aufsicht führe. 8<br />

In dem bereits angesprochenen aktuellen Urteil des OLG<br />

Frankfurt am Main vom 15.10.2010 wird dies ebenfalls vertreten.<br />

9 Hier begehrte ein Testamentsvollstrecker die Feststellung,<br />

dass er nicht verpfl ichtet sei, einer letztwillig errichteten Stiftung<br />

das ihr zugewandte Vermögen nach § 2217 Abs. 1 BGB<br />

zu überlassen. Dem erteilte der Senat aufgrund der besonderen<br />

Gestaltung des Falles mit obiger Begründung eine Absage.<br />

Nach dem maßgeblichen hessischen Stiftungsrecht sei für<br />

die – durch letztwillige Verfügung errichtete – Stiftung unabdingbar,<br />

dass der Vermögensstock vom Vorstand der Stiftung<br />

eigenverantwortlich verwaltet werde. Deshalb müsse der Testamentsvollstrecker<br />

mit Anerkennung der Stiftung die Verfügungsbefugnis<br />

über den als Stiftungsvermögen zugewendeten<br />

Teil des Nachlasses der Stiftung überlassen. Bei einer Stiftung<br />

von Todes wegen könne eine Dauertestamentsvollstreckung<br />

für die Verwaltung des Nachlasses nicht angeordnet werden,<br />

da andernfalls das Verwaltungsrecht der Stiftungsorgane und<br />

die Kontrolle durch die Stiftungsaufsicht umgangen würden. 10<br />

Darüber hinaus lag dem Fall die Besonderheit zugrunde, dass<br />

zugunsten eines Dritten ein Nießbrauchsvermächtnis am<br />

Nachlassvermögen angeordnet war, sodass nach Ansicht des<br />

OLG die Anerkennung der Stiftung ohne Umwandlung des<br />

Nießbrauchs- in ein Rentenvermächtnis hätte scheitern müssen,<br />

da der Stiftung andernfalls die für den Stiftungszweck existenziellen<br />

Vermögenserträge nicht zur Verfügung gestanden<br />

hätten. 11 Durch Zustimmung zur Satzungsänderung, mit der<br />

das testamentarisch angeordnete Nießbrauchsvermächtnis in<br />

ein Rentenvermächtnis umgewandelt wurde, habe der Testamentsvollstrecker<br />

gleichsam der Verwaltungsbefugnis des Stiftungsvorstands<br />

entsprochen.<br />

1) ZEV 2011, 605 m. Anm. Reimann – die Entscheidung ist rechtskräftig, nachdem<br />

die Nichtzulassungsbeschwerde unter dem Az IV ZR 11/11 keinen Erfolg hatte.<br />

2) So jedenfalls Reuter in MüKo, 5. Aufl . 2006, § 83 Rn 12; Neuhoff in Soergel,<br />

13. Aufl . 2000, § 83 Rn 9 ff ; derselbe in ZSt 2008, 77.<br />

3) OLGE 34, 298; BGHZ 41, 23 = NJW 1964, 1316.<br />

4) OLGE 34, 298, 299.<br />

5) Zimmermann, MüKo, 5. Aufl . 2010, § 2210 Rn 1.<br />

6) NJW 1964, 1316, 1318.<br />

7) Nicht anders kann auch die Anmerkung Strickrodts zum Urteil des BGH in<br />

NJW 1964, 1316, 1319 verstanden werden.<br />

8) Reuter in MüKo, § 83 Rn 12; Neuhoff in Soergel, § 83 Rn 9 ff ; derselbe in ZSt<br />

2008, 77; Hüttemann/Rawert in Staudinger, 14. Aufl . 2011, § 83 Rn 19.<br />

9) ZEV 2011, 605 m. Anm. Reimann.<br />

10) ZEV 2011, 605, 607.<br />

11) Kritisch hierzu Reimann in seiner Urteilsanmerkung, ZEV 2011, 605, 609,<br />

nach dem das Nießbrauchsvermächtnis nicht zwingend die Anerkennung der<br />

Stiftung scheitern lässt, etwa dann, wenn ein Quotennießbrauch vorläge oder der<br />

Nießbrauch auf die überschüssigen Nachlassfrüchte reduziert werden könne.<br />

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