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4 - Kulturnews

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12 musik // Chansonpop<br />

Felix Meyer<br />

Alles außer Superstar<br />

Er war Straßenmusiker, jetzt hat er einen Plattenvertrag. Felix<br />

Meyer beweist: Echtes Talent braucht keine Castingshow.<br />

Fast alle singen von der Liebe. Felix Meyer tut das auch. Aber nicht ständig.<br />

Er will der Tendenz zur Monothematik im Popgeschäft etwas entgegensetzen:<br />

„Ich finde es ganz wichtig, in meinen Liedern auch mal andere Dinge zu reflektieren.“<br />

Zum Beispiel einen dieser seltenen Tage, an dem er völlig mit sich<br />

im Reinen ist („Einverstanden“). Oder er kommt zu dem Schluss: Die „Zeiten<br />

großer Worte“ sind vorbei. Wenn er auf seiner zweiten CD eindringlich ehrliche<br />

Alltagsgeschichten erzählt, dann scheint ein Poet zu sprechen.<br />

Meyers Stil erinnert an Sven Regener – ein Vergleich, den der 1975 in<br />

Berlin geborene Sänger ohne weiteres akzeptiert. Element Of Crime seien<br />

wirklich seine Vorbilder gewesen, sagt er, allerdings eher textlich. Musikalisch<br />

verortet er sich irgendwo zwischen Folk, Chanson und Pop. Vor allem<br />

französischsprachige Liedermacher wie Serge Gainsbourg oder Jacques Brel<br />

haben ihn geprägt – und Tom Waits, den er sehr bewundert: „Er hatte immer<br />

den Anspruch, seinen eigenen Weg zu gehen“, sagt Meyer. „Bei ihm steht<br />

die künstlerische Vision über allem.“ Diese Gegen-den-Strom-Attitüde hat<br />

auch er sich komplett zu eigen gemacht. „Ich sehe mich als Antithese zu den<br />

sogenannten Superstars“, sagt er selbstbewusst. Tatsächlich ist er ein Ruhepol<br />

im deutschen Pop: unaufgeregt, kein Blender, sondern ein Realist – um<br />

total glücklich zu sein, resümiert er, müsse man schon blind und taub durch<br />

die Welt laufen: „Irgendwas gibt es doch immer zu meckern.“<br />

Diese Einstellung überträgt sich wiederum auf seine eher unfröhlichen<br />

Songs. Doch bei aller Melancholie: Meyer ist kein Schwarzseher. „Auch<br />

wenn meine Texte einen anderen Eindruck vermitteln“, sagt er, „bin ich ein<br />

relativ zufriedener Mensch.“ Im Gespräch wirkt er denn auch sehr entspannt.<br />

Er hat verwuschelte dunkle Locken, ist ziemlich dünn, trägt einen Ringelpulli<br />

zur leicht abgetragenen Hose. Seine Bohemien-Austrahlung und der stets<br />

etwas traurige Blick haben die Frauen vermutlich reihenweise dahinschmelzen<br />

lassen, als er noch über die Straßen Europas tingelte, im Gepäck ein<br />

paar Coversongs. Die hat er tagsüber in den Fußgängerzonen vorgetragen,<br />

nachts machten er und seine Freunde es sich dann am Flussufer gemütlich.<br />

„Wir hatten nur unsere Isomatten plus Schlafsäcke dabei“, erinnert er sich.<br />

„Das reichte uns.“<br />

Nach einem ausgeklügelten Karriereplan klingt das natürlich nicht.<br />

Damals hat Meyer, der inzwischen in Hamburg wohnt, das Singen als<br />

Nebenjob gesehen: „Damit bin ich während meines Fotografiestudiums über<br />

die Runden gekommen, ohne kellnern zu müssen.“ Langfristig wollte er als<br />

Dokumentarfotograf seinen Lebensunterhalt verdienen, nicht als Musiker.<br />

„Ich hätte niemals ein Demotape an eine Plattenfirma geschickt“, bekräftigt<br />

er. Nein, er wurde entdeckt, und zwar von Peter Hoffmann, Produzent von<br />

Tokio Hotel, der ihn bei einem Straßenkonzert in Lüneburg sah. Hoffmann<br />

brachte ihn mit Franz Plasa zusammen, der bereits Bands wie Selig oder<br />

Echt zum Durchbruch verholfen hat. Der drängte ihn quasi ins Studio und<br />

schlug vor, zwei seiner bis dahin nur vier eigenen Titel direkt aufzunehmen.“<br />

kulturnews 2/12<br />

Foto: 105Music<br />

Sie bildeten die Keimzelle von Meyers 2010er Debütalbum „Von Engeln<br />

und Schweinen“. Mit seiner erstaunlich tiefen Stimme hat Meyer aus seinen<br />

melancholischen Nummern das Beste rausgeholt. Seine zweite CD „Erste<br />

Liebe/letzter Tanz“ klingt ähnlich, nur ist der Vater einer zweijährigen Tochter<br />

mittlerweile ein bisschen pragmatischer, was das Songschreiben angeht.<br />

„Ich weiß jetzt“, sagt Meyer, „dass ich jeden Gedanken festhalten muss.<br />

Daraus könnte ein neues Stück werden.“<br />

Vielleicht sogar eins, um das ihn Sven Regener bald beneiden wird.<br />

Dagmar Leischow<br />

Erste Liebe/letzer Tanz ist Ende Januar erschienen.<br />

kulturnews präsentiert<br />

Tour 26. 2. Berlin, 27. 2. Leipzig, 28. 2. Dresden, 29. 2. München, 1. 3. Stuttgart,<br />

3. 3. Köln, 4. 3. Bremen, 5. 3. Hamburg, 7. 3. Lüneburg

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