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syltimpuls 1/2012 - SYLTIMPULS | Das Nachrichtenmagazin für Sylt

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Der Anfang ist geschaff t: Kulturhaus Keitum<br />

<strong>Das</strong> „neue“ Kulturhaus in Keitum Ausgestattet<br />

mit einem lieblosen Ambiente fristete<br />

der „Friesensaal“ in Keitum im ansonsten<br />

schmucksten Ort der Insel <strong>Sylt</strong> über Jahrzehnte<br />

kulturell ein tristes <strong>Das</strong>ein. Niemand war auf die<br />

Idee gekommen, diesem Ort, der eigentlich als<br />

Treff - und Kommunikationszentrum eines Gemeinwesens<br />

dienen sollte, dass neben Kampen<br />

in besonderem Maße unter dem Ausverkauf und<br />

dem damit verbundenen Rückgang an Einwohnern<br />

litt, eine attraktive, kommunikationsfördernde<br />

Ausstattung zu verschaff en. So wie sich in den<br />

letzten fünzig Jahren in der Bundesrepublik die<br />

Kultur der Dorfgemeinschafts- und Bürgerhäuser<br />

entwickelte, parallel dazu in der damaligen DDR<br />

die Kulturhäuser. Als Treff punkt der Bürger sollten<br />

sie dazu dienen, Geselligkeit zu pfl egen, aber<br />

auch Meinungen auszutauschen und Mitbestimmung<br />

zu praktizieren. Die Gemeinschaftshäuser<br />

waren schon immer eine Begegnungsstätte zwischen<br />

Bürgern und Politikern. Sie waren ein Ort,<br />

in dem Bürgerwille deutlich wurde, so wie in besonderem<br />

Maße im „Muasem Hüs“ in Morsum.<br />

Neidvoll blicken viele Insulaner auf dieses streitbare<br />

Volk im äußersten Osten der Insel, die sich<br />

immer einig zu sein scheinen und kämpferisch<br />

ihre Ziele verfolgen. Unbequehm wie Gallier, aber<br />

äußerst effi zient.<br />

Vielleicht wäre Keitum die Th erme erspart geblieben,<br />

hätte das Kommunikationszentrum „Friesensaal“<br />

bereits früher funktioniert und hätten die<br />

verantwortlichen Politiker an diesem Kommunikationsstandort<br />

die Stimmung der Bevölkerung<br />

früher erkennen können.<br />

Nachdem nach der Fusion der Friesendörfer<br />

mit Westerland und Umgebung das fi nale Unter-<br />

16<br />

<strong>Sylt</strong> Nachrichten<br />

Böse Menschen kennen keine Lieder<br />

gangsschicksal des alten „Friesensaals“ besiegelt zu<br />

sein schien, da die Pacht sehr hoch war und die<br />

Miete <strong>für</strong> die Vereine nicht bezahlbar, entstand in<br />

dem lange vor sich hindämmernden Dorf Keitum,<br />

das sich nur noch in Zornesausbrüchen gegen<br />

eben diese Th erme bemerkbar machte, eine wahrlich<br />

bemerkenswerte Initiative. Nichts war mehr<br />

von Apathie zu spüren, eine Dynamik entwickelte<br />

sich, die viele diesem scheinbar aussterbenden Ort<br />

nicht mehr zugetraut hätten. Bürger und Politiker,<br />

wie zum Beispiel der Apotheker René Dürr, der<br />

Journalist Pierre Bohm, Dr. Andreas Tietze, Mitglied<br />

der Fraktion der Grünen im schleswig-holsteinischen<br />

Landtag und Oliver Ewald, Vorsitzender<br />

der CDU <strong>Sylt</strong> vereinigten sich, um den alten<br />

„Friesensaal“ aus seiner Lethargie zu befreien.<br />

Und nun ist es soweit. Goldschimmernde Lüster<br />

erhellen den lange dahindarbenden Raum. Die<br />

elegant geschwungene Decke des Saals kokettiert<br />

mit grünen Bäumen und Wiesen, die bei Tageslicht<br />

durch die großen Scheiben des Raums<br />

schimmern. Materialien und Farben sind stimmungsvoll<br />

auf dieses Ensemble abgestimmt.<br />

Viel ehrenamtliche Arbeit war notwendig, um<br />

zu diesem Ergebnis zu gelangen. Auff ällig ist, dass<br />

es sowohl auf der Insel <strong>Sylt</strong> als auch in Deutschland<br />

als relativ starkem Staat viele Ehrenamtliche<br />

gibt. Jeder dritte Deutsche über 14 Jahre ist<br />

irgendwo freiwillig engagiert. Diese Quote ist in<br />

den letzten zehn Jahren erstaunlich stabil geblieben<br />

– obwohl die soziale Fürsorge erweitert wurde,<br />

der berufl iche Stress eher zuund die verfügbare<br />

Freizeit eher abnahm. Warum fi nden sich aber<br />

trotzdem Ehrenamtliche? Der Wert des ehrenamtlichen<br />

Engagements liegt in der sozialen Integrationsleistung.<br />

Dieser Umstand erfuhr auch bei<br />

den Einweihungsreden im „Kulturhaus“ Keitum<br />

eine besondere Beachtung.<br />

Um das zu erreichen, mussten die Verantwortlichen<br />

zunächst viel private Spendengelder eintreiben.<br />

Dazu erwies sich die Gemeinde <strong>Sylt</strong> als<br />

klug, was nicht immer selbstverständlich ist, und<br />

steuerte vierunddreißigtausend Euro bei. Hierbei<br />

dürfte wohl das Ansehen des Grünen- Abgeordneten<br />

Dr. Andreas Tietze als Schirmherr und<br />

Mit-Verhandlungspartner einen wichtigen Einfl<br />

uss gehabt haben.<br />

Durch die Eröff nung des „Kulturhauses“ bekommt<br />

die Kultur in Keitum eine neue Dimension.<br />

Nicht dass es auf der Insel an Kulturangeboten<br />

fehlt. Im Gegenteil. In diesem Haus soll<br />

jedoch nicht nur Kultur <strong>für</strong> den Feriengast und<br />

Bürger geboten werden, vielmehr soll die Freizeit<br />

mit dem Bürger gestaltet werden. Dazu wies die<br />

Bürgermeisterin Petra Reiber darauf hin, dass in<br />

diesem Saal in Zukunft keine kommerziellen Veranstaltungen<br />

stattfi nden dürfen, etwa mit Billigschuhen.<br />

Es wäre sicherlich wünschenswert, wenn<br />

auf der gesamten Insel solche Billigveranstaltungen<br />

nicht mehr stattfi nden würden. <strong>Das</strong> „Kulturhaus“<br />

in Keitum jedoch agiert in der Form eines<br />

gemeinnützigen Vereins. Würde das Haus kommerzialisiert,<br />

verlöre es seine Gemeinnützigkeit<br />

und müsste darüberhinaus den Zuschuss der Gemeinde<br />

zurückzahlen.<br />

René Dörr, die treibende Kraft<br />

Eine gute Lösung, um Vereinen und den<br />

Menschen auf der Insel kostengünstige Veranstaltungsmöglichkeiten<br />

anzubieten. Dazu bedarf es<br />

aber auch weiterhin eines stark ausgeprägten Engagements<br />

der Vereinsmitglieder. René Dörr, der<br />

Vorsitzende und „Antreiber“ der Helfer und Vereinsmitglieder<br />

glaubt fest daran, dass sich auch in<br />

Zukunft genug Engagierte einfi nden werden, um<br />

das „Kulturhaus“ mit Leben zu erfüllen. Glaubt<br />

man Sozialforschern und Psychologen, müsste das<br />

Experiment gelingen. <strong>Das</strong> Angebot ist attraktiv<br />

und verschaff t Ansehen.<br />

Menschen setzen sich gesellschaftlich ein, da<br />

sie zutiefst die menschliche Sehnsucht verspüren,

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