syltimpuls 1/2012 - SYLTIMPULS | Das Nachrichtenmagazin für Sylt
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Ralph Stegner, Landesvorsitzender SPD<br />
Es ist immer wieder das gleiche Lied: eine<br />
Regierung wird abgewählt, weil die Bürger<br />
mit ihrer Politik nicht mehr einverstanden sind.<br />
Kaum wittert diese ehemalige Regie rungspartei<br />
in der Opposition wieder Auf triebstendenzen, sofort<br />
verkündet der Frakti onsvorsitzende, dass seine<br />
Partei zu den alten Sünden zurückkehren möchte.<br />
Die Politik der augenblicklichen Re gie rung, die<br />
dem erklär ten demokratischen Wil len der Wähler<br />
ent sprach, soll damit wieder rück gängig ge macht<br />
und erneut in den fehler haf ten Strudel der Vergangenheit<br />
zurück ver wan delt werden.<br />
So geschieht es zur Zeit in Schleswig-Hol stein.<br />
Wieder einmal verwechselt der Frakti onsvorsitzende<br />
der SPD im Landtag, Ralf Stegner Ide ologie<br />
mit vernunftorientierter Po litik, die am Willen<br />
der Bürger ausge richtet ist. So hat er in einer<br />
Anwandlung von Ge wissheit, die ihn be reits als<br />
Wahl sieger der nächsten Land tags wahl auswei sen<br />
soll er klärt, dass die Schul poli tik der jetzigen konservativen<br />
Regierung in Kiel aus CDU und FDP<br />
nach der Wahl zurück ge nom men und wieder auf<br />
das Ni veau der vergan g enen bil dungspoliti schen<br />
Grundsät ze sei ner Partei zu rück ge führt werden<br />
sol l. Dabei igno riert er die erklärte Absicht, dass<br />
die jetzige Landes regierung nichts anderes getan<br />
hat, als den Wunsch und Willen der Wähler nach<br />
der ver gangenen Land tagswahl umzu setzen.<br />
<strong>Das</strong> ist umso bemerkenswerter, da die Schulpolitik<br />
der SPD aus den 70er Jahren des letzten<br />
Jahrhunderts herrührt und bis her in keinem<br />
Bundesland überzeugen konnte. Sie hat te<br />
vor allem dazu geführt, dass die Schüler zu „Ver-<br />
2<br />
Lokales<br />
Alte Sünden rosten weiter<br />
suchskaninchen“ und die Schulen zu Ex perimentierfeldern<br />
mutierten. Ständige Ver än derungen,<br />
meist hektischer und undurch dachter Art<br />
kenn zeichneten die vergangenen Jahrzehnte. Ein<br />
besonderes Paradebeispiel verfehlter Poli tik war<br />
die „Ganzheitsmetho de“. Ebenso wie der Fehlschluss<br />
der SPD, das Gymna sium als Aus druck<br />
konservativer, bür gerlicher Gesin nung entschieden<br />
bekämpfen zu müssen.<br />
Begonnen hatte alles Anfang der 70er Jahre in<br />
Hessen unter der Ägide des weltanschaulich arg<br />
be frach teten SPD-Kultusministers von Friedeburg.<br />
Er verachtete seinen Vater, der als Wehrmachts<br />
general in seinen Augen ein „Na zige neral“<br />
gewesen war und der nach der Teil- Kapitulation<br />
in Schles wig-Holstein in britische Gefangenschaft<br />
geriet. Die Briten nahmen ihm wie einem<br />
Strafge fangenen Gür tel und Hosen träger ab,<br />
so dass er mit rut schender Hose abge führt wurde.<br />
General von Friedeburg empfand das als so ehrenrührend,<br />
dass er sich in Ge fangen schaft das Leben<br />
nahm.<br />
Sein Sohn glaubte nun, die Schmach, die sein<br />
Vater als „General des Führers“ hinter lassen hatte,<br />
dadurch ausmerzen zu müssen, dass er ins<br />
„Pro letarierlager“ wechselte, um die Bürger lich en<br />
durch reformatorischen Eifer im sozia lis tischen<br />
Sinne zu bestrafen. Er beauftragte daher als hessischer<br />
Kultusmi nister zwei Perso nen seines Vertrauens<br />
mit der Erstellung der „Rah men richtlinien<br />
Ge sellschaftslehre“, die nach Er kenn t nissen von<br />
Insidern der kommu nisti schen Weltanschauung<br />
angehörten. Seit dieser Zeit wer den unsere Schu-<br />
len vor allem in Ländern, in denen die SPD regiert,<br />
von Schulexperi menten er schüt tert.<br />
Es ist daher kein Wunder, dass sich der Philologenverband<br />
Schleswig-Holstein in einer Presse<br />
erklärung in scharfen Tönen gegen die erneu te<br />
Absicht des SPD-Fraktionsvorsitzen den Stegner<br />
wendet, die Schulpolitik zu ver ändern. Er<br />
be zeich net den Politiker als „Bil dungs-Ram bo“<br />
und beklagt den leichtfertigen Umgang mit dem<br />
„Schulfrieden“. „Man kön ne nicht die Schüler innen<br />
und Schüler, die El tern sowie die Lehrer in nen<br />
und Lehrer zum wieder holten Male in kür zes ter<br />
Zeit als Ver suchskaninchen missbrau chen. …...<br />
alle Be teiligten wünschen sich einen Schulfrieden,<br />
der seinen Namen auch verdient.“<br />
Mit großer Sorge blickt der Vorsitzende des<br />
Philologenverbandes, Helmut Siegmon nach eigenen<br />
Worten den Aussagen des SPD-Fraktionsvorsitzenden<br />
zur Besserstel lung der Gemeinschaftsschulen<br />
gegenüber den Gymnasi en<br />
entgegen. „Für Herrn Steg ner mag es ein erster<br />
Schritt sein, die Ge meinschaftsschule durch die<br />
Hintertür fl ä chendeckend in Schles wig-Hol stein<br />
zu eta blieren, aber <strong>für</strong> die Mehrheit der Bevölke<br />
rung wäre es der erste Schritt in ein bil dungspolitisches<br />
Abseits.“<br />
Diese Aussagen des Philologenverbandes sind<br />
deshalb von besonderer Bedeutung, da er zu Beginn<br />
der Reformbemühungen im Bil dungs be reich<br />
den Bestrebungen durch aus wohlwol lend gegenüber<br />
stand. Da die Ergeb nisse dieser „Re for men“<br />
sich jedoch als fa tal erwiesen, mahnt der Ver band<br />
zu Recht end lich Ruhe an der Schul front an.<br />
Zu Recht, denn die scheinbar schlechten Ergeb<br />
nis se der „Pisa-Studien“ sind kein gültiger Beweis<br />
<strong>für</strong> weiteren reformatori schen Eifer. Nicht<br />
nur, dass in keinem an deren Land so viele ge testete<br />
Schulen mit Schülern be setzt sind, die einen<br />
Mi grati onshintergrund haben und Leistungsschwä<br />
chen unumgäng lich machen, sondern es erweist<br />
sich, dass Deutsch land und demzufolge auch<br />
Schles wig-Holstein, seit Jahrzehn ten unun ter brochen<br />
zu den erfolgreichsten Wirtschaftsna tionen<br />
zählt und lange als „Ex portweltmeister“ galt, bevor<br />
nun das Billig lohnland China mit meist niederen<br />
Qualitäten diese Positi on über nom men<br />
hat. Wirtschaft lich erfolg reich kann jedoch ein<br />
Land, dass we nig Boden schätze und immer weniger<br />
Pro duktionsstätten hat, nur sein, wenn die<br />
Bil dungspolitik gut ist. Da wir jedoch nachgewiesenermaßen<br />
große wirtschaftliche Er folge<br />
vorweisen, deutsche Experten in al len Län dern<br />
der Erde einschließ lich Ameri ka immer wieder<br />
gerne gesehen wer den und unsere Wissenschaftler<br />
häufi g No belpreise er halten, kann die Schul-<br />
und Bil dungspolitik in unserem Staat in Wahr heit<br />
nicht schlecht sein. Im Gegenteil, un sere Ausbildungs<br />
stan dards gehören nach internationalem<br />
Ermes sen nach wie vor zu den besten in der Welt,<br />
auch wenn es uns nicht von dem Vorsatz be freit,<br />
dass man immer noch besser sein kann. Dann<br />
aber ohne ideologische Scheuklappen und ohne<br />
die Schüler ohne wirkliche Not wei terhin zu Versuchskaninchen<br />
zu machen.