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2 PERSÖNLICH ALLTAG STADTRAT MARTIN VOLLENWYDER Nicht viel Neues unter der Sonne Im Vorfeld unseres Nationalfeiertags blättere ich gerne in Geschichtsbüchern und in den Auszügen von Chroniken. Spannend daran empfinde ich immer wieder, dass das, was unsere heutigen Medien vermelden, in verschiedenen Formen schon einmal stattgefunden hat. So stellt man unter anderem fest, dass verschiedene Quartiere oder Wohnsiedlungen in Städten oder Dörfern Bezeichnungen hatten, wo die «Ausländer» wohnten. So hiess eine Wohnsiedlung in Wetzikon im 19. Jahrhundert «Chly Aargau». Die ersten Ausländer waren also primär Kantonsfremde. Ähnliches kann man in jener Zeit beim Geld oder bei den Massen und Gewichten beobachten. Es herrschte in allen erwähnten Bereichen ein riesiges Durcheinander. Wenn man heute darum die Verwerfungen rund um den Euro betrachtet, muss man vielleicht anmerken, dass die Währung noch jung an Jahren ist und die Vereinheitlichung der Währung auch in Zeiten der Gründung unseres Bundesstaats nicht unbedingt leicht fiel. Faszinierend und wahrscheinlich vielen Schweizerinnen und Schweizern nicht bewusst, ist auch die Tatsache, dass es bis zur Gründung der modernen Schweiz kein nationales Bürgerrecht gab und bis 1915 auch keinen Schweizer Pass. Auf diese noch verhältnismässig neuen Entwicklungen dürfen wir stolz sein, allerdings sollte uns dies auch etwas die Augen öffnen, dass Integration von Staatengemeinschaften eine gewisse Weile dauert und auch Rückschläge möglich sind. Für mich liefert gerade unsere Geschichte den Beweis, dass, wie auch immer im Detail ausgestaltet, ein Zusammenwirken in Europa unabdingbar ist. «Die Siedlung ist keine Luxusherberge» VON JAN STROBEL Die Sozialwerke Pfarrer Sieber planen in Afoltern die Siedlung Brothuuse für Randständige. Doch nicht alle Anwohner sind mit der künftigen Nachbarschaft glücklich. Joachim Focking leitet das Projekt und erklärt, was es mit dieser Siedlung genau auf sich hat. Tagblatt der Stadt Zürich: Joachim Focking, die Siedlung Brothuuse soll an der Zehntenhausstrasse ent stehen. Anwohner machen sich Sorgen, dass die Randständigen im Quartier herumlungern werden. Wie wollen Sie diese Befürchtungen entkräften? Joachim Focking: Wir haben mit solchen Reaktionen gerechnet und wissen, dass dieses Thema immer Emotionen auslöst. Randständige sind nirgends willkommen. Bei den künftigen Be- wohnern wird es sich aber nicht um akute Alkohol- oder Drogensüchtige handeln, sondern um Menschen, die aus den verschiedensten Gründen keine geregelte Wohnsituation mehr haben. Es gibt Strukturen und Regeln, die von allen eingehalten werden müssen. Wir bieten ihnen im Brothuuse einen Platz, wo sie vorübergehend unterkommen können und in einer Gemeinschaft Halt fnden. Viele von ihnen sind traumatisiert und möchten von der Gasse endlich wegkommen. Wir dürfen nie vergessen: Jeder hat in der Schweiz ein Recht auf ein Dach über dem Kopf. LUST UND FRUST DER WOCHE Voller Erfolg trotz Regen: 26 000 Zuschauer besuchten das Festival Live at Sunset. Kader-Exodus bei Zürich Tourismus: Direktorin Marlis Ackermann steht in der Kritik. Sie sagen vorübergehend. Die Randständigen werden also nur für ein paar Wochen in der Siedlung leben? Focking: Das kommt immer auf die Situation des Einzelnen an. Die Siedlung soll kein Abstellgleis oder ein Ghetto sein. Wir möchten, dass die Bewohner sich weiter entwickeln, den Willen aufbringen, ihre Wohnsituation zu ändern. Dabei helfen wir ihnen mit qualifziertem Personal. Die Siedlung wird aber auch keine Luxusherberge. Die Zimmer sind spartanisch möbliert. Es geht ganz elementar darum, dass sich die Bewohner im Trockenen aufhalten können, Essen und Trinken bekommen, mit anderen Menschen in einer Ge meinschaft in Kontakt treten. Wir wollen die Randständigen keinesfalls verhätscheln. Weshalb werden die Randständigen am Stadtrand Interview zum Thema Eine Siedlung für Randständige wohnen? Focking: Die städtische Liegenschaftenverwaltung hat uns dieses Grundstück angeboten. Dafür sind wir natürlich sehr dankbar. Immerhin erfüllt sich mit Brothuuse ein lang gehegter Wunsch von Pfarrer Ernst Sieber. Im August werden wir die Baubewilligung beantragen. Der Mietvertrag läuft dann erst einmal für fünf Jahre. Wir hofen sehr, dass wir im Winter bereits eröfnen können. Maximal fünfzig Randständige werden dann an der Zehntenhausstrasse wohnen. Das Projekt kostet über Zwei Millio- Die Skyline wächst: Neben dem Prime und dem Mobimo-Tower entsteht ein weiteres Hochhaus. Sanierungsfall Birmensdorferstrasse: In zwei Jahren wird sie schon wieder aufgerissen. Mittwoch, 27. Juli 2011 Joachim Focking möchte Randständigen ein Heim bauen. Bild: PD nen Franken. Wie kommt dieses Geld zusammen? Focking: Ausschliesslich über Spenden. Zum Glück hat die Stiftung seit Jahren gespart. So können wir zum Teil auf unsere Reserven zurückgreifen. In Zürich-West entsteht gerade ein schicker Wohnturm nach dem anderen. Das muss Ihnen doch wie ein Hohn vorkommen. Focking: Keineswegs. Jeder, der es sich leisten kann, soll in einer solchen Wohnung leben, wenn er es will. Wir möchten ja kein Hochhaus für Randständige bauen. Wir appellieren einfach an die Gesellschaft, sich in all dem Luxus doch noch verantwortlich zu fühlen für diejenigen, die abgehängt wurden. ■ Von wegen Single-Stadt: Über die Hälfte der Zürcher lebt in einer Beziehung. Verärgerte FCZ-Fans: Hunderte Saisonkarten konnten beim Einlass nicht gelesen werden.
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