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Ärzteblatt - qs- nrw

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Dr. jur. Daniel Sobotta<br />

Foto: 4iMEDIA<br />

arzt & recht<br />

ÄNDERUNG DER RECHTSPRECHUNG<br />

wichtige entscheidungen zum berufsrecht<br />

Im Recht der ärztlichen Berufsausübung<br />

ist einiges in Bewegung<br />

geraten, das auch für die Brandenburger<br />

Ärztinnen und Ärzte von<br />

nicht zu unterschätzender Bedeutung<br />

ist. Bereits in der Oktoberausgabe<br />

2010 des Brandenburgischen<br />

<strong>Ärzteblatt</strong>es hatte der Verfasser<br />

auf die sich ankündigende Änderung<br />

der Rechtsprechung zu § 299<br />

Strafgesetzbuch (Bestechlichkeit<br />

und Bestechung im geschäftlichen<br />

Verkehr) hingewiesen, wonach<br />

erstmals auch Ärztinnen und Ärzte<br />

bestraft werden können, insofern<br />

sie vertragsärztlich tätig sind. Diese<br />

Rechtsprechungsänderung hat<br />

sich nunmehr bestätigt. Strenger<br />

geworden ist auch die Rechtslage<br />

zur ärztlichen Empfehlung von<br />

„Leistungserbringern“, wofür der<br />

Bundesgerichtshof klare Vorgaben<br />

getroffen hat.<br />

1. Bestechungstatbestand<br />

greift auch für ärztliche<br />

Tätigkeit<br />

Im juristischen Schrifttum bis zuletzt<br />

umkämpft und in der ärztlichen<br />

Selbstverwaltung zu recht kritisiert<br />

– ist es nunmehr wohl doch klar,<br />

dass vertragsärztlich tätige Ärztinnen<br />

und Ärzte wegen Bestechlichkeit im<br />

14 | Brandenburgisches <strong>Ärzteblatt</strong> 10 •2011<br />

geschäftlichen Verkehr gem. § 299<br />

StGB (=Strafgesetzbuch) bestraft werden<br />

können. Jahrelang hatte dies die<br />

Rechtsprechung, die Staatsanwaltschaften<br />

und die juristische Literatur<br />

anders gesehen.<br />

§ 299 StGB setzt voraus, dass der<br />

Betreffende als Angestellter oder Beauftragter<br />

eines geschäftlichen Betriebes<br />

im geschäftlichen Verkehr einen<br />

Vorteil für sich oder einen Dritten als<br />

Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen<br />

lässt oder annimmt, dass er<br />

einen anderen bei dem Bezug von Waren<br />

oder gewerblichen Leistungen im<br />

Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzugt.<br />

Darin liegt der Grund für die<br />

jahrelange Zurückhaltung der Justiz:<br />

Soll eine Ärztin oder ein Arzt strafbar<br />

nach dieser Vorschrift sein, muss er als<br />

Angestellter, mindestens aber Beauftragter<br />

eines geschäftlichen Betriebes<br />

tätig werden. Da ambulant tätige Ärztinnen<br />

und Ärzte in der Regel in eigener<br />

Praxis tätig werden, kommt nur die<br />

Beauftragteneigenschaft in Frage. Diese<br />

hat erstmals das Oberlandesgericht<br />

Braunschweig in seinem vielzitierten<br />

Beschluss vom 23.02.2010 in durchaus<br />

streitbarer Weise „entdeckt“ – Vertragsärztinnen<br />

und Vertragsärzte seien<br />

als Beauftragte der Krankenkassen<br />

tätig. Bereits zuvor war dies im juristischen<br />

Schrifttum, allerdings als recht<br />

chancenlose Mindermeinung, vertreten<br />

worden. Der Beschluss des Oberlandesgerichts<br />

Braunschweig löste indes<br />

eine bemerkenswerte Welle der Kehrtwendung<br />

aus – in juristischen Fachzeitschriften<br />

mehrten sich die Stimmen<br />

der Befürworter. Auch dauerte es<br />

nicht lange, bis weitere Gerichte und<br />

Staatsanwaltschaften dem Ansatz folgten;<br />

mit dem Urteil des Landgerichts<br />

Hamburg vom 09.12.2010 gab es dann<br />

auch die erste echte Verurteilung eines<br />

Arztes. Zwischenzeitlich wurde diese<br />

neue Rechtslage durch höchstrichterliche<br />

Autorität in Form eines Beschlusses<br />

des Bundesgerichtshofes vom<br />

05.05.2011 bestätigt. Die zunächst<br />

durch die obergerichtliche Rechtsprechung<br />

angenommene Beschränkung, §<br />

299 StGB greife jedenfalls nicht bei der<br />

Verordnung von Heil- und Hilfsmitteln,<br />

ist zwischenzeitlich wohl ebenfalls aufgegeben<br />

worden.<br />

Doch was ist eigentlich das Gefährliche<br />

bzw. Besondere an dieser Entwicklung?<br />

Schließlich existieren Strafnormen<br />

doch ohnehin schon für alle<br />

Bürgerinnen und Bürger, könnte man<br />

einwenden. Das qualitativ Neue liegt<br />

zum einen darin, dass § 299 StGB die<br />

Beanspruchung von Vorteilen z. B. in<br />

der Form von Bonuszahlungen durch<br />

Pharmaunternehmen für die Verschreibung<br />

bestimmter Medikamente<br />

zur Straftat (mit damit verbundenem<br />

Strafprozess und der Möglichkeit eines<br />

Vorbestraftenstatus) erhebt – bisher<br />

war dies in der Regel „nur“ eine<br />

Ordnungswidrigkeit oder hatte ggf.<br />

standesrechtliche Konsequenzen. Zum<br />

anderen lässt § 299 StGB bereits das<br />

„Versprechen“ eines Vorteils genügen,<br />

es muss also tatsächlich gar nichts geschehen<br />

sein. Liegt demnach eine Absprache<br />

zur Vorteilsgewährung zwischen<br />

Ärztin oder Arzt auf der einen<br />

und z. B. einem Pharmaunternehmen<br />

oder Apotheker auf der anderen Seite<br />

nahe, kann das Gericht aufgrund seiner<br />

richtlichen Überzeugung das Bestehen<br />

dieser Absprache annehmen<br />

und den Betreffenden verurteilen. Dies<br />

eröffnet der Justiz ungeahnte Möglichkeiten<br />

des Tätigwerdens und sollte<br />

von ärztlicher Seite unbedingt beachtet<br />

werden.<br />

2. Vorsicht bei Anwendungsbeobachtungen<br />

Die praktische Relevanz dieses Themas<br />

auch in Brandenburg zeigt deutlich<br />

ein kürzlich ergangener Strafbefehl<br />

des Amtsgerichts Cottbus, mit welchem<br />

eine Brandenburger Ärztin auf<br />

der Grundlage des § 299 StGB zu einer<br />

empfindlichen Geldstrafe verurteilt<br />

wurde. Diese hatte mit einer Außendienstmitarbeiterin<br />

eines Pharmaunternehmens<br />

die Teilnahme an Anwendungsbeobachtungen<br />

zu einem blutdrucksenkenden<br />

Arzneimittel an 20<br />

Patienten innerhalb von 8 Wochen<br />

vereinbart. Als Gegenleistung sollte die<br />

Ärztin ein hochwertiges Notebook erhalten.<br />

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