Ärzteblatt - qs- nrw
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sich das Gericht nicht, da danach Leistung<br />
und Gegenleistung wohl in einem<br />
zumindest nicht von vornherein inadequaten<br />
Verhältnis standen. Allerdings<br />
versäumte es die Ärztin, die seitens des<br />
Unternehmens zur Verfügung gestellten<br />
Anwendungsbögen in verwertbarer<br />
Weise auszufüllen. Vielmehr gab sie<br />
diese weitgehend unausgefüllt zurück;<br />
eine Mitarbeiterin des Pharmaunternehmens<br />
füllte anschließend die fehlenden<br />
Angaben mit einem fiktiven<br />
Inhalt aus. Das Gericht stellt fest, dass<br />
auf diese Weise die Anwendungsbeobachtungen<br />
objektiv ohne wissenschaftlichen<br />
Wert waren. Durch die dennoch<br />
erfolgte Annahme der Gegenleistung<br />
(Notebook) habe sich die Ärztin wegen<br />
Bestechlichkeit im wirtschaftlichen Verkehr<br />
strafbar gemacht. Dies erstaunt<br />
etwas, da in diesem Fall die Ausgangsvereinbarung(Anwendungsbeobachtungen<br />
gegen Notebook) nicht beanstandet<br />
wurde; § 299 StGB setzt aber<br />
gerade eine „Unrechtsvereinbarung“<br />
voraus, nach welcher der Ärztin oder<br />
dem Arzt ein Vorteil gewährt und im<br />
Gegenzug der Bestechende bei dem<br />
Bezug von Waren bzw. Leistungen bevorzugt<br />
werden soll. Das Gericht geht<br />
trotz des Fehlens einer solchen ausdrücklichen<br />
Vereinbarung ohne Not<br />
davon aus, dass die Ärztin und das<br />
Pharmaunternehmen schlüssig vereinbart<br />
haben, dass das Notebook als<br />
Gegenleistung für ein dem Unternehmen<br />
entsprechend gesonnenes Verordnungsverhalten<br />
der Ärztin gewährt<br />
werde. Damit bewahrheitet sich die<br />
oben dargestellte Gefahr: Indizien für<br />
eine Bestechungsabsprache genügen<br />
bereits für eine Verurteilung wegen<br />
Bestechlichkeit.<br />
Fazit: Bei der Teilnahme an Anwendungsbeobachtungen<br />
ist künftig generell<br />
Vorsicht geboten. Es sollte in<br />
jedem Falle darauf geachtet werden,<br />
dem durchführenden Unternehmen<br />
Beobachtungsergebnisse von objektivem<br />
Wert zu liefern. Darüber hinaus<br />
muss die seitens des Unternehmens<br />
gewährte Gegenleistung in einem angemessenen<br />
Verhältnis zu den gelieferten<br />
Beobachtungsergebnissen stehen<br />
bzw. darf darüber nicht offensichtlich<br />
hinausgehen. Eine gedankenlose Teilnahme<br />
an derartigen Anwendungsbeoachtungen<br />
kann künftig erhebliche<br />
Konsequenzen, insbesondere strafrechtlicher<br />
Art, nach sich ziehen.<br />
3. Strengere Rechtslage<br />
bei der Empfehlung von<br />
Leistungserbringern<br />
Kaum weniger bedeutend fällt das<br />
Urteil des Bundesgerichtshofes vom<br />
13.01.2011 zu ärztlichen Empfehlungen<br />
aus. In diesem Fall hatte ein HNO-<br />
Arzt regelmäßig Patienten zur Hörgeräteversorgung<br />
an ein bestimmtes<br />
Unternehmen verwiesen, welches er<br />
mit der dortigen besonderen Versorgungsqualität<br />
begründete. Eine örtlich<br />
ansässige Hörgeräteakustiermeisterin<br />
nahm den Arzt wegen Verstoßes gegen<br />
die ärztliche Berufsordnung (sowie<br />
dadurch indizierten Wettbewerbsverstoß)<br />
in Anspruch. Der Bundesgerichtshof<br />
hatte als Revisionsinstanz darüber<br />
zu entscheiden; im Ergebnis wurde die<br />
Rechtssache unter bemerkenswerten<br />
rechtlichen Ausführungen an das Berufungsgericht<br />
zur erneuten Verhandlung<br />
und Entscheidung zurückverwiesen.<br />
Der Bundesgerichtshof führt aus, dass<br />
es berufsrechtswidrig sei, Patienten an<br />
einen Leistungserbringer ohne hinreichenden<br />
sachlichen Grund zu verweisen.<br />
Dies klingt zunächst nicht neu, da<br />
§ 34 Abs. 5 der Berufsordnung eine<br />
solche Regelung bereits enthält:<br />
„Ärztinnen und Ärzten ist nicht<br />
gestattet, Patientinnen und Patienten<br />
ohne hinreichenden Grund an<br />
bestimmte Apotheken, Geschäfte<br />
oder Anbieter von gesundheitlichen<br />
Leistungen zu verweisen.“<br />
Neu ist jedoch die Strenge der Handhabung<br />
dieser Regel: § 34 Abs. 5 der<br />
Berufsordnung schütze die unbeeinflusste<br />
Wahlfreiheit des Patienten in<br />
Bezug auf Gesundheitsdienstleister.<br />
Ärztinnen und Ärzte dürften deshalb,<br />
so der Bundesgerichtshof, von sich aus<br />
Empfehlungen von Leistungserbringern<br />
oder gar generelle Verweisungen nicht<br />
vornehmen. Ein „hinreichender Grund“<br />
im Sinne des § 34 Abs. 5 der Berufsordung<br />
und damit eine Ausnahme sei lediglich<br />
in dem Fall erlaubt, dass der Patient<br />
selbst um eine Empfehlung bittet.<br />
Fragt der Patient explizit nach dem kostengünstigsten<br />
Anbieter, darf ärztlich<br />
auch ein solcher empfohlen werden,<br />
insofern der Empfehlung nachprüfbare<br />
und aussagefähige Erfahrungen des<br />
Arztes zu Grunde liegen. Die Qualität<br />
der Versorgung bei einem bestimmten<br />
Anbieter (positiv wie negativ), die<br />
arzt & recht<br />
in langjähriger vertrauensvoller Zusammenarbeit<br />
gewonnenen guten Erfahrungen,<br />
die allgemein hohe fachliche<br />
Kompetenz eines Anbieters und<br />
auch die Vermeidung von Wegen bei<br />
gehbehinderten Personen rechtfertigten<br />
eine Ausnahme nicht. In (seltenen)<br />
Einzelfällen könne eine Ausnahme gemacht<br />
werden, wenn die Verweisung<br />
an einen bestimmten Hilfsmittelanbieter<br />
aus Sicht des behandelnden Arztes<br />
aufgrund der speziellen Bedürfnisse<br />
des einzelnen Patienten besondere<br />
Vorteile in der Versorgungsqualität biete.<br />
Eine Empfehlung liege nach Auffassung<br />
des Bundesgerichtshofes zudem<br />
bereits durch das Aushängen von Plakaten<br />
sowie dem Zur-Verfügung-Stellen<br />
von Flyern, Visitenkarten und Gutscheinen<br />
vor. Diese Entscheidung des<br />
obersten deutschen Zivilgerichts sollte<br />
durch die Ärztinnen und Ärzte ernst<br />
genommen und die ärztliche Alltagstätigkeit<br />
ggf. auf Änderungsbedarf hin<br />
überprüft werden. Dies ist auch deshalb<br />
notwendig, da die neue Rechtslage<br />
konkurrierenden Gesundheitsdienstleistern<br />
die Möglichkeit bietet,<br />
wettbewerbsrechtlich gegen die diese<br />
Regeln nicht einhaltenden Ärztinnen<br />
und Ärzte vorzugehen sowie Schadenersatz<br />
zu fordern, wie der dargestellte<br />
Fall zeigt.<br />
Fazit: Aufgrund der geänderten Rechtsprechung<br />
zu § 34 Abs. 5 der Berufsordnung<br />
sollte künftig beachtet werden,<br />
dass<br />
a) Empfehlungen und generelle Verweisungen<br />
an Leistungserbringer (so<br />
allerdings auch schon bisher) grundsätzlich<br />
verboten sind,<br />
b) Ausnahmen hiervon nur bei eigener<br />
Nachfrage des Patienten sowie in Einzelfällen<br />
bei Vorliegen besonderer Patientenbedürfnisse<br />
zulässig sind,<br />
c) Plakate, Flyer, Visitenkarten u. ä. bereits<br />
als Empfehlung anzusehen sind.<br />
Für Nachfragen zu diesen wichtigen<br />
Änderungen steht Ihnen wie immer die<br />
Rechtsabteilung der Landesärztekammer<br />
zur Verfügung.<br />
n Dr. jur. Daniel Sobotta<br />
Brandenburgisches <strong>Ärzteblatt</strong> 10 •2011 | 15