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(1,86 MB) - .PDF - Thaur - Land Tirol

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Chronik<br />

Poker um die Haller Straubkaserne<br />

Auf den ersten Blick ist es kein <strong>Thaur</strong>er Thema<br />

– zumindest nicht mehr! Rund neun Hektar<br />

groß ist die Fläche um die in unserer Nachbargemeinde<br />

derzeit intensiv gepokert wird.<br />

Der Bund will die Straubkaserne um den kolportierten<br />

Betrag von 17 Mill Euro versilbern.<br />

Interessenten gibt es, nicht zuletzt die Stadt<br />

Hall selbst! Denn der Standort ist durchaus attraktiv,<br />

sei es als künftiges Gewerbegebiet aus<br />

dem sich längerfristig zig Millionen an Kommunalsteuern<br />

für die Stadt Hall erwirtschaften<br />

ließen oder sei es als Standort für zukünftige<br />

Siedlungserweiterungen. Eine verständliche<br />

Überlegung angesichts des doch eher kleinen<br />

Gemeindegebietes der Stadt.<br />

Doch das Interesse der wirklichen Pokerspieler<br />

ist vordergründig eher lahm. Der Widmungsstempel<br />

„Kaserne“ schreckt auch den hungrigsten<br />

Investor ab. Ändern könnte dies nur<br />

der Haller Gemeinderat und der ist sich – fast<br />

ist man geneigt zu sagen - gewohnt uneinig.<br />

Aber womöglich warten die Haller bloß bis es<br />

der Bund irgendwann billiger gibt, zumindest<br />

so billig, dass es auch für den Gemeindesäckel<br />

erschwinglich wird. Wer auch immer sich hier<br />

unter der Decke die Hände reicht, es ist nicht<br />

mehr unsere Angelegenheit. Damals allerdings<br />

– vor etwa 36 Jahren – ja, damals, da<br />

hätten auch wir <strong>Thaur</strong>er noch ein ordentliches<br />

Wörtchen mitzureden gehabt.<br />

Ältere <strong>Thaur</strong>er wissen vermutlich noch um<br />

die „Lodenfabrik Kaspar“ bzw. „Schafwollfabrik<br />

Foradori“, die bis kurz nach dem Krieg<br />

unten an der Ziegeleistraße produzierte. Den<br />

noch älteren sind womöglich auch die Lehmgruben<br />

der „Ziegeleifabrik Peter Mayr“ ein<br />

Begriff. Beide waren einmal <strong>Thaur</strong>er Betriebe<br />

mit zahlreichen <strong>Thaur</strong>er Beschäftigten (mehr<br />

dazu im <strong>Thaur</strong>er Dorfbuch, S. 390-93). Beide<br />

Betriebe produzierten - zeitlich hintereinander<br />

- am Areal der Haller Straubkaserne. Und<br />

dieses war damals <strong>Thaur</strong>er Gemeindegebiet.<br />

Ebenfalls zum <strong>Thaur</strong>er Gemeindegebiet zählte<br />

ein Streifen südlich des heutigen Weinfeldes<br />

sowie jener Block zwischen der Römerstraße<br />

und der Bahn auf dem heute u. a. die Betriebe<br />

der Firmen Posch und Felder sowie die Schrebergärten<br />

angesiedelt sind. Loreto, das heute<br />

eine <strong>Thaur</strong>er Enklave in Hall bildet, war damals<br />

Teil des geschlossenen <strong>Thaur</strong>er Gemeindegebietes.<br />

Nach dem Anschluss an das Deutsche Reich<br />

wurde noch im Jahr 1938 unten an der Alten<br />

<strong>Land</strong>straße ein Heeresmagazin errichtet und<br />

dieses in der Kriegszeit auch als Arbeitslager<br />

16<br />

Das Heeresmagazin während der Kriegszeit. Im Hintergrund der Kamin der Lodenfabrik Kaspar.<br />

Die schraffierte Fläche ging 1972 im Tauschweg an Hall.<br />

für Kriegsgefangene benutzt. Mit der Gründung<br />

des Österreichischen Bundesheeres im<br />

Jahre 1955 entstand hier schließlich die Major-<br />

Straubkaserne. Um 1960 erweiterte das Militär<br />

sein Areal durch den Ankauf der Foradori-Villa<br />

und der Fabrikhalle sowie der angrenzenden<br />

Parzelle des heutigen Fußballplatzes. Mit unserem<br />

Dorf hatten all diese Entwicklungen nur<br />

insofern zu tun, dass sie katastermäßig auf unserem<br />

Gemeindegebiet statt fanden.<br />

Dann, anfangs der 70-er Jahre, scheint es<br />

zu Hintergrundgesprächen mit Hall und<br />

dem <strong>Land</strong> <strong>Tirol</strong> gekommen zu sein, die am<br />

3.11.1972 per Gemeinderatsbeschluss zu einer<br />

großzügigen Grenzbereinigung führten.<br />

Demnach erhielt die Stadt Hall eine Fläche<br />

von insgesamt ca. 25 ha, zu der unter anderem<br />

auch die Straubkaserne zählte. <strong>Thaur</strong><br />

erhielt im Gegenzug – draußen am Vorberg<br />

- den so genannten „Heiligkreuzerzwickel“,<br />

ein geschlossenes Waldstück im Ausmaß von<br />

ca. 18 ha. Außerdem wurde die Stadt Hall<br />

verpflichtet die Wege im Bereich Loretto zu<br />

asphaltieren.<br />

Über die Hintergründe dieses großzügigen<br />

Grundtausches ist in den <strong>Thaur</strong>er und Haller<br />

Gemeinderatsprotokollen – abseits der nüchternen<br />

Fakten – nichts zu lesen. Der Haller<br />

Bürgermeister bemerkte nur abschließend,<br />

dass es sich bei dem an <strong>Thaur</strong> abgetretenen<br />

Waldstück um ziemlich wertloses, steiles und<br />

felsiges Gelände handle. Nur allzu verständlich,<br />

dass im Haller Lokalanzeiger von einem<br />

für Hall recht vorteilhaften Tausch zu lesen<br />

war. Dürftig ist übrigens auch die Aktenlage<br />

des Bundesheeres bzw. des Grundbuches.<br />

Diese Vorgänge sind aus heutiger Sicht nur<br />

schwer nachvollziehbar, aber es war damals<br />

eine andere Zeit und so wird diese gewichtige<br />

Verkaufsentscheidung bezüglich des Kasernenareals<br />

wohl demnächst vom Haller und<br />

nicht vom <strong>Thaur</strong>er Gemeinderat getroffen.<br />

- Josef Bertsch -

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