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Bochumer Linguistische Arbeitsberichte 7

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Aspektmarkern sind. Dies ist aber nicht der einzige Ansatz in einer doch<br />

sehr breit gefächerten Forschungsliteratur zu diesem Thema.<br />

Betrachtet man die Verbalperiphrase gehen + INF in den drei romanischen<br />

Sprachen Spanisch, Französisch und Katalanisch, so fällt auf, dass sie im<br />

Katalanischen eine Sonderstellung einnimmt. Das Spanische und das<br />

Französische drücken in ihrem heutigen Gebrauch mithilfe dieser Verbalkonstruktion,<br />

die Heine/ Kuteva (2005:103) das 'de-allative'-Schema nennen,<br />

das Futur aus, das Katalanische hingegen ein Vergangenheitstempus.<br />

(1) Französisch: je vais chanter ('ich werde singen')<br />

Spanisch: (yo) voy a cantar ('ich werde singen')<br />

Katalanisch: (jo) vaig cantar {ahir/ la setmana passada/ *aquest<br />

matí/ aquesta setmana}('Ich sang gestern/ letzte<br />

Woche/ *diesen Morgen/ *diese Woche') (vgl. Pérez<br />

Saldanya/ Hualde 2003: 47)<br />

Nach Meyer Lübke (1899, zit. in Pérez Saldanya/ Hualde 2003: 48) hat<br />

die Periphrase gehen + INF ursprünglich eine inchoative Bedeutung, die<br />

eine Stufe in der Grammatikalisierung der westromanischen Sprachen<br />

darstellte, die sowohl Nährboden war für die Futurperiphrase im Spanischen<br />

und im Französischen als auch für die Vergangenheitsperiphrase im<br />

Katalanischen 1 . Für Pérez Saldanya und Hualde (2003: 48) hingegen sind<br />

die beiden Periphrasen der Ausdruck von unabhängigen Grammatikalisierungen<br />

in ziemlich unterschiedlichen Kontexten. Doch auch sie sehen eine<br />

gemeinsame erste Grammatikalisierungsstufe bei den westromanischen<br />

Sprachen, nämlich die vom Verb gehen zum narrative marker. Wäre die<br />

jeweils andere Periphrase, sprich die Vergangenheitsperiphrase im Spanischen<br />

und Französischen und die Zukunftsperiphrase im Katalanischen<br />

möglich gewesen? Pérez Saldanya und Hualde (2003: 48) zeigen auf, dass<br />

die gehen-Periphrase im Mittelalter neben dem Katalanischen auch in anderen<br />

romanischen Sprachen, zum Beispiel dem Spanischen und dem<br />

Französischen, in einem narrativen Kontext vertreten war:<br />

(2) Ce pendant va arriver le bon Chevalier, qui fist ung bruyt merveilleux,<br />

en sorte qu’ilz gainerent la porte. (Le Loyal Serviteur) 2<br />

1<br />

Vgl. hierzu Detges (2004: 214 f.), der aufzeigt, dass inchoative Konstruktionen sich nicht immer zu<br />

Vergangenheitsauxiliaren entwickeln. Nach ihm ist die Grammatikalisierung der Konstruktion keine<br />

Folge der Entwicklung von 'Zeit' zu 'Beginn'.<br />

2<br />

Von Pérez Saldanya und Hualde (2003: 48) zit. nach: Damourette, Jacques/ Pichon, Edouard (1983<br />

[1911-1936]).<br />

2

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