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Dieses Bild von Günter Zint ist Teil der ... - Politikorange.de

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24<br />

gegenwärtig<br />

SCHAUMSCHLäGER ODER BOMBENLEGER?<br />

WAS HEUTIGE MEDIEN BEWEGT.<br />

Medien und 68. Vielschichtig <strong>ist</strong> diese nunmehr 40 Jahre andauern<strong>de</strong> Beziehung<br />

schon immer gewesen. Von Sandra Bieler<br />

Während die BILD-Zeitung kein<br />

gutes Haar an Dutschke & Co. ließ,<br />

setzten die jungen Rebellen kurzerhand<br />

auf eine Gegenöffentlichkeit.<br />

Prächtig verstan<strong>de</strong>n sie es, sich in<br />

Szene zu setzen. Eine <strong><strong>de</strong>r</strong> berühmtesten<br />

Fotografien <strong>von</strong> damals: Ein <strong>Bild</strong>, auf<br />

<strong>de</strong>m die Kommunar<strong>de</strong>n nackt an einer<br />

Wand posieren.<br />

Auch heute noch ziert dieses <strong>Bild</strong><br />

zahlreiche Medien. Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>t allerdings<br />

hat sich das Ausmaß an Öffentlichkeit,<br />

das die 68er heute genießen.<br />

In einem scheint man sich einig zu<br />

sein: Wer zum 40jährigen Jubiläum<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Jugendrevolte hip sein will, bringt<br />

die 68er auf <strong>de</strong>n Titel. Sie begegneten<br />

uns in informativ-ironischen<br />

Artikelserien beim SPIEGEL o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

<strong>de</strong>tailreichen Son<strong><strong>de</strong>r</strong>ausgaben in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

ZEIT. Mit aufreizen<strong>de</strong>n Fotokollagen<br />

will <strong><strong>de</strong>r</strong> Stern die Sinne reizen, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Fernsehsen<strong><strong>de</strong>r</strong> ARTE versucht dasselbe<br />

mit seinem musikreichen ´Summer of<br />

Love`. Unter <strong>de</strong>n Top Ten <strong>de</strong>s medialen<br />

Schlagabtauschs: freie Liebe, die<br />

heutige Be<strong>de</strong>utung <strong>von</strong> 68 und die<br />

Gewaltfrage.<br />

Für die einen <strong>ist</strong> die Erinnerung an<br />

die 68er und ihre Ziele sehr unbequem,<br />

für die an<strong><strong>de</strong>r</strong>en einfach ein Quotenfänger<br />

mit Vorführeffekt. Angesichts <strong>de</strong>s<br />

medialen 68er-Overkills sind außergewöhnliche<br />

I<strong>de</strong>en willkommen. So<br />

lässt <strong><strong>de</strong>r</strong> SPIEGEL beispielsweise die<br />

ergrauten Kommune-1-Bewohner<br />

auf einem Friedhof zusammentreffen.<br />

Einer <strong>von</strong> ihnen, bemerkt <strong><strong>de</strong>r</strong> Autor<br />

dabei süffisant, sehe heute so aus „wie<br />

einer jener Rentner, die er 40 Jahre<br />

zuvor auf <strong>de</strong>m Ku´damm erschreckt<br />

hat“. Ironie und D<strong>ist</strong>anz – das <strong>ist</strong> die<br />

Antwort <strong><strong>de</strong>r</strong> ehemaligen Stimme <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

kritischen Gegenöffentlichkeit beim<br />

Rückblick ins eigene Antlitz. Die<br />

Frage nach <strong>de</strong>m Erreichten <strong>ist</strong> eben<br />

umstritten. Ein „Weltereignis“, das<br />

muss die noch junge WELT ONLINE<br />

feststellen, war 1968 allemal. Im selben<br />

Atemzug schreibt das digitale Medium:<br />

„Wer mag sie noch hören, die Veteranenerinnerungen?<br />

Sie sind so langweilig<br />

wie an<strong><strong>de</strong>r</strong>er Leute Träume.“<br />

Nicht alle Medien <strong>de</strong>nken so. Für<br />

viele sind Zeitzeugen das Fenster in die<br />

Vergangenheit. Mit <strong><strong>de</strong>r</strong>en Hilfe sollen<br />

68 und spätere Phänomene wie <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

RAF-Terrorismus verstan<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n.<br />

Denn wer 68 reflektiert, kommt um<br />

die heikle Gewaltfrage nicht herum.<br />

„Die Debatte über die Gewalt gegen<br />

Sachen begab sich auf einen Weg, an<br />

<strong>de</strong>ssen En<strong>de</strong> die Billigung <strong>de</strong>s Terrors<br />

stand“, vermutet die ZEIT. Scheint<br />

dieses Argument noch verständlich,<br />

so führt es <strong><strong>de</strong>r</strong> H<strong>ist</strong>oriker Götz Aly ad<br />

absurdum. In <strong><strong>de</strong>r</strong> FRANKFURTER<br />

RUNDSCHAU betitelt er als „Väter<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> 68er“ Nazis wie Goebbels und<br />

sieht Gemeinsames in „Propagandatechnik“<br />

und Kritik am konservativen<br />

Uniwesen.<br />

Die Berichterstattung über 68 wird<br />

auch zur Auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Medien mit sich selbst. Nach einem<br />

Schlagzeilen-Ping-Pong im <strong>de</strong>utschen<br />

Zeitungs-Dickicht färbte die FR das<br />

Verquere wie<strong><strong>de</strong>r</strong> schön: Aly „geht die<br />

Sache sportlich an“, als „knackige Polemik“.<br />

Dank Web 2.0 diskutieren die<br />

Leser online <strong><strong>de</strong>r</strong>weil fleißig mit. 2008<br />

funktioniert Medien<strong>de</strong>mokratie, 1968<br />

hätte das wohl niemand für möglich<br />

gehalten.<br />

mythos68 | April 2008<br />

Egal ob verherrlichend o<strong><strong>de</strong>r</strong> kritisch,<br />

objektiv berichtend o<strong><strong>de</strong>r</strong> popul<strong>ist</strong>isch:<br />

Der Medienrummel um 68<br />

<strong>ist</strong> in vollem Gange. Wer sich <strong>de</strong>m<br />

ganzen entziehen will, hat nur eine<br />

Möglichkeit: BILD lesen. Der flammen<strong>de</strong><br />

Revolutionsgegner <strong>von</strong> einst<br />

<strong>ist</strong> erstaunlich ruhig gewor<strong>de</strong>n. Mit<br />

keiner Zeile würdigt die Boulevardzeitung<br />

dieses Jubiläum. Was übrig<br />

bleibt, sind gewohnt platte Titel wie<br />

„Bumsen statt Bomben“ o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Traum <strong>von</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> „romantischen Revoluzzerin<br />

zum Verknallen“. Warum das<br />

so <strong>ist</strong>, verrät uns ein Blick in die BER-<br />

LINER MORGENPOST: Es <strong>ist</strong> eben<br />

immer noch einfacher über „Hippies,<br />

Haschisch, Happenings und natürlich<br />

Flower-Power!“ zu schreiben als über<br />

„diesen ewigen 68er-M<strong>ist</strong>“.<br />

Weiterführen<strong>de</strong> Lektüre im Programm <strong><strong>de</strong>r</strong> bpb:<br />

Martin Klimke/ Joachim Scharloth (Hrsg.): 1968.<br />

Handbuch zur Kultur- und Mediengeschichte <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Stu<strong>de</strong>ntenbewegung (2007). Bereitstellungspauschale<br />

4,00 €. Bestellnr. 1697

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