17 KLs 83/94 Landgericht Stuttgart Im Namen des Volkes Urteil in ...
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<strong>Im</strong> e<strong>in</strong>zelnen diente die Remer-Version zuvörderst dazu, die Herausgabe der "autorisierten"<br />
und unkommentierten Fassung vorzubereiten, die im Juli 1993 im Verlag Cromwell-Press <strong>in</strong><br />
England erschien. Der Angeklagte hatte, um Wirkung außerhalb <strong>des</strong> nationalen Lagers erzielen<br />
zu können, ursprünglich die Absicht, das "Gutachten" <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Verlag zu veröffentlichen,<br />
der nicht der politisch rechten Szene zugerechnet wird. Da es ihm nicht gelang, diese Absicht<br />
zu verwirklichen, ent- schloß er sich im Herbst 1992, das "Gutachten" mit Hilfe Gleichges<strong>in</strong>nter<br />
<strong>in</strong> Eigenregie herauszubr<strong>in</strong>gen. Zur Vermei- dung negativer beruflicher oder strafrechtlicher<br />
Konsequen- zen entwickelte er hierzu geme<strong>in</strong>sam mit den Mitbeteiligten den<br />
Plan, e<strong>in</strong>e "Notwehraktion" e<strong>in</strong>es Dritten zu f<strong>in</strong>gieren. Damit sollte der E<strong>in</strong>druck erweckt<br />
werden, als sei der Angeklagte, um se<strong>in</strong>e angeblich re<strong>in</strong> wissenschaftlichen Absichten unter<br />
Beweis stellen zu können, gezwungen gewesen, der pole- misch kommentierten und auch<br />
veralteten Remer-Fassung <strong>des</strong> "Gutachtens" alsbald e<strong>in</strong>e gere<strong>in</strong>igte und aktuelle Version<br />
gegenüberzustellen. Darüber h<strong>in</strong>aus verfolgte der Angeklagte mit der Versendungsaktion den<br />
Zweck, durch e<strong>in</strong>e spektakulär<br />
13<br />
ersche<strong>in</strong>ende angebliche Notwehraktion Remers, der auch außerhalb <strong>des</strong> rechtsradikalen Milieus<br />
e<strong>in</strong>en gewissen Bekanntheitsgrad hat, für die "offizielle" Version Werbewirkung zu erzielen.<br />
Des weiteren sollte das Werk auf diese Weise <strong>in</strong> Führungskreisen der Bun<strong>des</strong>republik<br />
verbreitet werden. Schließlich sollte durch Versendung an alle Professoren für anorganische<br />
Chemie, von denen der Angeklagte ke<strong>in</strong>e Reaktion erwartete, der Boden für das später verbreitete<br />
Sche<strong>in</strong>argument bereitet werden, daß im "Gutachten" ke<strong>in</strong>e fachlichen Fehler gefunden<br />
worden seien.<br />
Diesem Plan entsprechend bestritt der Angeklagte von Anfang an wahrheitswidrig, daß er mit<br />
der Veröffentlichung der Remer-Fassung <strong>des</strong> "Gutachtens" oder den sonstigen Veröffentlichungen<br />
<strong>in</strong> diesem Zusammenhang und auch mit Remer irgend etwas zu tun habe. Vielmehr<br />
ergriff er, um se<strong>in</strong> Bestreiten plausibel ersche<strong>in</strong>en zu lassen, zum Sche<strong>in</strong> Gegenmaßnahmen<br />
und tat alles, um se<strong>in</strong>e Beteiligung an der Remeraktion zu verschleiern. Hierbei beg<strong>in</strong>g er<br />
zahlreiche Manipulationen; u.a. <strong>in</strong>dem er Schriftverkehr vortäuschte oder <strong>in</strong>haltlich falsche<br />
Schreiben verfaßte.<br />
14<br />
B) Allgeme<strong>in</strong>es zur Motivation und Strategie <strong>des</strong> Angeklagten<br />
Der Angeklagte beschäftigt sich seit m<strong>in</strong><strong>des</strong>tens Ende der achtziger Jahre neben se<strong>in</strong>er beruflichen<br />
Ausbildung <strong>in</strong>tensiv mit den politischen und sozio-kulturellen Folgen <strong>des</strong> zweiten<br />
Weltkrieges und <strong>des</strong> Zusammenbruches <strong>des</strong> Nationalsozialismus <strong>in</strong> Deutschland. Nach se<strong>in</strong>er<br />
Überzeugung war die deutsche Nachkriegsentwicklung und ist das Selbstverständnis der<br />
Deutschen und ihr Ansehen <strong>in</strong> der Welt ganz wesentlich bestimmt durch die Art und Weise,<br />
wie das Hitler-Regime bewertet wird, vor allem durch die Darstellungen über die systematische<br />
Vernichtung von Menschen jüdischen Glaubens <strong>in</strong> Vernichtungslagern. Da der Angeklagte<br />
nicht bereit ist, die Folgen für Deutschland und die Deutschen, wie er sie sieht, zu akzeptieren,<br />
entschloß er sich, dazu beizutragen, die nationalsozialistischen Massenverbrechen<br />
zum<strong>in</strong><strong>des</strong>t <strong>in</strong> Zweifel zu ziehen.<br />
Auf diesem H<strong>in</strong>tergrund trat er zu e<strong>in</strong>em nicht näher bekannten Zeitpunkt Ende der achtziger<br />
Jahre der Partei der Republikaner bei, deren Mitglied er bis zum Jahre 1991 war. <strong>Im</strong> Laufe<br />
der Zeit gewann er die Überzeugung, daß se<strong>in</strong>e radikalen Ziele <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Partei nicht zu erreichen<br />
seien. Daher entschloß er sich spätestens Mitte <strong>des</strong> Jahres 1990, durch