2008 Krim - Evangelische Aussiedlerarbeit im Dekanat Ingolstadt
2008 Krim - Evangelische Aussiedlerarbeit im Dekanat Ingolstadt
2008 Krim - Evangelische Aussiedlerarbeit im Dekanat Ingolstadt
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Mittwoch, 3. September <strong>2008</strong><br />
Sergej, der Mann von Irina, steuert den Bus, der die bayerische Gruppe unmittelbar nach dem<br />
Frühstück nach Kertsch bringt. Es wird eine Rüttel- und Schüttelfahrt, denn der Chauffeur<br />
mobilisiert die letzten Reserven seiner Kiste. Die Stadt Kertsch, mit ihren 150 000 Einwohnern,<br />
präsentiert sich bei strahlender Sonne: Breit angelegte Alleen, zum Teil mit wunderschönen<br />
Ulmen, mildern die Tristesse und Baufälligkeit etlicher Gebäude. Schon nach zwanzig<br />
Minuten Fahrt ist das unscheinbare Gemeindehaus erreicht, vor dem Alexander Kammerzell,<br />
der Gemeindeleiter, bereits wartet.<br />
Auch Albert Weinel, ein pensionierter Bergbauingenieur, der noch recht gut Deutsch spricht,<br />
steigt mit ein. Das Stadtzentrum wird durchquert und am Zollgebäude geht es vorbei zum<br />
großen Industriehafen. Hier, in Kertsch, treffen Schwarzes und Asowsches Meer zusammen,<br />
ein geschichtsträchtiger und strategisch wichtiger Ort. Eine Eisenbahnfähre verbindet an dieser<br />
Stelle das nur fünf Kilometer entfernte russische Festland mit der Insel <strong>Kr<strong>im</strong></strong>.<br />
Die erste Station der heutigen Besichtigungstour ist das gigantische<br />
Mahnmal für die fünfzehntausend Menschen, die<br />
dort <strong>im</strong> zweiten Weltkrieg ums Leben kamen. Die Besucher<br />
werden in einen unterirdischen Steinbruch geführt, der sich<br />
über siebzehn Kilometer tief unter der Erde erstreckt. Hier<br />
suchten Frauen, Kinder und alte Menschen, aber auch Soldaten<br />
und Partisanen, Zuflucht vor den deutschen Angreifern.<br />
Bei Taschenlampenlicht<br />
werden die Besucher<br />
in gebückter Haltung zu<br />
den Schauplätzen einer<br />
unsagbaren Tragödie geführt.<br />
Die nur Russisch<br />
sprechende Führerin redet<br />
so schnell, dass fast nichts<br />
zu verstehen ist. Aber die<br />
Bilder sprechen für sich. Eine armselige Krankenstation,<br />
Soldatenhelme mit denen das Tropfwasser aufgefangen<br />
wurde, Kochstellen und ein Operationssaal in dem ohne<br />
Narkose operiert wurde. Von Mai bis Oktober 1942 harrten<br />
die Menschen aus, viele verhungerten. Durch einen grausamen<br />
deutschen Gasangriff kamen alle ums Leben. In mehreren Massengräbern wurden die<br />
Toten an Ort und Stelle beigesetzt. Kinder, die diesen Platz besuchen, legen in Erinnerung an<br />
die gestorbenen Kinder an einer best<strong>im</strong>mten Stelle Stofftiere nieder. Auch Dieter fügt eines<br />
hinzu.<br />
28