2008 Krim - Evangelische Aussiedlerarbeit im Dekanat Ingolstadt

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Ausland und eben der Zauber der Musik. Auch in örtlichen Gottesdiensten tritt der Chor häufig auf. Das altehrwürdige Schulgebäude liegt direkt am Meer. Auch die ganz Kleinen, der Nachwuchs des Chores, werden in eigenen Gesangsgruppen auf ihre spätere Aufgabe vorbereitet. Eine Lehrerin und ihr Schüler zeigen am Klavier temperamentvoll ihr Können. In einer Schulklasse stellen sich Chorleiterin, Musiklehrerin und Deutschlehrerin den Fragen der deutschen Besucher. Die Chorleiterin überreicht Bischof Güntsch und mir eine CD ihres Chores. Beim Verlassen der Schule drängen sich auch die Mädchen ins Bild. Sergej bringt uns zurück zur Ferienanlage. Nur einmal muss er seine Fahrt unterbrechen, um dem Zug von Kertsch nach Kiew, der dafür vierundzwanzig Stunden unterwegs ist, die Vorfahrt zu überlassen. 38
Zum Abendessen spendiert Irina einen süßen ukrainischen Kuchen, den sie auf der Rückfahrt von Kertsch auf den Knien behütete. Dazu bietet sie ihren Gästen zwei Flaschen Rotwein und eine Flasche Wodka an. Uli bestätigt Herrn Güntsch Ähnlichkeit mit Martin Luther. Später bekennt der evangelische Bischof der Ukraine: „ Ja, ich bin gerne lutherisch!“ Ich stelle im Gespräch mit ihm weitere Berührungspunkte fest: Würzburg zum Beispiel und unsere Kontakte zu den Christusträgern. Ich spüre, dass diesem zupackenden, direkten Mann, der auf die Menschen zugeht und sie für die Sache Christi gewinnt, der Abschied von der Ukraine schwer fällt. Freitag, 5. September 2008 Ludmilla, Juri und Bischof Güntsch frühstücken bereits um acht Uhr. Sie fahren zurück nach Odessa. Das Frühstück ist, wie eigentlich jeden Tag für eine neue, köstliche Überraschung gut. Heute besteht sie aus einem fein gehackten Salat aus Kraut, roter Beete, Mohrrüben, Zwiebeln, Apfel und??? Außerdem werden Blini mit Quark auf den Tisch gestellt und neben dem gekauften Honig gibt es heute auch einen Honig des Hauses. Anna werkelt in der Küche, Mascha serviert. Langsam wird mir bewusst wie viele Menschen damit beschäftigt sind, dafür zu sorgen, dass es unserer Gruppe gut geht. Eine junge Frau putzt die Zimmer, aber nur wenn die Zimmerinhaber da sind und das Zimmer persönlich aufsperren. Heute wechselt sie auch die Handtücher. In der Küche ist Lena die Chefin und wie ich erst heute von Anna erfahre, wird sie von Eduard unterstützt. Irina ist die Pensionsinhaberin. Des Öfteren arbeitet sie ganztags in Kertsch, so wie heute. Ihr Mann Sergej fährt den Bus und scheint auch noch einen Nebenjob zu haben, ebenso wie Sohn Artjom, der für die Hausmeistertätigkeiten zuständig ist. Tochter Mascha bedient die Gäste und verkauft die Getränke. In Eigenregie arbeiten die beiden Masseurinnen Tatjana und Klara. Nach Rosemarie lässt sich auch Regine von ihnen heute eine schwarze Schlammpackung verpassen. Dann gibt es noch eine ältere Frau, vielleicht eine Oma? In welcher Beziehung eine etwa fünfzigjährige Frau steht, die halbseitig gelähmt ist, weiß ich nicht. Gerade, als ich diese Zeilen schreiben, quält sie sich an unserer Terrasse vorbei und ich spreche sie an. Sie heißt Luda, ist die ältere Schwester von Irina und hatte vor zwei Jahren einen Schlaganfall. Die ältere Frau von der ich sprach ist tatsächlich die Mutter, die auch krank ist. Auf der Rückrunde erfahre ich von Luda, dass ihre Schwester Irina in Kertsch ein Reisebüro betreibt und dass Sergej ihr gelegentlich hilft. Dann kommt die junge Anna vorbei, sie sucht eine Leiter. Schließlich erfahre ich noch, dass die ganze Familie in Kertsch lebt und nur von Mitte April bis Ende September in Novovitradnje wohnt und arbeitet. Gerade kommen unsere Nachbarn vom Strand zurück, ein junges Ehepaar mit drei Kindern: Aurora, knapp ein Jahr alt, Nastja vier und Valerij zehn, den ich eher auf sieben oder acht geschätzt hätte. Er schenkt mir ein Apfelbonbon und ich kann seine Antwort auf meine Frage, warum er nicht zur Schule geht, nicht verstehen, weil er sehr undeutlich spricht. Morgen fährt die Familie mit dem Zug zurück in eine mir unbekannte Stadt. Die Zugfahrt wird etwa sechzehn Stunden dauern. Aurora ist ein Schreikind. Die Eltern sind nicht zu beneiden. Fast jeden Abend schreit sich das Kind von etwa acht bis zehn Uhr in den Schlaf, um morgens um halb sechs schreiend aufzuwachen. Ansonsten sind kaum noch Gäste da, ein mittelaltes Ehepaar, 39
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