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Wien wird zum

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INTERVIEW<br />

Die urbane Kraft der Kunst<br />

<strong>Wien</strong> <strong>wird</strong> <strong>zum</strong> »Social Design«-Labor<br />

Kunst müsse man wirken lassen, sagt Gerald Bast, Rektor der Universität für angewandte Kunst in <strong>Wien</strong>.<br />

Vor allem gesellschaftlich. Und das kann sie vor allem dort, wo sie möglichst vielen begegnet: in der Stadt<br />

und deren Räumen. Das neue interdisziplinäre Masterstudium »Social Design – Arts as Urban Innovation«<br />

soll diese Wirkkraft verstärken.<br />

42<br />

Text von Norbert Philipp<br />

@ bauer konzept & gestaltung / Manuel Radde<br />

Was Kunst kann: Davon muss man Gerald<br />

Bast, Rektor der Universität für angewandte<br />

Kunst, nicht mehr überzeugen. Vor allem,<br />

wenn sich die gesellschaftliche Wirkung<br />

der Kunst frei bewegen kann – außerhalb<br />

der Häuser, in denen sie gern »musealisiert<br />

und privatisiert <strong>wird</strong>«, wie Bast sagt. In den<br />

Stadträumen etwa, dort müsse man die<br />

»angewandte Kunst« intervenieren und ihren<br />

»integrativen Charakter« wirken lassen. Denn<br />

schon die Hälfte der Weltbevölkerung lebt in<br />

Städten. Doch in diesen »driften die gesellschaftlichen<br />

Gruppen deutlich auseinander«,<br />

ob man die Menschen nun nach ihrem Alter,<br />

ihrer ethnischen Herkunft oder anderen<br />

Merkmalen zu fassen versucht. Nicht in<br />

Museen, Galerien, Privatsammlungen oder<br />

Banksafes solle sich die Kunst deshalb<br />

verbarrikadieren, meint Gerald Bast, sondern<br />

sich selbstbewusst der Gesellschaft stellen –<br />

dort, wo Menschen Menschen begegnen.<br />

Und womöglich auch der Wirkkraft der<br />

Kunst. »Für eine Universität wie unsere ist es<br />

eine wichtige Aufgabe, neben dem Kunstmarkt<br />

auch in das gesellschaftliche Feld<br />

hinauszugehen.« »Arts as Urban Innovation«<br />

ist demnach der schlüssige Subtitel für ein<br />

neues Masterstudium an der Angewandten,<br />

das im Oktober 2012 startet. Und »Social<br />

Design« steht groß über dem Curriculum und<br />

all diesen Intentionen.<br />

Wie groß die Klammer ist, die sich mit dem<br />

Label »Social Design« auftut, zeigen die<br />

Einreichungen und Gewinner des »Victor J.<br />

Papanek Social Design Award«, eines Design-<br />

Wettbewerbs, den die Angewandte im Herbst<br />

2011 gemeinsam mit dem österreichischen<br />

Kulturforum und dem Museum of Arts and<br />

Design in New York durchgeführt hat: etwa<br />

ein neuer Ambulanzwagen, human gestaltet;<br />

ein unverwüstlicher Laptop als Bildungsinstrument<br />

für Kinder in Entwicklungsländern;<br />

oder auch eine nachhaltige Stadtteilvision,<br />

in der Brooklyn nicht mehr braucht als<br />

sich selbst, um zu existieren. »Aber ›Social<br />

Design‹ kann auch ein gesellschaftlicher<br />

Prozess sein, der von Künstlern und Wissenschaftlern<br />

gemeinsam aufgesetzt <strong>wird</strong>«,<br />

sagt Bast. Und das Labor für die soziale<br />

Transformation könnte in Zukunft <strong>Wien</strong> sein.<br />

»Natürlich ist es auch ein Ziel des Masterstudiums,<br />

in Zusammenarbeit mit der Stadt<br />

Dinge und Prozesse mit urbaner Relevanz zu<br />

entwickeln, die umsetzbar sind.« Ein starkes<br />

Signal sei zudem die Partnerschaft mit dem<br />

Konservatorium der Stadt <strong>Wien</strong>. Das Curriculum<br />

will jedenfalls einen möglichst breiten<br />

Bogen spannen: »Wir haben sieben Expertisefelder<br />

aufgestellt, die als Expertenpools<br />

dienen: Musik, Tanz, Komposition, Design,<br />

Architektur, Bildende Kunst und Kulturwissenschaft.«<br />

Dazu kommen auch externe Kooperationen<br />

mit Disziplinen der Wirtschafts-<br />

oder Sozialwissenschaften. Gerade diesen<br />

multidisziplinären projektorientierten Ansatz<br />

vermisste Bast zuletzt an den Universitäten:<br />

»Die akademische Landschaft hat sich extrem<br />

in kleine Nischen fragmentiert und das<br />

Studium zugleich in kleinste Module.«<br />

Bast versteht es als akademische Aufgabe,<br />

mit Hilfe der Kunst eine Gegenbewegung<br />

auf den Weg zu schicken – hinaus in die<br />

Stadt. Urbane Transformationen kennt man<br />

vom Meatpacking District in New York und<br />

von anderen Gegenden, in denen Kunst und<br />

Künstler urbane Pioniere waren. Doch von<br />

diesen Entwicklungen hat bislang weniger<br />

die Stadtgesellschaft als die Immobilienwirtschaft<br />

profitiert. »Die Kunst wurde bis<br />

jetzt kaum als strategisches Mittel in der<br />

Stadtentwicklung eingesetzt«, sagt Bast. In<br />

seinem Haus <strong>wird</strong> auch der Nachlass von<br />

Victor J. Papanek in einer Foundation beforscht.<br />

»Jeder ist Designer«, sagte Papanek.<br />

Und jeder ist Stadtentwickler – davon sind<br />

viele Stadtplaner in der Ära der Partizipation<br />

überzeugt. Schon während des Studiums<br />

könnten auch die Studierenden des<br />

»Social Design« in transdisziplinären Teams<br />

zu Stadtentwicklern werden. Diesmal mit<br />

künstlerisch-ästhetischen Mitteln.<br />

Norbert Philipp studierte Germanistik und Sprachwissenschaft,<br />

war Deutschlehrer und Werbetexter. Seit vier Jahren arbeitet er bei<br />

der Zeitung »Die Presse« als Redakteur für das »Schaufenster«<br />

und »Die Presse am Sonntag« in den Bereichen Design, Architektur,<br />

Stadtentwicklung und Kreativwirtschaft.

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