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INTERVIEW<br />
»Qualität braucht<br />
keine Global Player«<br />
Ein Gespräch über die »Versupermarktisierung« der Kunst,<br />
<strong>Wien</strong>s lebendige Galerienszene und die Spezies des heimischen Sammlers<br />
<strong>Wien</strong>s Top-Galerien sind auf den renommiertesten Messen weltweit vertreten. Ist umgekehrt die Stadt aber auch<br />
ein markanter Punkt auf der internationalen Kunst-Landkarte? Darüber, wie sich die Szene in Zukunft positionieren kann,<br />
diskutierte Kunstkritiker Michael Huber mit Brigitte Jank, Präsidentin der Wirtschaftskammer <strong>Wien</strong>, und den<br />
Galeristen Heike Curtze, Philipp Konzett und Peter Krobath.<br />
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Text von Michael Huber<br />
Seit einiger Zeit gibt es Bemühungen, den<br />
Kunstmarkt mit technischen Mitteln in den<br />
Griff zu bekommen: Statistiken werden<br />
erstellt, Datenbanken über Sammler und<br />
Preise angelegt, Online-Messen abgehalten.<br />
Ist das für Sie als Galeristen ein Faktor, der<br />
das Geschäft verändert?<br />
Heike Curtze: Das kann nur Hintergrundarbeit<br />
sein. Ich bin fest davon überzeugt,<br />
dass die Sammlerbetreuung persönlich erfolgen<br />
sollte, und habe auch gute Erfahrungen<br />
damit gemacht. Kolleginnen und Kollegen,<br />
die sich viel mit technischen Neuerungen<br />
befassen, erzählen, dass es bisher nicht<br />
wirklich viel gebracht hat.<br />
Peter Krobath: Für mich geht das eher in<br />
eine Richtung, die für uns – wir sind eine<br />
mittlere Galerie – nicht unbedingt angenehm<br />
sein kann: hin zu einer »Versupermarktisierung«<br />
der Kunst, bei der große Shoppingmalls<br />
das Geschäft machen und kleine<br />
Einzelhändler ein Problem kriegen.<br />
Philipp Konzett: Man muss auch zwischen<br />
dem Kunsthandel und dem Galeriebetrieb<br />
unterscheiden. Ich glaube, dass Kunsthandelsware<br />
im unteren Preissegment, etwa<br />
bei der Grafik, heute zu einem maßgeblichen<br />
Teil schon im Internet gekauft <strong>wird</strong>. Aber im<br />
Galeriebereich muss man die Kunstwerke<br />
zunächst in Ausstellungen vorstellen, und da<br />
bin ich auch der Meinung, dass der persönliche<br />
Zugang <strong>zum</strong> Sammler wichtig ist.<br />
Hat eine kleinteilige Struktur im Galerienwesen<br />
in <strong>Wien</strong> eine Chance, oder lautet das<br />
Motto eher: »Get big or get out«?<br />
Brigitte Jank: Ich denke, dass die kleinteilige<br />
Struktur sehr wohl eine Chance hat. Aber es<br />
ist nicht auszuschließen, dass die Großen<br />
den Ton angeben werden. So wie man das ja<br />
auch aus anderen Bereichen kennt.<br />
Heike Curtze: Das ist sicherlich so, aber man<br />
darf nicht vergessen, dass der Kunstmarkt<br />
immer sehr stark segmentiert war. In Österreich<br />
werden ja keine wirklich hohen Preise<br />
erzielt, es gibt keine richtigen Global Player<br />
auf dem Galeriensektor – was einerseits<br />
schade ist, andererseits sympathisch. Die<br />
Sammler wissen das durchaus zu schätzen.<br />
Peter Krobath: Das ist auch unsere Stärke!<br />
Wir haben keine Global Player, aber eine<br />
große Zahl erstklassiger Galerien. Das ist<br />
nicht selbstverständlich und hat oft mit einer<br />
Form der Beinahe-Selbstausbeutung zu tun,<br />
die wirtschaftlich fast schon fragwürdig ist.<br />
Was <strong>Wien</strong> ausmacht, ist die Begeisterung der<br />
Galerien für das, was sie tun.<br />
Soll der Galerienpreis, den die Wirtschaftskammer<br />
<strong>Wien</strong> anlässlich der VIENNA ART<br />
WEEK vergibt, eher die Leidenschaft oder die<br />
Wirtschaftlichkeit anfachen?<br />
Brigitte Jank: Selbstverständlich fokussieren<br />
wir als Serviceeinrichtung für Unternehmen<br />
stark auf die wirtschaftliche Betrachtung. Ein<br />
Unternehmen muss sich für den Unternehmer<br />
und seine Mitarbeiter rechnen – das<br />
ist der wirtschaftliche Aspekt. Indem wir<br />
Galerien auszeichnen, die durch einen<br />
besonderen Zugang, durch kreative Lösungen<br />
hervorstechen, zeichnen wir aber auch die<br />
Leidenschaft und Exzellenz aus.<br />
Die VIENNA ART WEEK ist eine Initiative,<br />
die Aufmerksamkeit bündeln soll. Galeristen<br />
betonen aber auch den Wert der Kontinuität<br />
ihrer Arbeit. Sind Events überlebensnotwendig<br />
oder nur eine schöne Übung?<br />
Philipp Konzett: Ich nehme heuer <strong>zum</strong> ersten<br />
Mal an der VIENNA ART WEEK teil. Ich bin<br />
nicht überall sofort dabei, denn als Galerie<br />
darf ich mich nicht nur an Veranstaltungen<br />
dieser Art oder Messen ausrichten. Ich habe<br />
gesehen, dass sich die Galerien für diesen<br />
Event sehr einsetzen – somit kommt die<br />
VIENNA ART WEEK nicht nur Sammlern<br />
zugute, sondern auch Leuten, die noch nicht<br />
im Galerienkontext stehen. Wir motivieren<br />
durch den Event Leute dazu, sich überhaupt<br />
für Kunst zu interessieren.<br />
Dringt aber der Ruf aus <strong>Wien</strong> eher in die weite<br />
Welt, als wenn eine Galerie auf der Messe<br />
in Köln oder Basel ausstellen würde?<br />
Heike Curtze: Es ist schwieriger, und es wäre<br />
zu verbessern. Ich war beispielsweise auf der<br />
Messe Art Brussels: Belgien ist ein relativ<br />
kleinteilig strukturiertes Land, die Sammler<br />
sind sehr gut informiert und lassen sich auf<br />
Neues ein. Solche Leute nach <strong>Wien</strong> zu bringen<br />
wäre sehr interessant. Das sind nicht die