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Wien wird zum

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fahrens auswählt. Derzeit arbeiten neben den<br />

oben erwähnten Künstlerinnen und Künstlern<br />

Judith Fegerl, Christian Mayer, Zenita Komad,<br />

Hans Scheirl, Roland Kollnitz und Claudia<br />

Märzendorfer in diesen 16 Ateliers für Skulptur,<br />

Objektkunst und Malerei, die zwischen<br />

45 und 435 Quadratmeter Größe aufweisen.<br />

Das weitläufige Areal in der Krieau wirkt wie<br />

ein Skulpturenpark. Man trifft hier unter<br />

anderem auf Joannis Avramidis’ plastische<br />

figurale Arbeiten, die seit Jahrzehnten<br />

internationale Anerkennung finden. Gerhardt<br />

Moswitzers scharfkantige Cortenstahl-<br />

Skulpturen aus verschiedenen Schaffensperioden<br />

brechen mit dem arkadischen<br />

Idyll. Wer die Praterateliers betritt, kommt<br />

in den Genuss eines Besuchs von »Künstlerateliers«<br />

im ursprünglichen, besten Sinne.<br />

Kaum andere Studios bieten eine ähnliche<br />

lichtdurchflutete Raumatmosphäre, wie sie<br />

hier durch Seiten- und Oberlichten gegeben<br />

ist. Das Atelier von Oswald Stimm bildet ein<br />

organisch gewachsenes Ensemble und führt<br />

in den Kosmos einer Lebensreise, die einen<br />

14-jährigen Aufenthalt in Buenos Aires und<br />

eine Auseinandersetzung mit dem dialektischen<br />

Materialismus umfasst. Ganz im Unterschied<br />

zur installativ arbeitenden Künstlerin<br />

Judith Fegerl, die mit Strom, Schläuchen<br />

und Kupfer hantiert, meißelt die Bildhauerin<br />

Ulrike Truger, die den Zustrom junger Künstlerkollegen<br />

und den intensivierten kollegialen<br />

Austausch als sehr belebend empfindet, im<br />

Außenraum imposante Fünf-Tonnen-Steine.<br />

Ebenfalls zu größeren Dimensionen tendiert<br />

Roland Goeschl in seinen modularen, in<br />

Beziehung zur Architektur stehenden Farbelementen.<br />

Walter Kölbl gestaltet industrielle<br />

Fertigungsprodukte zu präzisen Formationen<br />

mit minimalistischen Charakteristiken. Wie<br />

der Begriff einer »erweiterten Skulptur« zur<br />

Anwendung kommt, zeigt sich in den Werken<br />

von Hans Kupelwieser: Er bezieht in seine<br />

Skulpturen kinematische Abläufe ein. Staubsauger<br />

zur Vakuumproduktion gelangen <strong>zum</strong><br />

Einsatz, auch Text spielt eine stets wiederkehrende<br />

Rolle, wenn es darum geht, durch<br />

Sprachformationen in die Realität einzugreifen.<br />

Die Großzügigkeit der Räume ermöglicht<br />

es, die Dinge zu belassen, sie nicht immer<br />

wegräumen zu müssen, die Werke nebeneinander<br />

zu positionieren – als Fortsetzung und<br />

als Anknüpfungspunkte für weitere Arbeiten.<br />

Die Gegebenheiten in den Praterstudios<br />

haben, bestätigen auch andere dort wirkende<br />

Künstler, Einfluss auf ihre Arbeit.<br />

Durch die Raumverhältnisse und über den<br />

Raum verändert sich das Arbeiten im Werk<br />

von Claudia Märzendorfer. Dank der Lage<br />

des Studios inmitten des Pratergeländes,<br />

so Hans Scheirl, sei ein anderer Bezug <strong>zum</strong><br />

Außenraum gegeben als bei einem Studio im<br />

urbanen Raum. Ingeborg Pluhar vergleicht<br />

die Situation, die in den Praterateliers anzutreffen<br />

ist, mit einer Insel. Potenzial für ein<br />

kollektives Miteinander sieht Zenita Komad<br />

durch die Nachbarschaft mit anderen Künstlerinnen<br />

und Künstlern. Roland Kollnitz,<br />

in dessen Werken sich das Auratische über<br />

ein In-Beziehung-Setzen einzelner Skulpturen<br />

entwickelt, lud etwa anlässlich einer<br />

Ausstellung im <strong>Wien</strong>er Projektraum Vesch<br />

seine neuen Nachbarn Oswald Stimm und<br />

Gerhardt Moswitzer zur Beteiligung ein.<br />

Der historischen Komponente – dem Gebäude<br />

als Relikt der Weltausstellung – gilt<br />

das konzeptuell ausgerichtete Interesse des<br />

Künstlers Christian Mayer. Reflexionen über<br />

programmatische Momente der jüngsten<br />

Kunstgeschichte fließen in die künstlerische<br />

Arbeit von Werner Würtinger ein. Als Chronist<br />

der Praterateliers gab Würtinger 2011 die<br />

Publikation »Arkadien und angenehme Feinde.<br />

Die Bildhauerateliers im Prater« heraus.<br />

Darin findet sich ein Statement von Joannis<br />

Avramidis, wonach es für künstlerisches<br />

Arbeiten zwei Wege gebe: sich entweder<br />

dem Geschehen in pulsierenden Dynamiken<br />

auszusetzen oder sich in bewusster Isolation<br />

auf die eigene Arbeit zu konzentrieren, was<br />

latent zu einer Reflexion darüber anregt. Für<br />

die jüngere Künstlergeneration stellt sich diese<br />

Entscheidungsfrage nicht: Für sie gilt es,<br />

gleichzeitig die tollen Bedingungen der Praterateliers<br />

zur konzentrierten künstlerischen<br />

Produktion zu nützen und aktiv am Geschehen<br />

des Ausstellungsbetriebs teilzunehmen.<br />

Ursula Maria Probst lebt und arbeitet als Kunsthistorikerin,<br />

Unilektorin, Kunstkritikerin, Kuratorin und Künstlerin in <strong>Wien</strong>.<br />

Studium der Kunstgeschichte an der Universität <strong>Wien</strong>, wissenschaftliches<br />

und künstlerisches Arbeiten über und mit Louise<br />

Bourgeois in New York. Sie ist Mitinitiatorin des Performancekollektivs<br />

Female Obsession.<br />

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