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Redaktion: Anna Burghardt, Fotos: Doris Wild(2), beigestellt<br />
All-inclusive-Urbanitäts-Raststation im Salzburger Gersthof.<br />
Salzburgtechnisch bin ich aber so etwas<br />
von Wiener Kunsttussi. Das „M32“ im<br />
Museum am Mönchsberg, die künstlerisch<br />
kämpferische „Blaue Gans“ und im Salzburger<br />
Kunstverein das versteckte kleine<br />
Luritzhofer. Nie würde ich mich in Salzburg<br />
in ein Auto setzen, um irgendwohin essen<br />
zu fahren. Aber wenn einmal eine echte<br />
Dame vom Fach mit mir lunchen geht, die<br />
beste Gastgeberin von allen, will ich ein bisserl<br />
auftrumpfen. (Und ohne Salzburgerin<br />
im Auto wüsste ich auch immer noch nicht,<br />
dass eine Gegend namens Parsch das Gersthof<br />
Salzburgs ist.) Hier gab’s jahrzehntelang<br />
einen „Hirschenwirt“, der 2010 zum<br />
„Schmederer“ wurde. Es folgte eine Parade<br />
Erfolgloser, die in dem<br />
modernistischen Glaspavillon<br />
mehr oder weniger dramatisch<br />
scheiterten. Anfang<br />
Dezember übernahmen die<br />
dritten Pächter, Münchner<br />
Unternehmer, das seltsame<br />
Haus, das mitten in der Dorfplatzbeschaulichkeit<br />
mit Lounge, Bar, Restaurant und<br />
eigener Tiefgarage (!) eine Art All-inclusive-<br />
Urbanitäts-Raststation bildet. Mit übermannshohen<br />
beigen Leder-Muschel-Kojen.<br />
Leuchtender Bar. Unbekannten silbernen<br />
Lampenflugobjekten. Schnörkelparkett an<br />
Die Testerinnen<br />
Anna Burghardt, Petra Percher, Almuth Spiegler<br />
NACHSCHLAG: Dialog im<br />
Dunkeln: Betritt man den<br />
WC-Gang von der Barseite<br />
aus, sollte man das Nachtsichtgerät<br />
nicht vergessen!<br />
Info<br />
der Decke. Und goldgesprenkelten Deko-<br />
Bildern, die tatsächlich die rote Wandfarbe<br />
aufnehmen. Hätte ich die Augenseuche<br />
nicht schon mitgebracht, ich hätte sie hier<br />
bekommen. Wer solchen Luxuskitsch mondän<br />
nennt, hat sich den Gruß aus der<br />
Küche, ein verpapriziertes Tatarnockerl,<br />
echt verdient. Den Rest des preislich (drei<br />
Gänge für 18,50) und qualitativ anständigen<br />
Mittagsmenüs schon weniger. Höhepunkt<br />
war das erstaunlich erfrischend<br />
marinierte – ja, wieder – Tatar vom gelben<br />
Tuna. Und die dicken gebackenen Apfelringe.<br />
So einfach, so gut, so enttäuschend<br />
irgendwie. Kocht hier doch bis Ende Februar<br />
noch Dieter Koschina, gefeierter Zweisternekoch<br />
an der Algarve. Er<br />
soll das Team, zu dem auch<br />
Martin Pichler, Koch der<br />
geschlossenen Riedenburg,<br />
gestoßen ist, auf Linie bringen.<br />
Die am klarsten bei<br />
„Zweierlei Schaffrischkäse“,<br />
einmal gebacken, einmal pur, auf toller,<br />
dichter Selleriecreme aufleuchtete. Das<br />
knusprige safrangelbe Couscous zum<br />
Lamm war ebenfalls beachtlich saftig und<br />
locker. Über das Lamm selbst will ich nicht<br />
reden. Auch nicht über den Kaffee. Servus,<br />
tschüss und ab durch die schicke Garage.<br />
★ Schmederer, Kreuzbergpromenade 2, 5020 Salzburg, Tel: +43/(0)662/64 82 63, Mi–So: 12–14, 18–22 Uhr<br />
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Blauburgunder.