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Fotos: Beigestellt<br />
Bald jähren sich die beiden wichtigsten<br />
Uraufführungsdaten im Leben Arnold<br />
Schönbergs: Am 23. Februar 1913 kamen<br />
die „Gurrelieder“ zur Uraufführung – und<br />
wurden umjubelt wie kein anderes Stück,<br />
das der Vater der musikalischen Moderne<br />
hervorgebracht hat. Kaum sechs Wochen<br />
später war der Traum schon wieder vorbei:<br />
Im selben großen Musikvereinssaal dirigierte<br />
Schönberg ein Konzert mit Werken<br />
von Komponisten, die ihm wichtig waren,<br />
Zemlinsky, Webern und Alban Berg, dazu<br />
seine eigene Kammersymphonie. Zur Aufführung<br />
von Mahlers Kindertotenliedern<br />
kam es nicht mehr, denn Bergs kurze, radikale<br />
Vertonungen von Ansichtskartentexten<br />
Peter Altenbergs raubten dem Publikum<br />
die letzte Contenance, es tobte und<br />
der Saal wurde geräumt.<br />
Rechtzeitig zum Gedenktag erschien nun<br />
eine Gesamtaufnahme von Schönbergs<br />
eigenem Liedschaffen. Für Musikfreunde<br />
faszinierend, denn der Bogen<br />
reicht von frühen, spätromantisch<br />
im Banne Wagners stehenden<br />
Gesängen zu vertrackten,<br />
meist lyrisch-versonnenen<br />
Bewegungen von Stimme und<br />
Klavier im freitonalen Weltraum.<br />
Die schönsten Lieder<br />
sind aus der „Zwischenphase“:<br />
„Das Buch der hängenden Gärten“<br />
nach George-Gedichten<br />
lässt vielleicht auch Skeptiker<br />
DiscothÈque<br />
Klassik Jazz<br />
von Samir H. Köck<br />
Gurre zum Gedenktag<br />
Exzellent: Schönbergs Liedschaffen in Gesamtaufnahme.<br />
von Wilhelm Sinkovicz<br />
„Schönberg. Sämtliche<br />
Lieder.“ Eine 4-CD-Box<br />
von Capriccio.<br />
nachvollziehen, was einen Komponisten im<br />
Wien um 1900 an der Eroberung neuer<br />
Klangräume so fesseln konnte, dass er alles<br />
über den Haufen warf, was zuvor als gut,<br />
schön und richtig galt. Georges überspannte<br />
Poetik führt Schönberg zu ebensolchen<br />
musikalischen Fantasien. Doch<br />
wirken sie nicht gesucht, eher wie spontane<br />
Improvisation, aus dem Text geboren.<br />
Die früheren Lieder wirken wie ein taumelnd-begeisterter<br />
Nachhall großer Opernerlebnisse,<br />
in die kleine Form getaucht.<br />
Faszinierend, wie die später in so üppiges<br />
Orchestergewand gehüllten Gurrelieder<br />
ursprünglich klangen – die Edition bietet<br />
auch Klavierfassungen der Solonummern<br />
des Oratoriums. Am wenigsten überzeugen<br />
Schönbergs verquere Volkslied-Sätze, die<br />
eher unbeholfen als originell tönen. Jedenfalls<br />
besticht die vokale Präzision von Claudia<br />
Barainsky, Melanie Diener (in den primadonnenhafteren<br />
Gesängen), Anke<br />
Vondung, Christa Mayer, Markus<br />
Schäfer und dem sehr<br />
wortdeutlichen Bariton Konrad<br />
Jarnot, der den verhangenen,<br />
postimpressionistischen<br />
Tonfall der George-Lieder<br />
perfekt trifft. Die Hauptlast<br />
liegt auf dem exzellenten Pianisten<br />
Urs Liska, dem Kenner<br />
der frühen Moderne und solche,<br />
die es werden wollen, zu<br />
Dank verpflichtet sind. s<br />
Dass der alte Swing neue, jugendliche<br />
Freunde findet, kommt auch<br />
dem begnadeten Autodidakten Diknu<br />
Schneeberger zugute. Der heimische<br />
Gitarrenvirtuose spielt kaum schlechter<br />
als der legendäre Django Reinhardt<br />
und sammelt mit seinem „Swing de<br />
Vienne“ in ganz Europa Fans. Sein<br />
hübsch singender Ton führt verlässlich<br />
ins dunkle Herz des Groove. Gemeinsam<br />
mit Vater Joschi und Mentor Martin<br />
Spitzer kreiert er auf „Friends“<br />
hübsch pointierte Studien menschlicher<br />
Gemütszustände. Fünf Django-<br />
Reinhard-Coverversionen sprechen<br />
für sich, Highlight ist aber die Beatles-<br />
Version „And I Love Her“. ( Jive/Preiser)<br />
Pop<br />
von Holger Fleischmann<br />
Das Lied „Holy Roller“ vom neuen<br />
Album „We The Common“ ist<br />
einer dieser Songs, mit denen die US-<br />
Songwriterin Thao Nguyen sofort<br />
packt: unaufgeregter Groove, gewinnender<br />
Gesang und eine Melodie, die<br />
zart durch den Song tänzelt. Derart<br />
charmanter (Indie-)Folk-Rock machte<br />
bereits ihr Debüt „We Brave Bee Stings<br />
And All“ 2008 zur geheimen Schönheit<br />
des Jahrgangs. Ihr drittes Album als<br />
Thao & Get Down Stay Down ist das<br />
bislang vielschichtigste. Dank Country-<br />
Schlenker, Cello-Grummeln, freudig<br />
hüpfenden Percussions und betrunkenen<br />
Bläsern. Ernster und bisweilen<br />
schärfer, sind ihre Songs weiterhin<br />
große Frohsinn-Bringer. (Domino)<br />
Schaufenster 49